· Fachbeitrag · Steuererklärung
Kindbedingte Steuerbegünstigungen: So schöpfen Eltern alle Möglichkeiten aus
| Das Steuerrecht bietet Eltern eine Vielzahl von Möglichkeiten, für Kinder Steuervergünstigungen in Anspruch zu nehmen. Einige davon ‒ wie z. B. Kindergeld, Kinderfreibetrag, Ausbildungsfreibetrag und Entlastungsbetrag t‒ sind zwar allgemein bekannt, aber da steckt der Teufel oft im Detail. Die Praxis lehrt aber auch, dass viele kindbedingte Steuervergünstigungen bzw. Steuersparmodelle wenig bekannt sind ‒ und damit auch nicht genutzt werden. Mit alldem soll die vorliegende Sonderausgabe Abhilfe schaffen. |
Kindergeld: Bedingung für viele Steuervorteile
Haben Eltern für ein Kind Anspruch auf Kindergeld, sind damit zahlreiche steuerliche und finanzielle Vergünstigungen verbunden. Insbesondere folgende Vergünstigungen gibt es nur, wenn ein Kindergeldanspruch besteht:
- Kinderfreibetrag
- Entlastungsbetrag
- Ausbildungsfreibetrag
- Kinderbetreuungskosten
- Schuldgeldzahlungen
- Riester-Zulage für Kinder
Kindergeld wird nur noch sechs Monate zurück gezahlt
Bei Kindergeldanträgen, die bis zum 31.12.2017 bei der Familienkasse eingegangen sind, konnten Eltern für die zurückliegenden vier Jahre bei der Familienkasse Kindergeld fordern. Das gilt nicht mehr für Anträge, die seit 01.01.2018 bei der Familienkasse eingehen. Ein Kindergeldantrag kann ab dem Jahr 2018 nur noch für sechs Monate rückwirkend gestellt werden.
Die Neuregelung steht in § 66 Abs. 3 EStG. Sie ist Teil des „Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes“ (Abruf-Nr. 198267).
Neuregelung gilt nur für das Erhebungsverfahren
Die Neuregelung gilt nur für das Erhebungsverfahren, nicht für das Festsetzungsverfahren. Es bleibt also dabei, dass für die letzten vier Jahre ein Kindergeldanspruch festgesetzt werden kann. Nur gezahlt wird das Kindergeld eben nur sechs Monate zurück.
Die rückwirkende Festsetzung ist in der Praxis oft notwendig, um für ein Kind bestimmte Leistungen zu bekommen (z. B. Familienzuschlag, Beihilfeanspruch). Details finden Sie in einem Dokument des Bundesverwaltungsamts (Abruf-Nr. 198231).
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Sie reichen im März 2018 einen Kindergeldantrag für Ihr Kind ein, das seit Oktober 2016 ein Erststudium absolviert. Folge: Sie haben zwar seit Oktober 2016 einen Kindergeldanspruch. Die Familienkasse zahlt aber nur für die Monate ab September 2017 Kindergeld aus (= sechs Monate vor Eingang des Antrags). |
Für wen und was gilt die neue Sechs-Monats-Frist nicht?
Wie oben erwähnt, kann im Festsetzungsverfahren von der Sechs-Monats-Frist abgewichen werden. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat dafür folgende Tatbestände und Voraussetzungen benannt (BZSt, Verfügung vom 25.10.2017, Az. St II 2 ‒ S 2474-PB/17/00001, Abruf-Nr. 198232):
- Der Familienkasse ist bekannt, dass der vorrangig oder nachrangig Berechtigte dem öffentlichen Dienst angehört (§ 72 Abs. 1 und 2 EStG).
- Der Berechtigte hat auch Anspruch auf Kindergeld für ein jüngeres Kind.
- Ein Elternteil hat ein berechtigtes Interesse an der Festsetzung des Kindergeldanspruchs.
- Die Familienkasse kann ohne weitere Sachverhaltsaufklärung feststellen, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf Kindergeld erfüllt sind.
Festsetzung des Kindergeldanspruchs bei jüngerem Zahlkind
Haben Eltern mehrere Kinder, kann sich daraus ein berechtigtes Interesse ergeben, dass die Familienkasse rückwirkend für mehr als sechs Monate den Kindergeldanspruch festsetzt. Denn ab dem dritten Kind gibt es mehr Kindergeld.
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Hans Müller hat drei Kinder. Für die zwei jüngeren bezieht er Kindergeld. Für das älteste Kind, das sich seit Juni 2017 in Ausbildung befindet, hat er noch keinen Kindergeldantrag gestellt. Das holt er im Februar 2018 nach.
Folge: Das Kindergeld zahlt die Familienkasse für das älteste Kind nur für die Monate ab Oktober 2017 aus (= sechs Monate vor Eingang des Antrags). Wird der Kindergeldanspruch rückwirkend ab Juni 2017 festgesetzt, wird dem ältesten Kind die Ordnungszahl 1 und den beiden jüngeren Kindern die Ordnungszahl 2 und 3 zugeordnet. Auf die Höhe der Kindergeldzahlungen für das jüngste Kind (= Ordnungszahl 3) wirkt sich das wie folgt aus:
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Steuerliche Vergünstigungen auch ohne Kindergeld
In der Praxis stellt sich die Frage, ob Eltern alle anderen kindbedingten Steuervergünstigungen verlieren, wenn das Finanzamt für die vergangenen Jahre keine Festsetzung des Kindergeldanspruchs mehr zulässt. Die Antwort lautet „Nein“. Haben die Voraussetzungen in den vergangenen Jahren vorgelegen, haben Sie Anspruch auf die kindbedingten Steuerbegünstigungen. Das gilt auch, wenn Sie es verbummelt haben, sich von der Familienkasse zumindest den Kindergeldanspruch festsetzen zu lassen (BFH, Urteil vom 15.03.2012, Az. III R 82/09, Abruf-Nr. 121589).
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Ihr Sohn studiert seit Anfang 2016. Weil Sie nicht wussten, dass Sie für ihn Kindergeld bekommen, haben Sie damals keinen Antrag auf Kindergeld gestellt. Ihr Steuerberater, den Sie seit Mai 2018 konsultieren, merkt das. Sie stellen postwendend einen Antrag auf Kindergeld für die Zeit von Januar 2016 bis Mai 2018.
Folge: Die Familienkasse zahlt das Kindergeld nur für die letzten sechs Monate rückwirkend aus. Selbst wenn sie Ihren Kindergeldanspruch nicht länger zurück festsetzt, können Sie in den Steuererklärungen 2016 und 2017 aber die steuerlichen Vergünstigungen für das Kind geltend machen (Kinderfreibetrag, Ausbildungsfreibetrag, Riester-Zulage). |
Bestimmung des Kindergeldberechtigten bei Trennung
Nach einer Trennung steht demjenigen Elternteil das Kindergeld zu, bei dem sich das Kind ausschließlich aufhält. Anderweitig getroffene Berechtigungen erlöschen. Auch ein Versöhnungsversuch lässt die ursprüngliche Berechtigung nicht aufleben. Das hat der BFH entschieden.
Haben Eltern einen Elternteil als Kindergeldberechtigten bestimmt und der Familienkasse mitgeteilt, endet diese Bestimmung zivilrechtlich, wenn die Eltern sich trennen und das Kind ausschließlich im Haushalt eines Elternteils lebt. Die ursprüngliche Bestimmung des Elterngeldberechtigten erlöscht auch dann, wenn die Eltern nach der Trennung einen vergeblichen Versöhnungsversuch gestartet haben und dafür wieder zusammengezogen sind (BFH, Urteil vom 18.05.2017, Az. III R 11/15, Abruf-Nr. 196888).
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Die Eltern haben bestimmt, dass der Vater Kindergeld bekommen soll. Sie trennen sich. Das Kind lebt fortan bei der Mutter. Somit erlischt die Rechtswirkung der bisherigen Bestimmung und der Mutter steht ab dem Monat der Trennung das Kindergeld zu, weil das Kind in ihrem Haushalt lebt. |
Lebt das Kind bei einem Elternteil im Ausland, beachten Sie die nachfolgend dargestellten Sonderregelungen.
Scheidungskind lebt bei Elternteil im Ausland
Bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern, bei denen ein Elternteil in Deutschland und der andere mit dem Kind in einem EU-Staat lebt, gilt folgende Situation: Kindergeldberechtigt ist nur der Elternteil, der im Ausland lebt. Die Familienkasse ermittelt den Kindergeldberechtigten in drei Schritten.
- Schritt 1: Ein Elternteil muss nationale Anspruchsvoraussetzungen erfüllen: Ein Kindergeldanspruch setzt voraus, dass mindestens ein Elternteil die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch nach § 62 EStG erfüllt.
- Beispiel
Der Vater hat seinen Wohnsitz in Deutschland. Die geschiedene Ehefrau lebt mit dem Sohn in Polen. Folge: Der Vater erfüllt durch den Wohnsitz in Deutschland die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch nach § 62 Abs. 1 EStG.
- Schritt 2: In welchem Land lebt das Kind? Im zweiten Schritt prüft die Familienkasse, in welchem Land das Kind lebt. Lebt es bei einem Elternteil in einem anderen Mitgliedsstaat der EU, wird Artikel 60 Abs. 1 S. 2 der VO Nr. 987/2009 angewendet. Danach wird unterstellt, dass die Kindsmutter zusammen mit ihrem Kind in einem eigenen Haushalt in Deutschland lebt (sogenannte Wohnsitzfiktion). Folge für das Beispiel: Es wird unterstellt, dass die in Polen lebende Mutter und ihr Sohn wie der Vater einen Wohnsitz in Deutschland haben.
- Schritt 3: Anspruchsberechtigung bei mehreren Kindergeldberechtigten: Da durch die Fiktion in Schritt 2 auch die Mutter einen Wohnsitz in Deutschland hat, steht ihr nach § 64 Abs. 2 S. 1 EStG das Kindergeld zu, weil das Kind in ihrem Haushalt lebt.
- Folge: Nur die in Polen lebende Mutter kann für den in Polen lebenden Sohn deutsches Kindergeld beantragen. Der Vater hat selbst dann keinen Anspruch, wenn die Mutter keinen Kindergeldantrag in Deutschland gestellt hat (BFH, Urteil vom 04.02.2016, Az. III R 17/13, Abruf-Nr. 186425).
PRAXISHINWEIS | Dieselbe Prüfungsreihenfolge gilt, wenn Kinder bei den Großeltern im EU-Ausland leben. Grundsätzlich haben nur die Großeltern Anspruch auf Kindergeld (BFH, Urteil vom 10.03.2016, Az. III R 62/12, Abruf-Nr. 186427).
Berufsausbildung als Voraussetzung für Kindergeld
Kindergeld erhalten Eltern grundsätzlich nur, solange sich das Kind noch in Ausbildung befindet oder studiert und sein 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Zum Thema Ausbildung und Kindergeld sollten Sie folgende Besonderheiten beachten:
Mehraktige Berufsausbildung: Kindergeld bis zum Berufsziel
Eltern haben Anspruch auf Kindergeld, bis das Kind das angestrebte Berufsziel erreicht hat. Das gilt selbst dann, wenn die Berufsausbildung in mehreren Ausbildungsabschnitten erfolgt. In dem Fall endet das Kindergeld erst mit dem Monat, in dem das Kind das 25. Lebensjahr vollendet. Das hat das FG Rheinland-Pfalz klargestellt.
In dem Urteilsfall hatte ein Kind eine Ausbildung zur Immobilienkauffrau und anschließend einen Lehrgang zur geprüften Immobilienfachwirtin absolviert. Das Finanzamt hatte den Eltern nur bis zum Abschluss der ersten Ausbildung Kindergeld gewährt. Für den Lehrgangszeitraum wollte das Amt kein Kindergeld mehr gewähren, weil das Kind da schon erwerbstätig war. Zu Unrecht, wie das FG festgestellt hat (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.06.2017, Az. 5 K 2388/15, Abruf-Nr. 195732).
Ist der erste Berufsabschluss nur integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs, bleibt der Kindergeldanspruch erhalten, bis der Ausbildungsgang endgültig abgeschlossen ist. Im konkreten Fall waren diese Vo-raussetzungen erfüllt. Um den Lehrgang zur geprüften Immobilienfachwirtin aufnehmen zu können, musste man nämlich eine Berufsausbildung zur Immobilienkauffrau und eine einjährige Berufserfahrung vorweisen können.
Als mehraktige Ausbildungen wurden bislang anerkannt:
- Ausbildung zum Steuerfachangestellten und parallel ein duales Studium zum Bachelor im Studiengang Steuerrecht (BFH, Urteil vom 03.07.2014, Az. III R 52/13, Abruf-Nr. 143203).
- Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik mit anschließender Vollzeitbeschäftigung im erlernten Beruf, welche beendet wurde, nachdem eine Zusage der Fachoberschule für Technik vorlag (BFH, Urteil vom 15.04.2015, Az. V R 27/14, Abruf-Nr. 178454).
- Studiengang Wirtschaftsmathematik mit dem Bachelor-Abschluss und anschließendem Masterstudiengang (BFH, Urteil vom 03.07.2014, Az. III R 52/13, Abruf-Nr. 143203).
Nicht anerkannt wurden:
- Die Ausbildung zum Steuerfachangestellten mit dem Berufsziel Steuerberater, da kein enger zeitlicher Zusammenhang mehr vorliegt (FG Saarland, Urteil vom 15.02.2017, Az. 2 K 1290/16; Revision beim BFH, Az. V R 13/17).
- Ein berufsbegleitendes Studium zum/r Betriebswirt/in (VWA) nach einer abgeschlossenen Ausbildung als Kaufmann/frau im Gesundheitswesen und einer mindestens einjährigen Berufstätigkeit (BFH, Urteil vom 04.02.2016, Az. III R 14/15, Abruf-Nr. 186268).
Im zuletzt genannten Urteil hat der BFH hervorgehoben, dass ein Studium nicht mehr als integrativer Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung anzusehen ist, wenn ein Kind nach Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung ein Studium aufnimmt, das eine Berufstätigkeit voraussetzt.
Setzt der zweite Ausbildungsabschnitt eine Berufstätigkeit voraus oder nimmt das Kind vor Beginn der zweiten Ausbildung eine Berufstätigkeit auf, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum Beginn der nächsten Ausbildung dient, liegt regelmäßig mangels notwendigen engen Zusammenhangs keine einheitliche Erstausbildung vor.
Berufsausbildung endet nicht schon mit Prüfungszeugnis
Für Eltern endet der Anspruch auf Kindergeld erst an dem Termin, an dem das Ausbildungsverhältnis laut Ausbildungsvertrag offiziell endet. Wird das Prüfungszeugnis eher bekanntgegeben, hat das auf das Kindergeld keine Auswirkung. Das hat der BFH klargestellt.
Im konkreten Fall hatte ein Kind eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin absolviert. Diese endete laut Schul- und Praxis-Vertrag am 31.08. Das Kind bestand seine Abschlussprüfung am 20.07. Die Ausbildungsvergütung erhielt es aber bis zum 31.08. Und laut Urkunde des Landes Baden-Württemberg war es auch erst mit Wirkung zum 01.09. berechtigt, die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin“ zu führen. Trotzdem stellte die Familienkasse die Kindergeldzahlungen bereits ab August ein. Begründung: Die Ausbildung war bereits mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses beendet worden (Bundeszentralamt für Steuern, Dienstanweisung Kindergeld, A 15.10 Abs. 3, Abruf-Nr. 190575).
PRAXISHINWEIS | Der Auffassung der Familienkasse widersprachen sowohl das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.10.2016, Az. 7 K 407/16, Abruf-Nr. 190574) als letztinstanzlich auch der BFH. Er gewährte den Eltern auch für den August noch Kindergeld. Begründung: Das Kind war erst ab 01.09. berechtigt, die Berufsbezeichnung zu führen und erst ab diesem Zeitpunkt in der Lage, den angestrebten Beruf auszuüben (BFH, Urteil vom 14.09.2017, Az. III R 19/16, Abruf-Nr. 198758). |
Unterbrechung der Ausbildung wegen Krankheit ist unschädlich
Eltern haben für ihr Kind auch dann noch Anspruch auf Kindergeld, wenn es die Ausbildung wegen einer dauerhaften Erkrankung unterbrechen muss, aber ausbildungswillig bleibt. Das hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden.
Im konkreten Fall sollte die Tochter von März 2014 bis November 2016 eine Ausbildung bei einer Berufsfachschule für Mode absolvieren. Diese brach sie am 31.03.2015 krankheitsbedingt ab. Das Attest einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie belegte die Krankheit. Es sei nicht absehbar, wann sie die Ausbildung wieder aufnehmen könne. Seit Juli 2015 befand sich das Kind dann in ärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung. Die Familienkasse zahlte ab da kein Kindergeld mehr.
Die Klage der Mutter vor dem FG Rheinland-Pfalz war erfolgreich. Es fehle an Anhaltspunkten, dass die Tochter die Ausbildung nach der Genesung nicht fortsetzen wolle. Dass die Dauer der Unterbrechung noch nicht absehbar sei, sei unschädlich. Maßgeblich sei nur, dass die Ausbildung aus krankheitsbedingten und damit objektiven Gründen unterbrochen worden sei. Solche Gründe seien auch in anderen Fällen unschädlich, z. B. kraft Gesetzes bei einer Schwangerschaft bzw. während der Mutterschutzzeiten oder nach der BFH-Rechtsprechung bei einer unberechtigten Untersuchungshaft (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.02.2018, Az. 2 K 2487/16, Abruf-Nr. 200151).
Meldung bei Agentur für Arbeit auch bei Arbeitsunfähigkeit
Für ein Kind, das noch keine 21 Jahre alt ist, erhalten Sie u. a. dann Kindergeld, wenn sich das Kind bei einer Agentur für Arbeit in Deutschland als arbeitsuchend meldet. Diese Meldung ist nach Ansicht des BFH selbst dann zwingend, wenn das Kind arbeitsunfähig ist.
Soll heißen: Erleidet Ihr Kind einen Berufsunfall und wird deshalb für ein Jahr berufsunfähig, muss es sich in der Zeit trotzdem bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend melden. Unterbleibt diese Meldung, verlieren Sie trotz nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit Ihren Kindergeldanspruch (BFH, Urteil vom 07.07.2016, Az. III R 19/15, Abruf-Nr. 189659).
Kindergeldanspruch auch bei berufsbegleitendem Studium
Studiert ein Kind als Erstausbildung und arbeitet daneben 30 Stunden in der Woche, muss das für den Kindergeldanspruch nicht schädlich sein. Das gilt selbst dann, wenn für das Studium nur fünf Wochenstunden übrigbleiben. Das hat der BFH klargestellt.
Aus der Entscheidung sind zwei Aussagen hervorzuheben (BFH, Urteil vom 08.09.2016, Az. III R 27/15, Abruf-Nr. 190782):
- Mehraktige Ausbildung: Ein Kind schloss die Realschule ab, machte eine Lehre zur Physiotherapeutin, ging dann auf die Fachoberschule und studierte anschließend im Rahmen eines dualen Studiums Physiotherapie. Bemerkenswert ist, dass der BFH die gesamte Ausbildungskette als mehraktige Ausbildung (= eine einzige Erstausbildung) eingestuft hat.
- Kein zeitlicher Mindestumfang: Ein Kind wird kindergeldrechtlich für einen Beruf ausgebildet, wenn es ein berufsbegleitendes Studium ernsthaft und nachhaltig betreibt. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn das Kind nur fünf Stunden in der Woche ins Studium investiert. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG enthält keinen zeitlichen Mindestumfang.
PRAXISHINWEIS | Die Urteilsgrundsätze gelten nicht, wenn ein Kind eine Zweitausbildung absolviert und parallel einer Erwerbstätigkeit nachgeht, die mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Dann entfällt der Kindergeldanspruch. |
Kindergeld: BFH stuft Masterstudium als Erstausbildung ein
Kinder, die an ein Bachelor- ein Masterstudium anhängen, befinden sich während des Masterstudiums noch in einer Erstausbildung. Das hat der BFH klargestellt und Eltern damit den Kindergeldanspruch verlängert.
In diesem Fall haben Eltern von Masterstudenten Anspruch auf Kindergeld
Der BFH setzt mit dem neuen Urteil seine Rechtsprechung konsequent fort. Ein Kind befindet sich so lange in einer Erstausbildung, bis es das gewünschte Berufsziel erreicht hat. Folglich ist auch ein Masterstudium eine Erstausbildung, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (BFH, Urteil vom 03.09.2015, Az. VI R 9/15, Abruf-Nr. 180929):
- Das Masterstudium steht in engem sachlichen Zusammenhang zum Bachelorstudium (z. B. gleicher Fachbereich).
- Es besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Masterstudiengang und dem Bachelorstudium.
PRAXISHINWEIS | Sind die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, darf das Kind während des Masterstudiums sogar mehr als 20 Wochenstunden arbeiten. Der Kindergeldanspruch der Eltern bleibt trotzdem bestehen. |
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Ihr Kind beendet sein Bachelorstudium.
Im Fall 1 absolviert es direkt danach ein Masterstudium im selben Fachbereich (= konsekutives Masterstudium). Im Fall 2 jobbt es erst einmal zwei Jahre und entschließt sich dann für ein Masterstudium, das eine völlig andere Ausrichtung hat als das Bachelorstudium.
Während des Masterstudiums jobbt Ihr Kind an durchschnittlich 25 Stunden in der Woche.
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BFH hat nicht alle Fragen beantwortet
Einen kleinen Wermutstropfen hat die BFH-Entscheidung. Der BFH hat nicht klargestellt, wie ein Student nachweisen kann, dass es sich bei seinem Masterstudium um ein konsekutives Studium handelt. Hier müsste eine Bestätigung der Bildungseinrichtung ausreichen. Ungeklärt ist auch die Frage, wie viel Zeit zwischen dem Abschluss des Bachelors- und der Aufnahme des Masterstudiums vergehen darf, um von einem engen zeitlichen Zusammenhang zu sprechen. Hier ist wohl das BMF gefragt.
BWA-Studium: 20-Wochenarbeitsstunden-Grenze einhalten
Nimmt ein Kind nach Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung ein Studium auf, das eine Berufstätigkeit voraussetzt, ist das Studium nicht integrativer Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung. Es handelt sich um ein Zweitstudium. Geht das Kind während dieses (Zweit-)studiums einer Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nach, haben die Eltern keinen Anspruch auf Kindergeld. Das hat der BFH klargestellt.
Im konkreten Fall hatte die Tochter nach der Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen in einer Klinik gearbeitet. Anschließend bewarb sie sich für ein berufsbegleitendes Studium an einer Verwaltungsakademie, das eine kaufmännische Ausbildung und eine einjährige Berufstätigkeit voraussetzte. Ziel war eine Tätigkeit im mittleren Management im Gesundheitswesen. In dem Fall gibt es kein Kindergeld, weil es sich um eine Zweitausbildung handelte und die Tochter während des Studiums 30 Wochenstunden arbeitete (BFH, Urteil vom 04.02.2016, Az. III R 14/15, Abruf-Nr. 186268).
PRAXISHINWEIS | In vergleichbaren Fällen lässt sich das Kindergeld nur retten, wenn während der Zweitausbildung penibel darauf geachtet wird, dass das Kind in der Woche nicht mehr als 20 Stunden arbeitet. |
Duales Studium: Kindergeldanspruch bis zum Abschluss
Eltern haben für ein Kind, das ein duales Studium absolviert, bis zum Abschluss des Studiums Anspruch auf Kindergeld. Daran ändert sich nichts, wenn das Kind erst die praktische Ausbildung abschließt und dann bis zum Bachelorabschluss mehr als 20 Stunden pro Woche nebenher arbeitet. Das hat der BFH klargestellt.
Im konkreten Fall hatte das Kind ein duales Studium Steuerrecht aufgenommen. Parallel dazu absolvierte es eine praktische Ausbildung zum Steuer-fachangestellten, die es mit erfolgreicher Prüfung abschloss. Das Bachelorstudium schloss das Kind knappe zwei Jahre später ab. Nach Beendigung der Ausbildung zum Steuerfachangestellten hatte das Kind während des noch laufenden Studiums mehr als 20 Stunden pro Woche in einer Steuerberatungskanzlei gearbeitet. Die Familienkasse wollte für diese Zeit kein Kindergeld mehr gewähren und berief sich auf § 32 Abs. 4 S. 2 EStG.
Der BFH sah das anders. Es handele sich um eine einheitliche Erstausbildung. Folglich sei es für den Kindergeldanspruch unschädlich, dass das Kind nach Abschluss seiner Lehre neben dem Studium mehr als 20 Stunden pro Woche arbeite. Einzige Voraussetzung für den Kindergeldanspruch sei, dass sich das Kind nachhaltig auf die Erlangung des Studienabschlusses vorbereite (BFH, Urteil vom 03.07.2014, Az. III R 52/13, Abruf-Nr. 143203).
Kindergeld für behindertes Kind
Für behinderte Kinder, bei denen die Behinderung bereits vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist und die außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, bekommen Eltern Kindergeld auch über das 25. Lebensjahr hinaus.
Behindertes Kind: In diesem Fall entfällt das Kindergeld
Für ein Kind, das behindert geworden ist, bevor es 25 Jahre alt geworden ist, steht den Eltern immer Kindergeld zu. Eine Ausnahme gilt, wenn das Kind verheiratet ist und sein Nettoeinkommen den steuerlichen Grundfreibetrag übersteigt (BFH, Beschluss vom 15.02.2017, Az. III B 93/16, Abruf-Nr. 193259).
Ist ein behindertes Kind verheiratet, wird unterstellt, dass sich die Ehegatten das verfügbare Nettoeinkommen teilen (DA-KG 2016, Rz. 19.6 Abs. 2, Abruf-Nr. 192422). Ist nur der Ehegatte erwerbstätig, wird dem behinderten Kind also die Hälfte des Nettoeinkommens zugerechnet, sofern dem Ehegatten danach mindestens ein Nettoeinkommen von 8.652 Euro verbleibt (gilt für 2016 = Grundfreibetrag; für 2017: 8.820 Euro; für 2018: 9.000 Euro). Ist das der Fall, steht den Eltern kein Kindergeld mehr zu. Etwas anderes gilt, wenn das verfügbare Nettoeinkommen des behinderten Kindes für den allgemeinen Lebensbedarf unter dem Betrag liegt.
Gilt Gendefekt als Behinderung von Geburt an?
Das FG Köln vertritt die Auffassung, dass ein Kind, das von Geburt an unter einem Gendefekt leidet, von Geburt an als behindert gilt. Dass die Krankheit erst nach dem 25. Lebensjahr ausbricht und zur Behinderung führt, ist unmaßgeblich. Den Eltern steht trotzdem Kindergeld nach § 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG zu (FG Köln, Urteil vom 12.01.2017, Az. 6 K 889/15, Abruf-Nr. 193078).
Wichtig | Das Finanzamt hat Revision beim BFH eingelegt (Az. XI R 8/17).
Kindergeld für Pflegeeltern
Kindergeld erhalten nicht nur Steuerzahler mit leiblichen Kindern oder Adoptivkindern, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Pflegeeltern für Pflegekinder.
Pflegekindschaftsverhältnis besteht nur bei Haushaltsaufnahme
Für Pflegekinder erhalten Pflegeeltern nur dann Kindergeld, wenn das Pflegekind im Haushalt der Pflegeeltern wohnt. Es reicht nicht, wenn das Kind in einer eigenen Wohnung lebt und die Eltern dafür die Miete zahlen. Das hat der BFH festgestellt.
PRAXISHINWEIS | Diese Urteilsgrundsätze (BFH, Beschluss vom 12.10.2016, Az. XI R 1/16, Abruf-Nr. 191175) dürften nicht gelten, wenn das Pflegekind nur vo-rübergehend auswärts untergebracht ist und regelmäßig in den Haushalt der Pflegeeltern zurückkehrt. Weiter kindergeldberechtigt dürften Pflegeltern deshalb sein, wenn das Kind zu Schul- oder Ausbildungszwecken auswärts untergebracht ist (DA-KG EStG 2016, A 9 Abs. 2 und A 11.2, Abruf-Nr. 192422). |
Flüchtlingskinder: Pflegeeltern bekommen Kindergeld
Nehmen Sie ein unbegleitetes minderjähriges Flüchtlingskind in Ihren Haushalt auf, gilt das Kind unter folgenden vier Voraussetzungen als Pflegekind:
- 1. Es ist in den Haushalt der Pflegeperson aufgenommen worden und soll dort mindestens zwei Jahre bleiben.
- 2. Der Pflegeperson ist es durch ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Band verbunden (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das Band muss geknüpft sein, bevor das Kind volljährig ist. Es ist unschädlich, wenn die Pflege erst kurz vor der Volljährigkeit beginnt.
- 3. Das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern besteht nicht mehr.
- 4. Die Haushaltsaufnahme erfolgt nicht nur zu Erwerbszwecken (BZSt, DA-KG 2016, A 11, Abruf-Nr. 192422).
Wichtig | Bei der Aufnahme war fraglich, ob Voraussetzung 3 überhaupt erfüllt ist. Denn deren leibliche Eltern wollen ja so schnell wie möglich nachziehen. Doch hier gibt es eine Kulanzregelung Bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen kann stets unterstellt werden, dass das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht (OFD NRW, Kurzinfo Einkommensteuer Nr. 06/2017 vom 14.02.2017, Abruf-Nr. 192421).
So erhalten Großeltern Kindergeld für ihre Enkel
Auch Großeltern können Kindergeld erhalten. Nämlich dann, wenn sie Enkel überwiegend in ihrem Haushalt versorgen und betreuen. Das ist gesichertes Recht. Neu ist, dass ein Kindergeldanspruch auch bestehen kann, wenn der Enkel aus dem Haushalt der Großeltern schon ausgezogen ist. Die Einzelheiten dazu stehen in einer Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz.
Im konkreten Fall hatten Tochter und Kind noch bei den Eltern gelebt. Die Tochter studierte. Also kümmerten sich vorrangig die Großeltern um die Enkelin ‒ und beantragten auch einvernehmlich das Kindergeld. Als Tochter und Enkelin ausgezogen waren, zahlte die Familienkasse kein Kindergeld mehr. Die Großeltern klagten. Sie argumentierten, dass die Enkelin weiterhin überwiegend in ihrem Haushalt versorgt und betreut wurde. Sie konnten nachweisen, dass sich die Enkelin an mehreren Tagen der Woche in ihrem Haushalt befand und dort in einem eigenen Zimmer übernachtete (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.08.2017, Az. 4 K 2296/15, Abruf-Nr. 197559).
PRAXISHINWEIS | Großeltern, die für Enkelkinder einen Kindergeldanspruch durchsetzen ‒ und damit auch alle anderen kindbedingten Steuervergünstigungen nutzen ‒ wollen, sollten eine Art Tagebuch führen. Darin sollte stehen, an welchen Tagen sich das Enkelkind wie lange im Haushalt aufgehalten hat. Nur mit diesen Aufzeichnungen und entsprechenden Zeugenaussagen der Eltern können Großeltern den Kindergeldanspruch problemlos durchsetzen. |
KINDBEDINGTE FREIBETRÄGE
Der Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf
| Lebt ein gemeinsames Kind getrennt lebender Eltern bei der Mutter und hält es sich auch beim Vater auf, steht jedem Elternteil die Hälfte des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf zu.Der Vater kann den hälftigen Freibetrag insbesondere dann für sich beanspruchen, wenn sein zeitlicher Betreuungsanteil im Jahr bei mindestens zehn Prozent liegt. Das hat der BFH klargestellt. |
Die Grundsätze zum BEA-Freibetrag
Der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes (BEA-Freibetrag) beträgt für jeden Elternteil 1.320 Euro (§ 32 Abs. 6 S. 1 EStG). Sind die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung nicht erfüllt, kann der Elternteil, bei dem das minderjährige Kind gemeldet ist, beantragen, dass ihm der BEA-Freibetrag des anderen Elternteils übertragen wird (§ 32 Abs. 6 S. 8 EStG).
Der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, kann dieser Übertragung widersprechen. Dazu muss eine der folgenden beiden Voraussetzungen erfüllt sein (§ 32 Abs. 6 S. 9 EStG):
- Dem Elternteil müssen Kinderbetreuungskosten entstanden sein.
- Der Elternteil betreut das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang.
Die BFH-Entscheidung
Der BFH musste zum Kriterium „betreut das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang“ entscheiden. Er hat es für die Person, die der Übertragung widersprechen will, großzügig ausgelegt. Diese Person kann den hälftigen Freibetrag für sich beanspruchen, wenn sein zeitlicher Betreuungsanteil im Jahr bei mindestens zehn Prozent liegt (BFH, Urteil vom 08.11.2017, Az. III R 2/16, Abruf-Nr. 200032).
Im konkreten Fall hatten getrennt lebende Eltern vereinbart, dass sich der Vater jedes zweite Wochenende von Freitag 15:00 Uhr bis Sonntag 19:00 Uhr und die Hälfte der Ferien um seine Kinder kümmert. Das waren im Streitjahr rund 86 Tage. Weil das weniger als 25 Prozent der Tage eines Kalenderjahrs waren und ihm auch keine nennenswerten Kosten durch die Betreuung entstanden seien, beantragte die Mutter, den BEA-Freibetrag des Vaters auf sich zu übertragen. Dem widersprach der Vater.
Der BFH gab ihm Recht. Die 25-Prozent-Schwelle ist zu hoch, weil § 32 Abs. 6 S. 9 EStG lediglich fordert, dass das Kind von dem Elternteil, bei dem es nicht gemeldet ist, regelmäßig in einem „nicht unwesentlichen“ Umfang betreut wird. Dieses Kriterium ist bei einer zeitanteiligen Betreuung von über zehn Prozent erfüllt.
KINDER
Kinder und außergewöhnliche Belastungen
| Hier geht es vor allem um die Fragen, ob bei einer Vater-Kind-Kur auch Aufwendungen für das Geschwisterkind und ob Seminare für Pflegeeltern erkrankter Kinder nach § 33 EStG absetzbar sind. |
Vater-Kind-Kur und die Aufwendungen fürs Geschwisterkind
Ein alleinerziehender Vater hat für ein Kind (12 Jahre) eine Vater-Kind-Kur verordnet bekommen. Er und das zweite Kind (15 Jahre) sind als Begleitperson mitgefahren. Die Ausgaben für das ältere Kind hat das Finanzamt nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt, weil in der ärztlichen Verordnung nicht stand, dass dessen Teilnahme für den Erfolg der Kur notwendig ist. Der Vater konnte das Kind aber nicht zu Hause lassen. Was gilt?
PRAXISHINWEISE |
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Seminare für Pflegeeltern erkrankter Kinder sind absetzbar
Pflegeeltern, die an medizinischen Seminaren teilnehmen, um mit frühtraumatisierten Kindern besser umzugehen, können die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung abziehen. Das hat das FG Münster klargestellt.
Im konkreten Fall hatten die Pflegeeltern zwei Kinder in Vollzeitpflege bei sich aufgenommen. Ein Kind litt an einer Aufmerksamkeits- und Bindungsstörung. Deshalb nahm die Pflegemutter an einem Seminar teil, das eine Ärztin für Eltern frühtraumatisierter Kinder entwickelt hatte. Weil die Krankenkasse die Kosten nicht übernahm, machte die Pflegemutter diese als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das FG Münster stimmte zu. Die Teilnahme an den Seminaren sei durch die Krankheit des Pflegekinds veranlasst gewesen. Deren Behandlung habe die Einbeziehung der Angehörigen erfordert. Dafür sprachen mehrere ärztliche Bescheinigungen. Dass diese Bescheinigungen den formellen Anforderungen des § 64 EStDV nicht genügten, sei unerheblich. Die Pflegeeltern waren auch sittlich verpflichtet, die durch die Krankheit ihres Pflegekindes entstandenen Aufwendungen zu tragen, weil zwischen ihnen und dem Pflegekind ein auf Dauer angelegtes enges familiäres Band bestand (FG Münster, Urteil vom 27.01.2017, Az. 4 K 3471/15 E, Abruf-Nr. 192493).
ENTLASTUNGSBETRAG FÜR ALLEINERZIEHENDE
Entlastungsbetrag: So optimieren Alleinerziehende alle Steuersparmöglichkeiten
| Alleinerziehende haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag. Dessen Ziel ist es, die höheren Kosten für die Haushaltsführung von Alleinerziehenden abzugelten, die einen gemeinsamen Haushalt nur mit ihren Kindern und sonst keiner anderen erwachsenen Person führen. Das BMF hat jetzt geklärt, unter welchen Voraussetzungen sie den Entlastungsbetrag optimieren. |
Das steckt drin im Entlastungsbetrag
Der Entlastungsbetrag beträgt 1.908 Euro im Jahr fürs erste Kind. Für jedes weitere Kind erhöht er sich um 240 Euro. Für zwei Kinder steht Ihnen also ein Entlastungsbetrag von 2.148 Euro zu. Bei drei wären es 2.388 Euro.
Der Entlastungsbetrag nach § 24b EStG wird außerhalb des Familienleistungsausgleichs bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte durch Abzug von der Summe der Einkünfte und beim Lohnsteuerabzug durch die Steuerklasse II berücksichtigt (BMF, Schreiben vom 23.10.2017, Az. IV C 8 ‒ S 2265-a/14/10005, Abruf-Nr. 197451).
Wann Sie Anspruch auf den Entlastungsbetrag haben
Sie haben Anspruch auf den Entlastungsbetrag, wenn Sie alleinstehend sind und zu Ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das Ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht.
Das Kriterium „Alleinstehend“
Das Kriterium alleinstehend ist erfüllt, wenn Sie die Voraussetzungen für die Nutzung des Splittingtarifs (§ 26 Abs. 1 EStG) nicht erfüllen und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden.
PRAXISHINWEIS | Unschädlich ist es, wenn Sie eine Haushaltsgemeinschaft
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Eine schädliche Haushaltsgemeinschaft mit einer volljährigen Person liegt vor, wenn Sie und die andere Person in der Wohnung gemeinsam wirtschaften. Gemeinsames Wirtschaften kann darin bestehen, dass die Person
- zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beiträgt oder
- Sie bei der Haushaltsführung entlastet. Auf den Umfang der Hilfe oder des Anteils an den anfallenden Arbeiten kommt es nicht an (BFH, Urteil vom 28.06.2012, Az. III R 26/10, Abruf-Nr. 122982).
Eine Haushaltsgemeinschaft liegt nicht vor, wenn die andere Person in der Wohnung
- nur kurzfristig anwesend ist (z. B. zu Besuch oder wegen Krankheit) oder
- nicht nur vorübergehend abwesend ist (z. B. Strafvollzug, bei Meldung als vermisst, Auszug aus der gemeinsamen Wohnung, Unterhaltung einer zweiten Wohnung aus privaten Gründen).
Wichtig | Schädlich wären deswegen eine Abwesenheit wegen Krankenhausaufenthalts, Auslandsreise, Auslandsaufenthalts eines Montagearbeiters oder doppelter Haushaltsführung aus beruflichen Gründen bei regelmäßiger Rückkehr in die gemeinsame Wohnung.
Eine Haushaltsgemeinschaft ist insbesondere gegeben bei ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften und bei Wohngemeinschaften unter gemeinsamer Wirtschaftsführung mit einer sonstigen volljährigen Person.
Das Finanzamt geht davon aus, dass eine Haushaltsgemeinschaft auch dann vorliegt, wenn Sie für die andere Person den Abzug von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen beantragen (§ 33a Abs. 1 S. 3 EStG). Die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft setzt nicht voraus, dass die andere Person in der Wohnung des Alleinerziehenden gemeldet ist.
Kriterium „Haushaltszugehörigkeit eines Kindes“
Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn
- das Kind dauerhaft in Ihrer Wohnung lebt oder mit Ihrer Einwilligung vorübergehend auswärtig untergebracht ist (zum Beispiel Ausbildung) und Sie
- die Verantwortung für das materielle (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterielle Wohl (Fürsorge, Betreuung) des Kindes tragen.
PRAXISHINWEIS | Die Haushaltszugehörigkeit ist selbst dann anzunehmen, wenn das Kind in Ihrer Wohnung gemeldet ist, aber tatsächlich in einer eigenen Wohnung lebt. Diese Vermutung ist unwiderlegbar (BFH, Urteil vom 05.02.2015, Az. III R 9/13, Abruf-Nr. 177863). Ist das Kind aber nicht bei Ihnen gemeldet, tragen Sie die Beweislast, dass es tatsächlich in Ihrem Haushalt lebt. Ist das Kind in Ihrer und der Wohnung des anderen Elternteils gemeldet, bekommt derjenige Elternteil den Entlastungsbetrag, der alleinstehend ist. |
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Sie haben mit der von Ihnen geschiedenen Mutter Elvira die zehnjährige Tochter Tanja. Elvira hat noch einmal geheiratet und lebt mit ihrem Mann und Tanja in einem gemeinsamen Haushalt. Tanja ist sowohl in Ihrer Wohnung als auch der Wohnung von Elvira gemeldet. Das Kindergeld für Tanja erhalten Sie.
Folge: Sie sind alleinstehend im Sinne von § 24b Abs. 3 EStG (Kriterium 1). Und Tanja gehört zu Ihrem Haushalt (Kriterium 2). Also können Sie den Entlastungsbetrag in Anspruch nehmen. Ihre Ex-Frau hat keinen Anspruch darauf. Bei ihr sind die Voraussetzungen für das Splittingverfahren erfüllt. |
Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kindes ist, dass das Finanzamt das Kind als Ihr Kind identifizieren kann (§ 24b Abs. 1 S. 4 EStG). Dann müssen Sie dessen Identifikationsnummer an das Finanzamt weiterleiten (§ 139b AO).
Weitere Details zum Entlastungsbetrag
Der Entlastungsbetrag ist ein Jahresbetrag, der in jedem Veranlagungszeitraum insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Er kann zwischen den Elternhaushalten aufgeteilt werden. Und er ermäßigt sich für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, um ein Zwölftel (§ 24b Abs. 4 EStG).
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Natalie Kupfer ist alleinstehend. Sie hat im April 2017 ihr erstes Kind zur Welt gebracht. Sie lebt in ihrem Haushalt mit keiner weiteren volljährigen Person zusammen. Ab April kann Natalie den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Anspruch nehmen. Er beträgt im Jahr 2017 also 1.431 Euro (1.908 Euro x 9/12).
Auch Hannah Karl ist alleinstehend. Sie ist im Juni 2017 zum zweiten Mal Mutter geworden. Auch sie lebt in ihrem Haushalt nur mit ihren beiden Kindern zusammen. Für das Jahr 2017 kann Hannah einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 2.048 Euro (1.908 Euro + 240 Euro x 7/12) in Anspruch nehmen. |
In dem Veranlagungszeitraum, in dem Sie sich von Ihrem Ehegatten bzw. Lebenspartner trennen (Verlassen der gemeinsamen Wohnung, Scheidung), können Sie den Entlastungsbetrag nicht nutzen, wenn für das Jahr grundsätzlich die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingverfahrens gegeben sind. Entsprechendes gilt bei der Einzelveranlagung und im Jahr der Eheschließung oder des Eingehens einer Lebenspartnerschaft.
PRAXISHINWEIS | Etwas anderes gilt für Verwitwete. Sie können den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erstmals zeitanteilig für den Monat des Todes des Ehegatten oder Lebenspartners beanspruchen. |
Wenn Sie mit einer anderen volljährigen Person zusammenziehen, wird der Entlastungsbetrag für volle Kalendermonate gekürzt, in denen Sie eine Haushaltsgemeinschaft mit der anderen volljährigen Person führen.
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Heide Kraus ist alleinstehend. Sie lebt mit ihren minderjährigen Kindern Konrad und Lara in einem gemeinsamen Haushalt. Am 15.08.2017 ist Lars, der volljährige Bruder von Heide, in die Wohnung eingezogen.
Folge: Heide kann nur bis einschließlich August den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beanspruchen. Er beträgt 1.432 Euro (2.148 Euro x 8/12). |
AUSSERGEWÖHNLICHE BELASTUNGEN
Unterstützung von Kindern: So schöpfen Sie das Steuersparpotenzial des § 33a EStG aus
| Unterstützen Sie Kinder noch, wenn Sie für diese keinen Anspruch auf Kindergeld mehr haben (über 25 Jahre), können Sie Ihre Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Erfahren Sie, wie Sie das Steuersparpotenzial des § 33a EStG optimal auszuschöpfen. |
Die Grundsätze zur Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen
Unterstützen Sie Ihr Kind, für das Sie kein Kindergeld mehr bekommen, finanziell, kommt ein Abzug für Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 S. 1 EStG in Betracht. Abziehbar sind je nach dem Jahr, für das Sie die Leistungen als außergewöhnliche Belastung geltend machen, folgende Höchstbeträge:
- 2016: 8.356 Euro
- 2017: 8.820 Euro
- 2018: 9.000 Euro
Welche Aufwendungen sind begünstigt?
Die Zahlungen müssen Sie für die Deckung des typischen Lebensunterhalts erbringen (z. B. Nahrung, Unterkunft oder Bekleidung). Ob Sie die Leistungen bar oder durch Gestellung einer Unterkunft oder Naturalien erbringen, ist egal. Auch dürfen Sie Kosten im abgekürzten Zahlungsweg unmittelbar an den Gläubiger entrichten.
PRAXISHINWEIS | Lebt die unterstützte Person im Haushalt, wird davon ausgegangen, dass Sie Unterhaltsaufwendungen in Höhe des Höchstbetrags leisten (R 33a Abs. 1 S. 5 EStR). |
Wann wird der Höchstbetrag aufgeteilt?
Der BFH muss sich jetzt mit der Frage befassen, ob der Höchstbetrag aufzuteilen ist, wenn Ihr Kind studiert und mit seinem Lebensgefährten zusammenlebt. Das FG Sachsen hat zuvor eine für Eltern erfreuliche Auffassung vertreten.
Die Aufteilung des Höchstbetrags
Der Höchstbetrag mindert sich um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, die pro Jahr über 624 Euro liegen (§ 33a Abs. 1 S. 5 EStG). Wird das Kind von mehreren Personen unterstützt, wird der Höchstbetrag je nach Höhe der Leistung prozentual auf die Unterstützer aufgeteilt (§ 3a Abs. 1 S. 7 EStG). Die Aufteilung ist allerdings nur erforderlich, wenn:
- die Unterhaltsleistenden gegenüber dem Kind zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet sind oder
- ein Unterhaltszahler einem zivilrechtlich Verpflichteten gleichgestellt ist.
Die zweite Alternative deckt vor allem Fälle ab, bei dem unverheiratete Eltern zusammenleben und der eine Elternteil verdient und der andere erziehende Elternteil wegen des Zusammenlebens keine Sozialleistungen erhält.
Die geschiedenen Eltern haben ihre studierende Tochter (kein Kindergeldanspruch mehr), die alleine in ihrer Studentenbude lebt und keine Einkünfte hat, im Jahr 2017 mit 11.000 Euro unterstützt. Der Vater hat 6.000 Euro (55 Prozent) gezahlt, die Mutter 5.000 Euro (45 Prozent). Folge: Da beide Eltern unterhaltsverpflichtet waren, wird der Höchstbetrag von 8.820 Euro aufgeteilt:
- Vater: 4.851 Euro
- Mutter: 3.969 Euro
Aufteilung bei Zusammenleben mit Lebensgefährten?
Die Aufteilung nimmt das Finanzamt auch vor, wenn das unterstützte studierende Kind mit seinem Lebensgefährten zusammenlebt, der bereits verdient. Fatale Folgen für die Eltern: Sie können Unterstützungsleistungen nur teilweise geltend machen. Dem ist jetzt aber das FG Sachsen entgegengetreten. Es hat klargestellt, dass der Höchstbetrag nicht aufzuteilen ist, weil keine der für die Aufteilung erforderlichen Voraussetzungen gegeben ist (FG Sachsen, Urteil vom 05.09.2017, Az. 3 K 1098/16, Abruf-Nr. 198775):
Kriterium: Unterhaltsverpflichtung | Lebt das Kind mit seinem Lebensgefährten zusammen, ist der Lebensgefährte zivilrechtlich vor der Eheschließung nicht zum Unterhalt verpflichtet. |
Kriterium: Gleichgestellt | Der Lebensgefährte ist Unterhaltsverpflichteten nicht gleichgestellt, weil dem studierenden Kind durch das Zusammenleben keine Sozialleistungen verloren gehen. Das Kind hätte allenfalls Anspruch auf BAföG. Das Einkommen des Lebensgefährten spielt bei der Höhe des BAföG aber keine Rolle. |
Neben dem positiven Urteil des FG Sachsen existiert noch eine Entscheidung des FG Düsseldorf mit genau entgegengesetztem Tenor (FG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2014, Az. 7 K 3168/13, Abruf-Nr. 141986). Deshalb kommt dem Revisionsverfahren, das zum Urteil des FG Sachsen vor dem BFH anhängig ist, noch größere Bedeutung zu. Für Sie heißt das:
- Beantragen Sie für ein studierendes Kind, das mit seinem Lebensgefährten zusammenlebt, in Ihrer Steuererklärung den vollen Höchstbetrag für Unterstützungsleistungen.
- Lehnt das Finanzamt ab, legen Sie Einspruch ein. Weisen Sie auf das Revisionsverfahren beim BFH (Az. VI R 43/17) hin und beantragen Sie, dass Ihr Einspruchsverfahren bis zur BFH-Entscheidung ruht.
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Ihre Tochter ist 29 Jahre alt und studiert noch. Sie hat keine Einkünfte und lebt mit ihrem voll verdienenden Lebensgefährten zusammen. Sie haben 2017 Unterhalt in Höhe von 9.000 Euro gezahlt. Das Finanzamt wird unterstellen, dass der Lebensgefährte einem Unterhaltsverpflichteten gleichgestellt ist und mindestens in Höhe des Höchstbetrags von 8.820 Euro Unterhaltsleistungen erbracht hat. Bezogen auf die gesamten Unterhaltsleistungen von 17.820 Euro beträgt Ihr Anteil nach Auffassung des Amts 51 Prozent, der des Lebensgefährten 49 Prozent. Dagegen müssen Sie sich mit dem Einspruch wehren.
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Kann das Kind zusätzlich Werbungskosten abziehen?
Aus der Leserschaft ist an SSP Steuern sparen professionell jetzt die Frage herangetragen worden, ob das Kind bei der Ermittlung seiner eigenen Einkünfte trotzdem Werbungskosten ansetzen darf? SSP meint ja.
Typischer Fall aus der Praxis
Ein Vater unterstützt sein über 25 Jahre altes, studierendes Kind finanziell. Unter anderem zahlt er dessen Studiengebühren in Höhe von 3.000 Euro. Diesen Betrag darf er als Unterstützungsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung absetzen. Das Kind bekommt kein Bafög, hat aber einen Studentenjob, aus dem es ein brutto 7.000 Euro bezieht.
Hier stellt sich die Frage: Können die Studiengebühren bei dem Kind bei der Ermittlung des Einkommens zusätzlich als Werbungskosten (da Masterstudium = Zweitstudium) oder Aufwendungen zu den (nicht vorhandenen Bezügen) geltend gemacht werden oder wäre das ein doppelter Abzug?
Eigentlich dürfte es keine Probleme geben, weil sich die Studiengebühren sowohl in der Steuererklärung des Vaters als auch in der des Kindes auswirken dürfen. Denn bei der Übernahme der Studienkosten handelt es sich um sogenannten Drittaufwand. Die übernommenen Studiengebühren stellen somit Werbungskosten des Kindes dar (siehe auch die Maklergebühren im Urteil des FG Niedersachsen vom 25.02.2016, Az. 1 K 169/15, Abruf-Nr. 185761). Die abziehbaren Unterhaltsleistungen ermitteln sich wie folgt:
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Unterhaltshöchstbetrag 2017 | 8.820 Euro | ||
./. | Eigene Einkünfte des Kindes | Gehalt aus Nebenjob (7.000 Euro) ./. Studiengebühren ./. anrechnungsfreier Betrag (624 Euro) | 3.376 Euro |
= | Abziehbare Unterhaltsleistungen 2017 | 5.444 Euro |
Einkommensteuererklärung des Kindes: Drittaufwand
Im konkreten Fall ist der Sachverhalt völlig unproblematisch. Würde das Kind eine Steuererklärung beim Finanzamt einreichen und die vom Vater getragenen Studiengebühren als vorweggenommene Werbungskosten im Rahmen einer Zweitausbildung in der Anlage N geltend machen, würde das so akzeptiert. Denn das Kind liegt schon mit seinen bloßen Einnahmen von 7.000 Euro unter dem Grundfreibetrag, der im Jahr 2017 8.820 Euro beträgt.
Interessant wird es, wenn die Einkünfte des Kindes weniger als 3.000 Euro betragen und es deshalb einen Verlustvortrag beantragt. Doch auch hier ändert sich nichts an der Auffassung von SSP. Das Finanzamt muss diesen Verlust feststellen, weil die Übernahme der Kosten durch den Vater einen steuerlich zulässigen Drittaufwand darstellt. Hätte der Vater seinem Kind die 3.000 Euro geschenkt, und das Kind hätte damit die Studiengebühren bezahlt, müsste das Finanzamt den Werbungskostenabzug auch anerkennen.
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Ein Vater unterstützt seine 27 Jahre alte Tochter, die ein Zweitstudium absolviert. Unter anderem übernimmt er auch die Studienkosten der Tochter in Höhe von 2.000 Euro. Das Kind hat keinerlei Einkünfte und Bezüge.
Folge: Das Kind kann freiwillig eine Steuererklärung abgeben und in Anlage N die 2.000 Euro Studiengebühren als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen. Das Finanzamt würde für das betreffende Jahr einen Verlust in Höhe von 2.000 Euro feststellen, der mit Einkünften späterer Jahre verrechenbar ist. |
Unterstützung: So werden KV-Beiträge behandelt
Den Höchstbetrag von bis zu 8.820 Euro (im Jahr 2017) können Sie noch einmal erhöhen, wenn Sie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der unterstützten Person tragen. Wie das geht, steht in einer Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen.
Wichtig ist die Information, dass Sie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung selbst dann als außergewöhnliche Belastung ansetzen können, wenn Sie diese nicht selbst gezahlt haben. Es genügt, wenn Sie Ihrer Unterhaltsverpflichtung nachgekommen sind. Dazu zählt auch, wenn Sie Sachunterhalt gewähren (Unterkunft, Verpflegung). Dann erhöhen die Beiträge selbst dann den Höchstbetrag, wenn der Arbeitgeber der unterstützten Person sie im Lohnsteuerabzug einbehalten hat oder wenn die Beiträge von der Deutschen Rentenversicherung einbehalten wurden (OFD Nordrhein-Westfalen vom 11.10.2017, Kurzinfo ESt 5/2013, Abruf-Nr. 197555).
Wichtig | Andere Versicherungszahlungen erhöhen den abziehbaren Höchstbetrag dagegen nicht. Das gilt etwa für Beiträge zur Renten- oder Arbeitslosenversicherung, für Beiträge zur Krankenversicherung für Wahltarife oder für den Teil des KV-Beitrags, der das Krankengeld finanziert.
Guthaben aus Riester-Verträgen kein schädliches Vermögen
Der Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG setzt voraus, dass die unterhaltsberechtigte Person kein oder nur ein geringes Vermögen von weniger als 15.500 Euro hat. In der Praxis stellt sich die Frage, ob das Guthaben aus einem Riester-Vertrag als schädliches Vermögen gilt.
Typischer Fall aus der Praxis macht die Streitfrage plastisch
Hans und Monika Pfarr unterstützen ihren 30-jährigen Sohn, der noch studiert und keine Einkünfte hat. Sie machen 9.500 Euro als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG geltend (Höchstbetrag 2017: 8.820 Euro + Beiträge zur KV-und PV des Sohns). Das Finanzamt lehnt den Abzug der Unterhaltszahlungen ab, weil der Sohn folgendes Vermögen hat:
- Sparvertrag bei der Bank: 9.000 Euro
- Staatlich geförderter Riester-Vertrag: 7.300 Euro
Es ist also der Auffassung, der Riester-Vertrag sei als zu berücksichtigendes Vermögen (R 33a.1 Abs. 2 S. 3 EStR) anzusehen. Dadurch sei die 15.500 Euro-Vermögens-Grenze überschritten (9.000 Euro + 7.300 Euro = 16.300 Euro).
Argumente gegen die Einbeziehung ins schädliche Vermögen
SSP meint, dass das Finanzamt falsch liegt. Guthaben aus staatlich geförderten Riester-Verträgen sind nicht in die Ermittlung des schädlichen Vermögens einzubeziehen. Das kann wie folgt hergeleitet werden:
- Ein angemessenes Hausgrundstück im Sinn von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII stellt als „Schonvermögen“ kein schädliches Vermögen dar.
- Dieser Hinweis wurde ins Gesetz aufgenommen (§ 33a Abs. 1 S. 4 EStG) um klarzustellen, dass Verschonungsregelungen, die im Sozialrecht gelten, auch steuerlich anzuwenden sind.
- Das Sozialrecht sieht in § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII ferner vor, dass auch Kapital, das der zusätzlichen Altersvorsorge nach § 10a EStG oder Abschnitt XI EStG dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wird, nicht verwertet werden muss. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Regelung auch steuerlich anzuwenden ist. Folglich sind Guthaben aus staatlich geförderten Riester-Verträgen nicht in das schädliche Vermögen einzubeziehen.
Studienabbrecher: Kindergeld oder Unterhalt?
Immer mehr Kinder studieren. Das hat auch Folgen in den Universitäten. Sie sieben gerade in Massenstudiengängen rigoros aus. Für Eltern stellt sich hier die Frage, ob sie trotz Exmatrikulationen noch einen Kindergeldanspruch haben, und, wenn nein, ob der Abzug von Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung in Frage kommt.
Abbruch des Studiums gilt als Beendigung der Ausbildung
Bricht ein volljähriges Kind sein Studium ab, gilt die Ausbildung mit Ablauf des Monats als beendet, in dem die Abbruchentscheidung vom Studieren-den tatsächlich vollzogen wird, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem die Exmatrikulation erfolgt (BZSt, DA-FamEStG, Abruf-Nr. 130985).
Nach Beendigung der Ausbildung (Abbruch des Studiums) erhalten Eltern unter folgenden Voraussetzungen weiter Kindergeld für volljährige Kinder:
- 1. Ist das Kind bei Abbruch seines Studiums noch nicht 21 Jahre alt, erhalten Eltern bis zum 21. Lebensjahr Kindergeld, wenn das Kind bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet ist (§ 32 Abs. 2 Nr. 1 EStG; DA 63.3.1).
- 2. Hat das Kind bereits seinen 21. Geburtstag gefeiert, bekommen Eltern für das Kind bis zu seinem 25. Geburtstag Kindergeld, wenn das Kind sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2b EStG; DA 63.3.3).
- 3. Kann der Familienkasse bis zum Ablauf dieses Vier-Monats-Zeitraums nicht nachgewiesen werden, dass das Kind für einen Beruf ausgebildet wird, fällt das Kindergeld rückwirkend ab dem Studienabbruch weg, wenn es nicht nachweist, dass es sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz kümmert (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c EStG; DA 63.3.4).
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Ihr Kind wurde im März 2018 exmatrikuliert und hat Ende März 2018 auch seinen 21. Geburtstag gefeiert. Im Zeitraum April bis August hat das Kind einen Ausbildungsplatz gesucht und berufsvorbereitende Praktika absolviert. Im September 2018 entscheidet sich das Kind, im Herbst 2018 die Aufnahmeprüfung in die Laufbahn des gehobenen Dienstes beim Staat zu absolvieren. Ausbildungsbeginn wäre da jedoch erst am 01.09.2019.
Folge: Kindergeld nach Nr. 1 scheidet aus, weil das Kind bei Abbruch des Studiums bereits das 21. Lebensjahr vollendet hatte. Gleiches gilt für Nr. 2, weil nicht innerhalb von vier Monaten nach Studienabbruch eine neue Ausbildung begonnen wurde. Ein Kindergeldanspruch kann also nur bestehen, wenn sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht. Kann das Kind das durch Bewerbungsschreiben, Ablehnungsschreiben oder durch die Registrierung bei der Agentur für Arbeit plausibel nachweisen, steht den Eltern noch Kindergeld zu. |
Ausbildungswunsch des Kindes ist anzuerkennen
Nun könnte die Familienkasse im Beispiel auf die Idee kommen, das Kind dazu aufzufordern, sich angesichts der langen Wartezeit auf den Ausbildungsbeginn um einen anderen Ausbildungsplatz mit einem früheren Beginn zu bemühen. Doch in der Dienstanweisung an die Familienkassen steht in DA 63.3.4 in den S. 8 und 9 schwarz auf weiß, dass grundsätzlich jeder Ausbildungswunsch des Kindes anzuerkennen ist. Die Bewerbung muss jedoch für den frühesten Ausbildungsbeginn erfolgen.
SONDERAUSGABEN
Kinder und der Sonderausgabenabzug bei den Eltern: Unbekannte Gestaltungen nutzen
| Oft ist nicht bekannt, dass auch der Sonderausgabenabzug nach § 10 EStG bei Eltern-Kind-Konstellationen eine Rolle spielt. Lernen Sie die attraktivsten Gestaltungen kennen. |
KV-Beiträge der Kinder können Steuern der Eltern mindern
Eltern dürfen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die ein Kind zahlt, für das die Eltern noch Kindergeld beziehen, wie eigene Sonderausgaben geltend machen. Diesen Steuervorteil gewährt das Finanzamt selbst dann, wenn der Arbeitgeber des Kindes die Beiträge einbehält. Eine Kurzinformation der OFD Münster schaffte Klarheit zu diesem Steuersparmodell. (OFD Münster, Kurzinformation 14/2011 vom 25.05.2011, aktualisiert am 16.11.2011 und 18.11.2011):
Nachweis | Für den Sonderausgabenabzug genügt es, wenn die Eltern ihren Unterhaltspflichten nachgekommen sind. |
Höhe | Als Sonderausgaben abziehbar sind nur die Beiträge zur Basisabsicherung (also ohne Wahlleistungen). |
Aufteilung | Eltern und Kind können frei entscheiden, wer von ihnen wie viel der Beiträge als Sonderausgaben abziehen möchte. |
Kind | Der Sonderausgabenabzug wird nur für Kinder akzeptiert, für die die Eltern noch Kindergeld beziehen. |
Folge: Befindet sich ein Kind im Alter bis 25 Jahren in Ausbildung, können Eltern nach diesen Grundsätzen sogar die in der Lohnsteuerbescheinigung des Kindes ausgewiesenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in ihrer Steuererklärung als Sonderausgaben berücksichtigen.
Schulgeld: BFH ist beim Sonderausgabenabzug großzügiger
Besucht Ihr Kind eine Privatschule, für die keine Bescheinigung der Kultusministerkonferenz der Länder vorliegt, können Ihre Schulgeldzahlungen trotzdem Sonderausgaben darstellen. Das lehrt eine Entscheidung des BFH. Er hat die strenge Auslegung der Finanzverwaltung gelockert.
Der Abzug von Schulgeld ist in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG geregelt. Ihr Entgelt stellt Sonderausgaben dar, wenn es sich bei der Privatschule um eine Einrichtung handelt, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 EStG ordnungsgemäß vorbereitet. Dann können Sie 30 Prozent des Entgelts (ohne Beherbergung, Verpflegung und Betreuung) als Sonderausgaben abziehen. Maximal beträgt der Abzug 5.000 Euro pro Kind und Jahr.
PRAXISHINWEIS | Erfüllt eine Privatschule die oben genannte Voraussetzung, muss das Finanzamt den Sonderausgabenabzug auch dann zulassen, wenn für diese Einrichtung keine Bescheinigung des zuständigen inländischen Landesministeriums, der Kultusministerkonferenz der Länder oder einer Zeugnisanerkennungsstelle vorliegt. Das Finanzamt muss selbst prüfen, ob die Schule die Vo-raussetzungen erfüllt (BFH, Urteil vom 20.06.2017, Az. X R 26/15, Abruf-Nr. 197826). |
Neues zum Abzug von Kinderbetreuungskosten
In § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG steht, dass Sie zwei Drittel der Ausgaben für die Kinderbetreuung, maximal 4.000 Euro pro Jahr und Kind, als Sonderausgaben abziehen können. Voraussetzung ist, dass das Kind zu Ihrem Haushalt gehört und seinen 14. Geburtstag noch nicht gefeiert hat. Bei zwei langjährigen Streitfällen stand der Abzug aber bisher in Frage: nämlich beim „Sonderausgabenabzug für Stiefkinder“ und dem „Sonderausgabenabzug für Unterbringungskosten im Internat“. Dazu gibt es gute Nachrichten.
Der Sonderausgabenabzug für Stiefkinder
Für Stiefkinder lehnen Finanzbeamte den Sonderausgabenabzug bisher ab. Sie stützen diese Auffassung auf zwei Argumente bzw. Rechtsquellen:
- Es sind nur Betreuungskosten für Kinder abziehbar, mit denen Sie im ersten Grad verwandt sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 EStG).
- Im wegweisenden BMF-Schreiben zu Kinderbetreuungskosten steht, dass Aufwendungen zur Betreuung von Stief- und Enkelkindern nicht berücksichtigt werden dürfen (BMF, Schreiben vom 14.03.2012, Az. IV C 4 - S 2221/07/0012:012, Tz. 15, Abruf-Nr. 121317).
Neu aus dem BMF: Zusammenveranlagung sichert Sonderausgabenabzug
Die Bundesregierung hat in einer Antwort auf eine Anfrage klargestellt, dass für das Stiefkind sehr wohl Kinderbetreuungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG berücksichtigt werden dürfen. Nämlich dann, wenn der Stiefvater bzw. die Stiefmutter mit dem leiblichen Elternteil zusammenveranlagt wird (BMF, Schreiben vom 09.02.2017, Az. IV C 8 ‒ S 2221/07/10055:022, Abruf-Nr. 192436).
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Hans Müller lebt mit seiner Ehefrau und deren zehnjährigen Tochter in einem Haushalt. Er übernimmt für die Tochter seiner Frau (also für sein Stiefkind) Kinderbetreuungskosten in Höhe von 3.000 Euro. Die Eheleute werden a) zusammenveranlagt bzw. b) einzeln veranlagt:
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Auch Unterbringungskosten im Internat sind absetzbar
Das gleiche Schicksal wie bei Betreuungskosten für Stiefkinder drohte bislang bei Internatskosten. Finanzämter haben Unterkunftskosten nicht als Sonderausgaben anerkannt, wenn die Rechnung des Internats für die Unterkunft nur Sachleistungen und keine Personalkosten enthielt.
So handhabt es die Finanzverwaltung bisher
Begründung: Kinderbetreuungskosten sind nur dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn die persönliche Fürsorge für das Kind im Vordergrund steht. Enthält die Rechnung aber keinen Kostenanteil für die behütende und beaufsichtigende Betreuung, scheidet auch eine Aufteilung im Schätzungsweg aus. Werden nur Sachleistungen ausgewiesen, ist davon auszugehen, dass die Betreuungsleistungen von untergeordneter Bedeutung sind.
So sieht es das FG Thüringen
Diese abenteuerliche Begründung sah das FG Thüringen aber weder durch den Gesetzestext noch das BMF-Schreiben zu Kinderbetreuungskosten gedeckt (BMF, Schreiben vom 14.03.2012, Az. IV C 4 ‒ S 2221/07/0012:012, Abruf-Nr. 121317). Es hat den Sonderausgabenabzug für die Unterbringungskosten auch dann erlaubt, wenn diese in der Rechnung nur aus Sachleistungen bestehen (FG Thüringen, Urteil vom 25.10.2016, Az. 2 K 95/15, Abruf-Nr. 192437).
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Ein Kind ist in einer Ganztagsschule untergebracht. Während der Schulzeit war es in einem angegliederten Internat untergebracht. In der Rechnung des Internats waren 1.035 Euro für die Unterkunft und 1.400 Euro für Verpflegungskosten ausgewiesen, wobei die Unterkunftskosten nur aus Sachleistungen bestanden (hier Übernachtungskosten). Der Sonderausgabenabzug ermittelt sich wie folgt:
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Urteilsgrundsätze auf alte und neue Rechtslage anwendbar
Das Urteil des FG Thüringen ist zwar noch zur Rechtslage bis einschließlich 2011 ergangen. Damals waren Kinderbetreuungskosten noch als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar. In ihrer Urteilsbegründung haben die Richter durch einen Verweis auf das BMF-Schreiben vom 14.03.2012 aber klargestellt, dass ihre Aussage auch für die neue Rechtslage gilt.
Das Urteil ist rechtskräftig. Das FG hat zwar die Revision zum BFH zugelassen. Doch das unterlegene Finanzamt hat davon keinen Gebrauch gemacht.
GESTALTUNGSÜBERLEGUNGEN MIT KINDERN
Patchworkfamilien: Kindergeld optimieren und weitere Steuervergünstigungen richtig nutzen
| Viele Steuerzahler, die Kinder aus früheren Beziehungen haben, finden einen Partner und wagen erneut den Gang zum Standesamt. Dieses Ja-Wort bringt den Eltern und Kindern zahlreiche finanzielle und steuerliche Vorteile. Lernen Sie deshalb die interessantesten Gestaltungstipps für Patchworkfamilien kennen und nutzen Sie diese. |
Mit Zählkindern Kindergeldanspruch deutlich erhöhen
Hat ein Ehepaar gemeinsame Kinder, und ist die Frau nicht berufstätig, weil sie sich um die Kinder kümmert, wird ihr meist das Kindergeld zugerechnet. Das muss nicht immer ideal sein.
Den richtigen Kindergeldberechtigten bestimmen
Vor allem dann nicht, wenn der Ehemann Kinder aus einer früheren Beziehung hat. Dann kann es sich lohnen, ihn zum Kindergeldberechtigten zu bestimmen. Denn kindergeldtechnisch werden dem Mann auch seine Kinder aus früheren Beziehungen zugerechnet, selbst wenn er für diese keinen Kindergeldanspruch hat.
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Für Kind 1 und 2 | Für Kind 3 | Für jedes weitere Kind | |
Kindergeld | je 194 Euro | 200 Euro | 225 Euro |
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Das Ehepaar Frank und Susi Becker hat drei gemeinsame Kinder im Alter von 4, 6 und 9 Jahren. Frank hat aus einer früheren Beziehung drei Kinder im Alter von 12, 14 und 16 Jahren. Die drei älteren Kinder leben bei ihrer Mutter. Kindergeld bekommt Frank für sie nicht. Das Kindergeld für die gemeinsamen Kinder wird a) Susi als Berechtigter oder b) Frank als Berechtigtem gewährt.
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Wichtig | Lohnt sich der Wechsel der Anspruchsberechtigung wegen Zählkindern für Sie, ist Eile geboten. Denn der herbeigeführte Wechsel bei der Berechtigungsbestimmung gilt erst ab dem Folgemonat nach der Antragstellung. Den Antrag müssen Sie bei der Familienkasse stellen (BFH, Urteil vom 19.4.2012, Az. III R 42/10, Abruf-Nr. 122983).
Eigene Kinder dem neuen Partner als Berechtigten zuordnen
Verheiratete Paare, die jeweils Kinder aus früheren Beziehungen mit in die Ehe bringen, profitieren ebenfalls vom Zählkinder-Gestaltungsmodell. Bei mehr als zwei Kindern lohnt es sich, wenn ein Ehegatte den anderen Ehegatten als für sein Kind kindergeldtechnisch Berechtigten bestimmt. Der Antrag ist wiederum bei der Familienkasse zu stellen.
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Mike und Sarah heiraten. Mike bringt drei Kinder mit in die Ehe, Sarah zwei Kinder. Das Kindergeld bezieht a) jeder Ehegatte weiterhin für sich oder b) auf Antrag bei der Familienkasse nur noch Sarah.
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PRAXISHINWEISE |
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Überlegungen für Patchworkfamilien bei Riester-Zulage
Wenn „Patchwork-Partner“ mit jeweils eigenen Kindern heiraten, profitieren sie neben der Zusammenveranlagung auch bei der Riester-Zulage. Ist ein Ehegatte nicht zulagenberechtigt, der andere als rentenversicherungspflichtiger Arbeitnehmer aber schon, bekommt der bisher nicht begünstigte Ehegatte einen abgeleiteten Riester-Zulagenanspruch (§ 79 S. 2 EStG). Die mitgebrachten Kinder der beiden Partner können wieder das Zünglein an der Waage sein, um die staatliche Förderung optimal auszuschöpfen.
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Werner und Franziska Müller heiraten 2018. Werner ist Freiberufler und hat drei Kinder, die 2009, 2011 und 2014 geboren wurden. Franziska bringt ebenfalls zwei Kinder mit, die 2010 und 2012 geboren wurden. Die beiden bestimmen Werner für alle Kinder (auch die von Franziska) zum Kindergeldberechtigten, um von der Zählkinderregelung profitieren zu können. Schließt nun Franziska einen Riester-Vertrag ab und zahlt Mindestbeiträge ein, bekommt Werner einen abgeleiteten Riester-Anspruch, obwohl er als Selbstständiger gar nicht zulageberechtigt wäre. Schließt er ebenfalls einen Riester-Vertrag ab, muss er als mittelbar Begünstigter nur 60 Euro pro Jahr als Mindestbeitrag einbezahlen. Die Zulagen für die beiden Riester-Verträge ermitteln sich 2018 wie folgt:
Der Wechsel der Kindergeldberechtigung wirkt also auf den Anspruch auf Kinderzulage. Ohne Kindergeldanspruch gibt es keine Kinderzulage bei Riester. |
Unterhaltsleistungen an Stiefkind absetzbar?
In der Praxis versuchen Patchworkfamilien, bei denen die Partner geheiratet haben, Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung abzuziehen, wenn der Ehepartner, der die Kinder in die Ehe mitgebracht hat, keine eigenen Einkünfte hat. Entscheidend für die Frage ist, ob solche Unterhaltsaufwendungen abgezogen werden dürfen, ob jemand für das Kind einen Kindergeldanspruch hat. Es gilt Folgendes:
Hat noch jemand einen Kindergeldanspruch gegenüber dem Stiefkind, scheidet der Abzug außergewöhnlicher Belastungen für Unterhaltsaufwendungen aus (BFH, Beschluss vom 24.05.2012, Az. VI B 120/11, Abruf-Nr. 146776).
Hat für das Stiefkind niemand mehr einen Kindergeldanspruch, kommt der Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG für das Stiefkind in Betracht. Denn für den Abzug gilt folgende Voraussetzung: Die unterstützte Person muss gegenüber Ihnen oder Ihrem Ehepartner bzw. eingetragenen Lebenspartner nach deutschem Recht unterhaltsberechtigt sein.
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Franz heiratet 2018 Maria, die eine 28jährige Tochter hat. Die Tochter studiert noch und hat keine Einkünfte. Deshalb unterstützen Franz und Maria die Tochter finanziell. Folge: Da aufgrund des Alters der Tochter niemand mehr einen Anspruch auf Kindergeld hat, kann das Ehepaar die Unterhaltszahlungen nach § 33a Abs. 1 EStG bis zum Höchstbetrag in Höhe von 9.000 Euro (inkl. Beitragszahlungen zur Basis-Kranken- und Pflegeversicherung) geltend machen. |
FAMILIENVERTRÄGE
Vermietete Immobilie: Zuwendungsnießbrauch als familiäres Steuersparmodell nutzen
| Ein kindbedingtes Steuersparmodell besteht darin, Einkünfte auf den Nachwuchs zu verlagern. Das ist besonders lukrativ, wenn das Kind über keine eigenen Einkünfte verfügt und es sich bei der Einkünfteverlagerung um solche aus Vermietung und Verpachtung dreht. Das interessante daran: Die Immobilie muss gar nicht (endgültig) übertragen werden; auch ein unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch führt zum Ziel. |
Zuwendungsnießbrauch führt zur Steuerersparnis
Martin Müller hat eine Einkommensteuerbelastung von 40 Prozent. Zu seinem Vermögen gehört u. a. ein vermietetes Mehrfamilienhaus, das sein Vater 1962 errichtet hat. Er hat es 2005 geerbt. Das Haus ist vollständig abgeschrieben. Darlehensverpflichtungen bestehen auch nicht mehr. Müller erzielt mit der Immobilie jährlich einen (durchschnittlichen) Überschuss von 25.000 Euro.
Müller hat einen 20-jährigen Sohn, der als Student über keine Einkünfte verfügt. Er räumt ihm ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück ein, das auf fünf Jahre befristet ist. Damit verlagert Müller Vermietungseinkünfte, die bei ihm mit 40 Prozent besteuert werden und eine Steuerlast von 10.000 Euro verursachen, auf seinen Sohn. Weil der über keine anderen Einkünfte verfügt, wird seine Belastung bei ca. 4.000 Euro liegen. Somit ergibt sich eine Steuerersparnis von 6.000 Euro pro Jahr.
Voraussetzungen, Fallstricke und erforderliche Maßnahmen
Vor einer derartigen Gestaltung sollten Sie jedoch fünf Punkte berücksichtigen, damit das angestrebte Ziel erreicht bzw. nicht durch andere, gegenläufige Aspekte konterkariert wird.
1. Gebäudeabschreibung
Beim Zuwendungsnießbrauch räumt der Eigentümer einem Dritten ein Nutzungsrecht ein. Damit geht die Einkunftserzielung auf den Nießbraucher über, nicht jedoch das bürgerlich-rechtliche oder wirtschaftliche Eigentum.
Daraus ergibt sich ein Problem: Die Gebäudeabschreibung kann nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden. Der (unentgeltlich bedachte) Nießbraucher kann weder das Gebäude noch das unentgeltlich erworbene Nutzungsrecht abschreiben (BFH, Urteil vom 24.04.1990, Az. IX R 9/86, Abruf-Nr. 194006). Auch der Eigentümer ist nach Einräumung des Nießbrauchs nicht mehr zur Abschreibung des Gebäudes berechtigt, weil er keine Einkünfte mehr erzielt.
PRAXISHINWEIS | Dieser Nachteil des Zuwendungsnießbrauchs spielt keine Rolle, wenn es sich um ein vollständig abgeschriebenes Gebäude handelt. |
2. Tatsächliche Durchführung
Oft vergessen, aber enorm wichtig ist es, Mieter über den Vermieterwechsel zu informieren. Zahlen die Mieter nämlich weiter an den Eigentümer, spricht dies gegen die tatsächliche Durchführung der Nießbrauchsvereinbarung.
PRAXISHINWEIS | Darüber hinaus sollten Vater und Sohn vereinbaren, dass der Sohn sämtliche im Zusammenhang mit der Immobilie anfallenden Aufwendungen trägt, damit er sie als Werbungskosten abziehen kann. Der Abzug ist selbst dann möglich, wenn der Vater die Mittel schenkt (Schenkungsteuer beachten!) und die an den Sohn gerichteten Rechnungen begleicht (abgekürzter Zahlungsweg). |
3. Kindergeld und Freibeträge für Kinder
Herr Müller erhält für seinen Sohn auch weiterhin Kindergeld bzw. die Freibeträge für Kinder, weil der sich in einer Ausbildung befindet und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die eigenen Einkünfte, die sein Sohn nun erzielt, stehen dem nicht entgegen.
Wichtig | Hätte der Sohn das 25. Lebensjahr vollendet und würde weiterhin studieren, hätte Herr Müller zwar keinen Anspruch mehr auf Kindergeld. Er könnte jedoch Unterstützungsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen. Hier spielen aber die eigenen Einkünfte des Sohnes eine Rolle. Denn der Höchstbetrag (im Veranlagungszeitraum 2018: 9.000 Euro) wird gekürzt, soweit die Einkünfte den anrechnungsfreien Betrag von 624 Euro übersteigen.
4. Familienversicherung
Die Müllers sollten auch im Blick haben, dass hohe Einkünfte des Sohnes seinen Anspruch auf Familienversicherung in der Krankenversicherung gefährden können (Einkommensgrenze 2018: 435 Euro monatlich).
5. Besonderheiten bei minderjährigen Kindern
Wäre der Sohn noch minderjährig, wären vor allem folgende Punkte zu beachten, damit das Finanzamt diese Gestaltung anerkennt:
- Bei Vertragsabschluss muss ein Abschlussergänzungspfleger mitwirken (BFH, Urteil vom 13.05.1980, Az. VIII R 75/79). Eine Dauerergänzungspflegschaft ist nicht erforderlich (BFH, Urteil vom 13.05.1980, Az. VIII R 63/79).
- Vertreten Eltern minderjährige Kinder, müssen sie die Willenserklärungen im Namen der Kinder abgeben (BFH, Urteil vom 13.05.1980, Az. VIII R 63/79).
- Unschädlich ist es, wenn eine Nießbrauchsbestellung zugunsten minderjähriger Kinder frei widerrufbar ist (BFH, Urteil vom 19.11.2003, Az. IX R 54/00, Abruf-Nr. 041551).
Gestaltung: Nießbrauch auch an Betriebsgrundstück möglich
Einen Zuwendungsnießbrauch können Sie nicht nur an einer vermieteten Wohnimmobilie einräumen, sondern auch an einem Betriebsgrundstück. Das lehrt eine Entscheidung des FG Baden-Württemberg.
Familiäres Dreiecks-Verhältnis missfällt dem Finanzamt
Im konkreten Fall hatte die Mutter ihrer volljährigen Tochter mit notariell beurkundetem Vertrag einen befristeten, unentgeltlichen Nießbrauch an ihrem Betriebsgrundstück eingeräumt. Der Nießbrauch war ins Grundbuch eingetragen worden. Der Tochter standen die Einnahmen aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks in voller Höhe zu. Im Gegenzug musste sie alle Lasten des Grundbesitzes tragen. Die Tochter vermietete das Grundstück an ihren Vater, der es bisher von der Mutter gemietet hatte, um dort seine gewerbliche Tätigkeit auszuüben.
Das Finanzamt erkannte die Bestellung zugunsten der Tochter wegen Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO nicht an. Dagegen klagten Mutter und Vater erfolgreich. Die Einkünfte aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks sind der Tochter und nicht der Mutter zuzurechnen (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2016, Az. 11 K 2951/15, Abruf-Nr. 194838).
FG Baden-Württemberg verneint Gestaltungsmissbrauch
Das FG begründet das damit, dass die volljährige Tochter während des Zeitraums, für den der Nießbrauch bestellt wurde (fünf Jahre), in ihrer Disposition in keiner Weise beschränkt war. Sie hatte deshalb einen Mietvertrag über die gewerblichen Räume mit dem Vater geschlossen.
Die Nießbrauchsgestaltung war auch nicht missbräuchlich. Es steht Eltern frei, ob sie dem Kind zum Zwecke der Gewährung von Unterhalt Barmittel überlassen oder ob sie ihm ‒ auch befristet ‒ die Einkunftsquelle selbst übertragen. Der steuerliche Vorteil der Gestaltung über den Zuwendungsnießbrauch besteht darin, dass die Vermietungseinkünfte aufgrund der Progression niedriger oder überhaupt nicht besteuert werden. Mit der Gestaltung werden keine steuerlich nicht abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen in den Bereich des Betriebsausgabenabzugs verlagert.
Modell-Umsetzung in die Praxis
Die tatsächliche Durchführung des Nießbrauchs an einem vermieteten Grundstück ist das A und O. Der Vermieterwechsel muss vollzogen werden. Der Mieter muss an das Kind und nicht an den Eigentümer zahlen. Im Gegenzug muss das Kind sämtliche Aufwendungen tragen, die im Zusammenhang mit der Immobilie anfallen.
Wichtig | Das FG hat übrigens die Revision zum BFH zugelassen. Das Finanzamt hat sie aber nicht eingelegt. Das spricht dafür, dass die Finanzverwaltung befürchtet hat, auch vor dem BFH den Kürzeren zu ziehen. So hat man sich wohl dazu entschieden, den Ball in Sachen „Zuwendungsnießbrauch bei gewerblich genutzten Immobilienb“ flach zu halten, um das Modell nicht noch bekannter werden zu lassen.
AUS DER FINANZVERWALTUNG
Verwaltungsanweisungen zu Kindergeld und kindbedingten Steuervergünstigungen
| Die vorangegangenen Seiten waren davon geprägt, Ihnen Gestaltungsmöglichkeiten zu kindbedingten Steuervergünstigungen vorzustellen. Natürlich gibt es zu diesem Thema auch offizielle Verlautbarungen der Finanzverwaltung. Die wichtigsten (inkl. Fundstelle) finden Sie nachfolgend. |
- Dienstanweisung 2017 des Bundeszentralamts für Steuern zum Kindergeld an die Familienkassen (ssp.iww.de → Abruf-Nr. 200248).
- Merkblatt zum Kindergeld 2018 ‒ Langversion (ssp.iww.de → Abruf-Nr. 200249)
- Merkblatt zum Kindergeld 2018 ‒ Kurzversion (ssp.iww.de → Abruf-Nr. 200250)
- Steuerliche Berücksichtigung von volljährigen Kindern (BMF, Schreiben vom 08.02.2016, Az. IV C 4 ‒ S 2282/07/0001-01, Abruf-Nr. 146411)