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· Fachbeitrag · Steuerrecht

Höchstbetragsrechnung und Günstigerprüfung bei der Einzelveranlagung von Ehegatten

von RA und Notar Dr. Ralf Laws, FA Steuerrecht und FA Arbeitsrecht, LL.M. M.M., Brilon

| Bislang war streitig, ob bei einer Einzelveranlagung nebst beantragter hälftiger Aufteilung der Sonderausgaben die Aufteilung vor oder nach der Günstigerprüfung und Höchstbetragsberechnung erfolgen muss. Die Finanzverwaltung meint, eine hälftige Aufteilung sei nach der Höchstbetragsberechnung vorzunehmen. Dem hat der BFH eine Absage erteilt. Dies ist für Fälle bis zum Veranlagungsjahr 19 bedeutsam, in denen eine Einzelveranlagung bei beantragter hälftiger Zurechnung begehrt wird. |

 

Sachverhalt

Die verheiratete Klägerin (F) beantragte für das Streitjahr 13 eine Einzelveranlagung und gemeinsam mit ihrem Ehemann (M) die hälftige Aufteilung der Sonderausgaben. Das beklagte Finanzamt (FA) berücksichtigte den Höchstbetrag der Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 Abs. 4a EStG nach dem für F günstigeren § 10 Abs. 3 EStG zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach S. 3 (Günstigerprüfung mit Erhöhungsbetrag). Das FA errechnete dazu im ersten Schritt den Vorwegabzug, den Grundhöchstbetrag, den hälftigen Höchstbetrag und den Erhöhungsbetrag, indem es bei beiden zunächst die Vorsorgeaufwendungen ansetzte, die F und M jeweils getragen hatten. Im zweiten Schritt berechnete das FA die Summe beider Abzugsbeträge und ordnete diese jeweils zur Hälfte F und M zu. Abgezogen wurde bei F letztlich die Hälfte aus dem Ergebnis ihrer Höchstbetragsberechnung zuzüglich der Hälfte der Höchstbetragsberechnung des B.

 

F erhob Einspruch. Sie war der Ansicht, bei ihr sei ein höherer abzugsfähiger Betrag anzusetzen, da die Aufwendungen den jeweiligen Ehegatten vor der Günstigerprüfung hälftig zuzurechnen seien; erst im Anschluss daran müsse die Günstigerprüfung erfolgen. Der Einspruch der F blieb erfolglos, ihre Klage vor dem Finanzgericht (FG) war dagegen erfolgreich.

 

Die von beiden Ehegatten getragenen Vorsorgeaufwendungen sind zusammenzurechnen und hälftig zu verteilen, wenn eine Einzelveranlagung und ein hälftiger Abzug von Sonderausgaben nach § 26a Abs. 2 S. 2 EStG beantragt wird. Erst nachfolgend ist getrennt für jeden Ehegatten die Höchstbetragsberechnung und die Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG durchzuführen (Abruf-Nr. 215238).

 

Entscheidungsgründe

Das FG hatte entschieden, dass im ersten Schritt die Vorsorgeaufwendungen hälftig auf die Ehegatten aufzuteilen und die Höchstbetragsberechnungen und Günstigerprüfungen erst in einem zweiten Rechenschritt individuell bei jedem der Ehegatten vorzunehmen waren. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift sowie aus dem in § 26a Abs. 2 S. 1 EStG in Bezug genommenen § 35a EStG. Auch dort ist eine Aufteilung der Aufwendungen vorzunehmen.

 

Relevanz für die Praxis

Ehegatten haben nach § 26 Abs. 1 EStG die Wahl zwischen der Einzel- (§ 26a EStG) und der Zusammenveranlagung, § 26b EStG. Eine Einzelveranlagung erfolgt (nur), wenn einer diese wählt, § 26 Abs. 2 S. 1 EStG. Folge: Jedem Ehegatten sind seine Einkünfte zuzurechnen, § 26a Abs. 1 S. 1 EStG. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen nach §§ 35a und 35c EStG werden demjenigen zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat, § 26a Abs. 2 S. 1 EStG. Ausnahme: Auf Antrag beider werden sie jeweils zur Hälfte abgezogen, § 26a Abs. 2 S. 2 EStG.

 

Hinsichtlich der Sonderausgaben sieht § 10 Abs. 4a EStG eine Günstigerprüfung zwischen dem höchstmöglichen Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach neuem und nach altem Recht vor. Das FA prüft dies von Amts wegen. Ist der Sonderausgabenabzug nach altem Recht günstiger, wird er im Rahmen der Höchstbeträge gewährt, § 10 Abs. 3 EStG a.F. Betroffen sind davon überwiegend Steuerpflichtige mit kleineren Einkommen, die die gesamten Sozialversicherungsbeiträge als Sonderausgaben abziehen können. Nach der Neuregelung wäre ein zunächst nur 60-prozentiger Abzug der Gesamtbeiträge für sie ungünstiger.

 

Die Günstigerprüfung gibt es nur bis zum Veranlagungszeitraum 2019, § 10 Abs. 4a S. 1 EStG. Grund der Abschmelzung des Vorwegabzugs ist der sich jährlich erhöhende Umfang der zu beachtenden Vorsorgeaufwendungen nach neuem Recht. 2011 sind 70 Prozent der Vorsorgeaufwendungen zur Grundversorgung als Sonderausgaben abziehbar. Der Abbau ist somit auch bei Steuerpflichtigen mit geringen Einkünften angemessen. Seit 2020 erfolgt keine Günstigerprüfung mehr, da 90 Prozent der Altersvorsorgeaufwendungen Steuern mindern.

 

Fraglich war, ob beim Antrag nach § 26a Abs. 2 S. 2 EStG die Sonderausgaben vor oder nach Durchführung der Höchstbetragsberechnung hälftig aufzuteilen sind. Der BFH stellt zu Recht auf den Wortlaut ab, da sich der hälftige Abzug gem. § 26a Abs. 2 S. 2 EStG grammatikalisch nur auf die in S. 1 genannten Aufwendungen bezieht. § 26a Abs. 2 S. 1 EStG spricht u. a. von den Sonderausgaben. In § 26a Abs. 2 S. 2 EStG heißt es, dass „sie“, also die in S. 1 genannten Aufwendungen, u. a. damit die Sonderausgaben, auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten jeweils zur Hälfte abgezogen werden. Dies gibt die Reihenfolge vor:

 

  • Zuerst werden die Sonderausgaben hälftig geteilt, indem die Aufwendungen i. S. d. § 26a Abs. 2 S. 2 EStG beider Ehegatten addiert und bei jedem Ehegatten jeweils zur Hälfte abgezogen werden.
  • Danach sind ‒ für jeden Ehegatten getrennt ‒ die weiteren Berechnungen, also die Günstigerprüfung und die Höchstbetragsrechnung, auszuführen.

 

MERKE | Bei einer Einzelveranlagung ist anhand von Alternativrechnungen mitüblichen Veranlagungsprogrammen zu prüfen, ob eine hälftige oder die wirtschaftliche Aufteilung für die oder den Steuerpflichtigen günstiger ist. Die Berechnungsreihenfolge richtet sich nach den BFH-Vorgaben. Sind beide Ehegatten berufstätig, sind oft die Höchstbeträge (§ 10 Abs. 4 EStG) durch die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ausgeschöpft. Denkbar ist eine Auswirkung beim Abzug der Steuerermäßigungen, wenn ein Ehegatte vermehrt Aufwendungen getragen und dadurch die jeweilige Abzugsgrenze überschritten hat. Eine hälftige Verteilung kann sich bei diesen Aufwendungen auch mit der individuellen Höchstbetragsrechnung lohnen.

 
Quelle: Seite 46 | ID 46860753