· Fachbeitrag · Steuerstrafverfahren
Verteidigung in steuerstrafrechtlichen Verfahren: Die Vergütung des Verteidigers
von RA Björn Krug, LLM., FA StrR, FA StR, Ignor & Partner GbR, Frankfurt a.M. und RAin Stefanie Schott, FAin StrR, FAin StR, kipper+durth, Darmstadt
| Der Grundsatz „Über Geld spricht man nicht“ gilt nicht für den Verteidiger. Der Verteidiger sollte seinen Mandanten vielmehr bereits im ersten Gespräch darüber informieren, wie er vergütet wird. In steuerstrafrechtlichen Verfahren wird er häufig auf der Grundlage einer Vergütungsvereinbarung tätig, über die er sich ohnehin mit dem Mandanten einigen muss. |
1. Gesetzliche Gebühren
Die Abrechnung der Verteidigung in Steuerstrafverfahren auf der Basis der gesetzlichen Gebühren nach dem RVG ist im Hinblick auf den erforderlichen Verteidigungsaufwand häufig nicht angemessen. Anders kann dies aussehen, wenn der Verteidiger zugleich die Vertretung im steuerlichen Verfahren übernimmt.
Ist der Verteidiger Rechtsanwalt, richtet sich die Vergütung grundsätzlich insgesamt nach dem RVG (§ 1 Abs. 1 S. 1 RVG). § 35 RVG, der für bestimmte Tätigkeiten der außergerichtlichen steuerlichen Beratung auf die StBGebV verweist, findet auf die Tätigkeiten im steuerstrafrechtlichen Verfahren keine Anwendung. Die Vergütung des Steuerberaters für die Tätigkeit im Steuerstrafverfahren richtet sich gemäß § 45 StBGebV ebenfalls nach dem RVG, sodass für ihn nichts anderes gilt. Für die Tätigkeit des Steuerberaters im Steuerverfahren findet hingegen ausschließlich die StBGebV Anwendung (weiterführend Spatscheck/Talaska, PStR 07, 183).
PRAXISTIPP | Ist der Verteidiger zugleich Rechtsanwalt und Steuerberater und wird er im Rahmen der Verteidigung sowohl im steuerlichen als auch im strafrechtlichen Verfahren tätig, sollte er den Mandanten bei Mandatsübernahme darauf hinweisen, nach welcher Gebührenordnung er welche Tätigkeiten abrechnet (dazu OLG München 26.1.05, 7 U 4277/04, juris). |
Die dem Verteidiger nach dem RVG zustehenden Gebühren sind in Teil 4 des Gebührenverzeichnisses zum RVG geregelt (§ 2 Abs. 2 RVG i.V. mit Nr. 4100 ff. VV RVG). Dem Wahlverteidiger werden ganz überwiegend Rahmengebühren vorgegeben. Innerhalb dieses Rahmens kann und muss er die Höhe im Einzelfall unter Beachtung insbesondere folgender Kriterien nach billigem Ermessen festlegen:
- Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit,
- Bedeutung der Angelegenheit,
- Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers (§ 14 Abs. 1 S. 1 RVG),
- Haftungsrisiko (§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG).
Um mögliche Auseinandersetzungen über die Angemessenheit der Gebühr zu vermeiden, wird in „gewöhnlichen“ Fällen häufig der Mittelwert in Ansatz gebracht. In Steuerstrafsachen dürften Schwierigkeit, Umfang und Bedeutung der Sache jedoch regelmäßig eine höhere Gebühr rechtfertigen.
Befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, entstehen die Gebühren mit Zuschlag (beispielsweise Nr. 4101, 4105, 4103 VV RVG). Eine Extragebühr für ‒ regelmäßig zeitaufwendige ‒ Besuche des Mandanten in der Justizvollzugsanstalt gibt es hingegen nicht.
Für den Pflichtverteidiger als gerichtlich bestellten Rechtsanwalt gibt es feste Gebührensätze. Besondere Beachtung verdient § 58 Abs. 3 RVG, wonach vom Mandanten erhaltene Zahlungen und/oder Vorschüsse ab dem doppelten der entstandenen Pflichtverteidigergebühr berücksichtigt werden. Dies bietet einerseits einen gewissen Gestaltungsspielraum für die Vereinbarung einer Vergütung neben den Pflichtverteidigergebühren, andererseits ist es zu beachten, wenn ein zunächst als Wahlverteidigung geführtes Mandat als Pflichtmandat fortgeführt wird. Der Verteidiger muss dann aufgrund der Anrechnung der bereits vom Mandanten entrichteten Gebühren unter Umständen ohne Anspruch auf weitere Zahlungen durch die Staatskasse tätig werden.
Nicht übersehen werden sollten neben den üblicherweise anfallenden Grund- und Verfahrensgebühren insbesondere die Zusatzgebühr (Nr. 4141 VV RVG) dafür, dass durch anwaltliche Mitwirkung eine Hauptverhandlung entbehrlich wird, die Wertgebühr nach Nr. 4142 VV RVG für die Tätigkeit im Einziehungsverfahren sowie die Wertgebühren nach Nr. 4134, 4144 VV RVG bei vermögensrechtlichen Ansprüchen des Verletzten.
PRAXISTIPP | Gerade in haftungsträchtigen Bereichen wie im Einziehungs- oder Adhäsionsverfahren ist auf die adäquate Abrechnung zu achten, die auch im RVG angelegt ist. |
Notwendige Auslagen werden nach Teil 7 VV RVG gesondert erstattet, etwa für Aktenkopien in Papierform (Nr. 7000 Ziff. 1.a) VV RVG) oder in elektronischer Form (Nr. 7000 Ziff. 2 VV RVG). Ein Ausdruck der elektronischen Akte in Papierform wird nur noch unter engen Voraussetzungen erstattet, die im Einzelnen umstritten sind (z.B. OLG Nürnberg 30.5.17, 2 WS 98/17, juris, m.w.N.; OLG München 3.11.14, 4c Ws 18/14, juris).
Für besonders (zeit-)aufwendige Verfahren sieht das RVG die Möglichkeit zur Abrechnung einer Pauschgebühr vor (für den Pflichtverteidiger gemäß § 51 RVG, für den Wahlverteidiger gemäß § 42 RVG). Die Festsetzung (§ 51 RVG) bzw. Feststellung (§ 42 RVG) der Pauschgebühr durch das OLG setzt die Tätigkeit in einem besonders umfangreichen und/oder schwierigen Verfahren voraus. Der regelmäßig begründungsintensive Antrag sollte dezidiert den ‒ weit über dem Durchschnitt liegenden ‒ zeitlichen und/oder inhaltlichen Aufwand im jeweiligen Verfahrensabschnitt darlegen, der zu einer Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren führt. Beispiele hierfür sind die bereits angesprochenen ‒ vom RVG nicht honorierten ‒ Haftbesuche, ein besonders großer Umfang der Ermittlungsakte oder die Einarbeitung in komplexe, grenzüberschreitende Steuersachverhalte. Sowohl bei der Bewilligung an sich als auch bei der Berücksichtigung konkreter Bemessungsaspekte ist die Handhabung der jeweils zuständigen OLG extrem uneinheitlich, sodass auf die Entscheidungspraxis vor Ort Augenmerk gelegt werden sollte.
2. Vergütungsvereinbarung
Da die Verteidigung gegen steuerstrafrechtliche Vorwürfe grundsätzlich eine besondere Spezialisierung des Anwaltes erfordert und die Verfahren oft umfangreich und schwierig sind, wird die Vergütung in der Praxis regelmäßig im Rahmen einer zeitbasierten Vergütungsvereinbarung geregelt. Diese bedarf nach § 3a Abs. 1 RVG der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die Staatskasse im Fall der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.
Bei der Bemessung nach einem sogenannten Zeittakt ist zu beachten, dass die Rechtsprechung hierzu restriktiv ist (zur Unzulässigkeit eines 15-Minuten-Takts ‒ nur LG Köln 18.10.16, 11 S 302/15, DStRE 17, 1465), sodass eine möglichst präzise ‒ beispielsweise minutengenaue ‒ Abrechnung vorzugswürdig ist. Die aussagekräftige Dokumentation der einzelnen Tätigkeiten ist zum Nachweis sinnvoll. Ob man diese Dokumentation oder eine gekürzte Fassung davon nach außen reicht oder nur die Einsichtnahme in den Kanzleiräumen ermöglicht, um die Vertraulichkeit und den Beschlagnahmeschutz zu gewährleisten, ist im Einzelfall zu entscheiden.
Auch der Pflichtverteidiger kann mit seinem Mandanten grundsätzlich eine Vergütungsvereinbarung abschließen. § 3a Abs. 3 und 4 RVG verbieten dies nicht, da sie sich nur auf Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe beziehen. Voraussetzung ist aber, dass der Mandant die Vereinbarung freiwillig abschließt. Davon ist nach der Rechtsprechung nur dann auszugehen, wenn er insbesondere darüber informiert worden ist, dass dem Verteidiger in der Regel kein unmittelbarer Anspruch gegen ihn zusteht (dazu BGH 3.5.79, III ZR 59/78, MDR 79, 1004; weiterführend Burhoff, RVGReport 15, 406) und dieser ihn aufgrund der Beiordnung auch ohne weitere Zahlungen ordnungsgemäß zu verteidigen hat (BGH 13.12.18, IX ZR 216/17, BeckRS 18, 35332).
Eine Vergütungsvereinbarung ist unwirksam, wenn der Verteidiger die Zwangslage seines Mandanten missbraucht, um ihn zum Abschluss zu drängen. Der BGH sieht eine widerrechtliche Drohung in diesem Sinne beispielsweise als gegeben an, wenn der Verteidiger seinen Mandanten unmittelbar vor Beginn der Hauptverhandlung mit dem Hinweis, anderenfalls das Mandat niederzulegen, zur Unterzeichnung einer Vergütungsvereinbarung veranlasst (so BGH 4.2.10, IX ZR 18/09, BGHZ 184, 209).
PRAXISTIPP | Vergütungsvereinbarungen bieten sich in komplexen Steuerstrafverfahren grundsätzlich an, da hier Fix- oder Rahmengebühren schnell den Bereich der Wirtschaftlichkeit unterschreiten. Auf die schriftliche Dokumentation der Vereinbarung und die Einhaltung der vorgesehenen Belehrungspflichten zum Schutze des Mandanten ist penibel zu achten. |
3. Kostenübernahme durch Rechtsschutzversicherung
Die Übernahme von Verteidigerkosten durch eine Rechtsschutzversicherung oder den Arbeitgeber des Mandanten sorgt zu Beginn eines Mandats für einen gewissen Mehraufwand, der sich durch die im Anschluss einfachere Abwicklung regelmäßig lohnt. Zur Kommunikation gegenüber diesen Dritten ist für den Verteidiger eine Entbindung von der Verschwiegenheit notwendig, die regelmäßig zumindest konkludent vorliegen wird.
Die Weitergabe kompletter Ermittlungsakten, wie dies Versicherungen zum Teil verlangen, wird in der Regel weit über die zur Beurteilung der Einstandspflicht erforderlichen Informationen hinausgehen und ist generell abzulehnen. Das gilt umso mehr, wenn die Akte Informationen zu Dritten enthält, welche die Versicherung nichts angehen. Die Einstandspflicht bestimmt sich nach der Art des Vorwurfs sowie den Versicherungsbedingungen oder einer (arbeits-)vertraglichen Treuepflicht zur Kostenübernahme.
Gerade Rechtsschutzversicherungen lehnen Deckungsanfragen gelegentlich mit unzureichender Begründung ab, sodass sich eine genaue Prüfung und gegebenenfalls eine Beschwerde beim Versicherungsombudsmann oder eine Deckungsklage lohnen kann. Oft stehen Zusagen der Kostendeckung bzw. -übernahme auch unter dem grds. nicht zu beanstandenden Vorbehalt, dass eine Rückforderung im Fall der Verurteilung gegenüber dem Mandanten erfolgt.
PRAXISTIPP | Um dem Mandanten zusätzliche Vorwürfe zu ersparen, empfiehlt sich ein Hinweis auf die umsatz- und ertragsteuerlichen Aspekte der Kostentragung (hierzu BFH 11.4.13, V R 29/10, BStBl II 13, 840) sowie das potenzielle Risiko einer Untreuestrafbarkeit nach § 266 StGB, wenn beispielsweise ein Unternehmen aus unvertretbaren Erwägungen heraus ein Honorar übernimmt (weiterführend Schott, StraFo 14, 315). |
4. Geldwäsche durch Honorarzahlung
Der Vorwurf der Geldwäsche nach § 261 StGB durch die Annahme von Verteidigerhonorar stellt aufgrund der einschränkenden Rechtsprechung hierzu (BVerfG 28.7.15, 2 BvR 2558/14, 2 BvR 2571/14, 2 BvR 2573/14, NJW 15, 2949) ein überschaubares Risiko dar. Der Verteidiger darf in keinem Fall für seine Tätigkeit ‒ weder von seinem Mandanten noch von Dritten ‒ eine Vergütung annehmen, wenn er positive Kenntnis davon hat, dass Zahlungsmittel aus einer dem Katalog des § 261 Abs. 1 S. 2 StGB zugehörigen Straftat (SSW-StGB/Jahn, § 261 Rn. 67 ff.) oder von einem durch solche Zahlungsmittel „kontaminierten1“ Konto stammen. Für eine Kontamination genügt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass auf dem Konto neben legalen Mitteln auch Beträge aus Katalogtaten eingegangen sind, sofern der daraus stammende Anteil bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht völlig unerheblich ist (BGH 20.5.15, NZWiSt 16, 157, mit kritischer Anmerkung Krug). Prüfungspunkte sind:
- kein sicheres Wissen des verteidigenden Beraters von der illegalen Mittelherkunft im Zeitpunkt der Geldzuwendung,
- die Höhe des Honorars muss in angemessenem Verhältnis zur anwaltlichen Leistung stehen,
- keine konspirativen Bedingungen der Zahlung (z.B. Barübergabe durch unbekannte Dritte ohne Zeugen),
- Quittierung der Herkunft und Höhe (falls keine Überweisung),
- Treuhandgelder nur bei klarer, vom Verteidigungsauftrag umfasster Zweckbindung (z.B. Schadenswiedergutmachung oder Erfüllung von Auflagen).
PRAXISTIPP | Honorarzahlungen durch Rechtsschutzversicherungen oder durch Dritte mit eigenem Einkommen bzw. Vermögen sind regelmäßig unbedenklich. Ausnahme: Der Berater hat sichere Kenntnis der illegalen Mittelherkunft, beispielsweise weil es sich um Tatbeteiligte oder ersichtlich (vermögenslose) Strohleute handelt. |
Checkliste / Vergütung des Verteidigers | |
Gesetzliche Gebühren |
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Kostenübernahme durch Versicherung oder Dritte |
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Geldwäsche |
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