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· Fachbeitrag · Umsatzsteuer

Verkauf von Oldtimern nach vorheriger Einfuhr

Bei der Beratung von Autohäusern stellt sich immer wieder die Frage, ob der Verkauf von importierten Oldtimern als Sammlungsstück nach § 12 Abs. 2 i. V. m. Anlage 2 Nr. 54 UStG umsatzsteuerermäßigt ‒ also zu 7 % ‒ erfolgen kann. Daran schließt sich die Frage an, ob und unter welchen Voraussetzungen alternativ die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) zur Anwendung kommt.

 
  • Echtfall

Der Mandant importiert Oldtimer aus den USA und verkauft diese weiter an deutsche Privatkunden. Im Rahmen einer Betriebsprüfung hat das Finanzamt in der Prüfungsfeststellung mitgeteilt, dass es keinen ermäßigten Steuersatz für den Weiterverkauf von Oldtimern gibt. Der Mandant hat in der Vergangenheit 7 % Umsatzsteuer aus dem Verkauf der Oldtimer abgeführt, da seines Erachtens der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist, wenn ein entsprechendes Zollgutachten vorliegt. Der Mandant versichert, dass das von ihm eingeholte Dekra-Gutachten diesen Voraussetzungen entspricht.

Fragen an den Steuerberater:

Die richtigen Antworten des Steuerberaters:

  • 1. Findet auf die Fahrzeugverkäufe der ermäßigte Umsatzsteuersatz Anwendung?

Auf die Fahrzeugverkäufe ist der allgemeine Steuersatz anzuwenden. Insoweit hat die Betriebsprüfung leider Recht!

  • 2. Für den Fall, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht angewandt werden kann: Kann der Mandant nach Anwendung der Regelbesteuerung noch zur Differenzbesteuerung wechseln?

Unter den weiteren Voraussetzungen des § 25a Abs. 2 UStG i. V. m. Abschn. 25a.1 Abs. 21, Abschn. 9.1 Abs. 3 u. 4 UStAE wäre ein Wechsel zur Differenzbesteuerung grundsätzlich möglich gewesen. Dieser hätte jedoch spätestens bei Abgabe der ersten Umsatzsteuer-Voranmeldung im Kalenderjahr erklärt werden müssen.

 

Umsatzsteuerlich zwei separate Vorgänge

Bei der Veräußerung von aus Drittländern importierten Fahrzeugen sind umsatzsteuerlich zwei Vorgänge zu unterscheiden:

 

  • Die zunächst erfolgende Einfuhr und
  • die danach erfolgende und separat zu beurteilende Weiterlieferung an den (End-)Kunden.

 

 

Wann gelten Oldtimer umsatzsteuerrechtlich als Sammlungsstücke?

Für die Umsatzsteuerermäßigung verweist § 12 Abs. 2 Nr. 12 UStG auf Nummer 54 der Anlage 2. Diese wiederum verweist auf den Zolltarif, Position 9705 00 00 (ABl. EU vom 30.10.20, L 361, 690 f.):

 

„Zur Position 9705 gehören Sammlerkraft- und -luftfahrzeuge von geschichtlichem oder völkerkundlichem Wert, die:

 

  • a) sich in ihrem Originalzustand befinden, d. h., an denen keine wesentlichen Änderungen an Fahrgestell, Karosserie, Lenkung, Bremsen, Getriebe, Aufhängesystem, Motor oder Kotflügel usw. vorgenommen wurden. Instandsetzung und Wiederaufbau ist zulässig, defekte oder verschlissene Teile, Zubehör und Einheiten können ersetzt worden sein, sofern sich das Kraft- oder Luftfahrzeug in historisch einwandfreiem Zustand befindet. Modernisierte oder umgebaute Kraft- und Luftfahrzeuge sind ausgeschlossen;

 

  • b) im Fall von Kraftfahrzeugen mindestens 30, im Fall von Luftfahrzeugen mindestens 50 Jahre alt sind;

 

  • c) einem nicht mehr hergestellten Modell oder Typ entsprechen.

 

Die erforderlichen Eigenschaften für die Aufnahme in eine Sammlung, wie verhältnismäßig selten, normalerweise nicht ihrem ursprünglichen Zweck entsprechend verwendet, Gegenstand eines Spezialhandels außerhalb des üblichen Handels mit ähnlichen Gebrauchsgegenständen und von hohem Wert, werden für Kraft- und Luftfahrzeuge, die die zuvor genannten drei Kriterien erfüllen, als gegeben angesehen.

 

Zu dieser Position gehören auch folgende Sammlerstücke:

 

  • Kraft- und Luftfahrzeuge, die unabhängig von ihrem Herstellungsdatum nachweislich bei einem geschichtlichen Ereignis im Einsatz waren,
  • Rennkraftfahrzeuge und Rennluftfahrzeuge, die nachweislich ausschließlich für den Motorsport entworfen, gebaut und verwendet worden sind und bei angesehenen nationalen und internationalen Ereignissen bedeutende sportliche Erfolge errungen haben.

 

Teile und Zubehör für Kraft- und Luftfahrzeuge werden in diese Position eingereiht, sofern es sich um Originalteile oder Originalzubehör handelt, ihr Alter (bei Kraftfahrzeugen) mindestens 30 bzw. (bei Luftfahrzeugen) mindestens 50 Jahre beträgt und sie nicht mehr hergestellt werden.

 

Nachbildungen und Nachbauten sind ausgeschlossen, es sei denn, sie erfüllen selbst die drei oben genannten Kriterien“.


PRAXISTIPP | Die in den Buchstaben a) bis c) genannten Kriterien müssen kumulativ ‒ also insgesamt ‒ erfüllt sein.


Steuerermäßigung für die Einfuhr eines Sammlungsstücks

Erfüllt ein Kraftfahrzeug die Voraussetzungen als Sammlungsstück, ermäßigt sich die Einfuhrumsatzsteuer auf 7  % (§ 12 Abs. 2 Nr. 12 UStG).

 

Keine Steuerermäßigung für die Lieferung eines Sammlungsstücks

Anders als bei Kunstgegenständen ist die Umsatzsteuerermäßigung für Sammlungsgegenstände ausschließlich auf die Einfuhr von Gegenständen beschränkt (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG). Lieferungen im Inland und innergemeinschaftliche Erwerbe unterliegen damit dem allgemeinen Umsatzsteuersatz.

 

Freiwillige Anwendung der Differenzbesteuerung auf die Lieferung möglich

Der Wiederverkäufer von als Sammlungsstücken eingeführten Oldtimern kann gem. § 25a Abs. 2 UStG zur Differenzbesteuerung optieren. Dabei sind die folgenden „Spielregeln“ zu beachten:

 

Die entsprechende Erklärung des Wiederverkäufers an das Finanzamt hinsichtlich des Verzichts auf die Anwendung der Regelbesteuerung bis spätestens zur Abgabe der ersten Voranmeldung im laufenden Kalenderjahr:

 

1. Die Erklärung bindet den Wiederverkäufer für mindestens zwei Kalenderjahre.

2. Eine besondere Form für diese Erklärung ist vom Gesetz nicht vorgeschrieben.

3. Ein Widerruf der Erklärung ist nicht vorgesehen.

 

Nicht ausdrücklich geregelt ist der Fall, dass der Wiederverkäufer keine Voranmeldungen, sondern lediglich eine Jahreserklärung abgeben muss. Die nämliche Erklärung sollte dann bis zur Abgabe der Jahressteuererklärung möglich sein.


PRAXISTIPP | 1. Die Anwendung der Differenzbesteuerung ist nur bei einer rechtzeitig abgegebenen Optionserklärung möglich. 2. Daran dürften eine rückwirkende Anwendung und die erstmalige Ausübung im Rahmen einer Betriebsprüfung regelmäßig schei­tern. 3. Der Mandant muss die Entscheidung bereits zu Beginn eines Kalenderjahres treffen. Dazu bedarf es eines rechtzeitigen Hinweises seines Steuer­beraters.


Quelle: Seite 807 | ID 47718687