· Fachbeitrag · Umsatzsteuerbefreiung
Der Gesetzgeber will § 4 Nr. 21 und 22 UStG (Bildungsleistungen) ab 1.1.21 neu fassen
von Georg Nieskoven, Troisdorf
| Die bislang nicht EU-konforme Umsetzung der Bildungsleistungsbegünstigung im Bereich § 4 Nr. 21 und 22 UStG soll mit den Änderungen durch das Elektromobilitätsfördergesetz (JStG-2019) neu gefasst werden. Dies ist nach einem schon 2012 unternommenen, aber am breiten Widerstand der Seminaranbieter gescheiterten Reformversuch bereits der zweite Anlauf für die Novelle. Inhaltlich geht es in der Reform gleich um eine ganze Reihe von Problemfeldern. |
1. Ressort-Konkurrenz/Bescheinigungsverfahren
Bislang hängen sowohl Bildungsanbieter als auch FÄ für die Beurteilung der Umsatzsteuerbefreiung (außer bei Ersatzschulen) von einer Einschätzung der für Bildung zuständigen Landesbehörde ab. Die Landesbehörde hat einzuschätzen, ob der Bildungseinrichtung berufs- oder prüfungsvorbereitender Charakter zukommt. Daher wurde in Streitfällen im ersten Schritt oftmals gar nicht im Steuer- sondern im Verwaltungsgerichtsverfahren gestritten und auch die FÄ waren häufig mit den landesbehördlichen Entscheidungen nicht einverstanden.
Beachten Sie | Das soll künftig durch den Wegfall des Bescheinigungsverfahrens vermieden werden: Die FÄ prüfen daher künftig vollumfänglich in eigener Zuständigkeit. Allerdings wird durch die Streichung des vorgelagerten Feststellungsverfahrens für die gewerbliche Bildungseinrichtungen das Risiko damit in die Außenprüfung verlagert.
2. Spezial- oder Allgemeinbildung/Freizeitkurs
Ein bislang häufiger Streitpunkt (mit unterschiedlichen Einzelentscheidungen der Landesbehörden) war die Frage, ob es sich bei der Unterrichtsleistung tatsächlich um begünstigten Schulunterricht i. S. des EU-Rechts bzw. eine Berufs- oder Prüfungsvorbereitung i. S. von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG handelt ‒ insbesondere, soweit die fraglichen Bildungsleistungen sehr spezialisierte oder mit Freizeittätigkeiten verbundene spezielle Inhalte betrafen (z. B. Fahrschule, Tanzschule).
Der EuGH (14.3.19, C-449/17, Rz. 24-29) hatte hierzu jüngst geurteilt, der von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL begünstigte Schul- u. Hochschulunterricht müsse dem Regeltypus des allgemeinbildenden Schulunterrichts entsprechen, also die Vermittlung oder Vertiefung von Kenntnissen bzw. Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen beinhalten, was bei einem eng abgegrenzten Spezialunterricht (dort: Fahrschulunterricht für die Klassen B u. C1) nicht der Fall sei.
In der Entwurfsfassung von § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG findet sich diese EuGH-Formulierung zur Fahrschulentscheidung bereits als Definition des Schul- oder Hochschulunterrichts im Gesetzeswortlaut wieder, der in seinem ersten Teil die Terminologie von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL weitestgehend wortgleich übernimmt.
PRAXISTIPP | Bei den von Herstellungs- oder Vertriebsunternehmen durchgeführten produktspezifischen Schulungen (z. B. zu Maschinen oder spezieller Software) fehlt es laut Gesetzesbegründung bereits an einer begünstigten Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung. |
Beachten Sie | Die bislang nur in der Rechtsprechung zu findende Negativabgrenzung ‒ keine Steuerbefreiung für die der reinen Freizeitgestaltung dienenden Unterrichtsleistungen ‒ wird künftig durch § 4 Nr. 21 S. 2 UStG explizit ins Gesetz aufgenommen. Darunter fallen Kurse, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung übliche Freizeitbetätigungen zum Inhalt haben (z. B. Ski-, Tanz- oder Töpferkurse, Segel- oder Jagdschule) und die auch in Bezug auf die Kursinhalte und -ausrichtung keine Grundlage für eine entsprechende Berufstätigkeit legen. Die bloße Möglichkeit, die Freizeit-Kursinhalte durch entsprechende Vertiefung zu einer beruflichen Grundlage weiterentwickeln zu können, nimmt dem (isoliert zu beurteilenden) Kurs noch nicht den Freizeitcharakter. Auch bei Kursen, die sich an Kleinkinder richtet, kann bei der für Steuerbefreiungen gebotenen engen Auslegung in aller Regel nicht von Berufsbildung ausgegangen werden. Mit Blick auf die EuGH-Entscheidung C-449/17 könnte die vom BFH kürzlich noch bejahte grundsätzliche Steuerbefreiungsmöglichkeit für Tango-Tanzkurse wohl überholt sein. Der BFH (24.1.19, V R 66/17) hielt die Befreiung für anwendbar, soweit die Kursinhalte einzelnen Teilnehmern theoretisch auch Grundlage für eine berufliche Nutzung sein können.
PRAXISTIPP | Allerdings hat der EuGH noch nicht zu einer Vorlage des BFH (27.3.19, V R 32/18) Stellung genommen. Hier geht es darum, ob Schwimmunterricht für Kinder durch eine private Schwimmschule als allgemeinbildender schulischer Inhalt i. S. des Erlernens einer elementaren Grundfähigkeit einzustufen ist oder vielmehr Spezialunterricht darstellt bzw. beim Schwimmen der Freizeitbezug dominiert. |
3. Einrichtungs- versus Privatlehrer-Begünstigung
Nach dem Entwurf des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG sind neben öffentlich-rechtlichen Schulen, Hochschulen und Aus-/Fortbildungsinstitutionen auch entsprechende privatrechtliche Bildungsunternehmen begünstigt.
3.1 Unterscheidung zweier Ausbildungsgänge
Das Gesetz unterscheidet in seinen nachfolgenden Definitionen:
- Schul- und Hochschulunterricht (S. 4)
- Berufsausbildung bzw. -umschulung/Berufsfortbildung (S. 5)
Beim Schul- und Hochschulunterricht erfolgt in einem integrierten System neben einer breit gefächerten Wissens- und Fähigkeitenvermittlung mit dem Ziel eines Schul- oder Hochschulabschlusses auch eine flankierende Allgemeinqualifizierung (z. B. Bewerbungstraining), die dem Ausbildungsbereich (und damit nicht dem Fortbildungsbereich) zuzurechnen ist.
Bei dem Bereich Berufsausbildung/Umschulung/Fortbildung geht es dagegen um die Wissens-/Fähigkeitenvermittlung mit direktem Bezug zu einem Beruf oder Gewerbe, um berufliche Kenntnisse zu erlangen, zu erhalten oder aufzufrischen. Allgemeinqualifizierungen (z. B. IT-Schulungen, Kommunikationsseminare) sind hier dem Fortbildungsbereich zuzuordnen.
Beachten Sie | § 4 Nr. 21 Buchst. a S. 5 UStG verweist zudem nun auf Art. 44 MwSt-DVO der (seit jeher) ergänzend und unmittelbar bindend für alle EU-Staaten (!) regelt, dass dabei die Dauer der Aus- bzw. Fortbildung oder beruflichen Umschulung gänzlich unerheblich ist. Damit können, wie die Gesetzesbegründung nun klarstellend ausführt, Maßnahmen der Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung ‒ anders als bislang von der Finanzverwaltung (m. E. EG-rechtswidrig) verfügt und praktiziert (Abschn. 4.21.2 Abs. 2 S. 6 UStAE) ‒ auch dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn sie in Form von Tagesseminaren oder Vortragsreihen erfolgt. Damit lässt die Finanzverwaltung ihre (m. E. schon immer EG-rechtswidrige) Unterscheidung zwischen befreiungsbegünstigtem Unterricht und nicht begünstigten Einzelvorträgen/Vortragsveranstaltungen (Abschn. 4.21.2 Abs. 2 UStAE) fallen.
3.2 Eine Befreiung für Bildungsinstitut und freiberufliche Dozenten
Während bisher in § 4 Nr. 21 UStG zwischen Bildungsveranstalter (Buchst. a) und dem an dieser Einrichtung als selbstständiger Dozent Tätigen (Buchst. b) unterschieden wurde, fallen nunmehr sowohl der Bildungsveranstalter als auch die dort als Dozent tätigen freien Mitarbeiter unter die Rubrik der Einrichtung i. S. von § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG (so die Gesetzesbegründung).
Beachten Sie | Dabei greift die Gesetzesbegründung Abschn. 4.21.2 Abs. 1 S. 5 und 6 UStAE auf: Da die nun einheitliche Eingruppierung von Bildungsinstitut und den dort selbstständig tätigen Dozenten als Einrichtung rechtsformenneutral bleiben müsse, gelte die Begünstigung in gleicher Weise auch, wenn der vom Bildungsveranstalter mit der Durchführung unterbeauftragte Unternehmer kein Einzelunternehmer, sondern ein Personenzusammenschluss oder eine juristische Person sei, die wiederum ihre Mitarbeiter beauftrage (m. E. a.A. EuGH 28.1.10, C-473/08, Rz. 52 ff). In der weiteren Folge sei damit von der Befreiung als Einrichtung nicht nur der vom Veranstalter beauftragte Dozent begünstigt, sondern auch die Unterrichtsleistung, die dieser Dozent seinerseits durch unterbeauftragte selbstständige Dozenten (z. B. eine Vertretung im Verhinderungsfall) erbringen lasse.
Von der Einrichtungsbegünstigung des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG werden nach dem neuen Gesetzeswortlaut eng verbundene Umsätze mitbegünstigt, also z. B. die Gestellung einer Lehrkraft durch eine Lehreinrichtung zur vorübergehenden Unterrichtserteilung an eine andere Lehreinrichtung (vgl. EuGH 14.6.07, C-434/05). Das gilt jedoch nicht für die Verpflegung der Seminarteilnehmer (BFH V R 12/10).
Die vorstehende Gleichstellung der vom Bildungsinstitut mit der Durchführung beauftragten Dozenten (und deren in einer weiteren Delegierungskette ggf. unterbeauftragten Lehrkräfte) als Einrichtung ist begrüßenswert, die Neuregelung führt jedoch für Dozenten und Unterbeauftragte zu einem praktischen Folgeproblem: Denn während die vom Bildungsinstitut beauftragten Dozenten bislang ihre Steuerbefreiung nach § 4 N. 21 Buchst. b UStG einfach über eine Unterbescheinigung der sie beauftragenden Schulungseinrichtung nachweisen konnten (Abschn. 4.21.3 Abs. 3 UStAE), wird der weiterhin erforderliche Nachweis beim künftig wegfallendem Bescheinigungsverfahren vermutlich mit mehr Aufwand verbunden sein.
3.3 Eine Befreiung nur für Privatlehrer
Da die für ein Lehrinstitut tätigen freien Mitarbeiter bereits unter den künftigen § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG fallen, betrifft die künftige Privatlehrer-Begünstigung des neuen § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG einen anderen Lehrer-Typus.
In der bisherigen Rechtsprechung blieb der Privatlehrer-Typus i. S. von Art. 132 Abs. 1 Buchs. j MwStSystRL zwar reichlich diffus (vgl. z. B. EuGH 4.6.07, C-445/05, EuGH 28.10.10, C-473/08). Die Gesetzesbegründung versteht ihn jedoch als Unternehmen ausschließlich in der Rechtsform der natürlichen Person (vgl. insofern anhängige EuGH-Vorlage BFH 27.03.19, V R 32/18), die stets höchstpersönlich und nicht im Unterbeauftragungsverhältnis für eigene Rechnung und Verantwortung privat ‒ also z. B. in der Wohnung des Schülers oder des Lehrers ‒ den individuellen Bedürfnissen des Schülers (oder ggf. auch einer Mehrzahl individuell geförderter Schüler) entsprechend selbstgestalteten Unterricht erteilen (z. B. Nachhilfeunterricht, Musiklehrer).
Beachten Sie | Das Merkmal privat betrifft demnach nicht die Person des Lehrers, sondern die Erteilungsform des Unterrichts, die mithin ohne schultypische Infrastruktur oder nicht-Schüler-individueller Organisationsweise (z. B. feste Lehrpläne und Zeiten) erfolgt. M. E. wird die neue Privatlehrer-Begünstigung eine nur geringe Praxisrelevanz haben und dient vor allem der vervollständigenden Umsetzung der EG-rechtlichen Vorgabe und Terminologie bei der Begünstigung von Bildungsleistungen.
3.4 Problem berufliche Fortbildung
Bislang mussten Bildungsanbieter unterscheiden, ob sie befreiungsfähige Unterrichtsleistungen oder lediglich (nichtbegünstigte) Einzelvorträge anbieten. Begünstigter Unterricht zeichnet sich nach Ansicht des BMF durch eine in Lehrplänen fixierte Stoffgliederung zur Erreichung definierter Lehrgangsziele aus, was bei Einzelvorträgen oder Vortragsreihen nicht angenommen wurde (Ausnahme: Einzelvortrag war als Einheit in Unterrichtsleistung integriert/Abschn. 4.21.2 Abs. 2 UStAE).
3.4.1 Der gescheiterte erste Anlauf
Auch wenn die Finanzverwaltung einerseits durch Verweis auf das EU-Recht (Art. 44 S. 2 MwSt-DVO) betonte, die Dauer der Bildungsmaßnahme sei gar nicht abgrenzungsrelevant (Abschn. 4.21.2 Abs. 3 UStAE), führte die vorstehende Unterscheidung Unterricht versus Vortragsveranstaltung dazu, dass die häufig in eintägigen Vortragsseminaren erfolgende beruflichen Fortbildung zumeist als umsatzsteuerpflichtig eingestuft wurde, wobei die Abgrenzung im Einzelfall unpraktikabel und diffus blieb und zudem nicht den EG-rechtlichen Vorgaben entsprach. Der erste Reformversuch in 2012 i.S. einer Steuerbefreiungsausdehnung auch auf die Vortragsseminare/Fortbildung war am Widerstand der gewerblichen Bildungsanbieter wegen deren damit drohenden Vorsteuernachteilen gescheitert.
Denn die Rechnung ist einfach: Zwar verteuert die Umsatzsteuerpflicht für Seminare den Bruttopreis, aber dem Anbieter bringt dies gewichtige Vorsteuervorteile auf der Kostenseite und die meisten Bildungskunden sind vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer, die ihre Mitarbeiter schulen lassen und für die die vermeintlich verteuernde Umsatzsteuer wegen Vorsteuerabzugs völlig kostenneutral bleibt. Die Verteuerungswirkung bleibt mithin auf vorsteuerbeschränkte Kunden (selbstbuchende Arbeitnehmer oder Buchungen seitens der öffentlichen Hand, der Kredit- und Versicherungswirtschaft oder im Heilbehandlungsbereich, z. B. Klinikpersonal) beschränkt.
3.4.2 Der zweite Anlauf
Nun bemüht der neue Gesetzesentwurf einen Mittelweg:
- Im 1. Schritt sollen unterschiedslos nicht nur berufliche Ausbildungs- und Umschulungs-, sondern nun auch berufliche Fortbildungsleistungen (inkl. Einzelvorträgen) als dem Grund nach steuerbefreiungsbegünstigte Bildungsleistung i. S. von § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG eingestuft werden.
- Im 2. Schritt sieht § 4 Nr. 21 Buchst. a S. 6 UStG eine Rückausnahme vor: Danach gilt die Steuerbefreiung für Fortbildungsleistungen letztlich nur, wenn die Bildungseinrichtungen zugleich ohne systematische Gewinnerzielungsabsicht (z. B. als gemeinnützige Einrichtungen) agiert.
Durch diesen Kunstgriff soll den gewerblichen Bildungsanbietern ihr Vorsteuervorteil bei ihren damit umsatzsteuerpflichtig bleibenden Fortbildungsleistungen erhalten bleiben und die Rückausnahme dürfte mit Blick auf die nationalstaatliche Optionsregelung in Art. 133 Abs. 1 Buchs. a MwStSystRL auch EU-konform sein. Sie ersetzt allerdings die diffuse Abgrenzung Unterricht versus Einzelvorträge durch die kaum einfachere Unterscheidung Ausbildung versus Fortbildung. Denn die Abgrenzung ob eine Wissensvermittlung der erstmaligen Befähigung zur Berufsausübung (Ausbildung/Umschulung) dient oder nur der aktualisierenden Auffrischung und Vertiefung bereits vorhandener Kenntnisse (Fortbildung ‒ zu der laut Gesetzesbegründung auch flankierende Allgemeinmaßnahmen wie PC-Schulungen oder Sprachkurse zählen), wird im Einzelfall schwierig bleiben, auch wenn dabei fraglos nur auf die objektive Lehrgangs-Zielrichtung und nicht auf Hintergrund und Teilnahme-Intention der einzelnen Teilnehmer abzustellen ist.
Beachten Sie | Unter Verweis auf die damit schwierige künftige Abgrenzung Ausbildung versus Fortbildung und den daraus den gewerblichen Bildungsanbietern drohenden USt-Nachzahlungsrisiken durch Außenprüfungen sowie dem zugleich nun fehlenden vorgelagerten (rechtsmittelfähigen) Feststellungsverfahren zur Bildungseinstufung begehren die gewerblichen Anbieter nun ihren völligen Ausschluss aus der USt-Befreiung ‒ also auch im Ausbildungs-/Umschulungsbereich. Nach Art. 133 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRl wäre das wohl möglich. Damit würden Sie jedoch neben der erlangten Rechtssicherheit ihren vorsteuerbedingten Kalkulationsvorteil gegenüber gemeinnützigen Bildungsanbietern weiter ausbauen können, sodass damit nicht zu rechnen ist.
PRAXISTIPP | Die Gesetzesbegründung bekundet m. E. zumindest indirekt mit erstaunlicher Deutlichkeit, dass (seit langem) nach EG-Recht die Steuerbefreiung auch fortbildungsbezogenen Tagesveranstaltungen (Einzelvorträge/Vortragsreihe) nicht verwehrt werden kann. Dieser Hinweis könnte für steuerliche Berater auch in rechtsanhängigen Altfällen im Einzelfall von Bedeutung sein. |
Da künftig auch Dozenten unter die Einrichtungsbegünstigung des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG fallen, und folglich auch für diese die Rückausnahme des Gewinnerzielungsvorbehalts in § 4 Nr. 21 Buchst. a S. 6 UStG greift, agieren Dozenten im Fortbildungsbereich künftig stets umsatzsteuerpflichtig, da bei ihnen das Erfordernis der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht nicht erfüllbar sein wird. Diese Umsatzsteuerpflicht der Dozenten gilt mithin selbst dann, wenn sie als freie Mitarbeiter für eine Bildungseinrichtung tätig sind, die wegen Gemeinnützigkeit und fehlender Gewinnerzielungsabsicht mit ihren Umsätzen aus beruflicher Fortbildung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei bleibt bleibt (so wie dies beim Kreis der von § 4 Nr. 22a UStG begünstigten Bildungseinrichtungen auch bislang in der Besteuerungsdifferenzierung zwischen Einrichtung und selbständigen Dozenten war).
4. Folgeänderungen in § 4 Nr. 22 UStG
Die bisherige Steuerbefreiung in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG begünstigte für einen speziellen Anbieterkreis (Volkshochschulen, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, und gemeinnützige Einrichtungen) nicht nur die zugleich von § 4 Nr. 21 UStG erfasste Schul- und Berufsbildung, sondern auch sonstige Kurse und Vorträge, soweit die Kurseinnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet wurden. Damit war diesen Institutionen die Steuerbefreiung einerseits für Schul- und Berufsbildung auch ohne das in § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG verpflichtende Bescheinigungsverfahren zugänglich und zudem waren für diese Anbieter durch § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG auch sonstige belehrende Kurse oder Veranstaltungen (auch Einzelvorträge) steuerbefreit.
Angesichts des nun in § 4 Nr. 21 UStG wegfallenden Bescheinigungsverfahrens und der nun auch dort für nicht gewinnorientierte Bildungsanbieter möglichen Steuerbefreiung im Vortrags- bzw. Fortbildungsbereich will der Gesetzgeber die Begünstigungstatbestände des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG im neuen § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG aufgehen lassen und erstere Vorschrift streichen. Damit dürfte allerdings für die o. a. Institutionen eine (beabsichtigte?) Verschlechterung einher gehen, denn bislang gehörten zur Rubrik der nach § 4 Nr. 22 Budchst. a UStG begünstigten Erlöse auch vereinsspezifische Schulungsangebote und Informationsvermittlungen, die (mangels Schul- oder Berufsbezug) weder von der bisherigen, noch der neuen Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG begünstigt werden, und wohl auch nicht unter § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG fallen ‒ z. B. Schulungen zum Vereinsrecht, zu Datenschutzbestimmungen, oder Informations- und Erfahrungsvermittlung zu Sportangeboten für unterschiedliche Altersklassen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung in dieser Frage positioniert.
§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (Befreiung für Teilnehmergebühren bei kulturellen/sportlichen Veranstaltungen der bislang in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG aufgelisteten Institutionen) bleibt dem Grunde nach unverändert, wurde jedoch wegen wegfallender Verweismöglichkeit (begünstigte Institutionen) lediglich sprachlich angepasst.
PRAXISTIPP | Künftig sind durch Ausdehnung der Zusammenschlüsse-Begünstigung auf alle Gemeinwohlbereiche im neuen § 4 Nr. 29 UStG (s. u.) auch USt-frei agierende Kostenteilungs-Zusammenschlüsse durch mehrere Bildungseinrichtungen begründbar. |
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Nummer 21 wird wie folgt gefasst:
Nicht befreit sind Leistungen, die nach ihrer Zielsetzung der reinen Freizeitgestaltung dienen. Für die in den Nummern 15b und 15c bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht (...)
Nummer 22 wird wie folgt gefasst:
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