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02.03.2011 | Verfahrensrecht

Wie muss die anwaltliche Beglaubigung von Schriftstücken aussehen?

von RA und Notar Wolfgang Schröder, Emmerich am Rhein

Der rechtsanwaltliche Beglaubigungsvermerk muss ausreichend erkennen lassen, dass mit ihm auch bestätigt werden soll, dass Anzahl und Inhalt der Anlagen den dem Originalschriftsatz beigefügten Anlagen entsprechen (AG Emmerich 4.10.10, 6a M 873/10, Abruf-Nr. 110156).

 

Sachverhalt/Entscheidungsgründe

Im Rahmen einer mietvertraglichen Regelung schrieben die Prozessbevollmächtigten des Vermieters den (ausgezogenen) Mieter an und übersandten dabei auch eine Forderungsaufstellung. Die Zustellung des Schreibens sollte durch den Gerichtsvollzieher erfolgen. Die Blätter des Originalanschreibens waren miteinander durch Heftklammern verbunden. Zwecks späterer Verbindung mit der Zustellurkunde lag eine als beglaubigte Abschrift beigefügte Kopie an, deren Blätter ebenfalls mit Heftklammern verbunden waren. Der Beglaubigungsvermerk war auf der zweiten Seite unterhalb der Grußformel vorgenommen worden (Ende des Anschreibens). Die Forderungsaufstellung wurde nicht gesondert beglaubigt. Zusammen mit der Übersendung der zugestellten (beglaubigten) Abschrift schickte der Gerichtsvollzieher eine Kostennote für die Beglaubigung von Schriftstücken zu.  

 

Nach Auffassung des Gerichtsvollziehers (und des später befragten Bezirksrevisors) waren hier die Blätter nicht so verbunden, dass eine Auflösung der Verbindung nur unter Substanzzerstörung möglich gewesen wäre. Es habe nur eine Verbindung durch einfache Heftung vorgelegen. Laut Zöller (ZPO, 27. Aufl., § 69 Rn. 8) werde es nur als genügend angesehen, wenn der Beglaubigungsvermerk auf einem mit der Abschrift derart verbundenen Blatt angebracht ist, dass entweder die Auflösung der Verbindung mit teilweiser Substanzzerstörung möglich ist (z.B. Heften mit Faden oder Anleimen) oder sonst eine körperliche Verbindung als dauernd gewollt erkennbar und nur durch Gewaltanwendung zu lösen ist. Die Bevollmächtigten des Vermieters meinten, dass durch die Verbindung der Zustellurkunde mit der als beglaubigten Abschrift gekennzeichneten „Beilage zum Originalanschreiben“ eine hinreichende körperliche Verbindung vorliege. Der Gerichtsvollzieher hätte keine weitere Beglaubigungstätigkeit abrechnen müssen (und dürfen).  

 

Das AG Emmerich hat durch Beschluss vom 4.10.10 die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers kostenpflichtig zurückgewiesen. Dabei hat es ausgeführt, dass gemäß § 192 Abs. 2, S. 1 HS 1 ZPO der Gerichtsvollzieher zuzustellende Schriftstücke beglaubigen müsse, sofern diese nicht bereits zu einer hierzu befugten Person ausreichend beglaubigt worden seien. Sofern das zuzustellende Schriftstück aus mehreren Blättern bestehe, müsse der Beglaubigungsvermerk eindeutig erkennbar machen, dass er den Gleichlaut aller Seiten (Blätter) des Schriftstücks bestätigt. Das gelte auch für Anlagen, auf die das zuzustellende Schriftstück Bezug nehme, und die für dessen Verständnis und Bewertung von Bedeutung seien. Hinreichende Erkennbarkeit in diesem Sinne sei gegeben, wenn jede Seite des Konvoluts mit der Überschrift „beglaubigte Abschrift“ versehen und am Schluss der Seite unterschrieben sei. Ausreichend sei aber auch, wenn der Beglaubigungsvermerk am Ende des Konvoluts - auf der letzten Seite oder einem zusätzlichen Blatt - derart angebracht sei, dass entweder die Auflösung der Verbindung nur unter teilweiser Substanzzerstörung möglich oder sonst eine körperliche Verbindung als dauerhaft gewollt erkennbar und nur durch Gewaltanwendung zu lösen sei.  

 

Der von den Bevollmächtigten vorgenommene anwaltliche Beglaubigungsvermerk der beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftsatzes ließ nach Ansicht des AG - trotz Heftung der Abschrift und Nachheftung der Anlagen - nicht ausreichend erkennen, dass mit diesem Vermerk auch bestätigt werden solle, dass Anzahl und Inhalt der beigefügten Anlagen den dem Originalschriftsatz beigefügten Anlagen entsprechen. Der Gerichtsvollzieher sei deshalb gehalten gewesen, für eine ausreichende Beglaubigung zu sorgen. Dies habe er durch Anbringung des Beglaubigungsvermerks auf dem letzten Blatt des o.g. Schriftsatzes getan. Er habe dann durch Heftung des Schriftsatzes nebst Anlagen und Zustellungsurkunde sowie durch amtliche Siegelung kenntlich gemacht, dass eine dauernde Verbindung gewollt sei. Deren Trennung sei ohne sichtbare Spuren kaum möglich. Sie dürfte allenfalls durch einen „glücklichen Zufall“ gelingen. Zudem sei eine solche Trennung als Siegelbruch strafbar. Sämtliche zuzustellende Unterlagen seien damit von dem Beglaubigungsvermerk des Gerichtsvollziehers erfasst und so dauerhaft und fest miteinander verbunden, dass damit eine - erst durch das Tätigwerden des Gerichtsvollzieher erreichte - ausreichende Beglaubigung des zuzustellenden Schriftsatzes vorliege. Die dafür vorgenommene Abrechnung sei nicht zu beanstanden.  

 

Praxishinweis

Soweit im Rahmen der Vollstreckung oder bei Abschlussschreiben Originalschriftsätze durch Gerichtsvollzieher (statt per Einschreiben/Rückschein) zugestellt werden sollen, empfiehlt es sich, eine Ösung der zuzustellenden beglaubigten Abschrift vorzunehmen und auf der ersten Seite des zuzustellenden Anschreibens den Beglaubigungsstempel und auf der letzten Seite den Beglaubigungsvermerk mit Unterschrift aufzunehmen. Häufig wird der Beglaubigungsvermerk auf der letzten Seite des Anschreibens nach der Grußformel (also vor den Anlagen) vorgenommen. Dies reicht nach Auffassung des AG nicht aus, um eine entsprechende Zuordnung auch der Anlagen zum Schriftstück zu gewährleisten. Neben der Ösung ist daher der Beglaubigungsvermerk auf der letzten Seite der Anlagen vorzunehmen!  

 

Ähnliche Probleme dürften sich bei der Beglaubigung von Schriftstücken im gerichtlichen Verkehr ergeben. Meist werden die Schriftsätze nach Unterschrift mit dem anwaltlichen Beglaubigungsvermerk versehen und die Seiten mit Heftklammer geheftet. Das AG würde wohl auch in diesen Fällen eine feste Verbindung z.B. durch Ösung verlangen und fordern, dass die Anlagen jeweils einzeln beglaubigt werden, soweit sie nicht mit dem Beglaubigungsvermerk des Schriftsatzes unmittelbar verbunden sind.  

Quelle: Seite 46 | ID 142649