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Vermietung und Verpachtung

Steuerliche Risiken bei der Vermietung von Ferienwohnungen

von Prof. Dr. Rüttger Claßen, Krefeld

Der Kauf und die Vermietung von Ferienwohnungen erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Zur Frage der steuerlichen Behandlung von Ferienwohnungen kann auf zahlreiche Entscheidungen des BFH, der Finanzgerichte sowie auf das BMF-Schreiben vom 4.5.94 (BStBl I, 285) zurückgegriffen werden. Gleichwohl ergeben sich in diesem Bereich immer wieder Probleme bezüglich des Ob und Wie des Werbungskostenabzugs, die sich nur durch vorausschauende Gestaltung vermeiden lassen. Der folgende Musterfall zeigt daher steuerliche Risiken und Gestaltungen bei der Vermietung von Ferienwohnungen auf.

1. Sachverhalt

Ausgangsfall: A ist seit 1992 Eigentümer einer Ferienwohnung auf Norderney, die er seit Erwerb an rund 120 Tagen im Jahr an Feriengäste vermietet. Den Mieteinnahmen von 12.000 DM p.a. stehen insbesondere Zinsaufwendungen sowie weitere Werbungskosten in Höhe von zusammen 20.000 DM p.a. gegenüber. Die Vermietung erfolgt aufgrund von Anzeigen im Ferienwohnungsverzeichnis der Kurverwaltung durch A selbst.

Abwandlung 1: A hat die Vermietung einer überregionalen Vermietungsorganisation übertragen und eine Eigennutzung ausgeschlossen.

Abwandlung 2: Im Ausgangsfall besitzt A zwei Ferienwohnungen, von denen er eine gelegentlich selbst zu Urlaubszwecken nutzt.

2. Grundsätzlich nur anteiliger Abzug der Werbungskosten bei zeitweiser Selbstnutzung

Nach ständiger Rechtsprechung, der das BMF-Schreiben vom 4.5.94  (aaO) im Grundsatz folgt, sind Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Vermietung einer Ferienwohnung nur abziehbar, soweit sie mit der Erzielung von Einnahmen zusammenhängen. Soweit Aufwendungen auf eine Eigennutzung durch den Steuerpflichtigen entfallen, kommt ein Werbungskostenabzug nicht in Betracht. Die Werbungskosten sind daher aufzuteilen, wobei als Aufteilungsmaßstab das Verhältnis des vermieteten Zeitraums zum restlichen Zeitraum des Jahres dient. Maßgeblich sind nur die tatsächlichen Vermietungszeiten; die Zeiten des Leerstands der Wohnung sind der Eigennutzung hinzuzurechnen. Die Rechtsprechung geht insoweit davon aus, daß die Ferienwohnung dem Eigentümer in den Leerstandszeiten jederzeit zur Selbstnutzung zur Verfügung steht. Dies ist der Fall, wenn der Eigentümer selbst entscheiden kann, ob er die Wohnung vermieten oder selbst nutzen will. Etwas anderes gilt nach Auffassung des BFH lediglich dann, wenn der Eigentümer die Vermietung der Wohnung einer Vermietungsorganisation überläßt und eine Eigennutzung vertraglich ausschließt. Denn dann hat er es nicht mehr selbst in der Hand, über Vermietung oder Eigennutzung frei zu entscheiden. Bei einer eigenhändigen Vermietung an 120 Tagen und einer tatsächlichen Eigennutzung an nur 20 Tagen im Veranlagungszeitraum wären daher gleichwohl nur 120/365, also rund ein Drittel der Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar.

Praxishinweis: Zu beachten ist, daß die Vermietungszeiten nachzuweisen sind. Es sollten daher schriftliche Mietverträge abgeschlossen werden, aus denen sich der jeweilige Zeitraum der Nutzungsüberlassung ergibt.

3. Die Sonderfälle laut BMF-Schreiben vom 4.5.94

Zwei Sonderfälle regelt das BMF-Schreiben vom 4.5.94 unter Tz. 2.2.2. Danach sind auch bei Eigenvermietung durch den Steuerpflichtigen die Leerstandszeiten dann nicht der Eigennutzung zuzurechnen,

  • wenn die Wohnung in der Saison mit Ausnahme kurzfristigen Leerstands nahezu durchgängig vermietet ist und die tatsächliche Vermietungsdauer mindestens 100 Tage beträgt, oder
  • wenn der Steuerpflichtige an demselben Ort mehr als eine Ferienwohnung hat und nur eine der Wohnungen für eigene Wohnzwecke nutzt.

Die zweite Alternative – mehr als eine Ferienwohnung am selben Ort – ist bereits von mehreren Finanzgerichten beurteilt worden. Die Grundsätze zur Aufteilung der Werbungskosten sind danach nur auf die teilweise selbstgenutzte Wohnung anzuwenden. Für die zweite, nur der Vermietung dienende Wohnung wird der volle Werbungskostenabzug gewährt (vgl. FG Münster 30.11.95, EFG 96, 470 und vom 17.8.93, EFG 94, 21; FG Hamburg 11.12.95, EFG 96, 469). Die auf die jeweilige Wohnung entfallenden Aufwendungen müssen von daher getrennt aufgezeichnet werden, um eine zutreffende Gegenüberstellung der Einnahmen und Werbungskosten zu ermöglichen.

Problematisch ist dagegen die erste Alternative in Tz. 2.2.2 des BMF-Schreibens, nämlich die Vermietung an mehr als 100 Tagen. Diese Regelung findet keine Grundlage in der Rechtsprechung des BFH; vom FG Münster ist sie als für die Gerichte nicht verbindlich beurteilt worden mit der Folge, daß auch bei einer Vermietung von mehr als 100 Tagen eine anteilige Kürzung der Werbungskosten erfolgt (FG Münster 12.10.95, EFG 96, 262 und vom 30.11.95, aaO ).

Darüber hinaus kann sich für den Steuerpflichtigen aus der Anerkennung einer Vollvermietung ohne Eigennutzung und dem sich daraus ergebenden vollen Werbungskostenabzug gemäß Tz. 2.2.2 des BMF-Schreibens ein Bumerang ergeben: Sind die Werbungskosten über mehrere Veranlagungszeiträume trotz Vermietung von mehr als 100 Tagen höher als die Mieteinnahmen (vgl. Ausgangsfall), greift die Finanzverwaltung unter Umständen den Gesichtspunkt der steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei auf und versagt die Anerkennung negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung insgesamt. Auch nach der Rechtsprechung kann bei der Vermietung von Ferienwohnungen Liebhaberei zum Tragen kommen, sofern innerhalb der voraussichtlichen Nutzungsdauer nicht mit einem positiven Gesamtergebnis zu rechnen ist (vgl. BFH 13.8.96, BStBl II 97, 42, BFH 7.6.94, BFH/NV, 858; Niedersächs. FG 27.2.97, EFG, 961; FG Münster 9.5.96, EFG 97, 280 und vom 22.10.96, EFG 97, 281).

Im Ausgangsfall ergäbe sich bei Anwendung der 100-Tage-Regelung des BMF-Schreibens ein Verlust über mehrere Jahre von jährlich 8.000 DM. Hier könnte das Finanzamt wegen Liebhaberei den Werbungskostenabzug versagen, so daß der Steuerpflichtige im einzelnen darlegen und glaubhaft machen müßte, daß er auf Dauer gesehen die Erzielung eines Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten anstrebt. Abgesehen davon, daß eine solche langfristige Prognose mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, besteht zu diesem Problem wiederum ein Meinungsstreit zwischen Rechtsprechung und Verwaltung, welcher Zeitraum als voraussichtliche Nutzungsdauer anzusetzen ist (50 Jahre? 100 Jahre?; vgl. dazu Niedersächs. FG 27.2.97, aaO). Wendet man dagegen die Regelung des BMF-Schreibens nicht an, käme man zum Abzug von einem Drittel der Werbungskosten (= ca. 6.500 DM) und damit zu positiven Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Eventuell in den Vorjahren bereits abgezogene Verluste wären dann nicht „liebhaberei-gefährdet“.

In der Abwandlung 1 wären nach dem BMF-Schreiben mangels Eigennutzung die Werbungskosten voll abziehbar, so daß sich auch hier die Frage der Liebhaberei stellen würde.

Praxishinweis: Einer zutreffenden Zuordnung der Werbungskosten kommt hier entscheidende Bedeutung zu. Zu beachten ist nämlich, daß bei der Ermittlung der Einkünfte diejenigen Aufwendungen, die ausschließlich die Selbstnutzung betreffen, auch nicht anteilig abgezogen werden können. Dies sind insbesondere der Kurbeitrag für den Steuerpflichtigen und seine Familie selbst, der von den meisten Kurorten als Jahresbeitrag vom Eigentümer einer Ferienwohnung verlangt wird, sowie die Zweitwohnungssteuer, die als örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuer unter § 12 Nr. 3 EStG fällt und nicht abziehbar ist. Dagegen sind Aufwendungen, die ausschließlich mit der Vermietung zusammenhängen, voll abziehbar, so zum Beispiel die Kosten der Mietersuche (Inserate, Beitrag an die Kurverwaltung für die Aufnahme der Wohnung in das örtliche Verzeichnis).

Problematisch ist die Zuordnung von Fahrtkosten des Eigentümers zu der Ferienwohnung. Soweit diese Fahrten nur für einen kurzen Aufenthalt unternommen werden, um die Vermietung abzuwickeln (Endreinigung der Wohnung bei Mieterwechsel, Durchführung von Reparaturen), ist ein ausschließlicher Zusammenhang mit der Einkunftserzielung gegeben. Um diesen Zusammenhang nachweisen zu können, ist es dringend geboten, die Aufenthaltszeiten festzuhalten und Belege aufzubewahren, aus denen sich der Zweck der Fahrt ergibt (Rechnungen über Reparaturmaterial, Reinigungsmittel u.ä.).

4. Vermögensverwaltung oder Gewerblichkeit

Problematisch kann überdies die Frage sein, ob die Vermietung der Wohnung noch der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zuzurechnen ist oder ob die Grenze zu einer gewerblichen Tätigkeit überschritten wird.

In der Regel geht die Vermietung von Wohnungen nicht über den Rahmen privater Vermögensverwaltung hinaus. Die Grenze zur Gewerblichkeit ist bei der Vermietung einer Ferienwohnung jedoch überschritten, wenn entweder

  • die Wohnung für kurzfristiges Wohnen voll eingerichtet und ausgestattet ist, in einem Feriengebiet im Verbund mit einer Vielzahl gleichartig genutzter Wohnungen einer einheitlichen Wohnanlage liegt und die Werbung für die kurzfristige Vermietung an laufend wechselnde Mieter sowie die Verwaltung einer für die Gesamtanlage bestehenden Feriendienstorganisation übertragen wird (hotelähnliche Organisationseinrichtung; vgl. BFH 25.6.76, BStBl II, 728; BFH 25.11.88, BFH/NV 90, 36; BFH 19.1.90, BStBl II, 383), oder
  • wenn der Vermieter selbst Zusatzleistungen erbringt, die eine gewerbliche unternehmerische Organisation verlangen (vgl. BFH  25.11.88, aaO) und die nicht üblicherweise mit der Vermietung von Ferienwohnungen verbunden sind (siehe unten); in diesem Fall muß die Wohnung nicht unbedingt in einer Ferienwohnanlage liegen (BFH 28.6.84, BStBl II 85, 211).

Die erste Alternative – Belegenheit der Wohnung in einer einheitlichen Wohnanlage und Vermietung durch eine dafür zuständige Feriendienstorganisation – trifft auf viele Ferienwohnungen in Badeorten an Nord- und Ostsee zu. Für den meist weiter entfernt wohnenden Eigentümer bietet sich hier der praktische Vorteil, daß er sich um die Vermietung nicht zu kümmern braucht und alle damit zusammenhängenden Arbeiten der Feriendienstorganisation überlassen kann. Steuerlich ist damit aber die Grenze zur Gewerblichkeit überschritten. Allerdings führt die bloße Vermietung über eine Feriendienstorganisation nicht zur Gewerblichkeit, wenn die Wohnung weder in einem reinen Feriengebiet liegt noch hotelmäßig angeboten und genutzt wird (vgl. Schleswig-Holstein. FG 16.6.97, EFG, 1501, Rev., Az. des BFH: IX R 58/97).

In der zweiten Alternative – Vermietung durch den Eigentümer mit Zusatzleistungen, die eine hotelmäßige Organisation verlangen – ist nach der Rechtsprechung die Vergleichbarkeit mit einem gewerblichen Beherbergungsbetrieb maßgeblich. Entscheidende Kriterien hierfür sind:

  • Ausstattung wie bei Hotel- und Pensionsräumen,
  • Werbung für kurzfristige Vermietung an wechselnde Mieter,
  • jederzeitiges Bereithalten auch zu kurzfristiger Vermietung,
  • Bereitstellen von Wäsche, Inventar, Getränken,
  • wöchentlicher Wäscheservice,
  • regelmäßiger Reinigungsservice,
  • Morgenservice (Brötchen, Zeitung),
  • Speiseangebot,
  • Gepäcktransfer,
  • touristische Betreuung durch Vermittlung von Freizeitangeboten.

Der BFH hat allerdings in der Entscheidung vom 25.11.88 (aaO) hierzu einschränkend ausgeführt, daß nur solche Zusatzleistungen zur Gewerblichkeit führen, die nicht üblicherweise mit der Vermietung von Ferienwohnungen verbunden sind. Fallen die Zusatzleistungen gegenüber der reinen Vermietung nicht ins Gewicht und können sie im Haushalt des Steuerpflichtigen mit erledigt werden, erfordern sie keine unternehmerische Organisation. In dem zu beurteilenden Sachverhalt, in dem der Vermieter Wäsche- und Reinigungsservice erbrachte sowie Gepäcktransfer und touristische Betreuung anbot, hat der BFH die Gewerblichkeit verneint. Relevant sei allenfalls die touristische Betreuung der Gäste, welche sich aber auf die Vermittlung von Sport- und Freizeitangeboten beschränkte; dies reiche nicht aus, um eine gewerbliche Tätigkeit zu bejahen, da dies auch von privaten Zimmervermietern in Feriengebieten übernommen werde.

Praxishinweis: Entscheidend ist immer der einzelne Sachverhalt; der Fall des BFH-Urteils vom 25.11.88 dürfte auf der Grenze liegen. Die übliche Wohnungsvermietung beinhaltet regelmäßig nicht mehr als die Nutzungsüberlassung der Wohnung einschließlich Inventar für einen bestimmten Zeitraum (Ferienwohnungen werden grundsätzlich nicht tageweise vermietet), die Endreinigung sowie die Überlassung von Wäsche. Bei Zusatzleistungen, die nicht im Haushalt des Eigentümers mit erledigt werden können, wird sich immer die Frage der Gewerblichkeit stellen.

Vorsicht geboten ist darüber hinaus bei der Vermietung und Verwaltung durch den Eigentümer selbst, wenn dieser ohnehin in der Immobilienbranche tätig ist. Nach dem BFH-Urteil vom 13.11.96 (BStBl II 97, 247) waren Ferienwohnungen zum notwendigen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen zu rechnen, weil sie in engem funktionalen Zusammenhang mit seinem Betrieb – Vermittlung von Immobilien, Mietverträgen und Verträgen über Ferienobjekte – standen.

5. Ergebnis

Der Ausgangsfall erweist sich nach der Rechtsprechung als unproblematisch, sofern – wie hier – ein positives Gesamtergebnis erzielt wird. Weder die Frage der Liebhaberei noch der Gewerblichkeit kommen zum Tragen.

In der Abwandlung 1 kann Gewerblichkeit zu bejahen sein, wenn die o.a. Voraussetzungen – insbesondere die Belegenheit in einer größeren Ferienwohnanlage und die Inanspruchnahme der dafür zuständigen Verwaltungsorganisation – erfüllt sind.

Bei dauerhafter Verlustsituation stellt sich aber sowohl bei privater Vermögensverwaltung als auch bei gewerblicher Vermietung die Frage der Liebhaberei. Unter Umständen kann es daher sinnvoll sein, von der sogenannten „100-Tage-Regelung“ abzuweichen und für einige Jahre einen Überschuß zu erklären, um die in den Vorjahren abgezogenen Verluste nicht zu gefährden. Bei gewerblichen Einkünften ist zu beachten, daß für die Beurteilung eines Totalüberschusses auch die stillen Reserven einzubeziehen sind, die bei einer Veräußerung aufgedeckt würden.

In der Abwandlung 2 – zwei Wohnungen am selben Ort – ist zwar für die zweite, nur zur Vermietung bereitgehaltene Wohnung der volle Werbungskostenabzug zu gewähren. Aber auch hier kann sich die Frage der Liebhaberei stellen.

Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 09/1999, Seite 290

Quelle: Seite 290 | ID 103449