· Fachbeitrag · Vermögensschadenshaftpflichtversicherung
So bestimmt sich der Umfang der Haftpflichtversicherung für Immobilienmakler
| Soll der Umfang einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung für einen Immobilienmakler bestimmt werden, ist zu berücksichtigen, dass das Maklerrecht weitestgehend dispositiv ist. Das Berufsbild des Maklers wird von besonderen Parteivereinbarungen bestimmt. Die sich an den konkreten Umständen des Einzelfalls orientierenden Nebenpflichten des Maklers sind insofern weit zu fassen. Hierauf wies das OLG Sachsen-Anhalt hin. |
Sachverhalt
Ein Immobilienmakler schloss mit einer Grundstücksgemeinschaft einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Er sollte in allen Fragen der Projektentwicklung des Objektes L. mit dem Ziel der Sanierung und des Verkaufs beraten und die komplette Abwicklung vornehmen. Er musste Verkaufsunterlagen erstellen, den Vertrieb übernehmen und Kunden beraten.
Nach dem Verkauf stellte sich heraus, dass die beworbene Sonderabschreibung nicht in der vorgesehenen Art und Weise möglich war. Einige der Käufer machten daher Schadenersatzansprüche wegen steuerlicher Nachteile geltend. Der Vermögensschadenshaftpflicht-VR des Immobilienmaklers hielt sich nicht für eintrittspflichtig. Der haftungsrelevante Verstoß gehöre nicht zur versicherten Tätigkeit eines Immobilienmaklers.
Entscheidungsgründe
Das sah das OLG Sachsen-Anhalt anders (14.3.18, 4 U 58/17, Abruf-Nr. 211170).Es bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des LG. Dieses hatte den VR verurteilt, Deckungsschutz zu gewähren.
Welchen Inhalt ein Versicherungsvertrag hat, insbesondere welche Risiken versichert sind, richtet sich in objektiver Auslegung nach dem Verständnis eines durchschnittlichen, die Versicherungsbedingungen aufmerksam zur Kenntnis nehmenden und die Interessen der Beteiligten abwägenden VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse. In erster Linie maßgebend sind der Wortlaut, die zugrunde liegenden Interessen des VN und, soweit für den VN erkennbar, der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln (BGH NJW 17, 388).
- Den vorliegenden Versicherungsbedingungen wird der VN zunächst entnehmen, dass seine hauptberufliche Tätigkeit als Immobilienmakler versichert ist. Darunter fallen all jene Risiken, die mit dem Abschluss eines Maklervertrags verbunden sind. Nach dem gesetzlichen Leitbild verpflichtet der Maklervertrag den Makler zu keiner Tätigkeit. Er begründet keine synallagmatischen Hauptleistungspflichten zwischen dem Makler und seinem Auftraggeber. Weist der Makler die Gelegenheit zum Abschluss des vorgegebenen Vertrags nach oder vermittelt er den Abschluss eines solchen Vertrags, erhält er unter der Voraussetzung des Zustandekommens des Hauptvertrags eine erfolgsabhängige Vergütung.
- Über diese enge Sicht des Gesetzes geht die Praxis allerdings hinaus. Gerade weil das Maklerrecht weitestgehend dispositiv ist, wird das Berufsbild des Maklers von besonderen Vereinbarungen der Parteien und sich an den konkreten Umständen des Einzelfalls orientierenden Nebenpflichten des Maklers geprägt. Es treten Mischformen mit anderen Vertragstypen in Erscheinung. Deren häufigstes Beispiel ist wohl der zumeist als Maklerdienstvertrag begriffene Alleinauftrag.
- Der Makler kann über die maklertypischen Pflichten hinaus zusätzliche Leistungen übernehmen, wie Beratung, Verhandlungsführung, Mithilfe bei der Planung, Kalkulation, Finanzierung. Dies führt dann zum Abschluss eines Maklerdienst- oder -werkvertrags. Trotzdem handelt es sich nach wie vor im Kern um einen Maklervertrag, wenn ergänzend zum klassischen Maklerleitbild Verwaltungs- und Abrechnungsleistungen übernommen, eine Tätigkeitspflicht begründet oder gar Garantien eingeräumt werden. Auf die Bezeichnung des Vertrags kommt es nicht an. Von einem Maklervertrag ist solange auszugehen, wie die wesentlichen Elemente der erfolgsabhängigen Vergütung, der Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit und der Abschlussfreiheit des Auftraggebers vorliegen.
Nicht anders konnte der VN den Gegenstand der Versicherung interpretieren, zumal die zur Bestimmung des übernommenen Risikos gedachte Risikobeschreibung keine weitergehende Einschränkung erkennen ließ.
Dass sich der VN hier in einem Geschäftsbesorgungsvertrag verpflichtete, der weitergehende Aufgaben vorsah, ist für den Versicherungsschutz nicht entscheidend. Hat er maklertypisch vermittelt und hierfür nach dem Vertragsschluss der Auftraggeber eine erfolgsabhängige Vergütung erhalten, wurde er als Immobilienmakler tätig und konnte sich in dieser Beziehung durch den VR abgesichert betrachten.
Relevanz für die Praxis
Das Interesse des Immobilienmaklers, der sich für eine Berufshaftpflichtversicherung entscheidet, ist typischerweise darauf gerichtet, den gesamten Bereich der damit verbundenen Berufsausübung abgedeckt zu sehen. Dies betrifft auch jene Bereiche, denen sich ein Makler im Zuge seiner Berufsausübung zuwenden kann und unter Umständen zuwenden muss. Aus Sicht des VN wird die Grenze zum nicht versicherten Bereich erst überschritten, wenn im Kern nicht mehr von einer erfolgsabhängig vergüteten Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit gesprochen werden kann. Das Abstellen des VR auf eine klassische Maklertätigkeit, die allerdings schon nicht typisch ist, greift danach erheblich zu kurz.
Es ist auch nicht so, dass der VN durch Vereinbarung oder Übernahme von Aufgaben den Versicherungsschutz nachträglich zulasten des VR erweitert. Er ist vielmehr von vornherein nach dem Vertrag und der ihm zugrunde liegenden Risikobeschreibung in diesem Umfang versichert. Das versetzt ihn in die Lage, ohne zusätzlichen Versicherungsschutz die mit seiner Berufsausübung typischerweise verbundenen Pflichten zu übernehmen.