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· Fachbeitrag · Leistungsfähigkeit

Versteckte Haftung des Schwiegerkindes?

von RAin Thurid Neumann, Konstanz

| Der BGH hat klargestellt, dass die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt auch unter Zugrundelegung des individuellen Familienselbstbehalts zu ermitteln ist, wenn das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes geringer ist als das seines Ehegatten ( 5.2.14, XII ZB 25/13, Abruf-Nr. 140753 ). Zudem ist der Wohnvorteil eines unterhaltspflichtigen Kinds auch beim Elternunterhalt dem Einkommen hinzuzurechnen und nicht nur im Rahmen der vom Selbstbehalt umfassten Wohnkosten zu berücksichtigen. Daneben hat der BGH Aussagen zum Taschengeldanspruch getroffen. |

1. Ermittlung der Leistungsfähigheit

In dem zugrunde liegenden Fall stellten sich die Einkommensverhältnisse in 2012 wie folgt dar:

 

Einkommen der auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Ehefrau:

1.657,66 EUR

Einkommen des Ehemannes

3.993,99 EUR

Familieneinkommen somit

5.651,65 EUR

Der BGH ermittelte den Haftungsanteil des in Anspruch genommenen Kindes sodann wie folgt:

Familieneinkommen

5.651,65 EUR

./. damaliger Familienselbstbehalt

2.700,00 EUR

verbleiben

2.951,65 EUR

./. 10 Prozent Haushaltsersparnis

2.656,49 EUR

hiervon die Hälfte

1.328,24 EUR

zzgl. Familienselbstbehalt

2.700,00 EUR

individueller Familienselbstbehalt daher

4.028,24 EUR

Anteil Ehefrau

1.181,50 EUR

Einkommen Ehefrau

1.657,66 EUR

./. Anteil Ehefrau

1.181,66 EUR

verbleiben für den Elternunterhalt

476,15 EUR

 

 

Damit verblieben der Ehefrau von ihrem eigenen Einkommen 1.181,51 EUR (1.657,66 EUR./. 476,15 EUR = 1.181,51 EUR).

 

Ihr Selbstbehalt als alleinstehendes, nicht verheiratetes Kind hätte in 2012 aber 1.500 EUR zzgl. der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkommens betragen. Danach hätte die Rechnung wie folgt ausgesehen:

 

Einkommen der auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Ehefrau

1.657,66 EUR

./. damaliger Selbstbehalt eines allein-stehendes Kindes

1.500,00 EUR

verbleiben

157,66 EUR

hiervon die Hälfte

78,83 EUR

 

 

Die Rechtsbeschwerde hatte daher gerügt, dass damit das Schwiegerkind verdeckt hafte. Der BGH sieht bei der ersten Berechnungsmethode aber keine versteckte Haftung des Schwiegerkindes, da dem unterhaltspflichtigen Kind der Anteil verbleibe, den er am Familienunterhalt beizutragen habe und sein Ehegatte keine weiteren Leistungen erbringen müsse, um den Lebensstandard der Familie aufrechtzuerhalten.

2. Zur Berücksichtigung des Taschengeldanspruchs:

Liegt das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes unter 5 bis 7 Prozent des Familienselbstbehalts, muss er auch das Taschengeld einsetzen, wobei der insoweit bestehende Selbstbehalt zu berücksichtigen ist (BGH FamRZ 13, 363; 13, 1000).

 

Hier gilt Folgendes: Der Taschengeldanspruch beträgt 5 Prozent (bis 7 Prozent) vom Familieneinkommen. Verbleiben muss auf jeden Fall der Mindesttaschengeldanspruch. Dies sind 5 Prozent bis 7 Prozent vom Sockelselbstbehalt (derzeit EUR 1.600) zzgl. der Hälfte des den Sockelselbstbehalt übersteigenden Taschengelds.

 

Einkommen Ehemann

4.000,00 EUR

Einkommen unterhaltspflichtige Ehefrau

100,00 EUR

Familieneinkommen

4.100,00 EUR

./. aktueller Familienselbstbehalt

2.880,00 EUR

verbleiben

1.220,00 EUR

./. 10 Prozent Haushaltsersparnis

1.098,00 EUR

hiervon die Hälfte

549,00 EUR

zzgl. Familienselbstbehalt

2.880,00 EUR

individueller Familienselbstbehalt daher

3.429,00 EUR

Anteil Ehefrau: 2,5 Prozent

85,73 EUR

Einkommen Ehefrau

100,00 EUR

./. Anteil am Familienselbstbehalt

85,73 EUR

verbleiben für den Elternunterhalt ohne Taschengeldanspruch

14,27 EUR

 

 

Da das Einkommen der unterhaltspflichtigen Ehefrau unter 5 Prozent (bis 7 Prozent) des Familieneinkommens liegt, muss sie auch ihren Taschengeldanspruch einsetzen.

 

5 Prozent vom Familieneinkommen (Taschengeldanspruch)

205,00 EUR

./. eigenes Einkommen

100,00 EUR

Taschengeldanspruch

105,00 EUR

 

 

verbleiben müssen 5 Prozent vom Familienselbstbehalt als Mindesttaschengeldanspruch zzgl. der Hälfte des über den Sockelbetrag hinausgehenden Taschengelds:

 

Familieneinkommen

4.100,00 EUR

Bedarf pro Ehegatte

2.050,00 EUR

./. Einkommen Ehefrau

100,00 EUR

verbleiben als Familienunterhalt

1.950,00 EUR

./. Sockelbetrag

1.600,00 EUR

verbleiben

350,00 EUR

hiervon die Hälfte

175,00 EUR

zzgl. Sockelbetrag

1.600,00 EUR

anteiliger individueller Familienunterhalt

1.775,00 EUR

hiervon 5 Prozent

88,75 EUR

Taschengeldanspruch

105,00 EUR

./. Mindesttaschengeldanspruch

88,75 EUR

Differenz

16,25 EUR

zusätzlich einzusetzendes Taschengeld daher 50 Prozent hiervon

8,13 EUR

 

3. Berücksichtigung des Wohnvorteils

Im vorliegenden Fall hatte die Rechtsbeschwerde gerügt, dass der Wohnvorteil zum Einkommen addiert und geltend gemacht wurde, dieser dürfe nur im Rahmen des Selbstbehalts berücksichtigt werden.

 

Der BGH hat entschieden, dass es keinen Grund dafür gebe, im Rahmen der verschiedenen Unterhaltsansprüche den Wohnvorteil unterschiedlich zu berücksichtigen. Der Wohnvorteil sei beim Elternunterhalt daher genauso wie beim Ehegatten- und Kindesunterhalt mit dem Wert der Nutzungen bei der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.

 

Weiterführende Hinweise

  • Zum Einsatz des Taschengeldanspruchs, Thoennissen, SR 13,3
  • Zur Berechnung des Taschengeldanspruchs, OLG Braunschweig, SR 13, 22
  • Zu den Grundsätzen des Elternunterhalts, Neumann, SR, 14, 6, 23
  • Zur Berücksichtigung der selbstgenutzten Immobilie beim Elternunterhalt, Mattes, SR 13, 20
  • Zur Berücksichtigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft beim Elternunterhalt, Neumann, SR 14 76
Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 92 | ID 42718143