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· Fachbeitrag · Familienverträge

Vermietete Immobilie: Zuwendungsnießbrauch als familiäres Steuersparmodell nutzen

| Steuersparmodelle gibt es immer weniger. Eines, das noch funktioniert, besteht darin, Einkünfte auf den Nachwuchs zu verlagern. Das ist besonders lukrativ, wenn das Kind über keine eigenen Einkünfte verfügt und es sich bei der Einkünfteverlagerung um solche aus Vermietung und Verpachtung dreht. Das Interessante daran: Die Immobilie muss gar nicht (endgültig) übertragen werden; auch ein unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch an Wohn- oder gewerblich genutzten Immobilien führt zum Ziel. Der Beitrag stellt Ihnen das Gestaltungsmodell vor. |

1. Zuwendungsnießbrauch führt zur Steuerersparnis

Martin Müller hat eine Einkommensteuerbelastung von 40 Prozent. Zu seinem Vermögen gehört u. a. ein vermietetes Mehrfamilienhaus, das sein Vater 1962 errichtet hat. Er hat es 2005 geerbt. Das Haus ist vollständig abgeschrieben. Darlehensverpflichtungen bestehen auch nicht mehr. Müller erzielt mit der Immobilie jährlich einen (durchschnittlichen) Überschuss von 25.000 EUR.

 

Müller hat einen 20-jährigen Sohn, der als Student über keine Einkünfte verfügt. Er räumt ihm ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück ein, das auf fünf Jahre befristet ist. Damit verlagert Müller Vermietungseinkünfte, die bei ihm mit 40 Prozent besteuert werden und eine Steuerlast von 10.000 EUR verursachen, auf seinen Sohn. Weil der über keine anderen Einkünfte verfügt, wird seine Belastung bei ca. 4.000 EUR liegen. Somit ergibt sich eine Steuerersparnis von 6.000 EUR pro Jahr.

2. Voraussetzungen, Fallstricke und erforderliche Maßnahmen

Vor einer derartigen Gestaltung sollten Sie jedoch fünf Punkte berücksichtigen, damit das angestrebte Ziel erreicht bzw. nicht durch andere, gegenläufige Aspekte konterkariert wird.

 

a) Gebäudeabschreibung

Beim Zuwendungsnießbrauch räumt der Eigentümer einem Dritten ein Nutzungsrecht ein. Damit geht die Einkunftserzielung auf den Nießbraucher über, nicht jedoch das bürgerlich-rechtliche oder wirtschaftliche Eigentum.

 

Daraus ergibt sich folgendes Problem: Die Gebäudeabschreibung kann nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden. Der (unentgeltlich bedachte) Nießbraucher kann weder das Gebäude noch das unentgeltlich erworbene Nutzungsrecht abschreiben (BFH 24.4.90, IX R 9/86, Abruf-Nr. 194006). Auch der Eigentümer ist nach Einräumung des Nießbrauchs nicht mehr zur Abschreibung des Gebäudes berechtigt, weil er keine Einkünfte mehr erzielt.

 

PRAXISHINWEIS | Dieser Nachteil des Zuwendungsnießbrauchs spielt keine Rolle, wenn es sich um ein vollständig abgeschriebenes Gebäude handelt. In der Praxis mehren sich diese Fälle. Viele Objekte sind Anfang der 1960er Jahre errichtet worden. Ihr Abschreibungszeitraum ist abgelaufen.

 

b) Tatsächliche Durchführung

Oft vergessen, aber enorm wichtig ist es, Mieter über den Vermieterwechsel zu informieren. Zahlen die Mieter nämlich weiter an den Eigentümer, spricht dies gegen die tatsächliche Durchführung der Nießbrauchsvereinbarung.

 

PRAXISHINWEIS | Darüber hinaus sollten Vater und Sohn vereinbaren, dass der Sohn sämtliche im Zusammenhang mit der Immobilie anfallenden Aufwendungen trägt, damit er sie als Werbungskosten abziehen kann. Der Abzug ist selbst dann möglich, wenn der Vater seinem Sohn die Mittel schenkt (Schenkungsteuer beachten!) und die an den Sohn gerichteten Rechnungen unmittelbar begleicht (abgekürzter Zahlungsweg).

 

c) Kindergeld und Freibeträge für Kinder

Herr Müller erhält für seinen Sohn auch weiterhin Kindergeld bzw. die Freibeträge für Kinder, weil der sich in einer Ausbildung befindet und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die eigenen Einkünfte, die sein Sohn nun erzielt, stehen dem nicht entgegen.

 

Wichtig | Hätte der Sohn das 25. Lebensjahr vollendet und würde weiterhin studieren, hätte Herr Müller zwar keinen Anspruch mehr auf Kindergeld. Er könnte jedoch Unterstützungsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen. Hier spielen aber die eigenen Einkünfte des Sohnes eine Rolle. Denn der Höchstbetrag (im Veranlagungszeitraum 2017: 8.820 EUR) wird gekürzt, soweit die Einkünfte den anrechnungsfreien Betrag von 624 EUR übersteigen.

 

d) Familienversicherung

Die Müllers sollte auch im Blick haben, dass hohe Einkünfte des Sohnes seinen Anspruch auf Familienversicherung in der Krankenversicherung gefährden können (Einkommensgrenze 2017: 425 EUR monatlich).

 

e) Besonderheiten bei minderjährigen Kindern

Wäre der Sohn noch minderjährig, wären vor allem folgende Punkte zu beachten, damit das Finanzamt diese Gestaltung anerkennt:

 

  • Bei Vertragsabschluss muss ein Abschlussergänzungspfleger mitwirken (BFH 13.5.80, VIII R 75/79). Eine Dauerergänzungspflegschaft ist nicht erforderlich (BFH 13.5.80, VIII R 63/79).

 

  • Vertreten Eltern minderjährige Kinder, müssen sie die Willenserklärungen im Namen der Kinder abgeben (BFH 13.5.80, VIII R 63/79).

 

3. Gestaltung: Nießbrauch an Betriebsgrundstück möglich

Einen Zuwendungsnießbrauch können Sie nicht nur an einer vermieteten Wohnimmobilie einräumen, sondern auch an einem Betriebsgrundstück. Das lehrt eine Entscheidung des FG Baden-Württemberg.

 

a) Familiäres Dreiecks-Verhältnis missfällt dem Finanzamt

Im konkreten Fall hatte die Mutter ihrer volljährigen Tochter mit notariell beurkundetem Vertrag einen befristeten, unentgeltlichen Nießbrauch an ihrem Betriebsgrundstück eingeräumt. Der Nießbrauch war ins Grundbuch eingetragen worden. Der Tochter standen die Einnahmen aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks in voller Höhe zu. Im Gegenzug musste sie alle Lasten des Grundbesitzes tragen. Die Tochter vermietete das Grundstück an ihren Vater, der es bisher von der Mutter gemietet hatte, um dort seine gewerbliche Tätigkeit auszuüben.

 

Das Finanzamt erkannte die Bestellung zugunsten der Tochter wegen Gestaltungsmissbrauchs i. S. d. § 42 AO nicht an. Dagegen klagten Mutter und Vater erfolgreich. Die Einkünfte aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks sind der Tochter und nicht der Mutter zuzurechnen (FG Baden-Württemberg 13.12.16, 11 K 2951/15, Abruf-Nr. 194838).

 

b) FG Baden-Württemberg verneint Gestaltungsmissbrauch

Das FG begründet das damit, dass die volljährige Tochter während des Zeitraums, für den der Nießbrauch bestellt wurde (fünf Jahre), in ihrer Disposition in keiner Weise beschränkt war. Sie hatte deshalb einen Mietvertrag über die gewerblichen Räume mit dem Vater geschlossen.

 

Die Nießbrauchsgestaltung war auch nicht missbräuchlich. Es steht Eltern frei, ob sie dem Kind zum Zwecke der Gewährung von Unterhalt Barmittel überlassen oder ob sie ihm ‒ auch befristet ‒ die Einkunftsquelle selbst übertragen. Der steuerliche Vorteil der Gestaltung über den Zuwendungsnießbrauch besteht darin, dass die Vermietungseinkünfte aufgrund der Progression niedriger oder überhaupt nicht besteuert werden. Mit der Gestaltung werden keine steuerlich nicht abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen in den Bereich des Betriebsausgabenabzugs verlagert.

 

c) Modell-Umsetzung in die Praxis

Die tatsächliche Durchführung des Nießbrauchs an einem vermieteten Grundstück ist das A und O. Der Vermieterwechsel muss vollzogen werden. Der Mieter muss an das Kind und nicht an den Eigentümer zahlen. Im Gegenzug muss das Kind sämtliche Aufwendungen tragen, die im Zusammenhang mit der Immobilie anfallen.

 

Wichtig | Das FG hat übrigens die Revision zum BFH zugelassen. Das Finanzamt hat sie aber nicht eingelegt. Das spricht dafür, dass die Finanzverwaltung befürchtet hatte, auch vor dem BFH den Kürzeren zu ziehen. So hat man sich wohl dazu entschieden, den Ball in Sachen „Zuwendungsnießbrauch bei gewerblich genutzten Immobilien“ flach zu halten, um das Modell nicht noch bekannter werden zu lassen.

Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 160 | ID 44862636