· Fachbeitrag · Mandanten fragen
Steuerliche Vergünstigungen für Behinderte bei den außergewöhnlichen Belastungen
von StB Christoph Wenhardt, Brühl
| Der behinderte Senior S stellt an Sie als Rechtsanwalt Bezug nehmend auf die Gesetzeslage 2021 die folgenden Fragen: |
Frage: Gibt es für behinderte Menschen Pauschbeträge, die die einkommensteuerliche Belastung mindern?
Antwort: Das Einkommensteuergesetz sieht in § 33b EStG für Menschen mit Behinderungen bestimmte Pauschbeträge vor. Dabei dient der Behinderten-Pauschbetrag der Vereinfachung. Menschen mit Behinderung haben damit ein Wahlrecht: Sie können anstelle eines Einzelnachweises für ihre Aufwendungen für den täglichen behinderungsbedingten Lebensbedarf einen Behinderten-Pauschbetrag beantragen.
Vorteilhaft ist dabei, dass die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG nicht zur Anwendung kommt (zur zumutbaren Belastung siehe Beitrag: Was sind außergewöhnliche Belastungen, SR 22, 7). Hierbei ist allerdings zu beachten, dass das Wahlrecht für die genannten Aufwendungen im jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich ausgeübt werden kann.
PRAXISTIPP | Der Behinderten-Pauschbetrag umfasst die Aufwendungen für die sogenannten Verrichtungen des täglichen Lebens; also z. B.: Aufwendungen für die Körperpflege, Hygieneartikel oder Pflegeleistungen. |
Frage: Wo ist der Behinderten-Pauschbetrag in der Einkommensteuererklärung 2021 zu beantragen?
Antwort: Der Behinderten-Pauschbetrag ist in der Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“ in den Zeilen 4 bis 6 für die steuerpflichtige Person bzw. den Ehemann (oder bei eingetragenen Lebenspartnern die Person A) zu beantragen. Einzutragen ist hier
- Zeile 4: ab wann der Ausweis gültig ist bzw. bis wann, oder ob er unbefristet gültig ist und der Grad der Behinderung.
- Zeile 5: Hier ist eine „1“ einzutragen, wenn die Merkzeichen „G“ oder „aG“ vorliegen.
- Zeile 6: Hier ist eine „1“ einzutragen, wenn die Merkzeichen „BI“, „TBI“ und/oder „H“, bzw. der Pflegegrad 4 oder 5 gegeben sind.
Handelt es sich um die Ehefrau (oder bei eingetragenen Lebenspartnern die Person B), sind für den Antrag auf den Behinderten-Pauschbetrag die Zeilen 7 bis 9 vorgesehen, mit den entsprechenden Eintragungen wie vorstehend.
Frage: Kann der Behinderten-Pauschbetrag auch übertragen werden?
Antwort: Steht der Behinderten-Pauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige einen Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld hat, wird der Pauschbetrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt (§ 33b Abs. 5 EStG). Dies erfolgt aber nur auf Antrag. Die Übertragung wird regelmäßig dann erfolgen, wenn das Kind mangels Einkünfte nicht veranlagt wird. Der Pauschbetrag wird auf die Elternteile je zur Hälfte aufgeteilt. Das ist nicht der Fall, wenn der Kinderfreibetrag auf den anderen Elternteil übertragen wurde.
PRAXISTIPP | Der Antrag ist in der „Anlage Kind“ in Zeilen 68 bis 70 zu stellen. |
Einzutragen ist hier
- Zeile 68: ab wann der Ausweis gültig ist bzw. bis wann, oder ob er unbefristet gültig ist und der Grad der Behinderung des Kindes.
- Zeile 69: Hier ist eine „1“ einzutragen, wenn die Merkzeichen „G“ oder „aG“ für das Kind vorliegen.
- Zeile 70: Hier ist eine „1“ einzutragen, wenn die Merkzeichen „BI“, „TBI“ und/ oder „H“ bzw. der Pflegegrad 4 oder 5 für das Kind gegeben sind.
Frage: Was versteht man unter der „behinderungsbedingten Fahrtkostenpauschale“?
Antwort: Häufig haben Menschen mit Behinderungen durch die Einschränkungen ihrer körperlichen Beweglichkeit auch Aufwendungen für behinderungsbedingte Fahrtkosten. Hierfür wird ab 2021 eine sog. „behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale“ eingeführt, § 33 Abs. 2a EStG.
Die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale sieht wie folgt aus:
- Pauschale in Höhe von 900 EUR: Diese erhalten Steuerpflichtige mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“.
- Pauschale in Höhe von 4.500 EUR: Diese erhalten Steuerpflichtige mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
Für diese Fahrtkostenpauschale ist noch Folgendes zu beachten:
- Über die Fahrtkostenpauschale hinaus können keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Sie hat somit abgeltende Wirkung.
- Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale in die Berechnung der außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG einfließt.
- Haben Eltern den Behinderten-Pauschbetrag von ihrem Kind auf sich übertragen, dann können sie die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale ebenfalls in Anspruch nehmen.
Vorteilhaft ist dabei, dass ein Einzelnachweis der tatsächlichen Fahrtkosten nicht mehr notwendig ist.
PRAXISTIPP | Der entsprechende Antrag ist in der „Anlage außergewöhnliche Belastungen“ in den Zeilen 17 bis 18 zu machen. |
Frage: Welche Pauschbeträge werden für Behinderte in 2021 gewährt?
Antwort: Die Pauschbeträge wurden gegenüber den Vorjahren verdoppelt. Die folgende Übersicht zeigt die Behinderten-Pauschbeträge für 2021:
Grad der Behinderung | Höhe des Behinderten-Pauschbetrags |
von 20 Prozent | 384 EUR |
von 30 Prozent | 620 EUR |
von 40 Prozent | 860 EUR |
von 50 Prozent | 1.140 EUR |
von 60 Prozent | 1.440 EUR |
von 70 Prozent | 1.780 EUR |
von 80 Prozent | 2.120 EUR |
von 90 Prozent | 2.460 EUR |
von 95 und 100 Prozent | 2.840 EUR |
Behinderte Menschen, die hilflos sind | 7.400 EUR |
Menschen, die blind sind | 7.400 EUR |
Menschen, die taubblind sind | 7.400 EUR |
Bei dem Behinderten-Pauschbetrag handelt es sich stets um einen Jahresbetrag. Für die Höhe des Pauschbetrags gilt jeweils der höchste festgestellte Grad der Behinderung des jeweiligen Jahres. Wenn Senior S beispielsweise ab dem 1.12.21 zu 80 Prozent behindert ist, ist ihm in 2021 ein Behinderten-Pauschbetrag von 2.120 EUR zu gewähren.
Frage: Ist es möglich, auch zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag noch Kosten, die durch die Behinderung entstehen, steuerlich geltend zu machen?
Antwort: Sind aufgrund der Behinderung noch andere Kosten entstanden (als die in Frage 1 aufgeführten), dann kann der Mandant diese als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend machen, z. B. für:
- Operationskosten,
- Heilbehandlungen,
- Kuren, Arznei- und Arztkosten,
- Führerscheinkosten für ein schwer geh- und stehbehindertes Kind,
- Kosten für die behindertengerechte Ausgestaltung des eigenen Wohnhauses
PRAXISTIPP | Für diese Kosten gilt aber wieder, dass hier die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG zu beachten ist. |