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· Fachbeitrag · Private Veräußerungsgeschäfte

Fallstricke des § 23 EStG beim Verkauf eines zuvor unentgeltlich übertragenen Grundstücks

von Dipl.-Finw. (FH) Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

| Die Praxis zeigt es immer wieder: Den Fällen des § 23 EStG (private Veräußerungsgeschäfte) wird zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Gerade die Veräußerung von Grundstücken, die zuvor unentgeltlich übertragen wurden, wird hier außer Acht gelassen. Dass aber gerade in diesem Bereich einige Fallstricke lauern, verdeutlichen die folgenden Beispiele. |

1. Schenkung eines Grundstücks des Privatvermögens

Soll das schenkweise erhaltene Grundstück veräußert werden, löst dieser Vorgang, wenn man die Rechtsposition des Beschenkten isoliert betrachtet, keine Rechtsfolgen nach § 23 EStG aus. Denn die Schenkung des Grundstücks als unentgeltlicher Vorgang führt beim Beschenkten nicht zu einer Anschaffung i. S. des § 23 EStG.

 

Allerdings muss die Regelung des § 23 Abs. 1 S. 3 EStG beachtet werden. Danach ist dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffung des Wirtschaftsguts durch den Rechtsvorgänger bei einem unentgeltlichen Erwerb zuzurechnen. Ist also zum Zeitpunkt der geplanten Grundstücksveräußerung die zehnjährige Veräußerungsfrist, berechnet von der Anschaffung oder Herstellung durch den Rechtsvorgänger, noch nicht abgelaufen, kann eine Besteuerung nach § 23 EStG erfolgen.

 

  • Beispiel 1

A erwirbt zum 1.7.07 eine Eigentumswohnung für insgesamt 200.000 EUR, die er seiner Mutter M unentgeltlich zu Wohnzwecken überlässt. Nach ihrem Tod in 2014 überträgt A die Eigentumswohnung zum 1.1.15 unentgeltlich auf seine Tochter B, die die Wohnung zunächst zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Zum 31.12.15 veräußert sie die Wohnung jedoch für 250.000 EUR, da sie aus beruflichen Gründen ins Ausland zieht.

 

Hier kommt § 23 EStG zur Anwendung, da die Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt, die am 1.7.07 (Anschaffung durch den Rechtsvorgänger) beginnt und am 31.12.15 noch nicht abgelaufen ist.

 

Beachten Sie | Die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG hilft hier nicht weiter. Danach sind Wirtschaftsgüter ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Die unentgeltliche Überlassung durch A an M ist jedoch keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Eine solche läge nämlich nur bei unentgeltlicher Überlassung an ein Kind des Steuerpflichtigen vor, für das er Anspruch auf Kindergeld oder Freibeträge für Kinder hat (BMF-Schreiben vom 5.10.00, IV C 3 -S 2256 - 263/00, Rn. 23).

Auch die vor der Veräußerung stattgefundene Nutzung zu eigenen Wohnzwecken durch B reicht nicht aus, da hierfür ein zusammenhängender Zeitraum innerhalb der letzten drei Kalenderjahre erforderlich ist. B hat das Objekt indes nur für zwölf Monate zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

 

Nutzt der Beschenkte das Grundstück zu betrieblichen Zwecken, muss es mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) in das Betriebsvermögen eingelegt werden. Plant er nun nachfolgend die Veräußerung des Grundstücks, ist auch in diesem Fall § 23 Abs. 1 S. 3 EStG zu beachten. Folge: Ist die zehnjährige Veräußerungsfrist des § 23 EStG, berechnet ab Anschaffung/Herstellung durch den Rechtsvorgänger, noch nicht abgelaufen, kommt § 23 EStG zur Anwendung.

 

Zunächst ist jedoch zu beachten, dass die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen in jedem Fall zur steuerpflichtigen Auflösung der nach Einlage in das Betriebsvermögen angesammelten stillen Reserven führt. § 23 EStG greift dann insoweit, als nach § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 EStG die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen als Veräußerung gilt, wenn die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts (hier: durch den Rechtsvorgänger) erfolgt.

 

  • Beispiel 2

A erwirbt zum 1.7.09 ein unbebautes Grundstück für 100.000 EUR. Zum 1.1.12 überträgt er das Grundstück schenkweise auf seinen Sohn B, der es zum Teilwert von 120.000 EUR in sein Betriebsvermögen einlegt. B veräußert das Grundstück zum 1.7.17 für 150.000 EUR.

 

Die Veräußerung des Grundstücks löst eine Besteuerung aus ‒ und zwar in zweifacher Hinsicht:

 

  • B erzielt einen betrieblichen Erlös i. H. von 30.000 EUR aus der Differenz zwischen dem Verkaufserlös (150.000 EUR) und dem Einlagewert (120.000 EUR).

 

  • Zusätzlich hat B einen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG zu versteuern. Da er das Grundstück vor Ablauf der zehnjährigen (am 1.7.09 beginnenden) Veräußerungsfrist verkauft, löst er die Rechtsfolgen des § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 EStG aus, wonach die Einlage zum 1.1.12 als Veräußerung gilt. Nach Abzug der Anschaffungskosten des A (100.000 EUR) vom Veräußerungspreis (Einlagewert 120.000 EUR) ergibt sich somit zusätzlich ein nach § 23 EStG zu versteuernder Gewinn i. H. von 20.000 EUR.
 

2. Schenkung eines betrieblichen Grundstücks

Die Schenkung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks löst beim Schenker regelmäßig eine die stillen Reserven realisierende Entnahme aus. Veräußert nun der Beschenkte das Grundstück wiederum mit Gewinn, kann sich hieraus ein nach § 23 EStG steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn ergeben. Denn als Anschaffung i. S. d. § 23 EStG gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe (§ 23 Abs. 1 S. 2 EStG) ‒ und bei unentgeltlichem Erwerb ist dem Einzelrechtsnachfolger nicht nur die Anschaffung, sondern auch die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG).

 

  • Beispiel 3

A hat in seinem Betriebsvermögen ein unbebautes Grundstück, das er 1980 angeschafft hat. Dieses Grundstück überträgt er zum 1.1.11 unentgeltlich auf seinen Sohn B. Der Teilwert zum 1.1.11 beträgt 150.000 EUR. B veräußert das Grundstück zum 1.7.17 für 200.000 EUR.

 

Hier führt die Grundstücksveräußerung durch B zu einem steuerpflichtigen Vorgang nach § 23 EStG, da nicht auf den Zeitpunkt der Anschaffung des Objekts durch A in 1980 abzustellen ist, sondern auf den 1.1.11. Denn zu dem Zeitpunkt hat A das Objekt entnommen und damit die Anschaffungsfiktion des § 23 Abs. 1 S. 2 EStG ausgelöst. B ist als unentgeltlichem Einzelrechtsnachfolger die Überführung des Grundstücks in das Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger A zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG). Somit erfolgt die Veräußerung zum 1.7.17 innerhalb der am 1.1.11 beginnenden zehnjährigen Veräußerungsfrist des § 23 EStG und führt zu einem steuerpflichtigen Gewinn i. H. von 50.000 EUR.

 

Wird das schenkweise erhaltene Grundstück zunächst in das Betriebsvermögen des Beschenkten eingelegt, von diesem nachfolgend entnommen und dann im Privatvermögen mit Gewinn veräußert, kann sich auch hieraus ein nach § 23 EStG steuerpflichtiger Vorgang ergeben.

 

  • Beispiel 4

A überträgt ein zu seinem Betriebsvermögen gehörendes unbebautes Grundstück, das er in 1985 angeschafft hat, zum 1.1.10 unentgeltlich auf seinen Sohn B. Dieser legt es in sein Betriebsvermögen ein, entnimmt es zum 1.1.14 wieder und veräußert es zum 1.7.17.

 

Entnahme- und Einlagewert 1.1.10

200.000 EUR

Entnahmewert 1.1.14

250.000 EUR

Veräußerungserlös 1.7.17

270.000 EUR

 

 

Die Entnahme des Grundstücks durch B zum 1.1.14 löst durch Aufdeckung der stillen Reserven einen zu versteuernden betrieblichen Erlös von 50.000 EUR aus.

 

Die Veräußerung des nunmehr privaten Grundstücks zum 1.7.17 löst wiederum eine Gewinnbesteuerung nach § 23 EStG aus, da B das Grundstück zum 1.1.14 entnommen hat und die Entnahme als Anschaffung gilt (§ 23 Abs. 1 S. 2 EStG). Da die Veräußerung somit innerhalb der am 1.1.14 beginnenden zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt, ist der Veräußerungsgewinn i. H. von 20.000 EUR (270.000 EUR abzüglich 250.000 EUR) nach § 23 EStG zu erfassen.

 
Quelle: Ausgabe 10 / 2017 | Seite 173 | ID 44927233