· Fachbeitrag · Patientenverfügung
BGH schafft mehr Rechtssicherheit bei Grenzfällen zwischen Leben und Tod
von RAin Sybille Meier, FAin für Medizin- und Sozialrecht, Berlin
| Erstmalig nach dem Inkrafttreten des Patientenverfügungsgesetzes am 1.9.09 nahm der BGH in einer grundlegenden Entscheidung zum Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen Stellung im Fall einer Patientin, deren Todeseintritt wegen einer schweren Grunderkrankung noch nicht unmittelbar bevorsteht ( BGH 17.9.14, XII ZB 202/13, Abruf-Nr. 172386 ). |
1. Der Fall des BGH
Die Betroffene erlitt am 18.9.09 eine Gehirnblutung mit der Folge eines apallischen Syndroms im Sinne eines Wachkomas. Sie wird über eine PEG-Magensonde ernährt. Eine Kontaktaufnahme zu ihr ist nicht möglich. Das AG bestellte den Ehemann und die Tochter der Betroffenen zu Betreuern, u.a. mit den Aufgabenkreisen Gesundheits- und Vermögenssorge sowie Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden. Am 27.7.10 beantragten die Betreuer die betreuungsgerichtliche Genehmigung zum Widerruf ihrer Einwilligung in die Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen bzw. die Genehmigung zur Einstellung der künstlichen Ernährung. In einem Gespräch mit der behandelnden Ärztin hatte diese Zweifel geäußert, ob der von den Betreuern avisierte Schritt dem Willen der Betroffenen entspricht. Im Lauf des weiteren Verfahrens wurde die Betroffene in ein anderes Pflegeheim verlegt. Im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung lag weiterhin noch kein Einvernehmen über den Patientenwillen zwischen den Betreuern und der in dem neuen Pflegeheim behandelnden Ärztin der Betroffenen vor.
2. Verfahrensgang
Das AG lehnte die Anträge der Betreuer ab. Im Beschwerdeverfahren wurden die Betreuer, die Mutter, die Schwester und die Freundin der Betroffenen als Zeugen vernommen, die übereinstimmend und plausibel bekundeten, diese habe in der Vergangenheit mehrfach anlässlich schwerer Schicksalsschläge Dritter geäußert, lieber sterben zu wollen, als in einem komatösen Zustand weiterzuleben. Zudem hatten die Betroffene und ihr Ehemann im September 09 Formulare für eine Patientenverfügung beschafft, die allerdings nicht mehr ausgefüllt werden konnten. Es wurde weiterhin ein Sachverständigengutachten eingeholt. Dort wurde ausgeführt, dass das Leiden der Betroffenen einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen habe. Es gäbe zwar immer wieder vereinzelte Fallberichte zu klinischen Besserungen nach längerer Zeit, allerdings liege die Wahrscheinlichkeit für ein bewusstes, unabhängiges Leben bei 0 Prozent, sofern der fortdauernde vegetative Status eines Patienten länger als sechs Monate andauere. Das LG befand, die vorstehend geschilderten Äußerungen der Betroffenen könnten nicht zur Ermittlung des Patientenwillens in der konkreten Behandlungssituation herangezogen werden. Das LG wies die von den Betreuern eingelegte Beschwerde zurück, wogegen sich die zugelassene Rechtsbeschwerde wendet. Der BGH wies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten der Rechtsbeschwerde, an das LG zurück.
3. Rechtslage
Zutreffend ging vorliegend das Beschwerdegericht von einer Genehmigungsbedürftigkeit des von den Betreuern avisierten Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen aus (§ 1904 Abs. 3, 4 BGB). Es lag bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens kein Einvernehmen über den Patientenwillen zwischen dem behandelnden Arzt der Betroffenen und den Betreuern vor. Nach dem Inkrafttreten des Patientenverfügungsgesetzes am 1.9. 09 ist zunächst die ärztliche Indikation für eine Behandlungsmaßnahme zu abzuklären.
a) Fehlende Indikation für eine ärztliche Behandlungsmaßnahme
Nach §§ 630a, 1901b BGB prüft der behandelnde Arzt in eigener Verantwortung und Kompetenz die Indikation einer ärztlichen Behandlungsmaßnahme. Der Arzt muss nach § 1901b Abs. 1 S. 1 BGB entscheiden, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten angeboten wird. Den ärztlicherseits zu beurteilenden Fragen nach der medizinischen Indikation, Prognose und dem Gesamtzustand des Patienten kommen damit zentrale Bedeutung zu. Die Indikation wird anhand des Stands der medizinischen Wissenschaft für den jeweiligen Patienten in seiner konkreten klinischen Situation beurteilt. Die infrage kommende Maßnahme muss aus ärztlicher Sicht einen Nutzen für den Patienten darstellen. Es ist zu fragen, welches Therapieziel mit der angebotenen Maßnahme angestrebt wird und ob dieses mit einer realistischen Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann.
Als Therapieziele kommen Heilung, Lebensverlängerung, Rehabilitation oder Erhaltung der Lebensqualität in Betracht. Gibt es kein vernünftiges Therapieziel - alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen bewirken beispielsweise bestenfalls eine kurzfristige Verlängerung des Sterbeprozesses - ist die mögliche Maßnahme nicht indiziert und darf daher nicht durchgeführt werden. Nicht indiziert sind Maßnahmen, bei denen im konkreten Fall das angestrebte Ziel nicht oder nur mit einer verschwindend kleinen Wahrscheinlichkeit realisiert werden kann, wie z.B. das Legen einer PEG-Sonde im Endstadium der Demenz. Bei fehlender Indikation ist jede weitere Prüfung des Patientenwillens entbehrlich. Die Indikation der ärztlichen Maßnahme ist die Vorfrage schlechthin zur Patientenverfügung und zum Behandlungswunsch. Hält der Arzt eine bestimmte Maßnahme für nicht (mehr) indiziert, ist für die Entscheidung des Betreuers/Gesundheitsbevollmächtigten und des Betreuungsgerichtes kein Raum. Das Patientenverfügungsgesetz unterwirft sowohl Betreuer als auch Gesundheitsbevollmächtigten den gleichen Pflichten (§§ 1901a Abs. 5, 1901b Abs. 3, 1904 Abs. 5 BGB).
Wird ärztlicherseits eine Indikation bejaht oder zumindest mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen, ist der Patient bzw. der Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigte hierüber zu informieren. Insoweit ist das Patientenverfügungsgesetz verzahnt mit dem nunmehr in Kraft getretenen Patientenrechtegesetz. Danach ist der behandelnde Arzt nach §§ 630c, 630e BGB verpflichtet, vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme den Patienten bzw. dessen Vertreter über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände mündlich aufzuklären, § 630d Abs. 1 BGB. Erst nach Zustimmung des Patienten bzw. dessen Vertreters zu der aufgeklärten und indizierten Maßnahme erfolgt die Behandlung lege artis.
b) Herstellen eines Einvernehmens zwischen Arzt und Betreuer
Bietet der behandelnde Arzt dem Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigten für den einwilligungsunfähigen Patienten eine bestimmte Behandlungsmaßnahme an, sind folgende Situationen zu unterscheiden:
aa) Vorliegen einer Patientenverfügung
Nach der Legaldefinition des §§ 1901a Abs. 1 BGB ist eine Patientenverfügung eine schriftliche Willensbekundung eines einwilligungsfähigen Volljährigen, in der dieser Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen für den Fall einer späteren Einwilligungsunfähigkeit trifft. Die medizinische Maßnahme, in die der Verfügende einwilligt oder die er untersagt, muss bestimmt sein.
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Eine allgemeine Behandlungsrichtlinie, wie: „Wenn ich dement bin, will ich keine lebenserhaltenden Maßnahmen mehr“, erfüllt nicht das Bestimmtheitsgebot. |
Besteht Kongruenz zwischen der konkreten Lebens- und Behandlungssituation und dem schriftlich niedergelegten Willen des Patienten, ist der Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigte verpflichtet, dem schriftlich fixierten Willen des Betroffenen Ausdruck und Geltung zu verschaffen (§ 1901a Abs. 1 S. 2 BGB). Die Patientenverfügung entfaltet dann eine unmittelbare Bindungswirkung. Die primäre Aufgabe des Betreuers/Gesundheitsbevollmächtigten besteht in diesem Zusammenhang darin, den Willen des Vertretenen zu ermitteln. Die gesetzliche Regelung rekurriert insoweit auf eine Entscheidung des BGH aus 2003, in dem dieser statuierte, der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Patienten habe die exklusive Aufgabe, den Willen des Betroffenen gegenüber Arzt und Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung durchzusetzen, nachdem er sich zuvor über die Authentizität der Patientenverfügung vergewisserte. Die Anordnungen des Betreuers/Gesundheitsbevollmächtigten sind dann für den Arzt und das Pflegepersonal bindend. In Ansehung des medizinischen Fortschritts und der Vielzahl möglicher Behandlungsmaßnahmen genügt es dem Bestimmtheitsgebot, wenn diese allgemein bezeichnet werden, z.B.:
- Künstliche Ernährung,
- Beatmung,
- Dialyse,
- Organersatz,
- Wiederbelebung,
- Verabreichung von Medikamenten (z.B. Antibiotika, Psychopharmaka, Zytostatika, usw.).
PRAXISHINWEIS | Der Patient muss umschreibend festgelegt haben, was er in bestimmten Lebens- und Behandlungssituationen will oder nicht will. Um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen, müssen diese medizinischen Maßnahmen aber in einen situativen Kontext gestellt werden, wie z.B. Befinden in einem unmittelbaren Sterbeprozess, Endstadium einer unheilbaren Krankheit, Kommunikations- und Entscheidungsunfähigkeit nach Gehirnschädigung, Zustand nach Hirnabbauprozessen. Es muss sich eine bestimmte Entscheidung für oder gegen den aktuellen und konkret infrage kommenden Eingriff aus der Patientenverfügung entnehmen lassen. |
Die Regelungen der Patientenverfügung gelten unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung. § 1901a Abs. 3 BGB ist Ausdruck der Patientenautonomie und des in Art. 2 Abs. 1 GG niedergelegten Selbstbestimmungsrechts. Nach den Grundsätzen der Bundesärztekammer zum Umgang mit Patientenverfügungen (2013) und zur ärztlichen Sterbebegleitung (2011) ist der Arzt ebenso wie der Betreuer/Bevollmächtigte an den in einer Patientenverfügung geäußerten Willen gebunden, sofern die anstehende Behandlungssituation der in der Patientenverfügung beschriebenen entspricht und keine Anhaltspunkte für eine nachträgliche Willensänderung erkennbar sind.
bb) Vorliegen von Behandlungswünschen
Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, sind betreuerseits/bevollmächtigtenseits Behandlungswünsche des Vertretenen in Bedacht zu nehmen (§ 1901a Abs. 2 BGB). Behandlungswünsche i.S. des § 1901a Abs. 2 BGB können alle Äußerungen eines Betroffenen sein, die Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation enthalten, aber den Anforderungen an eine schriftliche Patientenverfügung im Sinne des § 1901 Abs. 1 BGB nicht genügen. Es kann sich um mündliche Äußerungen handeln, die keine antizipierenden Entscheidungen enthalten oder aber es liegt eine schriftliche Patientenverfügung vor, die jedoch nicht sicher auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation passt und deshalb keine unmittelbare Wirkung entfaltet. Zutreffend statuierte der BGH, dass Behandlungswünsche insbesondere aussagekräftig sind, wenn sie
- in Ansehung einer Erkrankung zeitnah geäußert wurden,
- konkrete Bezüge zur aktuellen Behandlungssituation aufweisen und
- die Zielvorstellungen des Patienten erkennen lassen.
Aber auch allgemeine Behandlungsrichtlinien oder -wünsche wie die Folgenden sind zu beachten.
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Für den Betreuer besteht bereits nach § 1901 Abs. 3 BGB eine Pflicht zur Wunschbefolgung. Letztere ist der Maßstab für alle zu treffenden Betreuerentscheidungen. In § 1901a Abs. 2 BGB ist nunmehr für den Betreuer und den Gesundheitsbevollmächtigten gleichermaßen die Verpflichtung zur Prüfung und Befolgung von Behandlungswünschen des Vertretenen niedergelegt.
cc) Ermittlung des mutmaßlichen Willens
Liegen weder schriftliche noch mündliche Willensäußerungen noch allgemeine Behandlungsrichtlinien oder Behandlungswünsche vor, ist hilfsweise auf den mutmaßlichen Willen des Patienten abzustellen. Dieser ist anhand konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln, insbesondere ist auf frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, die jedoch keinen Bezug zur aktuellen Lebens- und Behandlungssituation aufweisen, auf ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betroffenen zurückzugreifen, § 1901a Abs. 2 S. 2 und 3 BGB. Auf den mutmaßlichen Willen ist erst dann zu rekurrieren, wenn auch nach umfassenden Ermittlungen durch den Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigten kein tatsächlicher Patientenwille/Behandlungswunsch feststellbar ist. In der Praxis verbleibt für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens ein breiter Anwendungsbereich in Ansehung dessen, dass viele Patienten keine schriftlichen Behandlungswünsche in gesunden Tagen verfassten und häufig auch schwerlich konkrete mündliche Äußerungen eruierbar sind, auf die zurückgegriffen werden könnte. Selbst wenn der Tod des Betroffenen nicht unmittelbar bevorsteht, sind an die Ermittlung des mutmaßlichen Willens keine höheren Anforderungen zu stellen.
dd) Gespräch zwischen Arzt und Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigten zur Feststellung des Patientenwillens (§ 1901b BGB)
Liegt eine schriftliche Patientenverfügung i.S. des §§ 1901a Abs. 1 BGB vor und bestehen seitens des behandelnden Arztes und des Betreuers/Gesundheitsbevollmächtigten keine Zweifel, dass die Erteilung, Nichterteilung oder der Widerruf in eine Heilbehandlung, eine Untersuchung des Gesundheitszustandes oder einen ärztlichen Eingriff dem Patientenwillen entspricht, ist eine betreuungsgerichtliche Genehmigung entbehrlich (§ 1904 Abs. 4 BGB). Insoweit setzte der Gesetzgeber eine Entscheidung des BGH aus 2003 zur passiven Sterbehilfe um. Zum einen findet im Hinblick auf das erforderliche Einvernehmen eine wechselseitige Kontrolle der Entscheidungsfindung statt; zum anderen besteht nach Auffassung des Gesetzgebers kein Anlass für einen verallgemeinernden Missbrauchsverdacht gegenüber dem behandelnden Arzt und dem Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigten, sogenannte Konsenslösung.
Das Betreuungsgericht ist aufgerufen, im Fall eines fehlenden Einvernehmens zwischen Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigten und behandelnden Arzt über den in einer schriftlichen Patientenverfügung geäußerten oder mutmaßlichen Willen, ein betreuungsgerichtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen. Sinn und Zweck des Genehmigungsverfahrens ist es, bei unterschiedlichen Auffassungen oder Zweifeln des behandelnden Arztes und Betreuers/Gesundheitsbevollmächtigten über den Behandlungswillen des Vertretenen eine gerichtliche Kontrolle dahingehend zu ermöglichen, ob die Entscheidung des Letzteren über die Einwilligung, die Ablehnung oder den Widerruf der Einwilligung tatsächlich dem ermittelten individuell - mutmaßlichen Patientenwillen entspricht.
In Ansehung des hohen Rechtsgutes Leben ist die Entscheidung des BGH zu begrüßen, die Prüfungskompetenz des Betreuungsgerichtes auch im Fall eines Einvernehmens zwischen Arzt und Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigten über den Patientenwillen zu eröffnen, zwecks Erteilung eines sogenannten Negativattestes, aus dem sich ergibt, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist. Die Schwelle für ein betreuungsgerichtliches Einschreiten ist demgemäß niedrig anzusetzen. Damit wird der Entscheidungsfindung zwischen Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigten und behandelnden Arzt Legitimität verliehen und beide Akteure werden dadurch vor dem Risiko einer abweichenden nachträglichen strafrechtlichen Beurteilung geschützt. Das Vorliegen eines Einvernehmens zwischen Arzt und Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigten ist in einer gemeinsamen schriftlichen Erklärung zu dokumentieren und dem Antrag auf Erteilung eines Negativattestes beizufügen.
Im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Betroffenen ist darauf zu achten, dass nicht die Werte und Vorstellungen des Betreuers/Gesundheitsbevollmächtigten der Maßstab für die zu treffende Behandlungsentscheidung sind. Zuzustimmen ist dem Bundesgerichtshof dahingehend, dass für eine Differenzierung zwischen Situationen, in denen der Tod unmittelbar bevorsteht und solchen, in denen das nicht der Fall ist, nach der gesetzlichen Neuregelung kein Raum mehr ist. Entscheidend ist allein der Patientenwille, § 1901a Abs. 3 BGB.
Der BGH referiert das im Beschwerdeverfahren eingeholte, in medizinischer Hinsicht aufschlussreiche Sachverständigengutachten. Danach hat das Leiden der Betroffenen einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen, obzwar ein unmittelbarer Todeseintritt nicht bevorsteht. Zwar gebe es hin und wieder im Fall von Wachkomapatienten vereinzelte Fallberichte zu klinischen Besserungen nach längerer Zeit, allerdings liege die Wahrscheinlichkeit für ein bewusstes, unabhängiges Leben bei 0 Prozent, wenn der fortdauernde vegetative Status eines Patienten, wie bei der Betroffenen, länger als sechs Monate andauere.
FAZIT | Die Entscheidung des BGH trägt zur Rechtssicherheit bei und erleichtert in der Praxis den schwierigen Umgang in Grenzsituationen zwischen Leben und Tod. Insbesondere die Herabsetzung der Voraussetzungen für ein betreuungsgerichtliches Genehmigungsverfahren und die Möglichkeit, auch im Fall eines Einvernehmens zwischen Arzt und Betreuer/Gesundheitsbevollmächtigten ein Negativattest einzuholen, verteilt die Verantwortung in diesen menschlich und rechtlich schwierig zu beurteilenden Situationen auf mehrere Schultern und trägt damit zu einer haftungsrechtlichen Entlastung bei. |