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· Fachbeitrag · Vorsorgeplanung

Typische Fehler in Vorsorgevollmachten erkennen

von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe B.A., Leipzig

| Vorsorgevollmachten werden oft ohne Hilfe rechtskundiger Berater erstellt. Fehler sind da programmiert. Dieser Beitrag zeigt, worauf Sie selbstverfasste Vorsorgevollmachten des Mandanten überprüfen müssen. |

1. Ausgangsproblematik

Man nehme: Die anwaltliche Vorsorgevollmacht des Nachbarn und ergänze sie um Textbausteine aus dem Internet. Wohl dem, dem dann doch Zweifel kommen. Nach der Klärung der Beweggründe und Ziele sollten Sie im weiteren Mandantengespräch die Punkte der folgenden Checklisten beachten.

 

Checkliste 1 /  Häufige Fehler in von Laien erstellten Vorsorgevollmachten

  • Erstellungsweise der Vollmacht prüfen: Mustervorlagen aus dem Internet fehlt ein individueller Zuschnitt, einschließlich einer genauen Regelung des Innenverhältnisses (Beziehung Vollmachtgeber Bevollmächtigte, was darf der Bevollmächtigte im Vertretungsfall genau entscheiden/verfügen?).
  • Alter der Vorsorgevollmacht prüfen: Dies empfiehlt sich alle drei bis vier Jahre. Ein Anpassungsbedarf aufgrund medizinischer Entwicklungen ist nicht immer notwendig, juristisch hingegen häufig (zuletzt zwangsweise Behandlung § 1906 BGB). Weiterhin können sich Ansichten des Vollmachtgebers ändern (Noe, SR 14, 13).
  • Eine notarielle Vorsorgevollmacht ist nicht zwangsläufig fehlerfrei und juristisch präzise formuliert. Auch diese können Mängel und veraltete Formulierungen aufweisen. Überprüfungsbedarf ist also vorhanden.
  • Beglaubigt oder beurkundet? Häufig erklären Mandanten, die Vollmacht sei registriert, da man „beim Notar gewesen“ sei. Wird diese lediglich beglaubigt (was kostengünstiger ist), erfolgt nicht automatisch die Eintragung in das Zentrale Vorsorgeregister (ZVR). Daher prüfen, ob eine Eintragung erfolgt ist.
  • ZVR-Card legitimiert nicht: Die kleine, scheckkartengroße ZVR-Card, die nach der Registrierung ausgestellt wird, ersetzt nicht die Vollmacht. Die auf der Kartenrückseite eingetragenen Bevollmächtigten können allein mit der Karte nicht für den Vollmachtgeber handeln. Diese ist lediglich für den Vollmachtgeber gedacht, damit sie Dritten wie Ärzten signalisiert, dass Vollmachten oder Patientenverfügungen vorhanden sind.
  • Anzahl der Vollmachten ermitteln: Zwingend sollte nachgefragt werden, wie viele (eventuell verschiedene) Vollmachten und Verfügungen der Mandant erstellt hat. Gab es zu unterschiedlichen Zeitpunkten vielleicht eine Patientenverfügung, eine Betreuungsverfügung oder eine Vorsorgevollmacht? Sind diese alle registriert worden? Und wurden nachträgliche Änderungen der Vollmachten dann ebenfalls dem ZVR gemeldet?
  • Formbedürftigkeit prüfen: Erstreckt sich die Vollmacht auf Immobilien und den Verkauf von Grundbesitz, ist grundsätzlich eine öffentliche (städtische Betreuungsstelle) oder notarielle Beglaubigung notwendig.
  • Aufbewahrung durch Mandant: ZVR-Card stets bei sich tragen (Brieftasche, Geldbörse). Sofern nicht im ZVR registriert, sollte eine eigene Hinweiskarte mitgeführt werden, die die Existenz einer Vollmacht signalisiert.
  • Bei der Registrierung kann zusätzlich angegeben werden, wo sich die Vollmachten genau befinden. Das Gericht erfährt bei einer Abfrage dann den genauen Ort der Aufbewahrung. Der Mandant selbst sollte daheim eine aussagekräftige Ordnerbeschriftung wählen (z.B. „Vorsorge/Rechtliches“).
  • Speziell Patientenverfügungen können in Kopie beim Hausarzt hinterlegt werden.
 

2. Ergänzende Hilfe: Unterstützender Vorsorgeanwalt

Vereine wie der VorsorgeAnwalt oder die Deutsche Vereinigung für Vorsorge und Betreuungsrecht (dvvb) unterstützen in Vorsorgeangelegenheiten und die Erstellung entsprechender Dokumente. Der VorsorgeAnwalt e.V. vermittelt auch Unterstützungsbevollmächtigte für Angehörige. In komplizierten Fällen kann der Mandant an diese verwiesen oder ein Vorsorgeanwalt hinzugezogen werden. Dies verbunden mit dem Vorteil, dass der ältere Mandant, der zu seinem Juristen ein langjährig gewachsenes Vertrauensverhältnis aufgebaut hat, nicht zu einem anderen Rechtsbeistand wechseln muss (www.vorsorgevollmacht-anwalt.de, www.dvvb.de).

 

PRAXISHINWEIS | Wer den Mandanten intensiv in Vorsorgeangelegenheiten berät oder gar als Bevollmächtigter eingesetzt werden soll, sollte ihn beim ersten Kontakten daheim besuchen. Ein Gespräch in gewohnter Umgebung ermöglicht wichtige Einblicke in Charakter und Lebenseinstellungen des Menschen, über dessen Wünsche und Verhältnisse zu gegebener Zeit entschieden wird.

 

Checkliste 2 /  Auswahl der Bevollmächtigten

  • Nachteilige Auswahl aufgrund Alters, z.B. betagtes Ehepaar setzt sich gegenseitig als Bevollmächtigte ein, aufgrund Krankheit oder Unfall kann einer der beiden schnell ausfallen.
  • Wenig durchdachte Auswahl: z.B. Nachbarn, zu denen keine enge Bindung besteht, mehrere Familienmitglieder als gleichberechtigte Bevollmächtigte, die untereinander zerstritten sind oder schwelende Familienkonflikte.
  • Nähe und Erreichbarkeit: Wie ist die berufliche und familiäre Belastung? Können diese im Bedarfsfall rasch erreicht werden und auch schnell vor Ort sein? Nahe wohnende Bevollmächtigte sollten bei Umzug oder beruflichen Aufenthalten im Ausland den Vollmachtgeber informieren.
  • Alle eingesetzten Bevollmächtigten müssen informiert sein und eine Ausfertigung der Vollmacht besitzen, um sich im Bedarfsfall vor Ärzten oder in Pflegeeinrichtungen zu legitimieren.
  • Ältere Menschen, die hohe Vermögenssummen angespart, sich für besondere Finanzinstrumente und Anlageformen entschieden haben, sollten auf jeden Fall einen finanzwirtschaftlich versierten Bevollmächtigten wählen, der auch die bestehenden Verträge kennt. Auch hier gilt: Bevollmächtigte müssen die Umstände kennen, wenn sie später gezielt und ohne Nachteile sachkundig handeln sollen.
 
  • Beispiel: Richtiger Bevollmächtigter für den konkreten Zweck

Gegenüber Ärzten den Patientenwillen durchzusetzen, wenn dieser angezweifelt wird oder zusätzliche Behandlungen angeregt werden, kann eine belastende Angelegenheit sein. Berücksichtigen Sie gerade hinsichtlich solcher Entscheidungsbereiche nicht nur die Loyalität, sondern auch die Fähigkeit des Bevollmächtigten mit psychischen Belastungen umzugehen. Wem schon eigene Gespräche mit Ärzten und der Umgang mit derartigen Situationen außerordentlich schwerfallen, kann als Bevollmächtigter schnell in die Defensive geraten.

 

Weiterführender Hinweis

Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 3 | ID 42601899