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· Fachbeitrag · Vorsorgevollmacht

Richtig beraten und formulieren

von RA und Notar Dr. Hans-Joachim David, Münster

| Was in einer Vorsorgevollmacht inhaltlich geregelt werden sollte, zeigt der folgende Beitrag. |

1. Katalog der Rechtsgeschäfte

Die Vorsorgevollmacht sollte grundsätzlich möglichst weit gefasst sein und sich auf alle persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten erstrecken, auch auf die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung des Vollmachtgebers. Sinnvoll kann es sein, einen beispielhaften Katalog von Rechtsgeschäften aufzulisten, für den eine Bevollmächtigung erteilt werden soll.

Übersicht / Diese Rechtsgeschäfte sollten bedacht werden

Die Vollmacht umfasst insbesondere das Recht,

  • Rechtsgeschäfte mit Banken durchzuführen,
  • über Vermögensgegenstände jeder Art zu verfügen,
  • Zahlungen und Wertgegenstände für mich anzunehmen, zu quittieren oder Zahlungen vorzunehmen,
  • Verbindlichkeiten einzugehen,
  • einen Heimvertrag oder eine ähnliche Vereinbarung abzuschließen,
  • geschäftsähnliche Handlungen wie z.B. Meinung, Fristsetzung, Anträge, Mitteilungen vorzunehmen,
  • Verfahrenshandlungen i.S. von § 13 SGB X zu tätigen (z.B. Pflegegeldanträge)
  • mich gegenüber Gerichten, Behörden, sonstigen öffentlichen Stellen und Privatpersonen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, sowie alle Prozesshandlungen für mich vorzunehmen,
  • gegebenenfalls Grundstücksgeschäfte, Belastungen,
  • Ausübung etwaiger Gesellschafterrechte.
 

2. Einschränkung Vollmacht in Teilbereiche

Es ist stets individuell zu überprüfen, ob der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten in einer der vorgenannten Situationen beschränken will. Eine Beschränkung macht nur Sinn, wenn sich keine Vertrauensperson finden lässt, die zu umfassender Betreuung in der Lage ist. Im Notfall bestellt das Vormundschaftsgericht einen Betreuer für diese Art von Geschäften. Wenn der Bevollmächtigte z.B. in Vermögensangelegenheiten Untervollmacht erteilen will, muss er dies in der Vorsorgevollmacht ausdrücklich formulieren.

3. Benennung Ersatzbevollmächtigter

Wenn sich Ehegatten gegenseitig in einer Vorsorgevollmacht als Bevollmächtigte bestellen, ist es sinnvoll, jeweils Ersatzbevollmächtigte zu benennen. Als solche bieten sich die gemeinsamen Kinder oder deutlich jüngere Vertrauenspersonen an. Diese müssen nicht Vertrauenspersonen beider Vollmachtgeber sein. Jeder Vollmachtgeber kann auch bei gegenseitiger Bevollmächtigung für sich einen eigenen Ersatzbevollmächtigten bestellen.

 

a) Entbindung/Ablösung des Ersatzbevollmächtigten

Besonderes Augenmerk ist darauf zu richten, unter welchen Voraussetzungen der Bevollmächtigte durch den Ersatzbevollmächtigten abgelöst werden kann. Grundsätzlich mag es sinnvoll sein, die Ersatzbevollmächtigung erst eintreten zu lassen, wenn der Hauptbevollmächtigte ausfällt.

Musterformulierung / Eintritt des Ersatzbevollmächtigten

Der Ersatzbevollmächtigte soll eintreten, wenn der Hauptbevollmächtigte durch schwere Krankheit, durch Krankheit, schwerwiegende Behinderung oder sonstige persönliche Gründe nicht in der Lage sein sollte, die vereinbarte Betreuung durchzuführen oder während der Betreuung versterben sollte.

 

Beachten Sie | Im Einzelfall sollte ein Ersatzbevollmächtigter allerdings auch schon tätig sein können, wenn der Hauptbevollmächtigte innerhalb einer bestimmten Frist keine Entscheidung trifft. Das Hinauszögern einer Entscheidung kann für den Vollmachtgeber in einer Notsituation durchaus sehr nachteilig sein.

 

b) Mehrere Bevollmächtigte/Ersatzbevollmächtigte

Gemeinsame Bevollmächtigung: Risikobehaftet ist es, mehrere Personen gemeinsam als Bevollmächtigte einzusetzen. In diesem Fall kann die Vollmacht leerlaufen, wenn sich die Bevollmächtigten nicht einig sind.

 

Einzelbevollmächtigung: Alternativ bietet es sich an, Bevollmächtigte einzeln zu bevollmächtigen. Solche gleichrangigen Einzelbevollmächtigte können sich nicht gegenseitig die Vollmacht entziehen. Zu diesem Zweck muss ein Vollmachtsüberwachungsbetreuer bestellt werden, § 1896 Abs. 3 BGB (OLG Karlsruhe FamRZ 10, 1762; a.A. DNotI Report 1/14, S. 3). Daher empfiehlt sich gegebenenfalls eine ausdrückliche Regelung, ob gleichberechtigte Einzelvertretungsberechtigte gegenseitig ihre Bevollmächtigung widerrufen dürfen.

 

Bei mehreren Einzelbevollmächtigten besteht die Gefahr, dass diese sich widersprechende Entscheidungen fällen. Eine Entscheidung durch das Betreuungsgericht, wie für Betreuer nach § 1908i Abs. 1 S. 1, §1797 Abs. 1 S. 2 BGB, ist nicht möglich. Es kann jedoch bei Gericht die Bestellung eines Kontrollbetreuers angeregt werden (§ 1896 Abs. 3 BGB). Dieser darf eine oder alle Vollmachten widerrufen. Insofern besteht allerdings wieder die Gefahr der Betreuung.

 

Ein Kontrollbetreuer wird nur bestellt, wenn dies zum Schutz des Vollmachtgebers unbedingt erforderlich ist (BGH NJW 11, 2137). Es handelt sich um einen Akt staatlicher Fürsorge. Deshalb wird es unwirksam sein, in der Vorsorgevollmacht die Bestellung eines Kontrollbetreuers auszuschließen. Ob die Anforderungen an die Bestellung eines Kontroll- oder Überwachungsbetreuers modifiziert werden können, ist umstritten.

 

PRAXISHINWEIS | Es sollte möglichst nur eine Person zur Entscheidung berufen sein. Es kann geregelt werden, dass sich diese zunächst im Innenverhältnis mit anderen - z.B. Geschwistern - betraten muss. Erfahrungsgemäß kann man mehreren Kindern erläutern, weshalb nur eines von ihnen als Bevollmächtigter bestimmt wird, zumal dies Bürde und Verantwortung bedeutet. Bei mehreren gleich geeigneten Kindern kann man eine zeitliche Abfolge ihrer Bevollmächtigung festlegen oder ein rollierendes System.

 

4. Problematik: Befreiung von § 181 BGB

Eine Befreiung von § 181 BGB ist sinnvoll, wenn z.B. zur Deckung von Heimkosten ein Grundstück des Vollmachtgebers veräußert werden muss und es auch der Bevollmächtigte erwerben können soll, weil es „in der Familie“ bleiben soll. Dabei besteht die Gefahr, dass der Bevollmächtigte sich das Grundstück unter dem Verkehrswert verkauft. Eine Befreiung will daher gut bedacht sein, bietet sich gleichwohl an, wenn der Bevollmächtigte zum engsten Familienkreis gehört. Hier kann ein Ausgleich durch erbrechtliche Regelung erfolgen.

5. Aufenthaltsbestimmung

Ausdrücklich in der Vorsorgevollmacht enthalten sein muss eine Vertretungsbefugnis zur Aufenthaltsbestimmung, vor allem bei der Entscheidung über die Unterbringung in einem Pflegeheim, in einer geschlossenen Anstalt oder bei der Aufnahme in ein Krankenhaus und bei allen Erklärungen in Gesundheitsangelegenheiten, insbesondere bei der Einwilligung in Operationen und sonstige ärztliche Maßnahmen. Dabei sollte erwähnt werden, dass der Bevollmächtigte auch befugt ist, Krankenunterlagen einzusehen und alle Informationen durch die den Vollmachtgeber behandelnden Ärzte einzuholen.

6. Gefährliche Heilbehandlung oder Freiheitsentziehung

Bei gefährlicher Heilbehandlung, Freiheitsentziehung sowie bei geschlossener Unterbringung, unterbringungsähnlichen Maßnahmen wie Festbinden an Bettgestelle, Anschnallen im Rollstuhl etc. benötigt der Bevollmächtigte die vorherige Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§§ 1904, 1906 BGB). Darauf sollte in der Vorsorgevollmacht zum Schutz des Bevollmächtigten ausdrücklich hingewiesen werden. Eine Ausnahme gilt bei Gefahr im Verzug. Hier darf der Bevollmächtigte selbst eine vorläufige Entscheidung treffen. Im Anschluss daran muss er unverzüglich eine nachträgliche Genehmigung beantragen. Es empfiehlt sich, eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit der einzelnen Maßnahmen beizufügen. Ein solcher Hinweis sollte in die Vorsorgevollmacht ausdrücklich aufgenommen werden, um dem Bevollmächtigten einen Leitfaden für seine Befugnisse und deren Grenzen mitzugeben.

7. Kein möglicher Inhalt

Mit einer Vorsorgevollmacht kann man Niemanden bevollmächtigen ein Testament oder eine sonstige erbrechtliche Regelung für den Vollmachtgeber zu treffen. Gleiches gilt für die Ausübung des Wahlrechts und für Eheschließung oder -scheidung.

Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 63 | ID 42616446