· Fachbeitrag · Außergewöhnliche Belastung
FG Rheinland-Pfalz: Scheidungskosten sind auch ab dem Jahr 2013 noch absetzbar
| Seit dem Steuerjahr 2013 verweigern die Finanzämter Geschiedenen für Scheidungskosten den Abzug als außergewöhnliche Belastung, weil die Scheidung nicht existenziell für Steuerzahler ist. Das FG Rheinland-Pfalz ist dieser Praxis jetzt entgegen getreten. Nach seiner Auffassung sind Scheidungskosten auch ab 2013 abzugsfähig. WISO bringt Licht ins Scheidungskosten-Abzugs-Wirrwarr. |
Die aktuelle Auffassung des Fiskus zu Scheidungskosten
Steuerzahler, die in ihrer Einkommensteuererklärung 2013 Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen wollen, stoßen schon in der „Anleitung zur Einkommensteuererklärung 2013“ bei den Ausführungen zu den Zeilen 61 bis 70 im Mantelbogen auf folgenden Hinweis:
„Prozesskosten sind ab 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, es sei denn, der Prozess musste zur Abwendung einer Bedrohung der Existenz geführt werden. Vom Abzugsverbot sind auch die Kosten der Scheidung/Aufhebung der Lebenspartnerschaft betroffen.“ |
FG Rheinland-Pfalz erkennt Scheidungskosten auch 2013 an
Mit dieser Auffassung steht die Finanzverwaltung wohl jetzt alleine da. Denn das FG Rheinland-Pfalz hat klargestellt, dass Prozesskosten für die Ehescheidung auch ab 2013 als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Nach Ansicht der Finanzrichter ist es für einen Steuerzahler sehr wohl existentiell, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Deshalb sind die Voraussetzungen für den Abzug außergewöhnlicher Kosten für die Prozesskosten einer Scheidung auch ab 2013 erfüllt (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.10.2014, Az. 4 K 1976/14; Abruf-Nr. 143189).
PRAXISHINWEIS | Die Finanzämter werden das Urteil vorerst wohl ignorieren und den Ausgang des Revisionsverfahrens beim BFH abwarten (das Aktenzeichen lautet: VI R 66/14). Um Ihre Chancen auf den Abzug der Prozesskosten für die Ehescheidung zu wahren, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
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Wichtig | Die Chancen, dass der BFH die Entscheidung des FG bestätigt, sind gut. Das FG Rheinland-Pfalz geht nämlich auf die Hintergründe für die Gesetzesänderungen ab 2013 ein und stellt fest, dass seine Auslegung (= Scheidungskosten abziehbar) einen Wertungswiderspruch zur Fallgruppe der Krankheitskosten vermeidet. Diese werden - ohne Rücksicht auf die Art und Ursache der Erkrankung - nämlich auch als aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen anerkannt, auch wenn nicht „das Leben des Steuerpflichtigen auf dem Spiel steht“.
Welche Kosten sind bei einer Scheidung abziehbar?
Im Fall vor dem FG Rheinland-Pfalz ging es außerdem noch darum, welche Scheidungskosten abziehbar sind. Das FG orientierte sich an der BFH-Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 30.6.2005, Az. III R 36/03) und erkannte nur die Kosten für die Scheidungssache als außergewöhnliche Belastung an, Scheidungsfolgesachen dagegen schloss das FG aus. Damit gilt ab 2013 Folgendes:
Abziehbare Scheidungskosten | Nichtabziehbare Scheidungskosten |
Aufwendungen für die eigentliche Scheidungssache | Aufwendungen zur Ermittlung des Unterhalts |
Kosten der Auseinandersetzung zum Versorgungsausgleich | Kosten zu Fragen des Güterrechts |
Kosten im Zusammenhang mit der Einigung zur Ehewohnung und zum Haushalt | |
Aufwendungen im Zusammenhang mit Sorgerechtsangelegenheit |
Wichtig | Wenn Sie wegen einer Ehescheidung eine außergewöhnliche Belastung beantragen, sollten Sie „sämtliche“ Scheidungskosten erklären. Also auch die Scheidungsfolgekosten, die nach Auffassung der Finanzverwaltung auf keinen Fall abziehbar sind. Lehnt das Finanzamt den Abzug von Scheidungskosten ab, müssen Sie mit einem Einspruch dagegen vorgehen und möglicherweise selbst ein Klageverfahren anstreben. Zur Absetzbarkeit von Scheidungsfolgekosten laufen zwar zwei Musterprozesse, diese betreffen aber alle die Rechtslage für Steuerjahre vor 2013 (siehe unten).
Prozesskosten-Neuregelung gilt nicht für Jahre vor 2013
Dass Prozesskosten nur dann als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein sollen, wenn man ansonsten Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG), gilt nicht für Prozesskosten, die vor dem 1. Januar 2013 entstanden sind (Bundestags-Drucksache 18/412 vom 31.1.2014, Seite 30).
Wichtig | Bei Scheidungskosten vor 2013 ist damit eigentlich nur strittig, ob auch die Scheidungsfolgekosten für Unterhalt, Ehewohnung, Haushalt, Güterrecht und Sorgerecht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Zu diesen Fragen sind unter den Aktenzeichen VI R 69/12 und VI R 70/12 zwei Musterprozesse beim BFH anhängig, auf die Sie sich berufen können.