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  • 01.01.2003 | Bundesfinanzhof rügt gesetzliche Regelung

    Aufteilung des Grundbesitzwerts in Erbbaurechtsfällen verfassungswidrig?

    Eine wichtige Entscheidung für diejenigen, die durch Schenkung oder Erbschaft ein Erbbaurecht erworben haben, hat der Bundesfinanzhof (BFH) getroffen. In einem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung haben die Richter die derzeitige Bewertung des Erwerbs wegen Verstoßes gegen das "Übermaßverbot" (Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz) als verfassungswidrig angesehen (Beschluss vom 22.5.2002, Az: II B 173/01, DStR 2002, 1217; Abruf-Nr.  020817 ).

    Bewertung von Erbbaurechten

    Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer werden bebaute Grundstücke mit dem so genannten Grundbesitzwert angesetzt. Bei einem mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück wird dieser Grundbesitzwert nach einer besonderen Regelung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Inhaber des Erbbaurechts (dem Erbbauberechtigten) aufgeteilt. Beim zivilrechtlichen Eigentümer des Grundstücks beträgt der Grundbesitzwert immer das 18,6-fache des jährlichen Erbbauzinses. Der "Rest" des Grundbesitzwerts wird dem Erbbauberechtigten zugewiesen (§§  146, 148 Bewertungsgesetz).

     Beispiel 

    Ein Grundstück (Grundbesitzwert 200.000 Euro) ist mit einem Erbbaurecht belastet. Der jährliche Erbbauzins beträgt 8.000 Euro (in der Regel vier Prozent des Grundbesitzwerts, die zur Wertsicherung an einen Index gekoppelt werden). Auf den zivilrechtlichen Eigentümer des Grundstücks entfallen wertmäßig 148.800 Euro (8.000 Euro x 18,6), auf den Erbbauberechtigten 51.200 Euro (200.000 Euro . /. 148.800 Euro). Der Beschenkte oder Erbe des Erbbaurechts müsste also auf 51.200 Euro Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer zahlen.

    Kritikpunkt des BFH

    Wie lange das Erbbaurecht noch läuft und ob der frei vereinbarte jährliche Erbbauzins hoch oder niedrig ist, hat der Gesetzgeber nicht in seine Regelung einfließen lassen. Bei einem niedrigen Erbbauzins und einer kurzen Restlaufzeit des Erbbaurechts führt das häufig dazu, dass dem Erbbauberechtigten der Großteil des Grundbesitzwerts zugewiesen wird, obwohl dass nicht dem tatsächlichen Nutzen entspricht. So war es auch im BFH-Fall: Der Berechtigte sollte auf rund 695.000 DM Erbschaftsteuer zahlen, bei gerade einmal noch drei Jahren Laufzeit.

    Die Verwaltung will diese im Einzelfall nicht sachgerechte Aufteilung durch Billigkeitsmaßnahmen regeln. Der BFH aber hält das Bewertungsgesetz insoweit möglicherweise für verfassungswidrig. Eine endgültige Entscheidung wird der BFH im Hauptsacheverfahren fälle

    Unser Tipp: Betroffene Steuerzahler sollten gegen ihren Schenkung- bzw. Erbschaftsteuerbescheid Einspruch einlegen, sich auf das BFH-Verfahren berufen und Ruhen ihres Verfahrens bis zu einer Entscheidung des BFH beantragen.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2003 | Seite 17 | ID 95835