01.12.2003 | Hoffnungen ruhen auf dem EuGH
Rückwirkender Vorsteuerabzug bei verspätet zugegangener Rechnung?
Der Bundesfinanzhof hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob ein Unternehmer rückwirkend die Vorsteuer aus einer verspätet zugegangenen Rechnung geltend machen kann (Beschluss vom 21.3.2002, Az: V R 33/01; Abruf-Nr. 020523 ). Die Finanzverwaltung hat dies bislang abgelehnt.
In seinem Schlussantrag vom 16. Oktober 2003 plädiert der Generalanwalt nun zu Gunsten einer Rückwirkung (Abruf-Nr. 032296 ). Die endgültige Entscheidung des EuGH steht zwar noch aus. Erfahrungsgemäß folgt der EuGH jedoch der Sichtweise des Generalanwalts. Wir sagen Ihnen, welche positiven Folgen eine Entscheidung des EuGH "pro Rückwirkung" haben kann.
Bislang galt: Wenn Ihnen eine Rechnung erst nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums zuging, in dem die Leistung an Sie erbracht wurde, durften Sie die Vorsteuer erst in dem Voranmeldungszeitraum geltend machen, in dem Ihnen die Rechnung zugegangen ist. Das Gleiche galt bei Rechnungen, die im Nachhinein berichtigt wurden. Erst in dem Voranmeldungszeitraum, in dem Ihnen die berichtigte Rechnung zugegangen ist, konnten Sie auch die Vorsteuer berichtigen.
Im Urteilsfall bezog eine Baustoff-Handels-GmbH im Jahr 1999 Leistungen, über die noch im Dezember eine Rechnung erstellt wurde. Die Rechnung ging der GmbH erst im Januar 2000 zu. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug erst im Jahr 2000 an, weil die Rechnung erst im Jahr 2000 zugegangen war. Die GmbH wollte die Vorsteuer jedoch bereits in der Umsatzsteuer-Erklärung 1999 geltend machen.
Nach Ansicht des Generalanwalts legt der Wortlaut des § 15 Absatz 1 Nummer 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) nicht eindeutig fest, ob der Unternehmer für die Ausübung des Vorsteuerabzugs lediglich auf die Rechnung warten muss (und die Vorsteuer dann rückwirkend geltend machen kann) oder das Vorsteuerabzugsrecht überhaupt erst mit tatsächlichem Rechnungszugang entsteht. Vor dem Hintergrund der vom EuGH betonten "Sofortabzugswirkung" der Vorsteuer sowie dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer sei die frühestmögliche Entlastung des leistungsempfangenden Unternehmers geboten.
Sollte der EuGH die Rückwirkung bejahen, hätte vor allem eine ursprünglich mit Formfehlern behaftete und später korrigierte Rechnung ihren Schrecken verloren. Bislang bestand bei der Berichtigung von Rechnungen folgendes Problem: Wenn im Rahmen einer Betriebs- oder Umsatzsteuersonderprüfung festgestellt wurde, dass die dem Vorsteuerabzug zu Grunde liegende Rechnung nicht die erforderlichen Angaben enthielt, wurde der Vorsteuerabzug rückgängig gemacht. Erst im Zeitpunkt des Zugangs der berichtigten Rechnung konnte die Vorsteuer geltend gemacht werden.
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