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  • 01.09.2006 | Musterverfahren

    Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei mit im Haushalt lebenden volljährigem Kind?

    Den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gibt es nur, wenn in dem Haushalt keine weitere volljährige Person lebt. Das führt in der Praxis dazu, dass "Wohngemeinschaften" mit volljährigen Kindern, für die kein Anspruch auf Kindergeld besteht, den Entlastungsbetrag verhindern. Vom Bund der Steuerzahler unterstützte Musterverfahren sollen jetzt klären, ob diese Regelung verfassungswidrig ist.

    Beispiel

    Im Haushalt von Frau Müller leben ihre 14-jährige Tochter und ihr 20-jähriger Sohn. Im Jahr 2005 hat der Sohn eine Ausbildung absolviert. Frau Müller hat für ihn weiterhin Kindergeld erhalten und somit auch den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (1.308 Euro). Im Juli 2006 hat der Sohn seine Ausbildung abgeschlossen und ist fortan auf der Suche nach einer Arbeit. Folge: Frau Müller erhält ab August kein Kindergeld mehr für ihren Sohn. Somit besteht eine "schädliche" Haushaltsgemeinschaft mit einer volljährigen Person und Frau Müller erhält 2006 nur noch einen Entlastungsbetrag von 763 Euro (= 7/12 x 1.308 Euro).

    Musterverfahren vor den Finanzgerichten

    In zwei Verfahren sollen das Finanzgericht (FG) Hamburg (Az: I 240/05) und das FG Saarland (Az: 1 K 105/05) nun klären, ob die Regelung verfassungsgemäß ist. In beiden Verfahren machen die Kläger Folgendes geltend:

    Mit der Regelung in §  24b Absatz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) soll verhindert werden, dass eheähnliche Lebensgemeinschaften und Lebenspartnerschaften den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erhalten. Die Einbeziehung von volljährigen Kindern verstoße aber gegen Artikel 6 Grundgesetz (GG), der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Denn um den Entlastungsbetrag nicht zu verlieren, müssen Alleinerziehende ihre volljährigen Kinder aus der Wohnung weisen. Dies sei weder mit Artikel 6 GG noch mit dem Sinn und Zweck des §  24b Absatz 2 EStG vereinbar. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die volljährigen Kinder in der Regel keinen finanziellen Beitrag zu einem "gemeinsamen" Haushalt leisten, sondern dem allein erziehenden Elternteil lediglich den entstehenden Mehraufwand ersetzen.

    Handlungsbedarf

    Betroffene Steuerzahler sollten unter Hinweis auf eines der Muster-verfahren Einspruch einlegen und Ruhen des Verfahrens verlangen. Anspruch auf Ruhen des Verfahrens haben Sie aber nicht, weil der Rechtsstreit noch nicht beim Bundesfinanzhof anhängig ist. Die Chancen, dass Ihr Finanzamt aus Zweckmäßigkeitserwägungen das Verfahren Ruhen lässt, sind jedoch nicht schlecht. Sollte das Finanzamt nicht zu stimmen, bleibt Ihnen nur der Weg der Klage vor dem Finanzgericht.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2006 | Seite 8 | ID 96596