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  • 01.01.2003 | Teilweise steuerschädliche Verwendung

    "Alles-oder-nichts"-Prinzip gekippt!

    Die steuerschädliche Verwendung von Lebensversicherungen führt dazu, dass die Erträge (Zinsen) versteuert werden müssen. Ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster lässt für Fälle hoffen, in denen das durch die Lebensversicherung gesicherte Darlehen nur teilweise steuerschädlich verwendet wurde.

    Die Entscheidung des FG Münster

    Wird ein durch eine Lebensversicherung gesichertes Darlehen nur teilweise steuerschädlich verwendet, sind auch die Zinsen aus der Lebensversicherung nur anteilig steuerpflichtig. So lautet die einfache, aber überzeugende Entscheidung des FG Münster (Urteil vom 14.6.2002, Az: 11 K 1154/01 F; DStRE 2002, 1238). Die Richter berufen sich auf den Wortlaut des Einkommensteuergesetzes, der nicht zwingend auf das "Alles-oder-nichts"-Prinzip der Finanzverwaltung schließen lasse. Endgültig entscheiden muss aber noch der Bundesfinanzhof (BFH). Das Finanzamt hat gegen das aus seiner Sicht ungünstige Urteil nämlich Revision (Az: VIII R 48/02) eingelegt.

     Beispiel 

    Aus der Lebensversicherung von Hans Müller werden am Fälligkeitstag rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen in Höhe von 100.000 Euro berechnet. Die Lebensversicherung hatte Herr Müller während ihrer Laufzeit zur Finanzierung einer Immobilie verpfändet. Diese Immobilie wurde zu 60 Prozent fremdvermietet (steuerschädlich) und zu 40 Prozent selbst genutzt. Nach dem "Alles-oder-nichts"-Prinzip der Finanzverwaltung müsste Herr Müller durch die teilweise steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherung den Gesamtbetrag von 100.000 Euro versteuern. Nach Auffassung des FG Münster ist nur der steuerschädlich verwendete Teil der Lebensversicherung einkommensteuerpflichtig, also lediglich 60.000 Euro.

    Was bedeutet diese Entscheidung für Sie?

    In der Juni-Ausgabe (Seite 8) haben wir Ihnen empfohlen, in Fällen, in denen Sie die Lebensversicherung eindeutig steuerunschädlich eingesetzt haben, sich dies durch eine gesonderte Feststellung der Steuerfreiheit der Zinsen bestätigen zu lassen. Haben Sie Ihre Lebensversicherung wie im Fall des FG Münster teilweise steuerschädlich verwendet, sollten Sie sich aber zunächst mit einem derartigen Antrag zurückhalten. Denn solange der BFH noch nicht entschieden hat, wird die Finanzverwaltung an dem "Alles-oder nichts"-Prinzip festhalten und die gesamte Lebensversicherung als steuerschädlich einstufen.

    Wichtig: Erlässt das Finanzamt dagegen einen Bescheid und stellt die Steuerpflicht für die gesamten Erträge fest, müssen Sie unter Hinweis auf das anhängige Verfahren Einspruch einlegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen. Denn wird der Bescheid bestandskräftig, ist das Finanzamt bei einer positiven Entscheidung des BFH nicht gezwungen, den Steuerbescheid zu Ihren Gunsten zu ändern.

    Zweifel über Steuerschädlichkeit>

    Haben Sie Zweifel, ob der Einsatz Ihrer Lebensversicherung steuerunschädlich ist, müssen Sie folgende Fällen unterscheiden:

    1. Steuerschädlichkeit mit "Rettungsmöglichkeiten"

    Können Sie das Darlehen durch eine andere Sicherheit (beispielsweise Hypothek) absichern, können Sie die steuerschädlich eingesetzte Lebensversicherung kündigen und eine neue Lebensversicherung abschließen. Wenn Sie die Lebensversicherung gerade erst abgeschlossen haben, wiegen die finanziellen Einbußen durch die vorzeitige Kündigung in der Regel die steuerlichen Nachteile auf.

     Beispiel 

    Inge Mutig wird als Starthilfe für ihr Grafikunternehmen am 1. Oktober 2002 ein Darlehen von 30.000 Euro mit Tilgungsaussetzung gewährt. An den Darlehensgeber tritt sie ihre Ansprüche aus einer zeitgleich geschlossenen Lebensversicherung ab, mit der das Darlehen nach 15 Jahren getilgt werden soll (steuerschädliche Verwendung). Ende Oktober 2002 entscheidet Frau Mutig, in eine Druckmaschine zu investieren. Das zur Finanzierung der Maschine benötigte Darlehen will sie durch eine Grundschuld an ihrer Eigentumswohnung absichern.

    Frau Mutig hat folgende Möglichkeit: Sie kündigt die abgeschlossene Lebensversicherung und sichert das "alte" Darlehen durch die Grundschuld ab. Das "neue" Darlehen sichert sie durch eine neue Lebensversicherung ab. Da sie mit dem neuen Darlehen Anlagevermögen finanziert, liegt keine steuerschädliche Verwendung vor.