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  • · Fachbeitrag · PV-Anlagen

    Steuern sparen mit PV-Anlagen aus 2022: Anlage bis 02.10.2023 noch dem Unternehmen zuordnen und gleich wieder entnehmen

    von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

    | Seit dem 01.01.2023 gilt der Nullsteuersatz für PV-Anlagen. Aber auch wer im Jahr 2022 eine PV-Anlage angeschafft hat, kann die gezahlte Umsatzsteuer noch zurückerhalten, indem er die PV-Anlage noch bis zum 02.10.2023 seinem Unternehmensvermögen zuordnet und sie zeitgleich ‒ zum Nullsteuersatz ‒ wieder entnimmt. SSP zeigt, für welche PV-Fälle sich rasches Handeln lohnt und was zu tun ist. |

    Für diese PV-Fälle gilt die Frist 02.10.2023

    Sie haben im Jahr 2022 eine PV-Anlage angeschafft? Dann haben Sie typischerweise auf den Nettokaufpreis 19 Prozent Umsatzsteuer gezahlt. Schließlich gilt der Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG erst seit dem 01.01.2023. Die Folge: Die gezahlte Umsatzsteuer führt bei Ihnen zu einer effektiven Belastung.

     

    PV-Anlage noch rückwirkend dem Unternehmensvermögen zuordnen ...

    Jetzt kommt die gute Nachricht: Sie können die Umsatzsteuer-Belastung umgehen. Und zwar indem Sie für Ihr Unternehmen weg von der in § 19 UStG verankerten Kleinunternehmerregelung hin zur Regelbesteuerung optieren und die im Jahr 2022 angeschaffte PV-Anlage noch bis zum 02.10.2023 Ihrem Unternehmen zuordnen. Dann lässt sich die gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt als Vorsteuer zurückfordern. Einziger Haken: Sie müssen dann auch die umsatzsteuerlichen Pflichten erfüllen; sprich Umsatzsteuervor- und Jahresanmeldungen abgeben. Zudem müssen Sie sowohl den privat verbrauchten Strom als auch den an den Netzbetreiber veräußerten Strom der Umsatzsteuer (Regelsteuersatz) unterwerfen und diese ans Finanzamt abführen. Doch dieser Nachteil betrifft Sie in Sachen „privat verbrauchter Strom“ nur zeitlich befristet ‒ konkret nur bis jetzt.

     

    ... und sofort wieder zum Nullsteuersatz entnehmen

    Sie können die im Jahr 2022 angeschaffte PV-Anlage nämlich regelmäßig zum jetzigen Zeitpunkt wieder aus Ihrem Unternehmensvermögen entnehmen ‒ und das zum lukrativen Nullsteuersatz.

     

    Zwar ist die Entnahme eines Gegenstands aus dem Unternehmen durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb seines Unternehmens liegen, nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 i. V. m. S. 2 UStG als unentgeltliche Wertabgabe umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig. Allerdings unterliegt die ab dem 01.01.2023 erfolgte Entnahme unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG dem Nullsteuersatz, sodass die Entnahme der PV-Anlage aus dem Unternehmensvermögen keine Umsatzsteuer auslöst (BMF, Schreiben vom 27.02.2023, Az. III C 2 ‒ S 7220/22/10002 :010, Abruf-Nr. 234002, Rz. 7). Und das Beste: Dabei bleibt Ihnen der volle Vorsteuerabzug erhalten, da sich die maßgebenden Verhältnisse für diesen Vorsteuerabzug nicht geändert haben. So umgehen Sie sämtliche umsatzsteuerlichen Verpflichtungen ab dem Entnahmezeitpunkt.

     

    PRAXISTIPP | Achten Sie darauf, dass die Gutschriften des Netzbetreibers für künftige Einspeisungen mit Umsatzsteuer ausgestellt werden. Da Sie trotz Entnahme der PV-Anlage aus dem Unternehmensvermögen Unternehmer sind, schulden Sie weiterhin die auf die Einspeiseerlöse entfallende Umsatzsteuer. Das ist aber keine finanzielle Belastung für Sie, da der Netzbetreiber Ihnen die Umsatzsteuer zusätzlich zu Ihrer normalen Einspeisevergütung gutschreibt. Nach Ablauf des Korrekturzeitraums i.S.d. § 15a Abs. 1 UStG können Sie dann zurück zur Kleinunternehmerregelung wechseln und die Umsatzbesteuerung vollkommen umgehen. Bei normalen Aufdachanlagen beträgt dieser Zeitraum 5 Jahre, bei dachintegrierten Anlagen sind das 10 Jahre.

     

    Das sind die Voraussetzungen für die rückwirkende Entnahme

    Haben Sie eine vollständige Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorgenommen, ist auch nur eine vollständige Entnahme aus Ihrem Unternehmensvermögen möglich. Eine anteilige Entnahme ist nicht zulässig (BMF, Schreiben vom 27.02.2023, Rz. 7 und Abschnitt 3.2 Abs. 3 Nr. 1 S. 4 UStAE).

     

    PV-Anlage muss zu 90 Prozent privat genutzt werden

    Damit Sie die vollständige Entnahme aus Ihrem Unternehmensvermögen vornehmen können, muss die PV-Anlage zukünftig ‒ also ab dem Entnahmezeitpunkt ‒ voraussichtlich zu mehr als 90 Prozent für nichtunternehmerische Zwecke, sprich für den dezentralen, privaten Stromverbrauch, verwendet werden (Abschn. 3.2 Abs. 3 Nr. 1 S. 3 UStAE). Mit anderen Worten: Von der erzeugten Strommenge dürfen Sie nur weniger als zehn Prozent in das Energienetz einspeisen und an den Netzbetreiber verkaufen. Andernfalls bleibt es bei der vollständigen Zuordnung der PV-Anlage zum Unternehmensvermögen.

     

    Vereinfachungsregel erlaubt aber Entnahme fast aller PV-Anlagen

    Sie erfüllen diese Voraussetzung, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 Prozent nahelegt (Prognose).

     

    PRAXISTIPP | Aus Vereinfachungsgründen geht das Finanzamt immer dann von einer mindestens 90-prozentigen Privatnutzung aus, wenn ein Teil des mit der PV-Anlage erzeugten Stroms gespeichert wird (z. B. in einer Batterie). Dann entfällt die Prüfung der 90-Prozent-Grenze; die tatsächliche Nutzung der PV-Anlage spielt keine Rolle (BMF, Schreiben vom 27.02.2023, Az. III C 2 ‒ S 7220/22/10002 :010, Abruf-Nr. 234002, Rz. 5). Das Gleiche gilt, wenn mit Hilfe einer Wall-Box die Autobatterie des privat genutzten Fahrzeugs geladen wird oder in dem Gebäude, auf dem sich die PV-Anlage befindet, eine Wärmepumpe verwendet wird. Mithilfe dieser Vereinfachungsregel lassen sich folglich nahezu alle PV-Anlagen aus dem Unternehmensvermögen entnehmen.

     

    Das müssen Sie jetzt tun

    Damit Sie noch heute Ihre im Jahr 2022 angeschaffte PV-Anlage vollständig dem Unternehmensvermögen zuordnen können und den lukrativen Vorsteuerabzug erhalten, müssen Sie drei Punkte beachten bzw. befolgen:

     

    • 1. Sie müssen bei Erwerb der PV-Anlage die Absicht gehabt haben, den erzeugten Strom zu mindestens zehn Prozent an den Netzbetreiber zu veräußern (§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG). Nur dann haben Sie das Wahlrecht, die PV-Anlage vollständig Ihrem Unternehmen zuzuordnen (Abschn. 15.2c UStAE).

     

    • Wichtig | Für diese Zuordnung gelten die oben erwähnten „Stromnutzungsfiktionen“ (90-prozentige außerunternehmerische Nutzung bei Verwendung eines Batteriespeichers, E-Fahrzeugs etc.) nicht. Folglich kommt es auf die tatsächliche geplante Nutzung an. Diese umfasst nach den tatsächlichen Verhältnissen regelmäßig eine weitaus höhere Netzeinspeisung als zehn Prozent, sodass die vollständige Zuordnung zum Unternehmen in der Praxis zumeist unstrittig ist.
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    • 2. Sie müssen die Entnahme gegenüber dem Finanzamt erklären. Das können Sie in der Umsatzsteuererklärung tun oder dem Finanzamt per Mail oder mit formlosem Schreiben mitteilen.

     

    • 3. Sie müssen sich bis zum Ablauf der Zuordnungsfrist entscheiden, ob Sie eine Leistung für Ihr Unternehmen bezogen haben und damit ein Vorsteuerabzug dem Grunde nach möglich ist ‒ oder nicht. Versäumen Sie diese Frist, versagt das Finanzamt die Vorsteuerabzugsberechtigung.
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    • PRAXISTIPP | Ihre Zuordnungsentscheidung müssen Sie dokumentieren. Das erfolgt grundsätzlich in der erstmöglichen Umsatzsteuervoranmeldung (Abschn. 15.2c Abs. 16 S. 3 UStAE), spätestens und mit endgültiger Wirkung aber in einer „zeitnah“ erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt und wenn frühere Anhaltspunkte für eine vollständige oder teilweise Zuordnung der bezogenen Leistung zum Unternehmen fehlen (vgl. BFH, Urteil vom 07.07.2011, Az. V R 42/09, Abruf-Nr. 113391). Eine zeitnahe Dokumentation liegt vor, wenn sie bis zur gesetzlichen Regelabgabefrist für Steuererklärungen vorliegt ‒ und das ist für das Jahr 2022 der 02.10.2023 (§ 149 Abs. 2 i. V. m. § 108 Abs. 3 AO).

       
    • Wichtig | Fristverlängerungen bei der Abgabefrist haben keinen Einfluss (vgl. BFH, Urteile vom 07.07.2011, Az. V R 42/09, Abruf-Nr. 113391, a. a. O. und Az. V R 21/10, Abruf-Nr. 114094). Das gilt auch für die allgemeine Fristverlängerung für Steuerberater.

     

    • Zusammenfassendes Beispiel

    Andreas hat am 01.07.2022 für 20.000 Euro zzgl. 3.800 Euro USt eine PV-Anlage erworben. Am 26.09.2023 reicht er beim Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung für 2022 ein. Darin wendet er Regelbesteuerung an. Er macht einen Vorsteuerabzug von 3.800 Euro geltend und gibt parallel den von der PV-Anlage im Jahr 2022 erzeugten und privat verbrauchten Strom (netto 300 Euro) und den an den Netzbetreiber gelieferten Strom (netto 100 Euro) als Umsatz an. Da er die Anlage aufgrund eines Batteriespeichers zu etwa 80 Prozent privat nutzt, teilt er dem Finanzamt parallel mit, dass er die komplette Anlage zum 26.09.2023 aufgrund der unterstellten „Stromnutzungsfiktion“ (über 90 Prozent für außerunternehmerische Zwecke) wieder aus seinem Unternehmensvermögen entnimmt. Im Jahr 2023 beläuft sich der bis zum 26.09.2023 von der PV-Anlage erzeugte und privat verbrauchte Strom auf 500 Euro (netto). Von dem Netzbetreiber hat Andreas für Einspeisungen 100 Euro (netto) erhalten.

     

    Lösung: Andreas erhält mit der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2022 die Vorsteuererstattung vom Finanzamt in Höhe von 3.800 Euro, da eine vollständige Zuordnung zum Unternehmensvermögen aufgrund der 20-prozentigen Nutzung für Einspeisungen an den Netzbetreiber möglich ist. Die Entnahme der PV-Anlage aus dem Unternehmensvermögen im Jahr 2023 löst eine Umsatzsteuer von null Euro aus (§ 12 Abs. 3 UStG) und ist aufgrund des Batteriespeichers und der damit einhergehenden „Stromnutzungsfiktion“ der Finanzverwaltung zulässig. Allerdings müssen für die Zeit vom 01.07.2022 bis zum 26.09.2023 der privat verbrauchte und der an den Netzbetreiber gelieferte Strom versteuert werden. Das kostet insgesamt 190 Euro Umsatzsteuer (300 + 100 + 500 + 100 Euro = 1.000 Euro x 19 Prozent = 190 Euro). Andreas hat effektiv einen Vorteil von netto 3.610 Euro.

     

    Wichtig | Ab dem 27.09.2023 unterliegt zwar nicht mehr der privat verbrauchte Strom, aber noch immer der vom Netzbetreiber vergütete Strom der Umsatzsteuer. Diese Steuer ist von Andreas an das Finanzamt abzuführen. Da Andreas die Umsatzsteuer jedoch zusätzlich zu den normalen Einspeisevergütungen von seinem Netzbetreiber gutgeschrieben erhält, tritt für Andreas keine finanzielle Mehrbelastung ein. Einziger Wehrmutstropfen: Er muss künftig Umsatzsteuererklärungen beim Finanzamt einreichen. Nach Ablauf des Korrekturzeitraums i.S.d. § 15a UStG empfiehlt sich ein Wechsel zur Kleinunternehmerregelung i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG.

     
    Quelle: ID 49723294