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  • 28.06.2011 · IWW-Abrufnummer 112308

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 13.05.2011 – 8 K 72/10

    Aufwendungen eines Sportredakteurs für eine vierwöchige Survival-Reise ins Ausland, über die er im Zusammenhang mit einer angestrebten Auslandstätigkeit für seinen Arbeitgeber eine „Initiativberichterstattung” als Nachweis seiner Beherrschung auch dieses journalistischen Genres gefertigt hat, sind aufgrund der weitaus überwiegend privaten Veranlassung und in Ermangelung geeigneter objektiver Kriterien zur Aufteilung beruflicher und privater Veranlassungsbeiträge insgesamt nicht als Werbungskosten abziehbar.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Finanzrechtsstreit
    hat der 8. Senat durch Richter am Sozialgericht gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1, 6 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung als Einzelrichter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 13.05.2011
    für Recht erkannt:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    Tatbestand
    Streitig ist die Anerkennung von Werbungskosten des Klägers zu 1), soweit sie eine 4-wöchige Abenteuerreise nach K.-Ausland betreffen.
    Die Kläger sind verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2007 berücksichtigte der Beklagte vom Kläger zu 1) geltend gemachte Werbungskosten in Höhe von 5.960 EUR nicht. Der Einspruch der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid vom 13.08.2008 blieb insoweit erfolglos. Der Kläger zu 1) hatte die Summe für eine 4-wöchige Abenteuerreise in K.-Ausland während seines regulären Erholungsurlaubs aufgewendet. Der Kläger zu 1) flog hierzu von L. über F. nach W.-Ausland, um dann mit dem Veranstalter der Reise sowie zwei weiteren Reisenden eine mehrtägige Kanufahrt zum Fluss-Ausland zu unternehmen. Dort baute diese Reisegruppe ein Floß aus Baumstämmen, mit dem sie sich sodann auf dem Fluss-Ausland B) über C.-Ausland nach D.- Ausland treiben ließ. Zu den Einzelheiten wird auf die Reisebeschreibung des Reiseveranstalters, veröffentlicht auf dessen Internetseite http://www.any-way-out.de unter der Rubrik „Survival in K.-Ausland” verwiesen. Nach der Ankunft in D.-Ausland hatte der Kläger noch drei Tage bis zur Rückreise zur freien Verfügung. Während der Reise machte sich der Kläger Aufzeichnungen und fertigte nach diesen eine Reportage. Diese Reportage übernahm sein Arbeitgeber, die Presse-Arbeitgeber Presse-Arbeitgeber GmbH (Presse-Arbeitgeber), in das Veröffentlichungsprogramm. Sie wurde von Abonnenten der Presse-Arbeitgeber, mehreren Zeitungsverlagen, veröffentlicht (vgl. Bl. 31 ff. der Rechtsbehelfsakte). Die Aufwendungen des Klägers zu 1) für die Durchführung der Reise wurden ihm durch seinen Arbeitgeber jedoch nicht erstattet. Eine gesonderte Vergütung für die Reportage erhielt der Kläger zu 1) durch Presse-Arbeitgeber ebenfalls nicht. Er bot die Reportage neben seinem Arbeitgeber auch keinem Dritten zur entgeltlichen Veröffentlichung an. Der Kläger zu 1) war seit 1996 als Sportredakteur bei der Presse-Arbeitgeber im Rahmen eines unbefristeten Vollzeitarbeitsvertrages beschäftigt. Er hatte bereits im Jahre 2004 durch eine Bewerbung auf eine Stelle als Sportredakteur in den USA Interesse an einer Auslandstätigkeit bei seinem Arbeitgeber bekundet. Er wollte die Reportage zum Nachweis seiner Beherrschung auch dieses journalistischen Genres fertigen und zugleich Auslandserfahrung sammeln. Er erhoffte sich hierdurch bessere Chancen bei Bewerbungen u. a. auf Auslandsstellen der Presse-Arbeitgeber. Im Vorfeld der Reise hatte er daher Rücksprache mit dem Reportageressort der Presse-Arbeitgeber genommen. Auch der Chefredakteur der Presse-Arbeitgeber war in den Vorgang involviert. Der Chefredakteur der Presse-Arbeitgeber bestätigte mit Schreiben vom 01.09.2008 (Blatt 53 der Rechtsbehelfsakte), dass „die Initiativberichterstattung [….], über eine Floß-Tour auf dem Fluss-Ausland B) in K.-Ausland nach Absprache erfolgte. Die im Zusammenhang mit der Reportage-Reise angefallenen Kosten wurden nicht erstattet. Ebenso erfolgte keine zusätzliche Vergütung.” Der örtliche Vorgesetzte des Klägers zu 1) bestätigte mit gesondertem Schreiben vom 15.10.2009, dass der Kläger zu 1) „die am 11. September 2007 veröffentliche Reportage […] im Auftrag der Presse-Arbeitgeber Presse-Arbeitgeber-Agentur GmbH geschrieben hat.” (vgl. Blatt 80 der Rechtsbehelfsakte des Beklagten). Erst im Jahre 2010 schrieb die Presse-Arbeitgeber wieder Auslandsstellen aus, auf die sich der Kläger zu 1) erfolglos bewarb.
    Die Kläger sind der Auffassung, die Reiseaufwendungen stellten insgesamt Werbungskosten des Klägers zu 1) dar. Denn ohne die Durchführung der Reise hätte er die Reportage nicht fertigen können. Die gefertigte Reportage sei jedoch zum Nachweis seiner Qualifikation auch als Reportagejournalist und zum Nachweis seiner Eignung für eine Tätigkeit im Auslandsressort und damit zur Sicherung und Verbesserung seiner Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit erforderlich gewesen. Im Ergebnis handele es sich um vergebliche Aufwendungen.
    Die Kläger beantragen,
    den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 13.08.2008 in Fassung des geänderten Bescheids vom 19.02.2009 und 07.10.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.12.2009 dahin zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 5.960 EUR bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugrunde gelegt werden.
    Der Beklagte beantragt
    Klageabweisung.
    Er hält die Reise für im Wesentlichen privat motiviert. Soweit ein beruflicher Anteil vorliege, sei dieser jedenfalls nicht vom privaten Teil abgrenzbar.
    Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Die Einspruchsakte des Beklagten lag bei der Entscheidungsfindung vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der Senat hat die Entscheidung des Rechtsstreits dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
    Entscheidungsgründe
    I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, weil die streitigen Reiseaufwendungen insgesamt keine Werbungskosten des Klägers zu 1) im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz darstellen.
    1. Denn Werbungskosten sind nur Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 28. Auflage, § 9 Rn. 7 m. w. N.). Allgemeine Kosten der Lebensführung hingegen sind nicht steuerlich abziehbar, § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz. Gemischte Aufwendungen, die sowohl beruflich als auch durch die Lebensführung veranlasst wurden, sind nach objektiven Kriterien aufzuteilen und nur hinsichtlich des beruflichen Anteils abzugsfähig (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 30. Auflage 2011, § 12 Rn. 2 m. w. N.). Liegt einer Reise kein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde, sind nach den Grundsätzen, die Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Beschluss vom 21. September 2009, Az. GrS 1/06, Rz. 100, 127 ff., zitiert nach juris, aufgestellt hat, die Reisekosten aufzuteilen, sofern der erwerbsbezogene Anteil nicht von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Sachgerechter Aufteilungsmaßstab bei nacheinander verwirklichten beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträgen einer solchen Reise kann regelmäßig deren Zeitanteil sein; gleichzeitig beruflich und privat verwirklichte Veranlassungsbeiträge können jedoch auch nach einem anderen Maßstab aufzuteilen sein (vgl. Urteil des BFH vom 24. Februar 2011, Az. VI R 12/10, zitiert nach juris). Soweit jeweils nicht unbedeutende berufliche und private Veranlassungsbeiträge aber so ineinander greifen, dass eine Trennung nicht möglich ist, weil objektive Aufteilungskriterien für die entstandenen Aufwendungen fehlen, scheidet ein Abzug der Ausgaben weiterhin insgesamt aus (vgl. Schmidt/Drenseck aaO. Rn. 12 m. w. N.).
    2. So liegt der Fall hier. Denn die Reise des Klägers zu 1) ist zur Überzeugung des Gerichts ganz überwiegend privat und nur zum geringen Teil auch beruflich motiviert gewesen, jedenfalls lassen sich aber die privaten und die beruflich motivierten Veranlassungsbeiträge für die Reise nicht nach objektiven Kriterien trennen.
    a) Eine Reise im Auftrage seines Arbeitgebers und mithin unmittelbar beruflich veranlasst hat der Kläger zu 1) nicht darlegen können.
    aa) Die Bestätigung des Chefredakteurs der Presse-Arbeitgeber belegt lediglich eine Privatreise, mit der der Kläger wegen ihres außergewöhnlichen Charakters zugleich auch beruflich bei seinem Arbeitgeber auf sich aufmerksam machen wollte.
    bb) Die weit später im Laufe des Einspruchsverfahrens ausgestellte Bescheinigung seines örtlichen Vorgesetzten, die inhaltlich über die Bestätigung des Chefredakteurs hinausgeht, weil sie diese Reise als nicht nur in Absprache, sondern sogar im Auftrage der Presse-Arbeitgeber durchgeführt bescheinigt, überzeugt demgegenüber nicht. Denn soweit die Presse-Arbeitgeber tatsächlich einen Auftrag zur Reportagereise erteilt hätte, ist nach dem Inhalt des durch den Kläger vorgelegten Arbeitsvertrages und der hierzu geltenden tariflichen Bestimmungen nicht verständlich, warum der Kläger als angestellter Redakteur seinen Urlaub für die Reisedurchführung aufzuwenden hatte und auch keinerlei Auslagenerstattung bei seinem Arbeitgeber als Auftraggeber beanspruchte.
    cc) Soweit der Kläger schließlich geltend macht, die Gesamtheit der Reise mit ihrer Vielzahl an intensiven Eindrücken sei Voraussetzung der Fertigung der Reportage gewesen, eine Reportage nach Eindrücken „aus 2. Hand” sei nicht denkbar, mag dies zwar zutreffen. Eine nahezu ausschließlich berufliche Veranlassung der Reise folgte hieraus aber nur dann, wenn die Reportage ihrerseits konkret zur Einkünfteerzielung des Klägers zu 1) diente oder zumindest dienen sollte, also unmittelbar beruflich veranlasst war. Das war hier nicht der Fall. Denn die Fertigung einer Reisereportage gehörte gerade nicht zu seinem konkreten beruflichen Tätigkeitsfeld als Sportberichterstatter bei Presse-Arbeitgeber. Sie wurde auch nicht zur Erzielung weiterer Einkünfte neben dem Gehalt als Sportreporter eingesetzt. Mangels konkreter Bewerbungen des Klägers zu 1) auf Stellen im Reportageressort oder dem Auslandsressort im Streitjahr kann die Reise auch nicht als Aufwand vergeblicher Bewerbungskosten zur Fertigung der Reportage im Sinne einer Arbeitsprobe angesehen werden.
    dd) Das Gericht sieht daher nur als erwiesen an, dass die Reise allgemein förderlich auch für die berufliche Tätigkeit des Klägers zu 1) sein konnte und sollte. Denn wegen der vorherigen Absprache mit dem Arbeitgeber und der Fertigung der im Nachgang auch veröffentlichten eindrucksvollen Reportage über seine abenteuerlichen Erlebnisse durfte der Kläger durch die Reise in beruflicher Hinsicht erwarten, sich jedenfalls vorübergehend innerhalb der Presse-Arbeitgeber einen über seine bestehende Stellung als Sportreporter hinausgehenden Ruf zu erwerben und potentiellen Entscheidungsträgern für die Vergabe anderer Aufgaben namentlich bekannt zu werden.
    b) Weil der Kläger zu 1) die Reise innerhalb seines Erholungsurlaubs und nicht während der Arbeitszeit durchführte und die gewählte Form der individuellen Gruppenreise mit Abenteuercharakter eine anspruchsvolle Freizeit- und Urlaubsgestaltung von hohem touristischen Wert mit besonderem Erlebnischarakter ist, besteht zur Überzeugung des Gerichts hier eine nahezu ausschließlich private Veranlassung der Reise. Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut des § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz führt die bloße Förderung beruflicher Zwecke bei Gelegenheit privater Lebensführung nicht zu insgesamt beruflichem Aufwand.
    c) Jedenfalls fehlt es vorliegend an objektiven Abgrenzungskriterien für den beruflich veranlassten Anteil der Reisekosten. Die Beteiligten konnten keinen plausiblen Abgrenzungsmaßstab benennen. Insbesondere scheitert eine Aufteilung nach dem Zeitanteil der eigentlichen Abenteuerreise durch die Wildnis innerhalb der Gesamtreisezeit, weil sich die private Motivation der Verschaffung besonderer Urlaubserlebnisse wie die berufliche Suche nach einem Interesse weckenden Reportagegegenstand gerade auf den Abenteueranteil und nicht die Flugzeit und die verbleibenden Tage nach Anlandung in D.-Ausland bezogen haben. Zu einer sinnvollen und nachvollziehbaren Abgrenzung der privaten und der beruflich veranlassten Teile der Reise sieht sich das Gericht daher nicht, auch nicht im Schätzungswege, in der Lage.
    d) Nachdem die Klägerseite für das konkrete Vorliegen von Werbungskosten als ihr günstiger Tatsache die Feststellungslast trägt, sind die geltend gemachten Reisekosten daher insgesamt nicht als Werbungskosten berücksichtigungsfähig.
    II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
    III. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch über den Einzelfall hinaus zur Rechtsfortbildung geeignet erscheint.

    VorschriftenEStG § 12 Nr. 1, EStG § 9 Abs. 1 S. 1