22.09.2011 · IWW-Abrufnummer 113158
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 22.06.2011 – 2 K 1885/10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 K 1885/10
In dem Finanzrechtsstreit
XXX
wegen Einkommensteuer 2007
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 2. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. Juni 2011 durch
XXX
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
Streitig sind die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit der für die Fahrten der Kinder zur Schule entstandenen Aufwendungen sowie der Nachweis der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer.
Die gemäß §§ 26,26 b EStG veranlagten Kläger haben zwei am 24. August 1994 und 27. September 1997 geborene schulpflichtige Kinder. Der Kläger erzielt aus seiner Tätigkeit als F örster Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Von seinem Dienstsitz als Revierförster und dem Wohnsitz der Familie im Forsthaus T werden die Kinder täglich mit dem Auto mangels Anbindung an das öffentliche Nahverkehrsnetz zu ihren Schulen in L gebracht (einfache Entfernung 28 km, vier Fahrten täglich, 130 Tage im Streitjahr).
In ihrer Einkommensteuererklärung 2007 machten die Kläger unter anderem Aufwendungen für einen häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 403 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers geltend. Der Betrag errechnete sich unter Berücksichtigung eines vom Arbeitgeber geleisteten Ersatzes für die Aufwendungen in Höhe von 797,64 € und einem ohne Nachweise in pauschalierter Höhe angesetzten Aufwandes von 1250 € (rechnerisch richtig wäre daher 453 € gewesen). Ferner beantragten die Kläger, für die Fahrten zur Schule einen Betrag von 1560 € (für 130 Tage x 4 Fahrten x 10 km x 0,30 €/Kilometer) als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Dabei berücksichtigten die Kläger die Entfernung bis zur von ihrem Wohnsitz aus nächstgelegenen Bushaltestelle in E.
Im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 22. Oktober 2009 versagte der Beklagte den Werbungskostenabzug für die Aufwendungen des häuslichen Arbeitszimmers, weil es nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers bilde. Die Aufwendungen für die Fahrten zur Schule sah der Beklagte durch das gezahlte Kindergeld als abgegolten an. Über die Kindergeldbeträge hinausgehende Kosten seien Kosten der privaten Lebensführung gemäß § 12 EStG.
Der Einkommensteuerbescheid erging hinsichtlich verschiedener Punkte vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO, auch wegen der Anwendung der neue Regeln zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für einen häusliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 6 b EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007).
Mit ihrem Einspruch hiergegen trugen die Kläger vor, das Bundesministerium der Finanzen habe die Finanzämter angewiesen, Aufwendungen für ein Arbeitszimmer vorläufig wieder zu berücksichtigen. Der Kläger nutze sein Büro für mehr als 50 % der gesamten betrieblichen Tätigkeit, ihm stehe für diese Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.
Wegen der Kosten für die Beförderung der Kinder seien die Voraussetzungen für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen nach dem Gesetz erfüllt. Außergewöhnlich sei im Streitfall der aufgrund der Stellenvergabe begründete Wohnsitz. Es gebe nicht mehr viele Menschen mit (Zwangs-) Wohnsitz ohne Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. Zwangsläufig sei dies wegen der Schulpflicht. Als notwendig und angemessen seien die bis zur Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz entstandenen Kosten anzusehen. Obwohl dadurch die Dauer der Fahrt von T zur Schule täglich unzumutbar über 3,5 h dauern würde, würden die Fahrten direkt bis zur Schule nicht in Ansatz gebracht. Das Kindergeld diene nicht der Finanzierung der Schulfahrten und würde überdies nicht ausreichen. Es werde nunmehr beantragt, die Kosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen. Werde eine bestimmte Wohnsitznahme zur Voraussetzung für die Erzielung von Einkünften, könne man Fahrten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nun ihrerseits als Werbungskosten betrachten.
Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2010 wurde bezüglich der im Klageverfahren noch streitigen Punkte Arbeitszimmer und Schulfahrten der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung trug der Beklagte vor, der Kläger sei im Revierdienst tätig. Das Berufsbild eines Revierförsters sei geprägt durch die außendienstliche Arbeit (forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes, Leitung der Arbeiten im Revier, Jagd und Jagdaufsicht). Trotz des erforderlichen und zeitaufwändigen Innendienstes liege der qualitative Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb des Arbeitszimmers. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 2 EStG lägen daher nicht vor. Im Veranlagungszeitraum 2007 sei aufgrund der gesetzlichen Neuregelung des Steueränderungsgesetzes 2007 nicht mehr von Bedeutung, ob mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit im Arbeitszimmer abgeleistet würden oder ob kein anderer Arbeitsplatz verfügbar sei. Wegen der fraglichen Verfassungsmäßigkeit dieser Neuregelung sei die Steuerfestsetzung diesbezüglich vorläufig ergangen. Aufgrund jederzeitiger Änderungsmöglichkeit sei dem Rechtsschutzbedürfnis der Kläger Rechnung getragen worden. Die von den Klägern zitierte Anweisung zur vorläufigen Anerkennung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer beziehe sich auf die Möglichkeit einer Aussetzung der Vollziehung aufgrund eines Antrags der Steuerpflichtigen. Einer Aussetzung bedürfe es im vorliegenden Fall nicht, weil der Einkommensteuerbescheid bereits zu einer Steuererstattung geführt habe. Der Beklagte gehe nicht davon aus, dass die Kläger eine Aufhebung der Vollziehung bereits entrichteter Steuer begehrten.
Nach der Rechtsprechung seien mit dem Kinderfreibetrag bzw. dem Kindergeld alle Unterhaltsaufwendungen mit Ausnahme der Krankheitskosten abgegolten. Dieser bewusst typisierende, die tatsächlichen Aufwendungen selbst im Einzelfall nicht berücksichtigende Rechtsgrundsatz erfasse somit alle Aufwendungen für den Unterhalt, die Erziehung und die Ausbildung eines Kindes. Darunter fielen auch die (Mehr-)Kosten für den Transport zur Schule und die Rückfahrt zur Wohnung. Nicht verkannt werde, dass den Klägern aufgrund der abgelegenen Lage des Familienwohnsitzes gegenüber der Mehrzahl der Steuerpflichtigen tatsächlich höhere Aufwendungen entstünden. Selbst wenn daher die Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit bejaht würden, scheitere der Abzug als au ßergewöhnliche Belastung an den Regelungen über den Lastenausgleich. Diese würden solche Aufwendungen ausschließlich im Rahmen des § 31 EStG, § 32 Abs. 6 EStG und § 33 a Abs. 1, 2 EStG vorsehen. § 33 EStG sei somit nicht anwendbar. Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld sei nicht dafür gedacht, die mit der Kindeserziehung anfallenden Kosten zu decken. Sie sollten lediglich einen gewissen Grundbedarf (das Existenzminimum) steuerlich freistellen. Solche Aufwendungen stellten grundsätzlich steuerlich nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung dar. Durch das Gesetz seien im Bereich der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen verschiedene Aufwendungen aus dem Bereich der Lebensführung zum Abzug zugelassen worden. Dies treffe auf die Schulfahrten nicht zu.
Mit ihrer Klage hiergegen tragen die Kläger vor, vom Dienstherrn werde ein Arbeitszimmer für den Publikumsverkehr vorausgesetzt und mit einer geringen Entschädigung abgegolten. Diese decke die steuerlichen Pauschalsätze nicht ab.
Aus beruflichen Gründen sei das Forsthaus mit Einödlage die einzige Alternative gewesen. Die für die Fahrten der Kinder zum nächstgelegenen Anknüpfungspunkt geltend gemachten Aufwendungen seien daher als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Eine Aufrechnung mit dem Kindergeld sei nicht legitim, da dieses anderen Zwecken diene. Ein Teil des elterlichen Einkommens solle steuerfrei bleiben, um den Lebensunterhalt der Kinder zu sichern. Nach § 1612 b BGB sei das Kindergeld zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden. Die Prioritäten bei der Existenzsicherung lägen nicht zunächst in der Finanzierung der "beruflich verursachten" Schulfahrten. Absurd sei es, wenn eine Steuerbefreiung für das Existenzminimum, wie das Kindergeld, als abgegoltener Aufwand gegen gerechnet werde. Die Rückerstattung von zu viel gezahlten Steuern werde vom Beklagten als Abgeltung für tatsächlich anfallende außergewöhnliche Belastungen angesehen. Dies sei paradox. Nicht nur die vom Beklagten angeführten Aufwendungen für Krankheiten fielen unter den Begriff der außergewöhnlichen Belastungen. Nicht nachzuvollziehen sei für den Bürger, wo eine Berücksichtungsmöglichkeit für die Aufwendungen bestehe, im Rahmen des § 31, § 32 oder § 33 a Abs. 1 und 2 EStG? Der Familienlastenausgleich könne keine konkrete außergewöhnliche Belastung abdecken, weil dieser allen Familien gleicher Verhältnisse zukomme, welche aber nicht die gleichen außergewöhnlichen Belastungen hätten.
Der Beklagte solle auch dazu Stellung nehmen, ob nicht die Aufwendungen für die Schulfahrten vom Wohnort bis zur Schule insgesamt berücksichtigungsfähig seien, wegen der Dauer der Schulfahrten bei Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsmittel (einfacher Schulweg über anderthalb Stunden). Zu überprüfen sei auch, ob die Aufwendungen nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen seien, da sie kausal mit dem Beruf und der Erzielung von Einkommen in Zusammenhang stünden. Wenn eine der Einstellungsvoraussetzung ein bestimmter Wohnsitz sei, seien Aufwendungen für dann zwangsläufige Fahrten Werbungskosten. Beide Prüfungsaufträge seien ignoriert worden.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 22. Oktober 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2010 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers Werbungskosten für ein Arbeitszimmer in Höhe von 403 € berücksichtigt werden sowie die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnort und Schule steuermindernd berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt hierzu vor, die Kläger hätten im Rahmen der Erklärung für das Arbeitszimmer bisher lediglich 1250 € pauschal abzüglich einer Arbeitgebererstattung geltend gemacht. Daher sei eine Aufstellung über die tatsächlich angefallenen Aufwendungen erforderlich. Dies gelte gemäß dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung, obwohl in der Vergangenheit durch falsche Sachbehandlung ein Pauschbetrag anerkannt worden sei. Aus einer Skizze müssten die räumlichen Verhältnisse des Forsthauses erkennbar werden, Gesamtwohnfläche des Hauses und Fläche des Arbeitszimmers seien anzugeben. Eine Bestätigung des Forstamtes müsse ausführen, dass dem Kläger dort kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Nach erfolgter Prüfung könne sodann im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung ein vorläufiger Teilabhilfebescheid ergehen.
Ausbildungskosten zählten nicht zu dem nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes von der Besteuerung freigestellten Existenzminimum. Solche Aufwendungen müssten nicht generell von der Besteuerung freigestellt werden. § 33 a Abs. 5 EStG schließe bei Unterhalts- und Berufsausbildungsaufwendungen eine (weitere) Steuerermäßigung nach § 33 EStG gesetzlich aus. Werbungskosten lägen ebenfalls nicht vor, da das auslösende Moment dieser Aufwendungen, der Schulbesuch, nicht der ertragsteuerlich beachtlichen Erwerbssphäre des Klägers zuzuordnen sei. Sie seien nicht durch den Beruf sondern die Schulfahrten veranlasst.
Hierauf erwidern die Kläger, als Nachweis für das Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes werde eine Bescheinigung des Forstamtes vom 29. November 2010 (Blatt 45 der Prozessakten) vorgelegt. Die Gesamtwohnfläche des Forsthauses betrage 150,16 m² und die Fläche des Arbeitszimmers 8,92 m². Da eine genaue Auflistung aller Aufwendungen, wie Reinigungskosten, Heizungskosten mit eigener Brennholzaufbereitung und der überproportionale Stromverbrauch des Büros mangels eigenem Unterzähler nicht möglich sei, werde wie in den Vorjahren und von der Fachliteratur anerkannt der Pauschalbetrag von 1250 € abzüglich der Vergütung geltend gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Arbeitszimmer:
Mangels eines Nachweises ist der über die Arbeitgebererstattung (797 €) hinausgehende Aufwand in Höhe von 403 € (Differenz zu 1250 €; rechnerisch richtig 453 €) nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigungsfähig.
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 6b, § 9 Abs. 5 EStG in der gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG auch für den Veranlagungszeitraum 2007 gültigen Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8. Dezember 2010 können bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden, wenn dieses den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 3, 2. Halbsatz EStG). Steht, ohne dass das Arbeitszimmer Mittelpunkt wäre, für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Aufwendungen bis zur Höhe von 1250 € je Kalenderjahr als Werbungskosten abziehbar (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 2, 3, 1. Halbsatz EStG). Der Betrag von 1250 € ist kein Pauschbetrag. Es handelt sich um einen objektbezogenen Höchstbetrag, der genaue tatsächliche Betrag der Aufwendungen ist durch die Steuerpflichtigen nachzuweisen. Eine Begrenzung (und nicht Pauschalierung) in Höhe von 1250 € tritt nur ein, soweit die nachgewiesenen Aufwendungen diesen Betrag übersteigen, ohne dass es sich bei dem Arbeitszimmer um den Mittelpunkt der beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen handelt.
Im Streitfall haben die Kläger trotz des im Klageverfahren hierzu erfolgten Hinweises des Beklagten keine tatsächlichen Aufwendungen nachgewiesen. Insbesondere haben sie nicht nachgewiesen, dass sie über den Betrag von 797 € hinaus Aufwendungen gehabt haben. Es erscheint bereits nicht selbstverständlich, dass über den vom Arbeitgeber für die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers hinausgehenden Betrag im Jahr 2007 höhere Aufwendungen für das Arbeitszimmer entstanden sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Betrag von 797 € nur dann überschritten würde, wenn bei einem Flächenanteil des Arbeitszimmers von 6 % (insgesamt ca. 150 m² Wohnfläche, Arbeitszimmer 9 m² gleich 6 %) Gesamtkosten für das Wohnhaus von insgesamt ca. 13.283 € (nämlich das 100/6-fache von 797 €) anfallen würden. Insofern wäre eine Berücksichtigung gemäß dem Flächenanteil im Rahmen einer Schätzung möglich gewesen, wenn die Kläger einfach die Gesamtkosten für das Haus nachgewiesen hätten.
Anzumerken ist hierzu allerdings auch, dass gemäß den Grundsätzen zum Erfordernis der Abgeschlossenheit eines Arbeitszimmers zumindest eine Skizze hätte vorgelegt werden müssen, aus der die räumliche Situation des Hauses ersichtlich geworden wäre. Ohne diese Skizze fehlt die Möglichkeit, die Grundvoraussetzungen für die Anerkennung als Arbeitszimmers, seine Einrichtung und sonstige erkennbare objektive Umstände für eine ausschließlich beruflich/betriebliche Nutzung zu überprüfen (zum ganzen Schmidt, Kommentar zum EStG, 29. Auflage, § 4 Randziffer 590 ff).
Schulfahrten:
Die Klage hat auch keinen Erfolg, soweit die Aufwendungen für die sogenannten Schulfahrten als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit bzw. alternativ als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden.
Bei den in Erfüllung der Schulpflicht getätigten Aufwendungen für die Fahrten zur Schule handelt es sich um nicht abzugsfähige Ausgaben für den Unterhalt der Kinder als Familienangehörige gemäß § 12 Satz 1 Nummer 1 EStG und nicht um Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.
§ 12 Satz 1 Nummer 1 EStG besagt, dass, soweit in den §§ 9c, 10 Abs. 1 Nummer 1, 2-4, 7 und 9, §§ 10 a, 10 b und den §§ 33-33 b EStG nichts anderes bestimmt ist, die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen.
Derartige nichtabzugsfähige Aufwendungen sind die Kosten, welche die Kläger für die Fahrten der Kinder zur Schule aufgewandt haben. So handelt es sich bei den Aufwendungen um den typischen nach § 1610 Abs. 2 BGB den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf umfassenden Unterhalt. Der dem Unterhaltspflichtigen zur Last fallende Unterhaltsbedarf umfasst auch die Erziehungs- und Ausbildungskosten (Palandt, Kommentar zum bürgerlichen Gesetzbuch, 70. Auflage § 1610 Randziffer 16ff).
Da wegen des grundsätzlichen Abzugsverbots eine Umwidmung der Unterhaltskosten zu Werbungskosten ausgeschlossen ist, ergibt sich aus besonderen Einzelfällen, wie dem Streitfall nichts anderes. Überdies ist der Tatbestand der Werbungskosten an sich im Streitfall nicht erfüllt.
Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Ohne dass es wie dargestellt darauf ankommt, fehlt es im Streitfall am Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Erzielung von Einnahmen durch den Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Förster mit Dienstsitz in T. Zwar reicht ein mittelbarer Zusammenhang zwischen Werbungskosten und Einnahmeerzielung aus, dieser Zusammenhang ist aber nur dann gegeben, wenn die Aufwendungen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit stehen; das auslösende Moment für die Aufwendungen muss der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen sein (Schmidt, Kommentar zum EStG, 29. Auflage, § 9, Randziffer 7-8).
Im Streitfall ist das auslösende Moment für die Aufwendungen die Unterhaltsverpflichtung der Kläger als Eltern gegenüber ihren Kindern gewesen. Diese Verpflichtung bestand auch in der Erfüllung der Schulpflicht mit den damit einhergehenden Kosten. Dies schließt einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einnahmeerzielung des Klägers aus. Es handelt sich um Unterhaltsleistungen als Folgewirkung der von den Klägern gestalteten Lebensumstände.
Ebenso wenig handelt es sich bei den Aufwendungen für die Schulfahrten, unabhängig davon, ob die Fahrten nur bis zur nächsten Bushaltestelle oder bis zur Schule stattfinden, um außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG.
Außergewöhnliche Belastungen liegen dann vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Die Aufwendungen entstehen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Zwangsläufigkeit dem Grunde nach) und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (Zwangsläufigkeit der Höhe nach). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Sie werden durch den Grundfreibetrag (§ 32 a EStG) berücksichtigt. Familienbedingte Aufwendungen sind ab 1996 durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (im Streitjahr Kinderfreibetrag oder Kindergeld; § 32 Abs. 6, § 31 EStG) abgegolten (BFH Urteile vom 10. Mai 2007 III R 39/05, Bundessteuerblatt II 2007, 764, vom 27. September 2007 III R 28/05, Bundessteuerblatt II 2008,287), § 33 soll darüber hinausgehende zwangsläufig und existenziell notwendige private Aufwendungen erfassen (Schmidt Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 29. Auflage, § 33, Randziffer 1).
Gemäß den oben dargestellten Grundsätzen handelt es sich bei den Kosten der Schulausbildung um zum gewöhnlichen Lebensunterhalt zählende Aufwendungen. Bereits aus diesem Grunde fallen die dabei anfallenden Kosten für den Schulbesuch für alle Eltern schulpflichtiger Kinder an, sie sind dem Grunde nach für die Kläger nicht außergewöhnlich. Dies führte der BFH bereits mit Urteil vom 13. Mai 1966 VI 332/65, Bundessteuerblatt III 1966, 506) aus. Bereits damals wurden die Aufwendungen für Schulfahrten als durch den Grundfreibetrag abgegolten bewertet. An diesen Grundsätzen hat sich h– zumal das Kindergeld geleistet wird und dieses im Falle der Kläger über die Entlastungswirkung eines Kinderfreibetrags hinausgeht und als familienpolitische Sozialleistung wirkt (§ 31 EStG) - nichts geändert.
In Anbetracht der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung seit der Entscheidung des BFH vom 13. Mai 1966 erkennt der Senat im Übrigen nichts mehr Unübliches daran, aus Zeit- oder Sicherheitsgründen Kinder in die Schule zu fahren.
Eine Berücksichtigung nach § 33a Absatz 1 EStG ist ebenfalls ausgeschlossen, da die Kläger für ihre Kinder das staatliche Kindergeld erhalten (§ 33 Abs. 1 Satz 4 EStG).
Im Übrigen ergibt sich auch aus dieser Vorschrift, dass Ausbildungskosten als außergewöhnliche Belastungen nur unter besonderen Voraussetzungen abzugsfähig sind. Nach § 33 a Abs. 2 Satz 1 EStG muss es sich um den Sonderbedarf eines in Berufsausbildung befindlichen auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes handeln. § 33 a Abs. 5 EStG 2007 (jetzt Abs.4) bestimmt sodann, dass für diesen Ausnahmefall vom Abzugsverbot gemäß § 12 EStG eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG nicht in Anspruch genommen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz Nummer 1 FGO.
Rechtsmittelbelehrung
Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang. Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Hinweis:
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite www.bundesfinanzhof.de lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.