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  • 20.07.2012 · IWW-Abrufnummer 130967

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 24.04.2012 – 10 K 752/10 E

    Die Erteilung einer Nichtveranlagungs-Bescheinigung (NV-Bescheinigung) gemäß § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zum Zweck der Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug durch den Schuldner der Kapitalerträge lässt die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht entfallen und hat daher keine Auswirkung auf die Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist wegen Nichtabgabe der Steuererklärung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO.


    Tatbestand
    Strittig ist, ob der Beklagte gegenüber den Klägern für das Streitjahr (2002) Einkommensteuer festsetzen durfte.
    Der Beklagte erteilte den Klägern am 22. Mai 2002 eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung (NV-Bescheinigung) gemäß § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Jahre 2001 bis 2003. Nach einer am 10. Februar 2009 beim Beklagten eingegangenen Kontrollmitteilung des Finanzamts (FA) wurden dem Kläger im Streitjahr bis zum 3. Mai 2002 von der R-GmbH insgesamt 232.872,62 Euro aus einer aufgrund einer Pensionszusage abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung ausgezahlt. Der Kontrollmitteilung beigefügt war ein Datev-Kontenblatt der R-GmbH vom 14. August 2008 für das Konto 950 („Pensions- und ähnliche Rückstellungen”), das folgende Erläuterungen enthält: „Währung: DM Fibu 17/2001…Sortierung: Belegdatum - Diff. durch Währungsumrechnung möglich”.
    Der Beklagte forderte die Kläger daraufhin mit Schreiben vom 12. Oktober und 16. November 2009 zur Abgabe einer Steuererklärung für das Streitjahr auf. Da die Kläger dieser Aufforderung nicht nachkamen, setzte er die Einkommensteuer für 2002 durch Bescheid vom 23. Dezember 2009 unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen auf 98.198 Euro fest. Den in der Kontrollmitteilung mitgeteilten Betrag behandelte er als Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit, wobei er von einem Euro-Betrag und nicht von einem DM-Betrag ausging.
    Die Kläger legten dagegen am 18. Januar 2010 Einspruch ein, mit dem sie geltend machten, dass der Beklagte die Einhaltung der Festsetzungsfrist bislang nicht in überprüfbarer Form dargelegt habe. Der Bescheid sei zudem wegen eines Verstoßes gegen § 364 der Abgabenordnung (AO) rechtswidrig. Der Beklagte hielt dem entgegen, dass die Festsetzungsfrist im Hinblick auf die Regelungen in § 169 Abs. 2 Satz 2 und § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht vor Ablauf des 31. Dezember 2009 geendet habe. Da die beabsichtigten Änderungen zuvor mitgeteilt worden seien, liege auch kein Verstoß gegen § 364 AO vor. Die Kläger hielten dagegen mit Schreiben vom 4. Februar 2010 an ihrer Ansicht fest und machten zusätzlich geltend, dass dem Kläger ein Betrag in Höhe des im angefochtenen Bescheid angesetzten Betrags nicht zugeflossen sei. Der Beklagte habe überdies den Arbeitgeber des Klägers vorrangig für eine aus dem Zufluss von Arbeitslohn resultierende Steuerschuld als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen müssen. Die unterlassene Ermessensausübung bei der Heranziehung des Klägers mache die Steuerfestsetzung rechtswidrig.
    Der Beklagte folgte dem nicht, sondern wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 2. März 2010, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.
    Mit der Klage halten die Kläger an ihrem Begehren fest, den Einkommensteuerbescheid vom 23. Dezember 2009 aufzuheben. Der Bescheid sei nach Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen. Zu einer Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO sei es nicht gekommen, weil der Beklagte durch die NV-Bescheinigung zum Ausdruck gebracht habe, dass eine Steuererklärung nicht abzugeben sei. Der Berufung auf die Anlaufhemmung stehe zudem Treu und Glauben bzw. der Verwirkungsgedanke entgegen. Die Festsetzungsfrist habe sich auch nicht gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängert, weil der Kläger nicht vorsätzlich gehandelt habe. Er sei davon ausgegangen, dass sein ehemaliger Arbeitgeber der Verpflichtung, Lohnsteuer auf den ausgezahlten Betrag einzubehalten, nachgekommen sei. Dessen Haftung sei im Übrigen gegenüber der Steuerfestsetzung vorrangig. Die Besteuerungsgrundlagen lauteten im Datev-Kontenblatt außerdem auf DM- und nicht auf Euro-Beträge.
    Nach Abgabe einer Steuererklärung für das Streitjahr hat der Beklagte die Kläger durch Änderungsbescheid vom 18. Januar 2012 erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt. Dabei hat er bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit den Bruttoarbeitslohn auf 124.953 Euro herabgesetzt. Darin enthalten ist ein Betrag in Höhe von (abgerundet) 119.065 Euro, bei dem es sich nach Anlagen zum Schriftsatz der Kläger vom 4. Februar 2011 um die Summe aus insgesamt vier von der R-GmbH zwischen dem 1. März und dem 3. Mai 2002 überwiesenen Teilbeträgen in Höhe von insgesamt 232.872,62 DM handelt (Gerichtsakte Bl. 38 f.).
    Die Kläger beantragen,
    den Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 2002 vom 18. Januar 2012 und den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. März 2010 aufzuheben,
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Er hält die Steuerfestsetzung, wie sie durch den Änderungsbescheid vorgenommen wurde, für rechtmäßig.
    Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze in diesem Verfahren sowie in den Verfahren 9 V 779/10 A (E) und 9 V 3368/10 A (S) verwiesen.
    Gründe
    Die Klage ist unbegründet.
    Die Kläger werden durch die Steuerfestsetzung, wie der Beklagte sie durch den Änderungsbescheid vom 18. Januar 2012 vorgenommen hat, nicht i. S. von § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in ihren Rechten verletzt, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist. Er war daher weder aufzuheben noch war die festgesetzte Steuer weiter herabzusetzen.
    1. Der Beklagte hat die Einkommensteuer für 2002 vor Eintritt der Festsetzungsverjährung festgesetzt, so dass der Steueranspruch noch nicht erloschen war (§ 47 AO).
    Die Festsetzungsfrist beträgt für die Einkommensteuer nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre. Sie beginnt, wenn nach § 25 Abs. 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung eine Steuererklärung abzugeben war, nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.
    Die Kläger waren nach § 56 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr verpflichtet, weil bei ihnen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung für das Streitjahr gemäß § 26 Abs. 1 EStG vorlagen, keiner von ihnen die getrennte Veranlagung nach § 26a EStG oder die besondere Veranlagung nach § 26c EStG gewählt hat, keiner von ihnen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, bezogen hat und der Gesamtbetrag der Einkünfte sich auf mehr als 14.543 Euro beläuft. Der Kläger hat zwar Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 121.553 Euro bezogen. Ein Steuerabzug von diesen Einkünften ist aber nicht vorgenommen worden. Aus diesem Grund war eine Veranlagung auch nicht gemäß § 46 Abs. 2 EStG nur auf Antrag vorzunehmen. Die Kläger waren vielmehr zwingend zur Einkommensteuer zu veranlagen.
    Die Kläger haben die Einkommensteuererklärung erst am 12. Oktober 2011 und damit mehr als drei Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden war (2002), abgegeben. Damit begann die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO am 1. Januar 2006 und endete gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit Ablauf des Kalenderjahres 2009. Die erstmalige Steuerfestsetzung für das Streitjahr erfolgte noch vor Ablauf des Kalenderjahres 2009 durch den Bescheid vom 23. Dezember 2009. Da dieser Bescheid mit dem Einspruch und sodann mit der Klage angefochten wurde, ist die Festsetzungsfrist auch danach gemäß § 171 Abs. 3a AO nicht abgelaufen. Mit Rücksicht auf den zweiten Halbsatz dieser Regelung gilt dies ungeachtet dessen, dass der Einspruch erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wurde.
    Das Gericht vermag sich auch nach nochmaliger Prüfung (vgl. bereits Finanzgericht FG - Düsseldorf, Beschluss vom 30. August 2010 9 V 779/10 A [E], nicht veröffentlicht - n. v. -) der Rechtsauffassung der Kläger, dass es aufgrund der NV-Bescheinigung nicht zu einer Anlaufhemmung gekommen sei, die Festsetzungsfrist vielmehr gemäß § 170 Abs. 1 AO wie bei einer Antragsveranlagung mit Ablauf des Streitjahres begonnen und demgemäß mit Ablauf des Jahres 2006 geendet habe, nicht anzuschließen.
    § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO regelt den Beginn der Festsetzungsfrist für den Fall, dass eine Steuererklärung einzureichen ist. Nach § 149 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmen die Steuergesetze, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, im Streitfall die §§ 25 und 46 EStG sowie § 56 EStDV i. V. m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG. Die Finanzbehörde kann daneben eine Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung begründen, wenn sie dazu auffordert (§ 149 Abs. 1 Satz 2 AO). Sie kann aber eine gesetzliche Erklärungspflicht nicht umgekehrt durch eine (bloße) NV-Bescheinigung aufheben. Die im Streitfall für drei Jahre erteilte NV-Bescheinigung diente alleine dazu, dem Schuldner der Kapitalerträge eine Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug zu ermöglichen, weil zum Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigung keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass es bei den Klägern zur Festsetzung einer Einkommensteuer von mehr als null Euro kommen würde. Gerade dann, wenn die NV-Bescheinigung während des Veranlagungszeitraums erteilt wird, ist damit keine abschließende Prüfung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen und damit keine Aussage darüber verbunden, ob es zur Festsetzung einer Steuer von mehr als null Euro kommt. Dies lässt sich abschließend erst nach Abgabe der Steuererklärung und deren Prüfung feststellen. Bei der Erteilung einer NV-Bescheinigung zur Vorlage beim Schuldner der Kapitalerträge zwecks Abstandnahme vom Kapitalertragsteuereinbehalt handelt es sich demgemäß um eine Prognose, der keine Regelungswirkung i. S. von § 118 Satz 1 AO zukommt (vgl. nochmals FG Düsseldorf, Beschluss vom 30. August 2010 9 V 779/10 A [E], n. v.). Sie steht deshalb gemäß § 44a Abs. 2 Satz 2 EStG unter dem Vorbehalt des Widerrufs, darf längstens für drei Jahre ausgestellt werden und ist auf Verlangen des FA ebenso zurückzugeben wie ohne eine derartige Aufforderung, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge, d. h. der Steuerpflichtige, erkennt, dass die Voraussetzungen für ihre Erteilung weggefallen sind (vgl. zur Rechtsnatur einer sog. NV-Bescheinigung auch Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Oktober 1986 I R 254/83, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1988, 10, und vom 12. Mai 1989 III R 200/85, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 157, 22, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1989, 920, sowie den BFH-Beschluss vom 17. April 2007 VI B 136/06, BFH/NV 2007, 1267; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 170 AO Rz. 28). Keinesfalls lässt sie eine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung entfallen. Die in § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO bestimmte Anlaufhemmung ist allein davon abhängig, ob der Steuerpflichtige aufgrund gesetzlicher Vorschrift zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Weitere Einschränkungen und Vorbehalte enthält das Gesetz nicht. Die Anlaufhemmung ist insbesondere unabhängig vom Verhalten der Finanzbehörde (BFH-Entscheidungen vom 17. Februar 1993 II R 83/90, BFHE 170, 305, BStBl II 1993, 580; vom 15. September 1994 XI R 59/93, BFH/NV 1995, 647, und vom 19. Mai 1999 IV B 100/98, BFH/NV 1999, 1312; Niedersächsisches FG, Urteil vom 26. März 1996 VI 641/90, n. v.). Ob sich etwas anderes ergeben könnte, wenn das FA über die Erteilung einer NV-Bescheinigung hinaus dem Steuerpflichtigen ausdrücklich mitteilt, dass er nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sei, kann dahinstehen. Ein derartiges Verhalten des Beklagten lässt sich nicht feststellen. Waren die Kläger damit aber zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, so entspricht es dem Zweck des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, den Beginn der Festsetzungsfrist um längstens drei Jahre hinauszuschieben, um zu verhindern, dass durch eine späte Abgabe der Steuererklärung die der Finanzbehörde zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit verkürzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juli 2005 II R 9/04, BFHE 210, 65, BStBl II 2005, 780).
    Das Gericht vermag der Rechtsauffassung der Kläger auch insoweit nicht zu folgen, als sie den Streitfall mit dem Fall vergleichen, dass sie eine Steuererklärung bereits im Jahr 2003 oder 2004 abgegeben hätten, die lediglich Angaben zu Einkünften aus Kapitalvermögen und zu sonstigen Einkünften enthalten hätte, ohne dass dies vom Beklagten beanstandet worden wäre. In diesem Fall wäre die Einkommensteuer für 2002 bei Eingang der Kontrollmitteilung zwar bereits verjährt gewesen. Es ist jedoch fraglich, ob der Beklagte die Kläger bei Abgabe einer Steuererklärung ohne Angaben zu den strittigen Einkünften in dieser Weise veranlagt hätte. Die NV-Bescheinigung kann jedenfalls nach Ansicht des Gerichts in verjährungsrechtlicher Hinsicht einem auf einer unzutreffenden Steuererklärung beruhenden Steuerbescheid nicht gleichgestellt werden.
    2. Die durch den Änderungsbescheid vom 18. Januar 2012 vorgenommene Steuerfestsetzung entspricht, was die Besteuerungsgrundlagen angeht, den Angaben der Kläger in ihrer Steuererklärung. Sie lässt daher auch der Höhe nach keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil erkennen.
    3. Die Kläger können die Aufhebung der Steuerfestsetzung auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 5 AO verlangen.
    Nach § 127 AO kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 125 AO nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Ein Steuerbescheid ist kein Verwaltungsakt, dessen Erlass im Ermessen der Finanzbehörde steht. Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 38 AO). Die Finanzbehörden haben nach § 85 Satz 1 AO die Steuer nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Die Inanspruchnahme eines Arbeitnehmers für nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer durch Erlass eines Einkommensteuerbescheides stellt demgemäß keine Ermessensentscheidung dar (vgl. BFH-Entscheidungen vom 17. Mai 1985 VI R 137/82, BFHE 144, 217, BStBl II 1985, 660, und vom 27. Mai 2008 VIII B 127/07, BFH/NV 2008, 1664).
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 i. V. m. § 137 Satz 1 FGO. Das Obsiegen der Kläger beruht auf den Angaben in ihrer Steuererklärung und weiteren erst im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen, die früher i. S. von § 137 Satz 1 FGO hätte abgegeben werden können und sollen.
    Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Der BFH hat bislang nicht entschieden, welche Bedeutung einer NV-Bescheinigung i. S. von § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG für die Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zukommt. Das Gericht hält diese Rechtsfrage über den Streitfall hinaus im Hinblick auf vergleichbare Fälle bei Rentenbeziehern für klärungsbedürftig.

    VorschriftenAO § 118 Satz 1, AO § 149 Abs. 1 Satz 2, AO § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, EStG § 25 Abs. 3, EStG § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, EStG § 44a Abs. 2 Satz 2, EStG § 46 Abs. 2, EStG § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, EStDV § 56 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a