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  • 19.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132546

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 02.07.2013 – 11 K 4527/11 E

    1) Eine als Kabinenchefin tätige Flugbegleiterin übt eine Auswärtstätigkeit aus. Am Heimatflughafen hat sie keine regelmäßige Arbeitsstätte.

    2) Der sog. Briefing-Raum, ist kein anderer Arbeitsplatz im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG.


    FG Münster v. 02.07.2013

    11 K 4527 / 11 E

    Tatbestand:

    Die Beteiligten streiten darüber, ob die Fahrten der als Kabinenchefin arbeitenden Klägerin zum Flughafen Frankfurt als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu qualifizieren und Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten anzuerkennen sind.

    Die Klägerin, die als Kabinenchefin (Teampurserette) für eine Fluglinie arbeitet, die ihre technische Basis und ihr Hauptdrehkreuz auf dem Flughafen Frankfurt unterhält, lebt in G. Ausweislich des vorliegenden Arbeitsvertrages vom 7. Oktober 1996 war sie zunächst „im Bereich Kabinenbesatzungen Kontingent in Düsseldorf beschäftigt”. Zum 1. Mai 2007 wurde sie zur Purserette befördert und zur „Area” Frankfurt versetzt. Auch im Streitjahr war ihr Einsatzflughafen der Flughafen in Frankfurt.

    Der Klägerin stand im Streitjahr ein Fahrzeug zur Verfügung (Ford Focus, Anschaffung Februar 2007: km 14.500). Der km-Stand des Fahrzeuges betrug ausweislich einer Bescheinigung der DEKRA vom 7. Oktober 2008 79.816 km und ausweislich einer Rechnung vom 26. Oktober 2012 165.798 km (Leistungsdatum: 21. Juli 2012). Der Ehemann der Klägerin verfügt ebenfalls über ein Fahrzeug (aktueller km Stand ca. 244.500 km).

    Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr Aufwendungen für ein 40m² großes häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 3.010 EUR sowie Aufwendungen für mit dem PKW zurückgelegte Fahrten zwischen ihrer Wohnung und ihrem Einsatzflughafen in Frankfurt in Höhe von 5.558 EUR (65 Tage, einfache Entfernung 285 km) geltend. Die Gesamtwohnfläche des Hauses gab sie mit 143 m² an.

    In dem Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20. Mai 2011 berücksichtigte der Beklagte zwar erklärungsgemäß die Aufwendungen für die Fahrten zum Flughafen in Frankfurt in Höhe von 5.558 EUR –, abzüglich unstreitiger Erstattungen in Höhe von 197 EUR; die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer ließ er jedoch unberücksichtigt.

    Hiergegen richtete sich der Einspruch der Klägerin, zu dessen Begründung sie ausführte, dass sie das häusliche Arbeitszimmer für zahlreiche auf ihren Beruf bezogene Tätigkeiten, u.a. die Einsatzplanung und -vorbereitung benötige. Sie legte hierzu eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 14. Juli 2011 vor, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Sie erläuterte zudem, welche Tätigkeiten sie im häuslichen Arbeitszimmer verrichte (regelmäßige Vorbereitungen Emergency, regelmäßige Vorbereitungen Erste Hilfe, diverse Gastinformationen, Länder- und Zollbestimmungen, Nachbereitung der einzelnen Flüge, regelmäßige schriftliche Beurteilung der Mitarbeiter, Korrespondenz mit Vorgesetzten, Cosmic Reports (Berichte der einzelnen Flüge), intensive Vorbereitung zu jährlich wiederkehrenden Prüfungsseminaren zur Erhaltung der Fluglizenz – sechs unterschiedliche Flugzeugmuster, erste Hilfe, Kenntnisnachweis Gefahrengüter, regelmäßige Auffrischung erlernter Fremdsprachen – Erstellung von Dienstplänen, Telefongespräche mit Mitarbeitern). Für diese Tätigkeiten stehe ihr bei ihrem Arbeitgeber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 18. November 2011).

    Mit der hiergegen gerichteten Klage verweist die Klägerin erneut darauf, dass ihr ein Anspruch auf Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR zustehe.

    Das häusliche Arbeitszimmer habe sie im Besonderen für ihre eigene Fortbildung (für Sicherheitstrainings, in Fremdsprachen, Sonderthemen, z. B. Umgang mit behinderten Passagieren) genutzt. Hier habe es regelmäßig Anforderungen ihres Arbeitgebers gegeben, bestimmte Bereiche im Selbststudium zu erarbeiten. Dieses erledige sie insgesamt im häuslichen Arbeitszimmer. Darüber hinaus schreibe sie dort die Beurteilungen für ihre Kollegen, die nach jedem Flug anfielen. Auch die Aufarbeitung besonderer Vorfälle erfolge im häuslichen Arbeitszimmer (z. B. Beschreibung von Problemen im Serviceablauf, Catering und ähnliches). Wöchentlich schreibe sie durchschnittlich ca. 40 Berichte. Ihr Arbeitgeber erwarte von ihr auch ohne ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung, dass sie die beschriebenen Tätigkeiten extern, d. h. zuhause erledige. Von ihrem PC im häuslichen Arbeitszimmer könne sie auch auf das Intranet ihres Arbeitgebers zugreifen. Hierfür seien ihr vom Arbeitgeber ein entsprechender „Zugangsschlüssel” und Passwörter zur Verfügung gestellt worden.

    In ihrem häuslichen Arbeitszimmer erledige sie nur zu einem ganz geringen Teil auch private Angelegenheiten. So rufe sie an dem dort befindlichen Computer gelegentlich private E-Mails ab, die sie auch beantworte. Die Privatnutzung des Arbeitszimmers belaufe sich schätzungsweise auf höchstens 10 %. 90 % der Nutzung erfolge im dienstlichen Kontext. Ihr Ehemann nutze das Arbeitszimmer nicht.

    Ihr – der Klägerin – stehe für diese Arbeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Hierzu hat sie eine weitere Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 23. Februar 2012 vorgelegt, in der es heißt, dass der Klägerin „kein individueller Arbeitsplatz” zur Verfügung steht.

    Wenn sie – so die Klägerin – zum Flughafen komme, begebe sie sich zunächst in den Bereich, in dem ihr Arbeitgeber Postfächer für die Mitarbeiter bereit halte. Dort befinde sich auch ihr persönliches Postfach. Zugleich müsse sie an dem dort bereitgestellten Computer „einchecken” und aktuelle Informationen ausdrucken. Mit diesen Unterlagen begebe sie sich sodann zum sog. Briefing-Raum, wo sie auf ihre Teammitglieder treffe. Am Flughafen stünden ihr – so die Klägerin – lediglich diese sog. Briefing-Räume zur Verfügung. Hierbei handele es sich um große Räume, die durch Trennwände unterteilt seien. Der Briefing-Raum sei mit einem kleinen fahrbaren Tisch ausgestattet, auch Sitzgelegenheiten befänden sich darin. Der Raum könne vor einem Flug für ca. 20 Minuten genutzt werden. Etwa 90 Minuten vor dem Abflug treffe sich dort die Crew, die sich bei dieser Gelegenheit kennen lerne und eingewiesen werde. Auch das Treffen der Piloten finde dort statt, bevor man sich dann – nach ca. 20 Minuten – gemeinsam zum Flugzeug begebe. Die von ihr – der Klägerin – zu erbringenden Arbeiten außerhalb des Flugzeuges könnten nicht in diesen Briefing-Räumen ausgeführt werden. Dafür seien die Räume, in denen es regelmäßig sehr laut sei, weder geeignet noch gedacht.

    Nur in Sonderfällen (Geburt während des Fluges, Erkrankungen, Todesfälle etc.) könne es auch nach einem Flug zu einem Briefing kommen. In diesem Fall könne sie gemeinsam mit den Kollegen aus dem Cockpit über ihren Arbeitgeber Räumlichkeiten anfordern. Insoweit werde dann ein Raum zur Verfügung gestellt, damit eine Besprechung zur Nachbereitung des besonderen Ereignisses erfolgen könne. Weitere Räumlichkeiten, in denen sie regelmäßig Büroarbeiten erledigen könne, seien für sie nicht verfügbar.

    Die Klägerin hat im Klageverfahren weiterhin erstmals geltend gemacht, dass die Fahrten zum Flughafen nach Frankfurt nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, sondern vielmehr als Dienstreisen anzusehen seien. Sie – die Klägerin – besitze keine regelmäßige Arbeitsstätte. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liege im Flugzeug. Daher sei auch der Flughafen Frankfurt keine regelmäßige Arbeitsstätte. Dies sehe auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 21. September 2012 3 K 1740, Revision eingelegt, Az. des BFH VI R 68/12 ) so. Die Werbungskosten seien daher um weitere Aufwendungen für Fahrten nach Frankfurt in Höhe von 5.557,50 EUR zu erhöhen.

    Sie – die Klägerin – sei stets mit dem eigenen Fahrzeug nach Frankfurt gelangt. Das könne ihr Ehemann bestätigen. Hierzu hat die Klägerin eine entsprechende eidesstattliche Versicherung ihres Ehemannes vom 6. November 2012 vorgelegt. Kostenbelege, die die Nutzung ihres PKW nachweisen könnten, habe sie nicht aufbewahrt, da dies nach damaliger Rechtslage nicht erforderlich gewesen sei. Die Anzahl ihrer Diensttage ergebe sich aus dem dem Beklagten vorliegenden Dienstkalender. Für sie sei es nicht ernsthaft in Betracht gekommen, mit der Bahn zum Flughafen nach Frankfurt zu fahren. Aufgrund der unregelmäßigen Arbeitszeiten, aber auch den frühmorgens oder auch spätabends bzw. nachts beginnenden Einsätzen sei eine Nutzung der Bahn für sie nicht zumutbar gewesen. Zudem sei die Dauer der Anreise mit der Bahn unattraktiv. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben der Klägerin vom 4. Februar 2013 sowie vom 17. April 2013 Bezug genommen. Sofern ihr der Beklagte einen widersprüchlichen Sachvortrag vorhalte, sei zu bemerken, dass sie – die Klägerin – und auch ihr Ehemann sich bei der Abfassung der schriftlichen Erklärungen keine Gedanken darüber gemacht hätten, dass die Zuordnung der in ihrem Haushalt befindlichen Fahrzeuge irgendeine Bedeutung habe. Man habe deutlich machen wollen, dass sie – die Klägerin – jeweils mit dem PKW und nicht mit anderen Verkehrsmitteln nach Frankfurt gefahren sei.

    Die Klägerin beantragt,

    den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20. Mai 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2011 zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR sowie weiterer Aufwendungen für Fahrten zum Flughafen nach Frankfurt in Höhe von 5.557,50 EUR niedriger festzusetzen,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Er ist der Meinung, dass keine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer zu berücksichtigen seien. Der Mittelpunkt der Tätigkeit der Klägerin befinde sich im Flugzeug und nicht im häuslichen Arbeitszimmer. Ein beschränkter Werbungskostenabzug scheide aus, weil die Klägerin keinen Nachweis dafür erbracht habe, dass ihr außerhalb der Flugkabine kein anderer Arbeitsplatz „am Boden” zur Verfügung stehe, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet sei.

    Hinsichtlich der Fahrtkosten habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ihr die Aufwendungen tatsächlich entstanden seien. Es sei unklar, wie die Klägerin nach Frankfurt gelangt sei und ob sie Erstattungen ihres Arbeitgebers erhalten habe.

    Ein Dienstplan der Klägerin für das Streitjahr liege nicht vor, jedoch werde die Anzahl der Diensttage der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Auch werde nicht bestritten, dass die Arbeitszeiten unregelmäßig seien. Allerdings könne der Beginn und das Ende der einzelnen Schichten nicht nachvollzogen werden.

    Der ursprüngliche Sachvortrag der Klägerin stehe – ebenso wie die eidesstattliche Versicherung des Ehemannes – im Widerspruch zu den Darlegungen vom 7. Februar 2013. Während zunächst behauptet worden sei, die Klägerin habe ihren eigenen Wagen genutzt, um zum Flughafen Frankfurt zu fahren, heiße es nunmehr, dass auch das Fahrzeug des Ehemannes genutzt worden sei. Die Angaben der Klägerin zur Bahnverbindung seien ebenfalls unzutreffend bzw. unvollständig. Auch die durchgeführte Berechnung der Fahrleistungen überzeuge nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 14. März 2013 Bezug genommen.

    Im Übrigen wird auf die Finanzgerichtsakte und die Steuerakte der Beklagten verwiesen.


    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist begründet. Der streitige Einkommensteuerbescheid vom 20. Mai 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 18. November 2011 verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten, als der Beklagte darin die streitigen Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer unberücksichtigt gelassen und lediglich Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in eingeschränkter Höhe berücksichtigt hat.

    Die Aufwendungen der Klägerin für das häusliche Arbeitszimmer sind in Höhe von 1.250 EUR als Werbungskosten abziehbar.

    Gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG).

    Im Streitfall liegen, wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, die Voraussetzungen für den unbeschränkten Werbungskostenabzug gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG nicht vor, denn der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung der Klägerin liegt nicht im häuslichen Arbeitszimmer.

    Entgegen der Auffassung des Beklagten liegen jedoch die Voraussetzungen des beschränkten Werbungskostenabzuges (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG) vor.

    Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass das von der Klägerin genutzte Zimmer dem Grunde nach als häusliches Arbeitszimmer im Sinne des Gesetzes anzusehen ist.

    Der Klägerin steht für nicht unwesentliche Teile ihrer Tätigkeit kein „anderer Arbeitsplatz” zur Verfügung.

    Ein „anderer Arbeitsplatz” im Sinne des Gesetzes ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Er steht aber nur dann e„für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit … zur Verfügung”, wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Übt der Steuerpflichtige nur eine berufliche Tätigkeit aus, muss geprüft werden, ob der an sich vorhandene andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Der Steuerpflichtige ist auch dann auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen, wenn er dort einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit verrichten muss. Demgegenüber genügt es nicht, dass nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch an dem anderen Arbeitsplatz verrichtet werden könnten (vgl. BFH Urteile vom 7. August 2003 VI R 17/01, BFHE 203, 130, BStBl 2004 II S. 78; VI R 41/98, BFHE 203, 119, BStBl 2004 II S. 80; VI R 162/00, BFHE 203, 124, BStBl 2004 II S. 83; VI R 16/01, BFHE 203, 128, BStBl 2004 II S. 77; VI R 118/00, BFHE 203, 122, BStBl 2004 II S. 82; vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl 2004 II S. 775).

    Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin in ihrem häuslichen Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil ihrer beruflichen Tätigkeit verrichtet. Dies gilt nicht nur für die Fortbildung, die die Klägerin hier absolviert. Vielmehr bereitet sie sich im häuslichen Arbeitszimmer auch auf ihre Flüge vor und erledigt die nach einem Flug anfallenden Arbeiten. So hat sie nach jedem Flug jeweils verschiedenste Berichte, insbesondere auch zur Beurteilung ihrer Teammitglieder zu erstellen.

    Für diesen vom Umfang und Inhalt nicht unbedeutenden Teil ihrer Arbeit steht der Klägerin kein „anderer Arbeitsplatz” zur Verfügung. Dies bestätigen die

    Bescheinigungen des Arbeitgebers der Klägerin, wonach ihr kein individueller Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird.

    Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch der sog. Briefing-Raum kein „anderer Arbeitsplatz”. Dieser genügt nicht den Anforderungen, die an einen Büroarbeitsplatz zu stellen sind. Zum einen steht der Klägerin dort kein „Schreibtischarbeitsplatz” zur Verfügung; stattdessen verfügt der Raum lediglich über allgemeine Sitzgelegenheiten und einen kleinen, fahrbaren Tisch. Zum anderen verhindert die Nutzung benachbarter, durch Trennwände abgetrennter Räume durch andere Crews und die damit verbundene Lärmbeeinträchtigung, dass die Klägerin in dem Briefing-Raum in einem angemessenen Umfang Büroarbeiten erledigen könnte. Gleiches gilt in Bezug auf den zeitlich beschränkten Zugang der Klägerin zu den Briefing-Räumen.

    Die Tatsache, dass die Klägerin in Ausnahmefällen – gemeinsam mit den Kollegen aus dem Cockpit – Räumlichkeiten des Arbeitgebers anfordern und nutzen kann, führt zu keinem anderen Ergebnis. Diese Räume stehen der Klägerin nur im Sonderfall und auf Anforderung zur Verfügung. Sie kann auf diese Räume weder jederzeit noch für die regelmäßig von ihr zu erledigenden „Büroarbeiten” zugreifen.

    Der Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer scheitert schließlich auch nicht daran, dass dieses im Streitjahr nicht fast ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt worden ist. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin das Arbeitszimmer in erheblichem Umfang für private Tätigkeiten genutzt hat. Sie selbst hat den Anteil der Privatnutzung mit höchstens 10% angegeben. Der Beklagte hat dies nicht in Frage gestellt und auch der Senat hat aufgrund der Ausführungen der Klägerin keinen Anlass, eine darüberhinausgehende Privatnutzung anzunehmen. Die Klägerin verrichtet im häuslichen Arbeitszimmer nicht nur unbedeutende, zeitlich sehr begrenzte Arbeiten, sondern für ihre Tätigkeit wichtige und auch von ihrem Umfang bedeutsame Arbeiten. Der dargelegte private Nutzungsanteil des Zimmers ist demgegenüber unbedeutend.

    Die Klage ist auch insoweit erfolgreich, als sie auf die Anerkennung weiterer Fahrtkosten in Höhe von 5.557,50 EUR gerichtet ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihr ursprüngliches Klagebegehren insoweit erst nach Ablauf der Klagefrist (betraglich) erweitert hat (vgl. z.B. BFH Urteil vom 26. Juni 1991 XI R 7/88, BFH/NV 1991, 681 m.w.N.).

    Der Beklagte hat die Aufwendungen der Klägerin für ihre Fahrten zum Flughafen nach Frankfurt zu Unrecht als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angesehen und dementsprechend lediglich in Höhe von 5.558 EUR (abzüglich unstreitiger Erstattungen des Arbeitgebers) berücksichtigt. Die Klägerin übt vielmehr eine Auswärtstätigkeit aus, so dass die Fahrtkosten in Höhe der tatsächlich entstandenen Aufwendungen zu berücksichtigen sind.

    Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sind grundsätzlich Erwerbsaufwendungen. Allerdings sind diese gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur begrenzt – d.h. in Höhe der sog. Entfernungspauschale – als Werbungskosten zu berücksichtigen.

    Liegt hingegen keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitsstätte vor und kann sich der Arbeitnehmer daher nicht auf die dorthin führenden, immer gleichen Wege in unterschiedlicher Weise einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken (z.B. durch Bildung von Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder entsprechende Wohnsitznahme), ist eine

    Durchbrechung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt. Dies ist insbesondere bei Auswärtstätigkeiten der Fall ( BFH Urteile vom 11 . Mai 2005 VI R 7/02 , BFHE 209, 502, BStBl 2005 II S. 782; VI R 70/03, BFHE 209, 508, BStBl 2005 II S. 785; vom 10. April 2008 VI R 66/05, BFHE 221, 35, BStBl 2008 II S. 825).

    Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser Regelung ist nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, denen der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht (z.B. BFH Urteile vom 10. Juli 2008 VI R 21/07, BFHE 222, 391, BStBl 2009 II S. 818; vom 9. Juli 2009 VI R 21/08, BFHE 225, 449, BStBl 2009 II S. 822; vom 17. Juni 2010 VI R 35/08, BFHE 230, 147, BStBl 2010 II S. 852; vom 22. September 2010 VI R 54/09, BFHE 231, 127, BStBl 2011 II S. 354 m.w.N.; vom 9. Juni 2011 VI R 55/10, BFHE 234, 164, BStBl 2012 II S. 38). Dabei ist grundsätzlich erforderlich, dass der Arbeitnehmer in der Arbeitsstätte seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachgeht. Die regelmäßige Arbeitsstätte am Betriebssitz des Arbeitgebers oder an einer sonstigen ortsfesten dauerhaften betrieblichen Einrichtung, welcher der Arbeitnehmer zugeordnet ist, liegt mithin nur noch vor, wenn der Arbeitnehmer diesen Ort zum einen mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht, und zum anderen dort schwerpunktmäßig tätig wird. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit (vgl. BFH Urteil vom 9. Juni 2011 VI R 55/10, BFHE 234, 164, BFH Urteil vom 9. Juni 2011 VI R 58/09, BFHE 234, 155, BStBl 2012 II S. 34). Dagegen genügt allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer den Betriebssitz oder sonstige Einrichtungen des Arbeitgebers mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht, für sich betrachtet nicht mehr, um eine regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen (z.B. BFH Urteil vom 9. Juni 2011 VI R 58/09, BFHE 234,155; BStBl 2012 II S. 34).

    Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes kann der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers nur an einem Ort liegen. Übt der Arbeitnehmer an mehreren betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers seinen Beruf aus, ist es ihm regelmäßig nicht möglich, auf die anfallenden Wegekosten Einfluss zu nehmen. Denn die unter Umständen nicht verlässlich vorhersehbare Notwendigkeit, verschiedene Tätigkeitsstätten aufsuchen zu müssen, erlaubt es dem Arbeitnehmer nicht, sich auf die immer gleichen Wege und eine kostengünstige Verpflegungssituation einzustellen (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 18. Juni 2009 VI R 61/06, BFHE 226, 59, BStBl 2010 II S. 564). In einem solchen Fall lässt sich die Einschränkung der Steuererheblichkeit von Wegekosten durch die Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) nicht rechtfertigen.

    Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass die Klägerin im Streitjahr eine Auswärtstätigkeit ausgeübt hat. Sie verfügte über keine regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne der genannten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes. Insbesondere der Flughafen in Frankfurt stellte keine regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin dar. Zwar hat die Klägerin dort betriebliche Einrichtungen ihres Arbeitgebers regelmäßig und mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufgesucht. Sie war den betrieblichen Einrichtungen ihres Arbeitgebers auf dem Flughafen in Frankfurt gemäß den arbeitsvertraglichen Regelungen zugeordnet und hat diese auch arbeitstäglich aufgesucht. Die Klägerin war dort aber nicht im Schwerpunkt tätig. Sie hat dort zwar Teile ihrer Arbeit verrichtet, indem sie insbesondere die konkrete Flugvorbereitung mit ihrem Team durchgeführt, sich n„eingecheckt” und die für sie bestimmten Informationen ihres Arbeitgebers in Empfang genommen hat. Jedoch lag der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit unstreitig sowohl quantitativ als auch qualitativ im Flugzeug. Das Flugzeug selbst ist hingegen als nicht ortsfeste Einrichtung keine regelmäßige Arbeitsstätte (vgl. zum LKW des Kraftfahrers: BFH Urteil vom 28. März 2012 VI R 48/ 11 , BFHE 237, 82, BStBl 2012 II S. 926) und auch das häusliche Arbeitszimmer – in dem die Klägerin ebenfalls nicht im Schwerpunkt tätig war – stellt keine regelmäßige Arbeitsstätte dar.

    Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin den Flughafen in Frankfurt regelmäßig und nachhaltig aufgesucht hat und sich aus diesem Grunde unter Umständen auf die Fahrten zum Flughafen nach Frankfurt einstellen sowie durch verschiedene Maßnahmen auf die Minderung der dadurch verursachten Kosten hätte Einfluss nehmen können. Dieser Gesichtspunkt mag zwar für Fahrten zur regelmäßigen Arbeitsstätte die gesetzliche Beschränkung des Abzuges von Fahrtkosten auf die sog. Entfernungspauschale rechtfertigen. Er ist jedoch nicht geeignet, eine über das Gesetz hinausgehende Begrenzung des Werbungskostenabzuges für bestimmte Auswärtstätigkeiten zu begründen. Einer solchen Beschränkung steht auch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes entgegen. Diese stellt ausdrücklich darauf ab, dass der Mittelpunkt der Tätigkeit in der regelmäßigen Arbeitsstätte liegen muss. Dabei gilt das „Mittelpunkt-Merkmal” uneingeschränkt und dient nicht lediglich als Abgrenzungskriterium für jene Fälle, in denen der Arbeitnehmer verschiedene betriebliche Einrichtungen seines Arbeitgebers regelmäßig aufsucht und deshalb zu prüfen ist, ob eine dieser Einrichtungen als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist. Seine anders lautende, ältere Rechtsprechung (vgl. zur Beurteilung des Heimatflughafens als regelmäßige Arbeitsstätte einer Flugbegleiterin BFH Urteil vom 5. August 2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225, BStBl 2004 II S. 1074) hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich aufgegeben.

    Die Klägerin kann die ihr für die Fahrten zum Flughafen in Frankfurt entstandenen Kosten in tatsächlicher Höhe abziehen, wobei der Ansatz des pauschalen Km-Satzes von 0,30 EUR/km zulässig ist (vgl. R 9.5. LStH 2010, R 4.12. EStH 2010). Im Streitfall sind dies – neben den bereits berücksichtigten Aufwendungen – weitere 5.557,50 EUR (65 × 285 km × 0,30 EUR).

    Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin die erklärten 65 Fahrten zum Flughafen nach Frankfurt mit dem PKW durchgeführt hat und ihr dementsprechend der geltend gemachte Aufwand auch entstanden ist. Auch wenn es für die Klägerin zwar grundsätzlich möglich war, mit der Bahn nach Frankfurt zu gelangen, so ist der Senat aufgrund der Darlegungen der Klägerin davon überzeugt, dass sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, sondern mit dem PKW gefahren ist. Die Ausführungen der Klägerin erachtet der Senat insgesamt als schlüssig und glaubhaft. Sie entsprechen auch der allgemeinen Lebenserfahrung, denn die Nutzung der Bahn wäre für die Klägerin ungleich aufwendiger gewesen. Sie hätte deutlich mehr Zeit für den Weg nach Frankfurt aufwenden müssen und die Fahrt wäre – wegen der Notwendigkeit der Nutzung verschiedener Verkehrsmittel, des Umsteigeaufwandes, notwendiger Fußwege – deutlich beschwerlicher gewesen.

    Weiterer Nachweise zu den streitigen Aufwendungen der Klägerin bedurfte es aus Sicht des Senates nicht. Dabei war zu berücksichtigen, dass für die Klägerin nach Maßgabe der ursprünglichen Rechtslage kein Anlass bestanden hatte, Belege/Nachweise über die Fahrten zum Flughafen zu sammeln bzw. aufzubewahren. Erst durch die geänderte Rechtssprechung ergab sich für sie die Möglichkeit des erweiterten Werbungskostenabzuges und damit das Problem des Nachweises entsprechender Aufwendungen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 151 Abs. 3, § 155 FGO, § 708 Nr. 11 , § 711 ZPO.

    Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und wegen des bereits anhängigen Revisionsverfahrens zur Entscheidung des FG Rheinland Pfalz (Urteil vom 21. September 2012 3 K 1740/10 , EFG 2013, 113, Az. des BFH: VI R 68/12) sowie der abweichenden Entscheidung des FG München (Urteil vom 20. Februar 2013, 9 K 1748/ 11 ) zuzulassen ( § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr 4 EStG § 9 Abs 5 EStG § 4 Abs 5 Satz 1 Nr 6b EStG § 9 Abs 1 Satz 1