29.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132949
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 24.01.2013 – 6 K 2670/10
Für eine Abfindung aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
(aus betriebsbedingten Gründen) ist die Steuerermäßigung
gemäß § 34 EStG nicht zu gewähren,
wenn eine weitere, ca. 12,5% der Gesamtleistung ausmachende Teilleistung
in einem anderen Jahr gezahlt wurde und diese weitere Teilleistung als
Ausgleich dafür gewährt wurde, dass der Arbeitnehmer
seine Kündigungsschutzklage zurücknimmt und in
eine Transfer-Gesellschaft wechselt.
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung der Steuerermäßigung
nach § 34 EStG für Abfindungszahlungen, die in
zwei Veranlagungszeiträumen an die Klägerin ausgezahlt
wurden.
Die Klägerin ist Industriekauffrau und erzielte in den
Streitjahren sowohl Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem
Betrieb eines Nagelstudios als auch Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit.
Die Klägerin war im Jahr 2006 bei der Firma B GmbH in
F beschäftigt. Am 20. Dezember 2006 kündigte die
Firma B das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis
zum 31. Mai 2007 aus betriebsbedingten Gründen (Bl. 13
d. Einkommensteuerakte, VZ 2008). Für den Verlust ihres
Arbeitsplatzes wurde der Klägerin eine Abfindung in Höhe
von 41.453,00 Euro angeboten, die mit der letzten Entgeltrechnung
ausgezahlt werden sollte (Bl. 13 d. Einkommensteuerakte, VZ 2008).
Daneben bot die B GmbH der Klägerin an, ab dem 1. Februar 2007
für längstens 12 Monate in eine Transfergesellschaft „X
GmbH” zu wechseln. In letzterem Fall erhöhe sich
die Abfindungssumme um weitere 5.970,00 Euro (14 d. Einkommensteuerakte,
VZ 2008).
Die Klägerin unterzeichnete am 5. Januar 2008 einen
Vertrag über den Wechsel in die Transfer Gesellschaft X
(Bl. 15 d. Einkommensteuerakte, Rb ESt 07 u 08). Ausweislich der
Präambel beruht der Vertrag auf Grundlage des bei B zwischen
der Geschäftsleitung und Betriebsrat abgeschlossenen Sozialplans
vom 30. November 2006 sowie des zwischen B und dem X abgeschlossenen
Vertrages über die Einrichtung einer Transfergesellschaft.
Ausweislich des Vertrages erfolgte die Einstellung zur Vermittlung
der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis bei einem
anderen Arbeitgeber, welche durch interne bzw. externe Qualifizierungsmaßnahmen,
durch ein Betriebspraktikum und durch Arbeitsvermittlung unterstützt
werde (Bl. 15 d. Einkommensteuerakte, VZ 2008). Die Einstellung erfolgte
befristet vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008. Mit Abschluss
des Transfervertrages endete das Vertragsverhältnis zwischen
der B GmbH und der Klägerin einvernehmlich zum 31. Januar
2007 (Bl. 16 d. Einkommensteuerakte, VZ 2008). Zugleich verpflichtete
sich die Klägerin, etwaige Kündigungs- oder Bestandsschutzklagen
gegen die B GmbH zurückzunehmen (Bl. 16 d. Einkommensteuerakte,
Rb ESt 2007 u. 2008).
Unter § 2 des Vertrages zwischen der Klägerin,
der X und der B GmbH wurde unter Ziffer 2 folgendes vereinbart:
„Der Arbeitnehmer hat beim Ausscheiden
von B einen Anspruch auf eine Abfindung gemäß Sozialplan
vom 30. November 2006 gemäß §§ 9,
10 KSchG. Davon erhält er beim Ausscheiden bei B eine Teilauszahlung
in Höhe von € 5.970,00. Die Auszahlung der restlichen
Abfindungssumme in Höhe von € 41.453,00 erfolgt
durch die X beim Austritt aus der TG.”
Die Auszahlung durch die X erfolgt dabei im Auftrag der B GmbH
(Bl. 4 d. Einkommensteuerakte, Rb ESt 2007 u. 2008). Am 19. Mai
2008 verlängerte die Klägerin ihren befristeten
Arbeitsvertrag mit der X bis 22. Juni 2008 (Bl. 22 d. Einkommensteuerakte,
VZ 2008).
Der Klägerin wurde vereinbarungsgemäß mit
der Januar-Entgeltabrechnung 2007 ein Teilbetrag in Höhe
von 5.970,00 Euro ausgezahlt. Die Auszahlung der rechtlichen Abfindungssumme
in Höhe von 41.453,00 Euro erfolgte durch die X beim Austritt
der Klägerin aus der Transfergesellschaft im Jahr 2008.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2007 vom 11. April
2008 erklärte sie bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit neben ihrem Bruttoarbeitslohn unter der Rubrik „Entschädigung/Arbeitslohn
für mehrere Jahre” einen Betrag in Höhe
von 5.970,00 Euro (Bl. 7 d. Einkommensteuerakte). Die Veranlagung erfolgte
erklärungsgemäß mit Einkommensteuerbescheid
2007 vom 26. Juni 2008, der in der Folge bestandskräftig
wurde (Bl. 18 d. Einkommensteuerakte).
In der am 19. März 2009 eingegangenen Einkommensteuererklärung
2008 wies die Klägerin bei den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit neben ihrem Bruttoarbeitslohn
in der Rubrik „Entschädigung/Arbeitslohn
für mehrere Jahre” einen Betrag in Höhe
von 41.453,00 Euro aus (Bl. 6 d. Einkommensteuerakte, VZ 2008).
Der Beklagte forderte in der Folge die entsprechenden Vertragsunterlagen
an. Aufgrund der im Rahmen der Bearbeitung der Steuererklärung 2008
gewonnenen Erkenntnisse erließ der Beklagte am 18. Mai
2009 für 2007 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung
geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem er die Anwendung
des § 34 Abs. 1 EStG für die Teilabfindung in
Höhe von 5.970,00 Euro versagte (Bl. 22 d. Einkommensteuerakte,
VZ 2007). Dadurch erhöhte sich die ursprünglich
festgesetzte Einkommensteuer von 801,00 Euro auf 1.040,00 Euro.
Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 18. Mai 2009 setzte der
Beklagte Einkommensteuer in Höhe von 10.975,00 Euro fest,
wobei er die gezahlte Abfindung in Höhe von 41.453,00 Euro
nicht nach § 34 EStG ermäßigt besteuerte
(Bl. 16 d. Einkommensteuerakte, VZ 2008).
Die Klägerin legte am 25. Mai 2009 Einspruch gegen die
Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 und beantragte die Steuerermäßigung
nach § 34 EStG für die gezahlten Abfindungen.
Am 1. September 2010 erging ein nach § 10d Abs. 1 S. 3
EStG geänderter Einkommensteuerbescheid 2008, der die Einkommensteuer
mit 8.349,00 Euro festsetzte (Bl. 20 d. Einkommensteuerakte, VZ 2008).
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 19. November
2010 die Einsprüche als unbegründet zurück
(Bl. 32 d. Einkommensteuerakte, VZ 2008). Nach der Rechtsprechung
lägen au ßerordentliche Einkünfte im Sinne
des § 34 Abs. 1 und 2 EStG vor, wenn die zu begünstigenden
Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen seien
und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte
steuerliche Belastungen entstünden. Keine Zusammenballung in
diesem Sinne liege vor, wenn eine Entschädigung in zwei
oder mehreren verschiedenen Veranlagungszeiträumen gezahlt
werde. Der Zweck des § 34 Abs. 1 EStG werde jedoch trotz
Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen nicht verfehlt,
wenn der Steuerpflichtige nur eine geringfügige Teilleistung
erhalten habe und die ganz überwiegende Hauptentschädigungsleistung
in einem Betrag ausgezahlt werde. Eine weitere Ausnahme werde von
der Rechtsprechung zugelassen, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang
mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers neben einer Entschädigung
weitere Zahlungen verspreche, die keinen Ersatz für entgangenen
Arbeitslohn, sondern ihre Ursache in besonderen Fürsorgeerwägungen
hätten. Die Klägerin habe eine Entschädigung
für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten, die in zwei
Teilleistungen ausgezahlt worden sei. Es handele sich nicht um unterschiedliche
Entschädigungsleistungen von zwei Arbeitgebern in verschiedenen
Jahren. Die X übe keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit
aus, sondern übernehme in Funktion einer Zahlstelle lediglich
die Pflichten des früheren Arbeitgebers aus dem ersten
Arbeitsverhältnis. Entgegen der Auffassung der Klägerin
handele es sich bei dem im Jahr 2007 zugeflossenen Betrag in Höhe
von 5.970,00 Euro auch nicht um eine Zahlung aus sozialer Fürsorge,
so dass die im Jahr 2008 zugeflossene Abfindungssumme in Höhe
von 41.453,00 Euro nicht der steuerlichen Begünstigung unterliege.
Aus der Aufhebungsvereinbarung gehe klar hervor, dass es sich bei der
Zusatzzahlung um eine Hauptentschädigungsleistung handele.
Auch sei der im Jahr 2007 ausgezahlte Betrag nicht eine geringfügige
Teilleistung im Sinne der Rechtsprechung. Vielmehr stelle die Teilabfindung
in Höhe von 5.970,00 Euro ca. 12,6% der gesamten
Entschädigungsleistung dar. Als geringfügig könne
ein Teilbetrag nur angesehen werden, wenn er 5% der Gesamtabfindung nicht überschreite.
Mit ihrer am 20. Dezember 2010 beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz
eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Anwendung
des § 34 EStG auf die Abfindungszahlungen. Sie trägt
vor, bei der B GmbH und der Transfergesellschaft X handele sich
um zwei verschiedene Arbeitgeber, die den auf sie entfallenden Anteil
der Abfindung jeweils aufgrund eigenen Vertrages und aus eigenen
Mitteln zu bezahlen hätten (Bl. 33 d. PrA.). Die X übe
auch selbst eine wirtschaftliche Tätigkeit aus, da sie
neben entsprechender arbeits- und berufspädagogischer Unterstützung
weitere Instrumente wie interne bzw. externe Qualifizierungsmaßnahmen,
Praktikum im Betrieb bzw. eines Qualifizierungsträgers
und Arbeitsvermittlung einsetze (Bl. 33 d. PrA.). Im Übrigen lasse
sich weder aus dem Wortlaut des § 34 Abs. 2 EStG noch aus
der Rechtsprechung ableiten, dass die Entschädigung zwingend
in einem Veranlagungszeitraum zufließen müsse.
Vielmehr werde der Zweck des § 34 EStG nicht verfehlt,
wenn der Steuerpflichtige nur eine geringfügige Teilleitung
in einem Jahr erhalte und die ganz überwiegende Hauptentschädigungsleistung
in einem Betrag in einem anderen Veranlagungsjahr ausbezahlt werde.
Eine absolute Grenze für die geringfügige Teilleistung
in diesem Sinne sei von der Rechtsprechung bisher nicht festgelegt
worden. Eine Teilauszahlung in Höhe von 12,6% der
Gesamtsumme wie vorliegend sei noch geringfügig (Bl. 34
d. PrA.).
Hilfsweise trägt die Klägerin vor, dass die
im Jahr 2007 zugeflossene Entschädigung in Höhe
von 5.970,00 Euro aus Gründen der sozialen Fürsorge
in pauschaler Form diejenigen zu erwartenden Kosten abdecken sollten,
welche die Klägerin im Zuge ihrer Weiterbildung und Wiedereingliederung
in den Beruf unabhängig von den Hilfen der Transfergesellschaft
persönlich aufzubringen habe. Der Betrag umfasse ca. zwei
Monatsgehälter. Es handele sich dabei um eine zusätzliche
Entschädigungsleistung im Sinne der Ziffer 9 und 15 des
BMF-Schreibens vom 24. Mai 2004. Der Klägerin seien die
vorliegenden Vertragsgestaltungen ohne Verhandlungsmöglichkeiten
zwingend vorgegeben worden. Sie halte es vor diesem Hintergrund
geboten, die vorliegenden Verträge zu ihren Gunsten auszulegen.
Anderenfalls habe sie allein wegen der ungenügenden Form
der von der Firma B GmbH vorgegebenen Vertragsgestaltung die negativen
steuerlichen Folgen zu tragen, obwohl sie auf Form und Inhalt der Verträge
keinen Einfluss hätte nehmen können.
Die Klägerin beantragt,
den geänderten Einkommensteuerbescheid
2007 vom 18. Mai 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
19. November 2010 und den geänderten Einkommensteuerbescheid
2008 vom 1. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 19. November 2010 dahingehend zu ändern, dass im Jahr 2007
bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
ein Betrag in Höhe von 5.970,00 Euro und im Jahr 2008 ein
Betrag in Höhe von 41.453,00 Euro gemäß § 34
Abs. 2 Ziff. 2 EStG ermäßigt besteuert werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass die ermäßigte
Besteuerung insgesamt ausgeschlossen sei, da die jeweiligen Teilbeträge
der Abfindung in unterschiedlichen Kalenderjahren zugeflossen seien.
Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen in
der Einspruchsentscheidung vor, bei der Entlassung von Arbeitnehmern
und Einschaltung von sog. Beschäftigungsgesellschaften
sei zunächst zu prüfen, ob das Dienstverhältnis
des Arbeitnehmers zum ehemaligen Arbeitgeber aufgelöst und
ein neues Dienstverhältnis zur Beschäftigungsgesellschaft
begründet werde oder ob sich die Tätigkeit bei
der Beschäftigungsgesellschaft als Fortsetzung des bisherigen
Dienstverhältnisses darstelle. Letzteres sei im streitigen
Verfahren der Fall, da die Klägerin gegenüber
der Beschäftigungsgesellschaft keine Arbeitsleistung zu
erbringen habe. Ihre Hauptpflicht bestehe darin, sich aktiv zu bewerben
und an diversen Qualifikationsmaßnahmen teilzunehmen. Die Auszahlung
des zweiten Teilbetrages der Abfindung im Jahr 2008 sei zudem durch
die X im Auftrag der Firma B GmbH erfolgt. Es sei daher davon auszugehen,
dass eine einheitliche Entschädigungszahlung durch die
Firma B GmbH erfolgt sei. Eine Teilleistung von 12,6% sei
nicht mehr als geringfügig anzusehen.
Gründe
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide
2007 und 2008 sind rechtmäßig und verletzten die
Klägerin nicht in ihren Rechten. Die der Klägerin
in den Streitjahren zugeflossenen Zahlungen aufgrund der Sozialplanregelung
unterliegen als Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit keiner ermäßigten Besteuerung gemäß § 34
Abs. 1 EStG.
I.
1. Die streitigen Zahlungen sind
als Einnahme bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit zu berücksichtigen, da sie durch das Dienstverhältnis
der Klägerin veranlasst waren und sich für sie
als Frucht ihrer Arbeit darstellen (BFH Urteil vom 23. April 2009, VI R 39/08, BFH/NV
2009, 1189).
Die streitigen Zahlungen können zwar grundsätzlich
als außerordentlichen Einkünfte eingeordnet werden.
Sie sind jedoch nicht ermäßigt nach § 34 EStG
zu besteuern, da sie der Klägerin nicht zusammengeballt
zugeflossen sind.
2. Als außerordentliche Einkünfte
kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG Entschädigungen
im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht. Entschädigungen liegen
vor, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch
weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene
Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage
beruht (BFH Urteil vom 26. Januar 2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012,
659). Dabei sind mehrere Zahlungen als Teil einer einheitlich
zu beurteilenden Entschädigung anzusehen, wenn sie Ersatz
für ein und dasselbe Schadensereignis darstellen (BFH Urteil
vom 14. April 2005, XI
R 11/04, BFH/NV 2005, 1772).
Dies ist vorliegend der Fall. Die Firma B hat das Arbeitsverhältnis
mit der Klägerin mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 gekündigt.
Die nach Maßgabe des Sozialplanes und damit auf einer neuen
Rechtsgrundlage gezahlten Gelder dienten dem Ausgleich der mit der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses einhergehenden wirtschaftlichen
Nachteile. Dies gilt für die Abfindung in Höhe
von 41.453,00 Euro ebenso wie für die weitere Abfindung
in Höhe von 5.970,00 Euro. Beide Zahlungen dienten als
Ersatz f ür die Beendigung des Arbeitsverhältnisses,
so dass beide Zahlungen als Teil einer einheitlich zu beurteilenden
Entschädigung anzusehen sind. Der Grund für die weitere
Abfindungszahlung bei Wechsel der Klägerin in die Transfergesellschaft
dürfte im gleichzeitigen Verzicht auf eine Kündigungsschutz-
bzw. Bestandschutzklage liegen. Beide Zahlungen wurden auch wirtschaftlich vom
früheren Arbeitgeber der Klägerin, der B GmbH,
gezahlt, auch wenn die Auszahlung in Höhe von 41.530,00
Euro durch die Transfergesellschaft erfolgte. Entgegen der Ansicht
der Klägerin ist sie nicht in eine Beschäftigungsgesellschaft,
sondern eine Transfergesellschaft überführt worden.
Die Transfergesellschaft ist ein arbeitsmarktpolitisches Instrument,
mit dem Zweck, konkret von Arbeitslosigkeit bedrohte Mitarbeiter
eines Betriebes ein neues Beschäftigungsverhältnis
zu vermitteln (FG Düsseldorf, Urteil vom 25. Oktober 2010, 11 K 2909/09, EFG 2011, 976).
Zwar wurde zwischen der Klägerin und der Transfergesellschaft
ein neues befristetes Arbeitsverhältnis begründet,
allerdings Kurzarbeit Null vereinbart (§ 216b SGB III).
Die Klägerin erlangte einen Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld,
mangels Arbeitsleistung aber keinen Anspruch auf laufenden Arbeitslohn.
Die Finanzierung von Transfergesellschaften erfolgt über
das entlassende Unternehmen und über die Agenturen für
Arbeit, die den Transfergesellschaften Transferkurzarbeitergeld
nach § 216b SGB III in der im Streitjahr geltenden Fassung
zahlen.
3. Allein die Feststellung von außerordentlichen
Einkünften nach § 34 Abs. 2 EStG begründet
jedoch noch nicht die Gewährung der Steuerermäßigung nach § 34
Abs. 1 EStG. Die Steuerermäßigung des § 34
EStG ist ihrem Zweck nach eine Billigkeitsregelung, die Ausfluss
des Prinzips der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist
(Lindberg, in Blümich, EStG Kommentar, § 34 Rn.
4). Sind in einem Veranlagungszeitraum Einkünfte zu versteuern,
die wirtschaftlich anderen Veranlagungszeiträumen zuzurechnen sind,
nicht regelmäßig auftreten und tatsächlich
nicht zu einer nachhaltigen Steigerung der Leistungsfähigkeit
führen, gleichwohl aber auch die Regeleinkünfte
einer höheren Progression unterwerfen, können
unbillig Härten entstehen (Lindberg, in Blümich,
EStG Kommentar, § 34 Rn. 4). Die Rechtsprechung reduziert
daher die Vorschrift nach ihren Zweck über ihren Wortlaut
hinaus teleologisch, indem sie die Steuerermäßigung
nur auf außerordentliche Einkünfte anwendet, die
zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum an den Steuerpflichtigen
ausgezahlt werden (BFH Urteil vom 11. Mai 2010, IX R 39/09, BFH/NV
2010, 1801). Wird eine Entschädigung in zwei oder
mehreren Veranlagungszeiträumen ausgezahlt, scheiden grundsätzlich
in sämtlichen Veranlagungszeiträumen eine Steuerermäßigung
nach § 34 EStG aus, auch wenn sich ein Progressionsnachteil
ergibt (BFH Urteil vom 11. Mai 2010, IX R 39/09, BFH/NV
2010, 1801). Gleichwohl betont die Rechtsprechung zugleich,
dass der Zufluss in einem Veranlagungszeitraum kein Tatbestandsmerkmal
des § 34 EStG ist. Der Zweck der Vorschrift werde trotz
Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen nicht verfehlt,
wenn der Steuerpflichtige nur eine geringfügige Teilleistung
erhalte und die ganz überwiegende Hauptentschädigungsleistung
in einem Betrag in einem anderen Veranlagungszeitraum ausgezahlt
werde (BFH Urteil vom 11. Mai 2010, IX R 39/09, BFH/NV
2010, 1801; BFH Urteil vom 26. Januar 2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012,
659). Wann von einer solche unschädlichen geringfügigen
Teilleistung auszugehen ist, bestimmt sich nach dem Vorliegen einer
Ausnahmesituation in der individuellen Steuerbelastung des einzelnen
Steuerpflichtigen (BFH Urteil 26. Januar 2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012,
659). Eine starre Prozentgrenze sieht das Gesetz weder
vor, noch kann eine solche die gesetzlich geforderte Prüfung
der Außerordentlichkeit im Einzelfall ersetzen. Sind keine
besonderen tatsächlichen Umstände erkennbar, die
die Teilleistungen bedingen oder prägen, ist die Frage,
ob die Teilleistung der Außerordentlichkeit der Hauptentschädigungszahlung
entgegensteht, alleine ausgehend von der Höhe der Teilleistung
zu beurteilen (BFH Urteil 26. Januar 2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012,
659). Dabei hat der Bundesfinanzhof in der Vergangenheit eine
Teilleistung, die 10,2% der Gesamtleistung entsprach, als
nicht mehr geringfügig angesehen (BFH Beschluss vom 20.
Juni 2011, IX B
59/11, BFH/NV 2011, 1682), während
er bei einer Teilleistung von 1,3% der Gesamtleistung die
Unschädlichkeit bejahte (BFH Urteil vom 25.08.2009, IX R 11/09,
BStBl. II 2011. 27). Das BMF geht von einer unschädlichen
Teilleistung aus, wenn sie 5% der Hauptleistung nicht übersteigt
(BMF Schreiben vom 17. Januar 2011, IV
C 4- S 2290/07/10007:005, BStBl. I 2011,
39).
Dies zugrunde gelegt kann vorliegend nicht von einer Zusammenballung von
Einkünften ausgegangen werden. Die Klägerin hat
vielmehr im Streitjahr 2007 einen Betrag in Höhe von 5.970,00
Euro und im Streitjahr 2008 einen Betrag in Höhe von 41.453,00
Euro ausgezahlt bekommen. Die Auszahlung im Jahr 2007 entspricht
ca. 12,57 % der Gesamtabfindungssumme und kann nicht mehr
als geringfügig angesehen werden. Sie führt mit
Blick auf einen monatlichen Bruttoarbeitslohn von knapp 3.000 Euro
nicht zu einer derart relevanten Progressionsverschiebung, die geeignet
wäre, eine Ausnahmesituation für die Klägerin
hinsichtlich ihrer Progressionsbelastung in den Streitjahren anzunehmen.
4. Die Steuerermäßigung
des § 34 EStG kann auch nicht isoliert für die
Abfindungszahlung im Jahr 2008 in Höhe von 41.530,00 Euro
angewandt werden. Zwar berührt nach der Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs ausnahmsweise eine zuvor gezahlte Zusatzleistung
die Steuerermäßigung nicht, wenn diese Leistung
aus Gründen der sozialen Fürsorge gezahlt wird.
Entgegen des Hilfsvortrags der Klägerin kann jedoch in
der Abfindungszahlung in Höhe von 5.970,00 Euro keine solche
Zusatzleistung aus Gründen der sozialen Fürsorge.
Solche Zusatzleistungen sind nach der Rechtsprechung z.B. die Übernahme
der Kosten für eine Outplacement-Beratung, die Übernahme von
Kosten für Computerkurse oder die weitere Überlassung
des Firmen-Pkw für drei Monate nach der Entlassung (Lindberg,
in Blümich, EStG Kommentar, § 34 Rn. 36). Derartige
ergänzende Zusatzleistungen, die Teil einer einheitlichen
Entschädigung sind, sind unschädlich für
die Beurteilung der Hauptleistung als einer zusammengeballten Entschädigung
(BFH Urteil vom 14. April 2005, XI R 11/04, BFH/NV 2005,
1772). Es widerspräche Sinn und Zweck des § 34
EStG, aber auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, die
anlässlich der Entlassung aus Fürsorgegesichtspunkten
erbrachten Zusatzleistungen als für die tarifbegünstigte
Besteuerung der Hauptentschädigungsleistung schädlich
zu beurteilen.
Ein solcher Ausnahmefall liegt hingegen nicht vor. Der Senat
kann nicht feststellen, dass die im Jahr 2007 erbrachte Leistung
eine sozial motivierte Nebenleistung ist. Zwar spricht die Abfindungssumme
im Jahr 2008 in Höhe von 41.530,00 Euro für eine
Hauptleistung. Allerdings wurde der Zusatz in Höhe von
5.970,00 Euro im Jahr 2007 nicht aus reiner Fürsorge gegenüber der
Klägerin gezahlt. Vielmehr verpflichtete diese sich mit
dem Wechsel in die Transfergesellschaft, ihre Kündigungsschutzklage
gegen ihren früheren Arbeitgebern zurückzunehmen
und erklärte alle beiderseitigen Ansprüche aus
dem Arbeitsverhältnis zwischen B und ihr für erledigt
(Bl. 16 d. PrA.). Zudem erfolgte die Kündigung nicht zum
31. Mai 2007, wie sie ohne Wechsel in die Transfergesellschaft ausgesprochen
wurde, sondern bereits zum 31. Januar 2007, so dass die B AG für
die Monate Februar bis Mai 2007 keinen Arbeitslohn mehr zahlen musste.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe
für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.