23.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140174
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 19.11.2013 – 13 K 3456/12 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf
13 K 3456/12 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2010 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und war gesetzlich krankenversichert. Der Kläger war sowohl im Streitjahr 2010 als auch im vorangegangenen Jahr 2009 privat krankenversichert. Die gemeinsame Tochter der Kläger war im Streitjahr ebenfalls privat krankenversichert.
Im Jahr 2010 erstattete die private Krankenversicherung dem Kläger für 2009 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 608,98 €. Darüber hinaus schrieb sie dem Kläger einen „Gesundheitsbonus“ für 2009 in Höhe von 550 € gut. Die Höhe des Bonus richtete sich nach der Anzahl der leistungsfreien Jahre. Des Weiteren erhielt der Kläger eine Erstattung von Beiträgen zur Pflegeversicherung in Höhe von 75 €. Von den zurück gezahlten Beträgen entfielen – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – 1.119,64 € auf unbegrenzt abziehbare Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstab. a und b des Einkommensteuergesetzes (EStG).
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger folgende Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bei den Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 3a EStG geltend (in €):
Beiträge zur privaten Krankenversicherung (Basisversicherung) des Klägers 2.789
Beiträge zur privaten Krankenversicherung (ohne Basisabsicherung) des Klägers 716
Beiträge zur privaten Pflegeversicherung des Klägers 273
Arbeitnehmerbeiträge zur Krankenversicherung der Klägerin 838
Arbeitnehmerbeiträge zur Pflegeversicherung der Klägerin 104
Beiträge zur Krankenversicherung des Kindes (Basisabsicherung) 1.179
Beiträge zur Krankenversicherung des Kindes (ohne Basisabsicherung) 302
6.201
Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 2.3.2012 die Aufwendungen für die gesetzliche Krankenversicherung der Klägerin, die private (Basis-)Krankenversicherung des Klägers sowie des Kindes (insgesamt 4.806 €) und die Beiträge der Klägerin und des Klägers zur Pflegeversicherung (insgesamt 377 €) als dem Grunde nach abziehbare Sonderausgaben (Vorsorgeaufwendungen). Von der Summe beider Beträge zog es jedoch die auf den Basisschutz entfallende Beitragsrückerstattung für Krankenversicherungsbeiträge aus dem Jahr 2009 in Höhe von 1.119 € ab, so dass lediglich (uneingeschränkt) zu berücksichtigende Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 4.064 € verblieben. Die insgesamt zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen ermittelte das FA wie folgt (in €):
Summe Altersvorsorgeaufwendungen 15.562
Davon 70% 10.894
Abzgl. Arbeitgeberanteil -1.054
Verbleiben 9.840 9.840
Beiträge zur Krankenversicherung 4.806
Beiträge zur Pflegeversicherung 377
Abzgl. Beitragsrückerstattung -1.119
Verbleiben 4.064
Weitere sonstige Vorsorgeaufwendungen 1.899
Summe 5.963
Davon abzugsfähig 4.700 4.700
Summe der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen 14.540
Dagegen legten die Kläger fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, dass ihres Erachtens eine Kürzung der Vorsorgeaufwendungen um die Erstattung für 2009 nicht gerechtfertigt sei. Die Aufwendungen hätten im Veranlagungszeitraum 2009 keine steuerliche Auswirkung gehabt. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgegebenen Änderungen im Bereich der Abzugsfähigkeit von Krankenversicherungsbeiträgen erst mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 umgesetzt. Die Beitragsrückerstattung für 2009 beziehe sich auf Beiträge vor der Gesetzesänderung und könne daher nicht für eine Kürzung der Beiträge für 2010 herangezogen werden.
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 13.8.2012 zurück. Zur Begründung führte es aus, dass als Sonderausgaben nur solche Aufwendungen Berücksichtigung finden könnten, mit denen der Steuerpflichtige endgültig wirtschaftlich belastet sei. Dies sei nicht der Fall, soweit ihm ein Teil der gezahlten Beiträge zurückgezahlt werde.
Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Die Kläger halten an ihrer bereits im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest und tragen ergänzend vor: Da sich die für die Beitragsrückerstattung ursächlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge im Veranlagungszeitraum 2009 nicht ausgewirkt hätten, dürften diese nicht zur Kürzung der Vorsorgeaufwendungen der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für 2010 herangezogen werden. Es fehle an der Gleichartigkeit der Aufwendungen, wie sie der Bundesfinanzhof (BFH) im Falle einer Verrechnung verlange (Hinweis auf BFH-Urteil vom 21.7.2009 X R 32/07, Sammlung der Entscheidungen des BFH --BFHE-- 226, 67, Bundessteuerblatt --BStBl-- 2010, 38).
Aus dem Einkommensteuerbescheid für 2009 lasse sich entnehmen, dass sich die Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 8.748 €, in denen auch die Beiträge zur Krankenversicherung enthalten gewesen seien, lediglich in Höhe von 3.900 € steuermindernd ausgewirkt hätten. Dies entspreche einer Quote von 44,5%. Sie wären daher damit einverstanden, dass die Beitragsrückerstattung von 1.119,64 € quotal in Höhe von 499,15 € (44,5% von 1.119,64 €) zur Kürzung der Krankenversicherungsbeiträge herangezogen werde. Die Kürzung würde dann dem Verhältnis der steuerlich abzugsfähigen Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 4 EStG zu den übrigen Sonderausgaben entsprechen. Insoweit sei anzumerken, dass in 2009 selbst ohne die Krankenversicherungsbeiträge der Abzug der übrigen Sonderausgaben in Höhe von 3.900 € möglich gewesen wäre. Ein nahezu vollständiger Abzug der Beitragsrückerstattung im Jahr 2010 mit den voll abzugsfähigen Krankenversicherungsbeiträgen sei dagegen aufgrund des Systemwechsels bei der Abzugsfähigkeit der Krankenversicherungsbeiträge rechtlich nicht zulässig.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 2.3.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.8.2012 dahingehend abzuändern, dass bei der Berechnung der als Sonderausgaben abzugsfähigen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung die Erstattung von Beiträgen aus 2009 in Höhe von 1.119 € unberücksichtigt bleibt, hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG seien nach der ständigen Rechtsprechung des BFH lediglich dann im Rahmen des Sonderausgabenabzugs zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet sei. An einer solchen Belastung fehle es, soweit Sonderausgaben erstattet würden. Dies treffe auch auf den Streitfall zu. Das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 13.9.2010 (BStBl I 2010, 681 Rz. 56) sehe für den Fall der Beitragsrückerstattung von Basisleistungen vor, dass diese im Jahr des Zuflusses die abziehbaren Beiträge mindern würden. Allgemein gelte für Beitragsrückerstattungen das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Würden Versicherungsbeiträge im Folgejahr erstattet, komme es daher zu einer Minderung der Sonderausgaben des Erstattungsjahres um die Beitragsrückerstattung.
Die im Jahr 2010 gezahlte Beitragsrückerstattung sei in Basis- und Wahlleistungen aufzuteilen. Systemgerecht würden aber lediglich die Basisleistungen von der Versicherung übermittelt, so dass der gemeldete Betrag in voller Höhe zur Minderung der Basisbeiträge des laufenden Jahres heranzuziehen sei. Es seien daher – entgegen der Auffassung der Kläger – auch gleichartige Sonderausgaben miteinander verrechnet worden.
Sowohl die Kläger als auch das FA haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Der Senat durfte gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
II. Die Klage ist unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 2.3.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.8.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Entgegen der Auffassung der Kläger durfte das FA die Beiträge zur Kranken und Pflegeversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstab. a und b i.V.m. Satz 2 EStG um die angesetzte Beitragsrückerstattung für 2009 kürzen. Das FA geht zutreffend davon aus, dass die Kläger in Höhe des erstatteten Betrags von 1.119 € nicht wirtschaftlich belastet sind.
1. Vorsorgeaufwendungen, zu denen auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gehören, sind grds. in dem Veranlagungszeitraum abzugsfähig, in dem sie gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG abgeflossen sind (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 10 Rn. 3 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH können aber nur solche Aufwendungen als Sonderausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist (vgl. etwa BFH-Urteile vom 27.2.1970 VI R 314/67, BFHE 98, 412, BStBl II 1970, 422; vom 26.6.1996 X R 73/94, BFHE 181, 144, BStBl II 1996, 646; vom 21.7.2009 X R 32/07, BFHE 226, 67, BStBl II 2010, 38). An einer solchen endgültigen Belastung kann es u.a. im Fall einer Erstattung von Aufwendungen fehlen. In den Fällen einer Erstattung von Kirchensteuer oder von Beiträgen zu einer Krankentagegeldversicherung hat sich der BFH daher für eine Verrechnung erstatteter Sonderausgaben mit den im Erstattungsjahr gezahlten gleichartigen Sonderausgaben ausgesprochen (vgl. BFH-Urteil vom 26.11.2008 X R 24/08, BFH/NV 2009, 568 zur Kirchensteuer und BFH-Urteil vom 21.7.2009 X R 32/07, BFHE 226, 67, BStBl II 2010, 38 zur Krankentagegeldversicherung). Für die Bestimmung der Gleichartigkeit hat der BFH auf die Ähnlichkeit bzw. Unterschiedlichkeit des Sinn und Zwecks sowie der wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkung der Sonderausgabe für den Steuerpflichtigen abgestellt (eingehend BFH-Urteil vom 21.7.2009 X R 32/07, BFHE 226, 67, BStBl II 2010, 38). Eine Erstattung ist danach nicht mit beliebigen Aufwendungen zu verrechnen, die im Rahmen der Abzugstatbestände des § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 EStG normiert sind. Bei verschiedenen Versicherungsbeiträgen ist vielmehr danach zu unterscheiden, welche Funktion die jeweilige Versicherung für den Steuerpflichtigen hat und welches Risiko sie absichert (BFH-Urteil vom 21.7.2009 X R 32/07, BFHE 226, 67, BStBl II 2010, 38; vgl. ferner Urteil des FG Baden-Württemberg vom 16.8.2012 3 K 1651/10, abrufbar in juris).
2. Im Streitfall sieht der Senat eine „Gleichartigkeit“ zwischen der Rückerstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeitr ägen des Klägers für 2009 und den Beiträgen zur Basisabsicherung in der Krankenversicherungen bzw. den Beiträgen zur Pflegeversicherung für 2010 als gegeben an.
a) Die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung in 2009 und 2010 sind als gleichartig zu qualifizieren. Es handelt sich um gleichartige Aufwendungen zur Absicherung derselben Risiken, die lediglich unterschiedliche Versicherungszeiträume betreffen. Erstattungen von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung müssen daher im Jahr des Zuflusses die abziehbaren Beiträge mindern (so auch die Auffassung der Finanzverwaltung, vgl. BMF-Schreiben vom 19.8.2013 IV C 3-S 2221/12/10010:004, IV C 5-S 2345/08/0001, BStBl I 2013, 1087 Rz. 56).
b) Die „Gleichartigkeit“ ist vorliegend auch nicht dadurch entfallen, dass der Gesetzgeber die gesetzliche Regelung zum Abzug von Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 umgestaltet hat.
aa) Nach der bis zum Veranlagungszeitraum 2009 geltenden Rechtslage waren Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstab. a EStG zusammen mit anderen Vorsorgeaufwendungen (mit Ausnahme der Vorsorgeaufwendungen für die Basisaltersversorgung der sog. 1. Schicht) wie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung oder auch Lebensversicherung im Rahmen der Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 4 EStG abziehbar. Der abzugsfähige Höchstbetrag belief sich im Veranlagungszeitraum 2009 grds. auf 2.400 €, ermäßigte sich jedoch auf 1.500 €, wenn der Steuerpflichtige einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten hatte oder für die Krankenversicherung des Steuerpflichtigen bestimmte Zuschüsse geleistet wurden.
Entsprechend dieser Regelung wurde im Einkommensteuerbescheid der Kläger für 2009 vom 15.8.2011 ein Abzugsbetrag von 3.900 € in Abzug gebracht, der sich aus einem Höchstbetrag für den Kläger in Höhe von 2.400 € und einem Höchstbetrag der Klägerin in Höhe von 1.500 € zusammen setzte. Die alternativ durchzuführende „Günstigerprüfung“ gem. § 10 Abs. 4a EStG a. F., wonach anstelle der Höchstbeträge des § 10 Abs. 4 EStG der Betrag für den Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge anzusetzen ist, der sich nach der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Abs. 3 EStG ergibt, hat im Streitfall nicht zu einem höheren Abzug von Vorsorgeaufwendungen geführt.
bb) Mit Beschluss vom 13.2.2008 2 BvL 1/06 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts --BVerfGE-- 120, 125) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3a i.V.m. § 10 Abs. 4 EStG a. F. (ab dem Veranlagungszeitraum 1997) mit Artikel 1 Abs. 1 i.V.m. Artikel 20 Abs. 1, Artikel 3 Abs. 1 und Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar sind, soweit der Sonderausgabenabzug die Beiträge zu einer privaten Krankheitskostenversicherung (Vollversicherung) und einer privaten Pflegepflichtversicherung nicht ausreichend erfasst, die dem Umfang nach erforderlich sind, um dem Steuerpflichtigen und seiner Familie eine sozialhilfegleiche Kranken- und Pflegeversorgung zu gewährleisten. Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums schütze nicht nur das sogenannte sächliche Existenzminimum. Auch Beiträge zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall könnten Teil des einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimums sein. Das BVerfG hat die betreffenden Normen allerdings nicht für nichtig, sondern gem. §§ 31 Abs. 2, 79 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes für mit dem GG unvereinbar erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, eine gesetzliche Neuregelung zu schaffen.
cc) Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 16.7.2009, BGBl. I 2009, 1959) mit Wirkung zum 1.1.2010 nachgekommen. Die Neuregelung der Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen führt dazu, dass die vom Steuerpflichtigen tatsächlich geleisteten Beiträge für eine Absicherung auf sozialhilfegleichem Versorgungsniveau (Basisabsicherung) zur privaten und gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Pflegeversicherung in vollem Umfang steuerlich berücksichtigt werden. Innerhalb der sonstigen Vorsorgeaufwendungen ist daher nunmehr zu differenzieren zwischen den Beiträgen zur Basisabsicherung in der Krankenversicherung und den Beiträgen zur (sozialen und privaten) Pflege(pflicht)versicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstab. a und b EStG auf der einen Seite sowie den weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 Absatz 1 Nummer 3a EStG auf der anderen Seite (etwa Versicherung gegen Arbeitslosigkeit, Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherung etc.). Zu den letztgenannten Aufwendungen gehören auch Beiträge zu einer Krankenversicherung, die auf Leistungen der Versicherung entfallen, die über die Basisabsicherung hinaus gehen (z.B. Wahlleistungen wie Chefarztbehandlung).
Zwar gilt für beide Arten von Vorsorgeaufwendungen zunächst ein gemeinsamer Höchstbetrag, denn gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG können die Vorsorgeaufwendungen im Sinne der Nummern 3 und 3a des § 10 Abs. 1 EStG je Kalenderjahr bis zu einem Höchstbetrag von 2.800 € als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Dieser Höchstbetrag vermindert sich bei Steuerpflichtigen, die ganz oder zum Teil ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben, auf einen Betrag von 1.900 € (§ 10 Abs. 4 Satz 2 EStG). Die Aufwendungen für die Basisabsicherung in der Krankenversicherung und Beiträge zur Pflegeversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstab. a und b EStG sind aber dann, wenn sie den entsprechenden Höchstbetrag übersteigen, gem. § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG stets in vollem Umfang abzugsfähig.
Eine weitere Neuerung besteht zudem darin, dass der Steuerpflichtige neben eigenen Beiträgen auch die Beiträge absetzen kann, die er im Rahmen seiner Unterhaltspflicht für ein Kind, für das Anspruch auf ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld besteht, getragen hat (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG).
dd) Die gesetzliche Neuregelung hat im Ergebnis zu einer Verbesserung der steuerlichen Abzugsmöglichkeiten von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen gegenüber der zuvor geltenden Rechtslage geführt. Eine grundlegende Änderung in der Systematik des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen, die zu einer Neubewertung des Kriteriums der „Gleichartigkeit“ führen könnte, liegt hierin jedoch nicht. Der bloße Umstand, dass sich die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in dem dem Streitjahr vorangegangenen Veranlagungszeitraum 2009 nur anteilig steuerlich ausgewirkt haben, während die Erstattung aufgrund der verbesserten Abzugsmöglichkeit nunmehr eine vollständige steuerliche Auswirkung der in 2010 gezahlten Beiträge verhindert, führt nach Ansicht des Senats nicht dazu, dass die „Gleichartigkeit“ der Aufwendungen entfällt. Maßgeblich für die Beurteilung der Gleichartigkeit bleibt in erster Linie das versicherte Risiko, das sich in der hier zu entscheidenden Konstellation nicht geändert hat, während es auf die Art und den Umfang der steuerlichen Abziehbarkeit in den einzelnen Veranlagungszeiträumen für die Bestimmung der Gleichartigkeit nicht ankommt.
Aus diesem Grund sieht der Senat auch keinen Anlass, die Erstattung – wie von den Klägern alternativ geltend gemacht – nur zu dem Prozentsatz (hier 44,5%) zu berücksichtigen, wie sich die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Teil der gesamten in 2009 geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2009 (in Summe 8.748 €) steuerlich ausgewirkt haben, nämlich lediglich in Höhe des Höchstbetrags von 3.900 €.
c) Das FA hat daher für das Streitjahr 2010 zutreffend einen Abzugsbetrag für die Vorsorgeaufwendungen im Sinne der Nummern 3 und 3a des § 10 Abs. 1 EStG in Höhe von 4.700 € ermittelt. Dies entspricht der Summe aus dem dem Kläger gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG zustehenden Höchstbetrag von 2.800 € und dem der Klägerin zustehenden Höchstbetrag von 1.900 €. Den gemeinsamen Höchstbetrag übersteigende Aufwendungen zur Basisabsicherung in der Krankenversicherung und für die Pflegeversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG, die, wenn sie diese Höchstbeträge übersteigen würden, gem. § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG in voller Höhe abziehbar wären, liegen nicht vor. Die insoweit berücksichtigungsfähigen Aufwendungen in diesem Sinne summieren sich auf einen Betrag von (lediglich) 4.064 €. Wie das FA im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 2.3.2012 zutreffend dargestellt hat, belaufen sich die in 2010 gezahlten Beiträge der Klägerin zur gesetzlichen Krankenversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstab. a EStG), die vom Kläger für sich und die Tochter geleisteten Beiträge zur privaten Basisabsicherung in der Krankenversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstab. a Satz 3 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG) sowie die insgesamt geleisteten Beiträge zur Pflegeversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstab. b EStG) in Summe auf 5.183 € (4.806 € + 377 €). Dieser Betrag ist sodann um die Erstattung der Beiträge für 2009 von 1.119 € zu mindern. Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass es sich bei der anteiligen Erstattung von 1.119 €, die das FA in Abzug gebracht hat, in vollem Umfang um Beiträge handelt, die die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG betreffen, also um erstattete Beiträge für die Basisabsicherung in der Krankenversicherung und um erstatte Beiträge zur Pflegeversicherung. Hierfür spricht auch, dass gem. § 10 Abs. 2a Satz 4 Nr. 2 EStG nur solche Erstattungsbeträge elektronisch an das FA zu übermitteln sind.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Streitfrage hat grundsätzliche Bedeutung.