23.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140200
Oberfinanzdirektion Magdeburg: Verfügung vom 22.10.2013 – S 7140 - 6 - St 242
Verfügung betr. Beleg- und Buchnachweispflichten bei der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen ab 1. 1. 2014
Vom 22. Oktober 2013 (USt-Kartei ST § 6a Abs. 1 UStG Karte 2)
(OFD Magdeburg S 7140-6-St 242)
1. Allgemeines
Durch die Elfte Verordnung zur Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung vom 25. 3. 2013 (BGBl. I S. 602, BStBl. I S. 515) ist § 17 a UStDV mit Wirkung vom 1. 10. 2013 geändert und in § 74 a UStDV ein neuer Abs. 3 mit Wirkung vom 29. 3. 2013 eingefügt.
Mit diesen Änderungen werden die Beleg- und Buchnachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen gegenüber den seit dem 1. 1. 2012 geltenden Bestimmungen (Stichwort: Gelangensbestätigung als grundsätzlich einzigen Nachweis) neu geregelt.
Unternehmer können den Nachweis der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung neben der Gelangensbestätigung in den Fällen der Versendung (aber nicht in echten Abholfällen) durch weitere in § 17 a Abs. 3 UStDV geregelte Alternativnachweise (z. B. Frachtbriefe und andere handelsübliche Versendungsbelege, wie Spediteurbescheinigung) erbringen.
Mit BMF-Schreiben vom 16. 9. 2013 IV D 3 – S 7141/131/10001, BStBl. I S. 1192[1] , hat die Verwaltung durch entsprechende Änderungen des UStAE Regelungen zur Anwendung der neuen Bestimmungen erlassen.
Nach § 17 a Abs. 1 UStDV hat der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen durch Belege nachzuweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat.
Dabei hat der Unternehmer ein Wahlrecht, in welcher Form er diesen erbringt. Der Unternehmer muss den Nachweis nicht zwingend mit einer Gelangensbestätigung nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 UStDV oder mit den in § 17 a Abs. 3 UStDV aufgeführten Alternativnachweisen führen. Dem Unternehmer steht es frei, den Belegnachweis mit allen geeigneten Belegen und Beweismitteln zu führen, aus denen sich das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet an den umsatzsteuerrechtlichen Abnehmer in der Gesamtschau nachvollziehbar und glaubhaft ergibt (Abschn. 6 a.2 Abs. 6 Satz 7 UStAE).
2. Überblick über wesentliche Inhalte der Nachweisführung
2.1. Gelangensbestätigung
Nach § 17 a Abs. 2 Buchstabe e) UStDV soll die Gelangensbestätigung die Unterschrift des Abnehmers oder eines von ihm zur Abnahme Beauftragten enthalten. Bei einer elektronischen Übermittlung der Gelangensbestätigung ist eine Unterschrift nicht erforderlich, sofern erkennbar ist, dass die elektronische Übermittlung im Verfügungsbereich des Abnehmers oder des Beauftragten begonnen hat.
Elektronische Übermittlung
Von der Erkennbarkeit des Beginns der elektronischen Übermittlung im Verfügungsbereich des Abnehmers ist insbesondere auszugehen, wenn bei der elektronischen Übermittlung keine begründeten Zweifel daran bestehen, dass die Angaben dem Abnehmer zugerechnet werden können (z. B. Absenderangaben und Datum der Erstellung der E-Mail in dem sog. Header-Abschnitt der E-Mail, Nutzung einer im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durchführung des Liefervertrags bekannt gewordenen Adresse, Verwendung eines zuvor zwischen dem Unternehmer und dem Abnehmer vereinbarten elektronischen Verfahrens).
Grundsätzliche Ausführungen zur Übermittlung der Gelangensbestätigung auf elektronischem Weg enthält Abschn. 6 a.4 Abs. 6 UStAE. Dort wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass auch die E-Mail (in ausgedruckter Form) aufzubewahren ist, mit der die Gelangensbestätigung übermittelt wurde.
Vertretungsberechtigung
Nach Abschn. 6 a.4 Abs. 2 Satz 3 UStAE können beispielweise ein Arbeitnehmer des Abnehmers, ein Lagerhalter oder in einem Reihengeschäft der tatsächlich (letzte) Abnehmer am Ende der Lieferkette zur Abnahme beauftragt sein. Nur wenn Zweifel an der Vertretungsberechtigung des Unterzeichnenden im konkreten Einzelfall bestehen, ist der Nachweis der Vertretungsberechtigung zu führen (Satz 4). Unklar bleibt, wann begründete Zweifel konkret bestehen.
Zum Nachweis der Abholberechtigung bei Reihengeschäften ist Abschn. 3.14 Abs. 10 UStAE zu beachten. Bestehen aufgrund von Ermittlungen der ausländischen Steuerverwaltung Zweifel an der tatsächlichen Existenz des vorgeblichen Abnehmers, können vom Unternehmer nachträglich eingereichte Belege und Bestätigungen nur anerkannt werden, wenn die Existenz des Abnehmers im Zeitpunkt der nachträglichen Ausstellung dieser Unterlagen nachgewiesen werden kann und dessen Unternehmereigenschaft zum Zeitpunkt der Lieferung besteht.
Sammelbestätigung
Die Gelangensbestätigung kann als Sammelbestätigung ausgestellt werden und ggf. Umsätze aus bis zu einem Quartal enthalten. Die Verpflichtung zur Übermittlung monatlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen steht dem nicht entgegen. Auch bei nur wenigen und voneinander unabhängigen Einzelbestellungen eines Abnehmers binnen eines Quartals ist eine Sammelbestätigung zulässig.
Formen der Gelangensbestätigung
Die Gelangensbestätigung kann aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich die erforderlichen Angaben ergeben (§ 17 a Abs. 2 Satz 4 UStDV). Eine gegenseitige Bezugnahme in den entsprechenden Dokumenten ist nicht erforderlich.
Das BMF stellte den Unternehmern mit dem o. g. Schreiben Muster der Gelangensbestätigungen in deutscher, englischer und französischer Sprache zur Verfügung. Entsprechende Nachweise in anderen Sprachfassungen bedürfen einer amtlichen Übersetzung (Abschn. 6 a.4 Abs. 5 UStAE).
Die Verwendung des Musters einer Gelangensbestätigung bedeutet nicht, dass die Gelangensbestätigung zwingend ein einziger Beleg sein muss. Das Muster soll lediglich verdeutlichen, welche Angaben erforderlich sind.
Abholfälle
In Abholfällen, d. h. wenn der Abnehmer den Transport der Ware ohne einen selbstständigen Beauftragten durchführt, kann der Unternehmer den Nachweis für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nur mittels einer Gelangensbestätigung erbringen (Umkehrschluss aus § 17 a Abs. 3 UStDV, da derartige Fälle nicht in dieser Vorschrift erwähnt sind). Diese kann im Zeitpunkt der Abholung der Ware noch nicht vorliegen. Vertraut der Unternehmer darauf, dass sein Abnehmer die Gelangensbestätigung nach Erhalt der Ware ausstellt und ihm zusendet, dies aber wider Erwarten nicht der Fall ist, kann er unverschuldet seine Nachweispflichten nicht erfüllen. Gemäß Abschn. 6 a.8 Abs. 1 UStAE kommt ein Vertrauensschutz nach § 6 aAbs. 4 UStG jedoch erst in Betracht, wenn der Unternehmer seine Nachweispflichten nach §§ 17 a ff. UStDV vollständig erfüllt.
2.2. Alternativnachweise
§ 17 a Abs. 3 UStDV unterscheidet in
– Versendung durch den Unternehmer oder Abnehmer
In diesen Fällen kann der Nachweis über einen Versendungsbeleg, insbesondere durch einen handelsrechtlichen Frachtbrief oder durch einen anderen handelsüblichen Beleg, insbesondere einer Bescheinigung des beauftragten Spediteurs, erfolgen.
Der Frachtbrief ist vom Auftraggeber des Frachtführers, also dem Versender des Liefergegenstandes, zu unterzeichnen und soll die Unterschrift des Empfängers als Bestätigung über den Erhalt der Ware enthalten (Abschn. 6 a.5 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Bei internationalen Eisenbahnfrachtbriefen, Seawaybills sowie Airwaybills ist Abschn. 6 a.5 Abs. 2 UStAE zu beachten.
Hinsichtlich der Unterschrift des Empfängers (z. B. beim CMR-Frachtbrief in Feld 24) sind die Regelungen in Abschn. 6 a.4 Abs. 2 UStAE entsprechend anzuwenden.
Eine vollständig und richtig ausgefüllte Spediteurbescheinigung (Anlage 4 zum UStAE enthält ein entsprechendes Muster) ist als Beleg i. S. d. § 17 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b UStDV anzuerkennen. Eine Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers ist sowohl unter den Voraussetzungen des Abschn. 6.7 Abs. 2 Satz 2 UStAE als auch bei elektronischer Übermittlung (Abschn. 6 a.4 Abs. 3 bis 6 UStAE) nicht erforderlich.
Hinsichtlich der Ausstellung des Versendungsbelegs als Sammelbestätigung und der Form der Ausstellung gelten die gleichen Erleichterungen wie für die Gelangensbestätigung.
Beim Transport der Ware durch einen Kurierdienst benötigt der Unternehmer eine schriftliche oder elektronische Auftragserteilung (inhaltliche Vorgaben siehe Abschn. 6 a.5 Abs. 6 Satz 1 UStAE) und ein von dem mit der Beförderung Beauftragten erstelltes Protokoll über den lückenlosen Transport (§ 17 a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. c UStDV). Dieses Protokoll ist entbehrlich, wenn der Warenwert 500 € nicht übersteigt (Abschn. 6 a.5 Abs. 5 Satz 3 UStAE), dafür ist die Entrichtung der Gegenleistung nachzuwiesen.
In den Fällen von Postsendungen (§ 17 a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. d UStDV) soll der Nachweis wie bei Kurierdiensten erfolgen. Ist dies nicht möglich, durch eine Empfangsbestätigung eines Postdienstleisters über die Entgegennahme der an den Abnehmer adressierten Postsendung (inhaltliche Vorgaben siehe Abschn. 6 a.5 Abs. 8 Satz 1 UStAE) und den Nachweis über die Bezahlung der Lieferung (Kontoauszug oder Doppel der Zahlungsquittierung).
Die Angaben in der Empfangsbescheinigung über den Empfänger und die gelieferten Gegenstände können durch einen entsprechenden Verweis auf die Rechnung, einen Lieferschein oder andere Lieferdokumente ersetzt werden. Der Zusammenhang zwischen der Empfangsbescheinigung des Postdienstleisters und der jeweiligen Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung muss, ggf. durch ein gegenseitiges Verweissystem, leicht nachprüfbar sein (Abschn. 6 a.5 Abs. 8 Sätze 2 und 3 UStAE).
– Versendung durch den Abnehmer
In diesen Fällen hat der Unternehmer zusätzlich einen Nachweis über die Entrichtung der Gegenleistung für die Lieferung von einem Bankkonto des Abnehmers sowie eine Bescheinigung des beauftragten Spediteurs (Spediteurversicherung) vorzulegen.
Den Inhalt der Spediteurversicherung regelt § 17 a Abs. 3 Nr. 2 UStDV (Anlage 5 zum UStAE enthält eine Musterversicherung). Nach dem dortigen Buchstaben f bedarf es einer Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers (Ausnahme: Abschn. 6 a.5 Abs. 9 Nr. 6 UStAE verweist auf Abschn. 6.7 Abs. 2 Satz 2 UStAE).
Es ist nicht zulässig, eine Spediteurversicherung elektronisch zu übermitteln (nicht in § 17 a UStDV enthalten).
Bestehen in den Fällen der Versendung des Liefergegenstandes im Auftrag des Abnehmers begründete Zweifel daran, dass der Liefergegenstand tatsächlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist, hat der Unternehmer den Nachweis mit anderen Mitteln als der Spediteurversicherung, z. B mit der Gelangenheitsbestätigung nach Abschn. 6 a.4 UStAE oder einem der anderen Belege nach § 17 a Abs. 3 UStDV zu führen (Abschn. 6 a.5 Abs. 10 Satz 6 UStAE).
Zum Bankkonto regelt Abschn. 6 a.5 Abs. 10 UStAE lediglich, dass der Abnehmer sowohl ein ausländisches als auch ein inländisches Bankkonto (z. B. auch ein inländisches Konzernverrechnungskonto) nutzen kann. Als Bezahlung gilt bei verbundenen Unternehmen auch die Verrechnung über ein internes Abrechnungssystem (sog. inter Company Clearing). Andere Nachweisformen der Zahlung sind nicht zulässig.
– Lieferung von Fahrzeugen
Bei der Lieferung von Fahrzeugen, die der Abnehmer befördert und für die eine Zulassung für den Straßenverkehr erforderlich ist, kann der Nachweis über die Zulassung des Fahrzeugs auf den Erwerber im Bestimmungsland der Lieferung erfolgen. Bei Fahrzeugen i. S. d. § 1 b Abs. 2 UStG (neue Landfahrzeuge) muss der Beleg auch die Fahrzeug-Identifikationsnummer enthalten. Nach Abschn. 6 a.5 Abs. 16 UStAE reicht eine einfache Kopie der Zulassung aus. Eine Zulassung auf eine andere Person als den Erwerber, d. h. den Abnehmer der Lieferung, ist kein ausreichender Nachweis.
2.3. Übergangsregelung
Die Neuregelung ist zwingend ab 1. 1. 2014 anzuwenden.
Für Umsätze vor diesem Stichtag sieht das BMF-Schreiben vom 16. 9. 2013, BStBl. I S. 1192[2] , unter Tz. II Übergangsregelungen vor.