18.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145824
Finanzministerium Berlin: Erlass vom 31.07.2015 – III B - S 2174 - 1/06 - I
Voraussichtlich dauernde Wertminderung i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG
Pauschalwertberichtigung auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (Delkredere)
Bei der Bemessung der Pauschalwertberichtigung auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, dem sog. Delkredere, wurden bislang in der Hauptsache folgende Faktoren berücksichtigt:
- Ausfallrisiko,
- Skonti und sonstige Erlösschmälerungen,
- Zinsverlust,
- Einziehungsrisiko (Einziehungs- und Beitreibungskosten).
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 erfordert der Ansatz des niedrigeren Teilwerts mit Wirkung ab dem ersten nach dem 31.12.1998 endenden Wirtschaftsjahr eine voraussichtlich dauernde Wertminderung der Forderung. Es stellt sich die Frage, ob unter diesem Kriterium weiterhin grundsätzlich ein Zinsverlust bzw. ein Einziehungsrisiko in die Ermittlung des Delkredere einbezogen werden kann. Hierzu gilt nach Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene unter Beachtung des BMF-Schreibens vom 16.07.2014 [ BStBl 2014 I S. 1162, EStG-Kartei Berlin § 6 (1) Nr. 1 EStG Nr. 7] Folgendes:
Zinsverlust
Durch die Einbeziehung eines Zinsverlustes in die Berechnung der Pauschalwertberichtigung soll der schleppende Zahlungseingang gewürdigt werden. Dies erfolgt durch eine Abzinsung des grundsätzlich unverzinslichen Forderungsbestandes in Abhängigkeit von der jeweiligen Umschlagshäufigkeit.
Eine solche Abzinsung ist unter dem Kriterium einer voraussichtlich dauernden Wertminderung grundsätzlich nicht mehr zulässig. Gemäß Rn. 7 des BMF-Schreibens vom 16.07.2014 (a. a. O.) kommt für die Beurteilung eines voraussichtlich dauernden Wertverlustes zum Bilanzstichtag der Eigenart des betreffenden Wirtschaftsgutes eine maßgebliche Bedeutung zu. Bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ist es – abgesehen von bei der Bemessung des Delkredere gesondert zu berücksichtigenden Ausfallrisiken bzw. Erlösschmälerungen – gewiss, dass sie zum Nennwert erfüllt werden. Dies ist unabhängig von der Einräumung eines Zahlungsziels. Der Zahlungszeitpunkt liegt dabei zudem in der Regel in einem überschaubaren Zeitraum zum Bilanzstichtag, denn Kundenforderungen wird grundsätzlich ein kurzes, meist nur wenige Wochen dauerndes Zahlungsziel eingeräumt. Damit ist ein voraussichtlich nachhaltiges Absinken des Werts des Wirtschaftsgutes unter den maßgeblichen Buchwert nicht gegeben, womit keine dauerhafte Wertminderung angenommen werden kann [Rn. 5 des BMF-Schreibens vom 16.07.2014 (a. a. O.)].
Lediglich in gesondert gelagerten Ausnahmefällen ist die Berücksichtigung eines Zinsverlustes bei der Pauschalwertberichtigung zulässig. Ein solcher Ausnahmefall kann z. B. dann angenommen werden, wenn am Bilanzstichtag – abweichend vom Regelfall – ein nicht unerhebliches Volumen an Kundenforderungen mit längerfristigen Zahlungszielen vorhanden ist, diese Forderungen im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung noch offen sind und ein Zinsanspruch wegen der späten Zahlung nicht besteht bzw. nicht geltend gemacht wird. Eine Pauschalwertberichtigung kommt allerdings nur infrage, soweit diese Forderungen nicht bereits Gegenstand von Einzelwertberichtigungen sind.
Einziehungsrisiko
Durch diese Komponente finden mit der Einziehung der Kundenforderungen verbundene – möglicherweise eher rückstellungsfähige – Aufwendungen wie Mahn- oder Prozesskosten Eingang in die Pauschalwertberichtigung.
Eine Einbeziehung dieser Aufwendungen in die Pauschalwertberichtigung scheidet grundsätzlich aus. Einziehungskosten fallen nur dann an, wenn die Fälligkeit der Forderung überschritten wird. Kosten für die erstmalige Geltendmachung der Forderung (Übersendung der Rechnung) dürften einerseits nicht ins Gewicht fallen und andererseits den Teilwert einer Kundenforderung ohnehin nicht mindern, weil sie für die Realisierung einer Forderung unverzichtbar sind. Bei Einziehungskosten für säumige Zahler ist in der Regel davon auszugehen, dass ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Schuldner besteht. Damit ist eine Einbeziehung entsprechender Aufwendungen in die Bemessung des Delkredere im Normalfall nicht zulässig. Lediglich in den Ausnahmefällen, in denen kein entsprechender Erstattungsanspruch besteht oder in denen das Unternehmen glaubhaft machen kann, dass es auf die Geltendmachung der Kosten aus betrieblichen Gründen verzichtet bzw. verzichten wird, kann ein Einziehungsrisiko berücksichtigt werden.