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  • 12.07.2016 · IWW-Abrufnummer 187140

    Finanzgericht München: Urteil vom 28.04.2016 – 14 K 743/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG München

    28.04.2016

    14 K 743/14

    In der Streitsache

    wegen Umsatzsteuer 2011

    hat der 14. Senat des Finanzgerichts München durch xxx ohne mündliche Verhandlung am 28. April 2016 für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Der Umsatzsteuerbescheid vom 13. Februar 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2014 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer auf einen Negativbetrag in Höhe von 22.380,96 € festgesetzt wird.

    2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    4. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Der Kläger betreibt seit 2007 einen Holzhandel und versteuert seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten.

    Am 19. September 2011 schloss er mit dem Eigentümer eines ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäudes einen Vertrag über die Nutzungsüberlassung von Dachflächen zur Installation und zum Betrieb einer Fotovoltaik-Anlage. Vereinbart ist eine Miete ab dem 1. Oktober 2011 von 40 € je Monat ohne Umsatzsteuer und ab 1. Januar 2021 von monatlich 80 € (§ 4 des Vertrages). Die Laufzeit des Vertrages beträgt 25 Jahre ohne Berücksichtigung des Jahres der Inbetriebnahme der Anlage. Der Kläger hat nach der Vereinbarung die Möglichkeit, die Vertragslaufzeit zweimal um jeweils fünf Jahre zu verlängern (§ 6 des Vertrages). Gem. § 2.1 des Vertrages werden alle vom Kläger geschaffenen Einrichtungen, die Fotovoltaik-Anlage, die verlegten Leitungen, die Schalt- und Messanlagen sowie die sonstigen von ihm eingebrachten Sachen bezüglich der Anlage mit ihrer Errichtung nicht Bestandteile des Grundstücks oder Gebäudes, sondern verbleiben bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages im unterhalts- und haftungspflichtigen Eigentum des Klägers. Der Eigentümer gestattet dem Kläger nach § 1.2. des Vertrages u.a. das Anbringen und die Installation der elektrischen Anlagen sowie die Dachunterkonstruktion unter Beachtung der Statik. Der Kläger verpflichtete sich zur Prüfung der vorgesehenen Flächen hinsichtlich Sicherheit und Standfestigkeit sowie zur Eignung als Aufstellungsfläche für die Fotovoltaik-Anlage. Der Eigentümer erklärte sich bereit, alle Maßnahmen des Klägers sowie seiner Beauftragten zu gestatten, insoweit sie für die Fotovoltaik-Anlage notwendig sind, unter anderem zur Dachunterkonstruktion und Dachvorbereitung zur Errichtung sowie zur Wartung, Reparatur und/oder Instandsetzung/haltung und zum Rückbau (§ 5.1 des Vertrages). Auf die übrigen Regelungen des Vertrages wird Bezug genommen (Rechtsbehelfs-Akte Bl. 8-11).

    Am 30. November 2012 änderten die Vertragsparteien die Vereinbarung dahingehend ab, dass der Eigentümer nach Beendigung des Vertrages das Wahlrecht hat, die Fotovoltaik-Anlage inklusive Zubehör und der hierfür getätigten Einbauten und Umbauten des Mieters zu erwerben. Nach 25 Jahren ist eine Ablöse in Höhe von 3.000 €, nach 30 Jahren in Höhe von 1.000 € und nach 35 Jahren und später keine Ablöse mehr zu bezahlen (§ 6a des ergänzten Vertrages, Umsatzsteuer-Akte, Bl. 1).

    Im Jahr 2011 (Streitjahr) erwarb der Kläger eine Fotovoltaik-Anlage, mit der er entgeltlich Strom liefern wollte.

    Ferner ließ der Kläger in der Zeit vom 5. Oktober 2011 bis 21. Oktober 2011 Vorbereitungsarbeiten für die Montage der Anlage am gemieteten Dach ausführen. Diese umfassten
    - die Baustelleneinrichtung und das Gerüst (4.958 € netto),
    - u.a. die Entfernung und Entsorgung alter Ziegel, die Demontage der alten Traglattung und die Lieferung und Montage einer neuen Traglattung (6.725,08 € netto),
    - die Lieferung und das Verlegen neuer Dachziegel (9.685,51 € netto),
    - die Ausführung einer Windsogsicherung (979 € netto),
    - v.a. die Installation von Haltern für die Fotovoltaik-Anlage (6.939,16 €).

    Die Vorsteuer aus den gesamten Vorbereitungsarbeiten betrug 5.564,48 €.

    Zum Zeitpunkt der Vorbereitungsarbeiten war die Dachhaut noch voll funktionsfähig und nicht sanierungsbedürftig. Die in Rechnung gestellten Vorbereitungsmaßnahmen betrafen lediglich die Bereiche des Dachs, auf denen die Fotovoltaik-Anlage installiert wurde; die übrigen Aufwendungen trug der Eigentümer selbst.

    In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr gab der Kläger zu 19 % steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 2.488 € aus dem Holzhandel an. Vorsteuerbeträge hinsichtlich der Fotovoltaik-Anlage und den Vorbereitungsmaßnahmen machte er in Höhe von 22.419,48 € und in Bezug auf den Holzhandel in Höhe von 434,20 € geltend. Er errechnete eine Umsatzsteuer in Höhe eines Negativbetrages von 22.380,96 €.

    Hiervon abweichend war der Beklagte (das Finanzamt - FA -) der Auffassung, es liege ein tauschähnlicher Umsatz (§ 3 Abs. 12 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres -UStG-) vor. Das Gewerk "Dachsanierung" gehe sofort in das Eigentum des Vermieters über. Der Kläger führe mit Abnahme des Gewerks eine Werklieferung an den Gebäudeeigentümer aus. Als Bemessungsgrundlage nahm es 21.336 € an. Dabei zog es von dem Nettobetrag aus der Rechnung vom 25. November 2011 für die Halter der Fotovoltaik-Anlage 6.630 € und die Hälfte der Kosten für das Gerüst in Höhe von 1.320 € ab.

    Das FA erließ am 13. Februar 2013 einen entsprechenden Bescheid und setzte die Umsatzsteuer auf einen Negativbetrag von 18.327,12 € fest.

    Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Diesen wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2014 als unbegründet zurück. Die Dachsanierung (Werklieferung) sei gegen Gestattung der Dachnutzung (gegebenenfalls mit Baraufgabe) erfolgt. Daher liege ein tauschähnlicher Umsatz vor. Der Nachtrag zum Pachtvertrag vom 30. November 2012 ändere an dieser Rechtsauffassung nichts. Die Verfügungsmacht über die Dachsanierung verbleibe nicht beim Anlagenbetreiber.

    Am 19. März 2014 erhob der Kläger Klage. Die gesamten Kosten der Vorbereitungsmaßnahmen seien aufgrund der Statik und der Integration der speziellen Halterungen notwendig gewesen. Zur Kostensenkung seien die alten Dachplatten, Dachrinnen und Dachlatten nicht wieder eingepasst, sondern neue Teile, vor allem zu den Modulhaltern passende Dachlatten und Dachplatten verbaut worden. Die gesamten Aufwendungen stünden im direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der Erzeugung und dem Verkauf von Strom. Nicht mit der Stromerzeugung zusammenhängende Aufwendungen habe der Vermieter selbst getragen. Ein tauschähnlicher Umsatz sei nicht gegeben, da die Verfügungsmacht der Unterkonstruktion und der sonstigen Einbauten erst nach 25 Jahren auf den Vermieter übergehe.

    Der Kläger beantragt sinngemäß,

    den Umsatzsteuerbescheid vom 13. Februar 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 20. März 2014 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer für 2011 auf einen Negativbetrag in Höhe von 22.380,96 € festgesetzt wird.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Es verweist auf seine Einspruchsentscheidung.

    Auf Anfrage des Berichterstatters legte der Kläger eine Stellungnahme des die Vorbereitungsmaßnahmen durchführenden Unternehmens vom 8. Mai 2014 vor, wonach die Vorbereitungsarbeiten für die Errichtung der Fotovoltaik-Anlage erforderlich gewesen seien: Die Erneuerung der Traglattung sei aufgrund der Zusatzbelastung durch die Fotovoltaik-Module notwendig gewesen. Hierfür hätten die Ziegel vom Dach entfernt werden müssen. Die alten Dachziegel zu stapeln und zu lagern sei zu lohnintensiv; für die alten Dachziegel gebe es nicht die passenden Modulhalter und es seien über die Jahre verschiedene Ziegelarten verwendet worden, die nicht mehr am gleichen Bereich eingedeckt werden könnten. Auf die Stellungnahme wird Bezug genommen.

    Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

    II.

    Die Klage ist begründet. Der Kläger hat keine steuerbare Dachsanierung an den Vermieter ausgeführt. Dem Kläger steht der Vorsteuerabzug aus den Vorbereitungsmaßnahmen in voller Höhe zu.

    1. Der Umsatzsteuer unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG).

    a) Eine Leistung gegen Entgelt setzt voraus, dass zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 4. Juli 2013 V R 33/11, BStBl II 2013, 937, mit zahlreichen Nachweisen). Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrages liegt regelmäßig ein Leistungsaustausch vor (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 2014 V R 22/13, BFH/NV 2014, 736). Dies entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union -EuGH- (z. B. EuGH-Urteil vom 26. September 2013 C-283/12, Serebryannay vek, DStRE 2014, 476, [EuGH 26.09.2013 - C-283/12] Rn. 37, m.w.N.). Der EuGH hat entschieden, dass keine Leistung gegen Entgelt vorliegt, wenn ein Musikant, der auf öffentlichen Wegen spielt, von Passanten eine Vergütung erhält. Zum einen bestehe zwischen den Parteien keine Vereinbarung, da die Passanten freiwillig eine Vergütung zahlten. Zum anderen bestehe zwischen der musikalischen Darbietung und den dadurch veranlassten Zahlungen kein notwendiger Zusammenhang. Die Passanten hätten nicht darum gebeten, dass ihnen Musik zu Gehör gebracht werde; außerdem zahlten sie die Beträge nicht aufgrund der musikalischen Darbietung, sondern aus persönlichen Motiven, wobei gefühlsmäßige Erwägungen eine Rolle spielen könnten (EuGH-Urteil vom 3. März 1994 C-16/93, Betriebs-Berater -BB- 1994, 1132, Rn 16 f.).

    Der Gegenwert kann bei Tausch und tauschähnlichen Umsätzen i.S. von § 3 Abs. 12 UStG durch eine tatsächlich erhaltene Gegenleistung erbracht werden, die nicht in Geld bestehen, aber in Geld ausdrückbar sein muss. § 3 Abs. 12 UStG erfasst auch den Fall, dass als Entgelt für eine Leistung eine Barzahlung mit einer Lieferung oder sonstigen Leistung verbunden wird (sog. tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe). Voraussetzung für die Annahme einer tauschähnlichen Leistung ist, dass sich zwei entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegenüberstehen, die lediglich durch die Modalität der Entgeltvereinbarung (Tausch) miteinander verknüpft sind. § 3 Abs. 12 UStG steht im Einklang mit Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG), nunmehr Art. 14 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL - (BFH-Urteil vom 11. Juli 2012 XI R 11/11, BFH/NV 2013, 326 m.w.N.).

    Dementsprechend hat der BFH für Mietereinbauten und -umbauten entschieden, dass eine entgeltliche Lieferung bei solchen Leistungen des Mieters vorliege, die vom Vermieter gewünscht und vertraglich festgelegt waren, nicht jedoch für Leistungen, die der Mieter ohne vertragliche Verpflichtung in eigenem betrieblichen Interesse tätigt (BFH-Urteil vom 15. September 1983 V R 154/75, nv zu § 1 Abs.1 Nr.1 und § 10 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung des Jahres 1970).

    b) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger hier die Dachsanierung nicht an den Vermieter gegen Entgelt geliefert und es liegt kein tauschähnlicher Umsatz vor. Der Kläger und der Vermieter haben nicht vereinbart, dass der Kläger das Dach sanieren müsse. Vielmehr sieht der Vertrag lediglich vor, dass der Vermieter dem Kläger die Dachsanierung gestattet und letzterer auch während der Mietdauer weitere Eingriffe am Dach vornehmen darf. Dementsprechend bestand auch kein notwendiger Zusammenhang zwischen der Vermietung und der Dachsanierung. Denn daraus, dass der Vermieter die Vorbereitungsmaßnahmen lediglich gestattete, der Kläger aber nicht dazu verpflichtet war, ist zu schließen, dass diese nicht der Grund für die Vermietung waren. Hinzu kommt, dass die Dachhaut zum Zeitpunkt der Vorbereitungsarbeiten für die Fotovoltaik-Anlage noch voll funktionsfähig und nicht sanierungsbedürftig war, so dass der Vermieter gar kein Interesse an den ausgeführten Arbeiten hatte.

    c) Nicht von entscheidender Bedeutung ist, ob die durch die Vorbereitungsmaßnahmen erstellten Dachteile gem. § 946 des Bürgerlichen Gesetzbuches Eigentum des Vermieters wurden (a. A. offenbar Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 17. August 2011 S 7168.1.1-4/6 St 33 unter 2.; vgl. auch Verfügungen der Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 13. November 2014 2012-04.15 S 7300-122-St 241 unter 5.; der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 19. Februar 2015 S 7104 unter 7.).

    Es kommt nämlich für die Beurteilung, ob ein Vorgang der Umsatzsteuer unterliegt, von vornherein nicht auf das nationale Zivilrecht an (BFH-Urteil vom 16. Januar 2014 V R 22/13, BFH/NV 2014, 736, Rz 21 m.w.N.).

    Somit gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, dass ein Mieter oder Pächter, der auf einem gemieteten oder gepachteten Grundstück ein Gebäude auf eigene Rechnung errichtet und für Zwecke seines Unternehmens nutzt, die Verfügungsmacht an dem Gebäude auf den Eigentümer weiter überträgt. Vielmehr kommt es auf die Würdigung der Umstände des Einzelfalls an (BFH-Urteile vom 24. November 1992 V R 80/87, BFH/NV 1993, 634; vom 25. November 2015 V R 66/14, BFH/NV 2016, 497, Rz 16; BFH-Beschluss vom 20. Februar 1997 V B 161/96, BFH/NV 1997, 722; Schreiben des Bundesfinanzministeriums - BMF - vom 23. Juli 1986, BStBl I 1986, 432, unter C.I.2.); danach liegt hier keine Lieferung des Klägers an den Vermieter vor (II.1.c. der Gründe).

    Außerdem reicht der gesetzliche Eigentumsübergang nach den dargelegten Grundsätzen (II.1.a der Gründe) auch nicht aus, um eine Lieferung gegen Entgelt anzunehmen.

    Eine andere Auslegung hätte weitreichende Folgen auf andere Fälle der Nutzungsüberlassung und auch für den Vermieter: Denn nicht nur beim unternehmerischen Mieter wäre ein Umsatz anzunehmen; die Aufwendungen auf den überlassenen Gegenstand erhöhten auch die Bemessungsgrundlage für die Überlassung beim Vermieter. Nach Auffassung des Senats beträfe dies z. B. Mietereinbauten genauso wie Aufwendungen des Leasingnehmers auf den Leasinggegenstand.

    d) Anders als nach dem Sachverhalt in dem EuGH-Urteil Serebryannay vek in DStRE 2014, 476, [EuGH 26.09.2013 - C-283/12] wonach die Verpflichtung bestand, zur Nutzung überlassene Appartements fertig zu stellen, gab es hier keine Verpflichtung des Klägers, das Dach zu sanieren. In gleichartiger Weise unterscheidet sich der Streitfall vom Sachverhalt des Urteiles des FG München vom 23. September 2014 2 K 3435/11 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2015, 78).

    2. Dem Kläger steht in voller Höhe der Vorsteuerabzug aus den ihm in Rechnung gestellten Vorbereitungsmaßnahmen zu.

    Der Unternehmer kann gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die Vorsteuerbeträge für die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Zwischen dem Eingangsumsatz und dem Ausgangsumsatz muss ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen (ständige Rechtsprechung des BFH und des EuGH, z. B. BFH-Urteile vom 14. März 2012 XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667 m.w.N.; vom 24. April 2013 XI R 25/10, BStBl II 2014, 346 m.w.N.). Der Vorsteuerabzug setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

    Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Nach der Stellungnahme des die Vorbereitungsmaßnahmen durchführenden Unternehmens vom 8. Mai 2014 waren den Maßnahmen für die Errichtung der Fotovoltaik-Anlage erforderlich. Der Senat sieht keinen Anlass an diesen Angaben zu zweifeln, zumal die Dachhaut voll funktionsfähig und nicht sanierungsbedürftig war und das FA dieser Stellungnahme auch nicht entgegentrat. Soweit die Arbeiten Bereiche betrafen, auf denen keine Solarmodule installiert wurden, trug der Vermieter die Kosten. Die vorgelegte Rechnung ist nicht zu beanstanden.

    3. Eine missbräuchliche Gestaltung liegt nicht vor.

    Wann eine solche Gestaltung gegeben ist, ist im nationalen Recht in § 42 der Abgabenordnung (AO) geregelt. Diese Bestimmung ist im Umsatzsteuerrecht anwendbar. Unionsrechtlich sind nach dem Grundsatz des Verbots des Rechtsmissbrauchs rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen, die allein zu dem Zweck erfolgen, einen Steuervorteil zu erlangen, verboten. Davon kann ausgegangen werden, wenn zum einen die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Voraussetzungen der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts und des zu ihrer Umsetzung ergangenen nationalen Rechts zur Erlangung eines Steuervorteils führen, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe, und zum anderen aufgrund einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (BFH-Urteil vom 9. September 2015 XI R 21/13, BFH/NV 2016, 597, m. w. N.).

    Nach der Rechtsprechung des BFH kann ein Grundstückseigentümer, der eine Fotovoltaik-Anlage errichten oder sein Dach zum Betreiben einer solchen (steuerpflichtig) vermieten möchte, die Kosten einer Dachsanierung nur entsprechend der Nutzung des gesamten Gebäudes und damit ggf. nur anteilig abziehen (BFH-Urteile vom 19. Juli 2011 XI R 29/10, BStBl II 2012, 438, Rz 32; vom 14. März 2012 XI R 26/11, BFH/NV 2012, 1192, Rz 31). Demgegenüber kann - wie dargelegt - der Mieter eines Dachs die dort zur Errichtung einer unternehmerisch betriebenen Fotovoltaik-Anlage erforderlichen Aufwendungen vollständig abziehen. Eine unterschiedliche Behandlung von Eigentümer und Mieter ergibt sich entsprechend dem System der Umsatzsteuer dann, wenn der Eigentümer aufgrund seiner Verwendung des gesamten Gebäudes nicht vollständig zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Die Unterschiede laufen also nicht dem Ziel des Vorsteuerabzugs zuwider, sondern ergeben sich aus einer maßgeblich anderen Verwendung der Eingangsleistung. Außerdem ist nicht jedes Ausnutzen einer Vorschrift oder Gesetzeslücke, das dazu führt, dass weniger Steuern gezahlt werden müssen, ein Missbrauch (EuGH-Urteil vom 29. April 2004, C-487/01 und C-7/02, Gemeente Leusden und Holin Groep, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2004, 302, Rz 79). Schließlich ist - wie im Streitfall - die Durchführung der Vorbereitungsmaßnahmen für das Betreiben der Fotovoltaik-Anlage durch den Mieter eines Daches keine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung. Denn dadurch entledigt sich der Vermieter der Pflicht und damit dem Risiko, das vermietete Dach in einem für das Betreiben der Fotovoltaik-Anlage geeigneten Zustand zu halten; zudem muss er sich nicht mit der Durchführung der Maßnahmen befassen.

    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3, § 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10 der Zivilprozessordnung (ZPO).

    5. Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

    6. Der Senat erkennt mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).