15.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211669
Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 20.03.2019 – 3 K 273/17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Thüringen
Urteil vom 20.03.2019
Az.: 3 K 273/17 n. rk.
In dem Rechtsstreit
- Kläger -gegen Finanzamt
- Beklagter -
wegen Einkommensteuer 2014, Gewerbesteuermessbetrag 2014
hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts auf Grund mündlicher Verhandlung vom 20.03.2019 für Recht erkannt:
Tatbestand
Streitig ist, unter welcher Einkunftsart Zahlungen der A in Höhe von 6.516,69 € zu erfassen sind. Der anfangs noch streitige Umfang zusätzlicher Betriebsausgaben wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch eine tatsächliche Verständigung geklärt.
Der Kläger ist B und erzielte im Streitjahr hieraus Einkünfte in Höhe von 30.751 €.
Zudem ist er X (Sportler). Als Mitglied der Sportfördergruppe der C nimmt er an X-Meisterschaften teil. Ausweislich seiner Homepage hat er als Sponsoren die D, die Firma E, die Firma F, die Firma H sowie die Firma I.
Ausweislich wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/J) erzielte er folgende Erfolge:
Olympische Spiele, Weltmeisterschaften, Europameisterschaften, Deutsche Meisterschaften und Weltcupveranstaltungen.
Laut einer Zeitungsnotiz vom ... 2018 hat er seine Karriere beendet und wird Nachwuchstrainer.Der Kläger erklärte einen Gewinn aus gewerblicher Tätigkeit in Höhe von 18.201,00 € als Einzelunternehmer aus seiner Tätigkeit als Sportler.
Diesem lagen 30.570,51 € Betriebseinnahmen und 12.369,28 € Betriebsausgaben zu Grunde. Hinzu kommen 6.517,00 € aus Zahlungen der A, die er als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) deklarierte. Der Beklagte qualifizierte diese als Einkünfte aus Gewerbebetrieb um. Er meint, aufgrund des Subsidiaritätsprinzips seien alle Einnahmen im Zusammenhang mit dem Sport als solche aus Gewerbebetrieb anzusehen.
Mit Schreiben vom 18.11.2016 teilte der Beklagte eine beabsichtigte Verschlechterung des Steuerbescheides (Minderung diverser Betriebsausgaben mangels betrieblicher Veranlassung) mit und kündigte eine sogenannte "Verböserung" an. Da keine Einspruchsrücknahme erfolgte, änderte der Beklagte den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheid und setzte eine Steuer in Höhe von 15.973,00 € fest. Den Einspruch wies er am 17.03.2017 zurück.
Der Kläger legte im Klageverfahren eine Liste diverser Betriebsausgaben in Höhe von 10.993,39 € vor. In der mündlichen Verhandlung verständigten sich die Beteiligten auf eine Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von 5.700 €.
Der Kläger meint, die Zahlungen der A führten zu keiner höheren Steuer.
Er stützt sich auf einen koordinierten Ländererlass des Hessischen Ministeriums der Finanzen vom 12.05.1969. Er meint, er sei kein Profisportler und erziele seine Haupteinnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit als B. Zwar müsse ein Athlet einem Bundeskader eines Spitzenverbandes angehören, um Leistungen der A zu erhalten. Damit werde er nicht automatisch Berufssportler.
Zuwendungen der A seien als Einkünfte gemäß § 22 EStG anzusetzen und es seien pauschal Ausgaben in entsprechender Höhe gegenzurechnen.
Die A diene einem gemeinnützigen Zweck, Sportler zu fördern. Deren Zuwendungen dienten dem Ersatz sportbedingter Mehraufwendungen. Dies sei keine Leistung, um den alltäglichen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es bestehe kein Arbeitsverhältnis oder sonstige vertragliche Beziehung zwischen A und Sportler, also werde kein Entgelt für ein bestimmtes Tun gezahlt. Auch aus dem Anwendungserlass zur AO ergebe sich, dass dies sonstige Einkünfte seien. § 22 Nr. 1 Satz 1 a EStG sehe eine Nichtbesteuerung solcher Leistungen vor, die eine gemeinnützige Körperschaft tätige.
Der Kläger habe eine Förderung als A-Kader-Förderung in Höhe von 300,00 € monatlich und ab Juli 2014 eine "Olympiaprämie" in Höhe von 416,67 € erhalten. Für den ... Platz bei den. Olympischen Winterspielen habe er eine Prämie in Höhe von 5.000,00 € erhalten, nämlich zwölf Teilzahlungen zu je 416,67 €.
Die von der Stiftung gezahlten Gelder sollten für die steuerlich nicht absetzbaren Kosten verwendet werden, wie Kosten für sportgerechte Ernährung, Mieten für Zweitwohnungen am Trainingsort, zusätzliche Kosten für steuerlich nicht geltend zu machende doppelte Haushaltsführung etc. Der Kläger habe z. B. eine zusätzliche Mietwohnung in K, damit er kurze Wege zum Training habe, insbesondere um Regenerationsphasen einzuhalten. Auch brauche er kurze An- und Abreisewege zu Wettkämpfen. Er weise auch auf Art. 12 und Art. 17 des OECD-Musterabkommens hin. Die Einkünfte aus sportlichen Aktivitäten seien von den sonstigen Einkünften, wie Werbung oder Sponsoring abzugrenzen. Eine solche Abgrenzung sei auch in anderen Bundesländern üblich.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide zur Änderung der Einkommensteuer des Kalenderjahres 2014 und der Gewerbesteuermessbeträge für das Kalenderjahr 2014 vom 29.07.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2017 abzuändern und Zuwendungen der A in Höhe von 6.517 € steuerlich nicht zu erfassen sowie weitere Betriebsausgaben bei den gewerblichen Einkünften in Höhe von 5.700 € anzuerkennen und die Steuer entsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt, abgesehen von der zugesagten Teiländerung,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Zuwendungen der A seien im Rahmen der gewerblichen Einkünfte zu berücksichtigen, da der Kläger als Profisportler anzusehen sei. Hierfür spräche auch der Umstand, dass er bisher eine Gesamtfördersumme von 57.428,97 € seit seiner Aufnahme in das Förderprogramm erhalten habe. Der alte Ländererlass aus dem Jahr 1969 sei nicht mehr anwendbar und habe sich durch die veränderten Lebensverhältnisse (ständig steigende Fördersätze) überholt.
Die Zuwendung von 5.000 € als Leistungsprämie für den ... Platz bei den Olympischen Winterspielen mache deutlich, dass gewerbliche Einkünfte vorliegen, denen nur tatsächlich verausgabte Aufwendungen im Zusammenhang mit diesen Einnahmen entgegengesetzt werden könnten. Kosten der Lebensführung seien hierfür nicht zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist insoweit begründet, als - entsprechend der tatsächlichen Verständigung - weitere Betriebsausgaben in Höhe von 5.700 € steuermindernd zu berücksichtigen sind.
II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet, denn die Zahlungen der A sind im Streitfall als gewerbliche Einkünfte steuerpflichtig.
1. Der Senat lässt dabei offen, ob Zahlungen der A nicht im Einzelfall als solche gemäß § 22 EStG zu werten sein können. Zumindest dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Kläger nicht unerhebliche Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit im Rahmen von Sponsorenverträgen erzielt und als Profisportler tätig ist, ergibt sich ein untrennbarer Zusammenhang mit den Einkünften aus seinen gewerblichen Einkünften gemäß § 15 EStG als Sportler (bereits FG Kassel, Urteil vom 16.10.2000, 5 K 187/98, EFG 2001, 683, rechtskräftig).
a. Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.
b. Der Kläger ist als Teilnehmer an Olympischen Spielen, Europa- und Weltmeisterschaften nicht mehr als Amateur, sondern als gewerblicher Profisportler anzusehen.
aa. Dafür spricht bereits die absolute Höhe seiner Einnahmen. Wenngleich in anderen Sportarten deutlich höhere Vergütungen gezahlt werden, so sind doch im Streitfall sportbedingte Einnahmen von mindestens 30.000 € pro Jahr und damit rund das Durchschnittsgehalt eines Arbeitnehmers in der Bundesrepublik (durchschnittlicher Brutto-Jahresarbeitslohn je Arbeitnehmer in Deutschland von 2014: 31.600 €, Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/164047/umfrage/jahresarbeitslohn-in-deutschland-seit-1960/) ein deutliches Anzeichen für eine Tätigkeit als Berufssportler.
Dies belegt auch das Verhältnis der nahezu gleich hohen Bruttoeinnahmen als Sportler 30.570,51 € (ohne die Zahlungen der A) und des Bruttoverdienstes als B 30.751 €. Beide Einkunftsquellen waren ungefähr gleichwertig.
bb. Auch das zeitliche Engagement zeigt, dass der Sport die Haupttätigkeit des Klägers darstellte, denn bei nur 39 Arbeitstagen, an denen er laut Einkommensteuererklärung zur Arbeitsstelle gefahren ist, hat auch sein Zeitaufwand für die sportliche Tätigkeit den Zeitaufwand für die Tätigkeit als B deutlich überwogen.
Der Kläger war als Hochleistungssportler tätig und erzielte neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als B durch die Werbeverträge unstreitig gewerbliche Einnahmen.
2. Bei einem Profi-Sportler, dem auf Grund von Sponsorenverträgen gewerbliche Einnahmen zufließen, zählen auch die Leistungen der A zu den Einnahmen aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. zur Werbetätigkeit von Spitzensportlern, BFH-Urteil vom 19.11.1985 VIII R 104/85, BFHE 146, 115, BStBl II 1986, 424).
Leistungen der A sind bei Berufssportlern gewerbliche Einkünfte und keine wiederkehrenden Bezüge i. S. des § 22 Ziff. 1 EStG. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Klägers, es handele sich insoweit um wiederkehrende Bezüge i. S. des § 22 Ziff. 1 EStG (überholte Verfügung der OFD Frankfurt am Main vom 15. März 1995 - S 2120 A - 95 - St II 20 in ESt-Kartei der OFD Frankfurt am Main, Karte 8 zu § 2). Die von der A erbrachten Zahlungen sind abhängig vom Leistungsniveau des Sportlers sowie der Teilnahme an nationalen und internationalen Wettkämpfen.
Eine als Betriebseinnahme zu beurteilende Vermögensmehrung muss - sofern sie nur objektiv betrieblich veranlasst ist - nicht notwendig als Entgelt auf eine konkrete betriebliche Leistung bezogen werden können, weswegen z.B. grundsätzlich auch Zuschüsse für Investitionen oder Existenzgründungen zu den Betriebseinnahmen gehören (vgl. zum Begriff der Betriebseinnahmen BFH-Urteil vom 27.05.1998 X R 92/95, BFH/NV 1998, 1476).
Ausreichend ist der objektive betriebliche Anlass, so dass auch z. B. Zuschüsse, Geschenke usw. Betriebseinnahmen darstellen können. Im Streitfall ist die Zuwendung jedoch sogar als nachträgliches Entgelt, als Leistungsprämie gezahlt worden.
Dies belegt das Schreiben der A über die Gewährung von 5.000 €, wonach diese Zahlung anknüpft an eine bestimmte Leistungserbringung. Die Formulierung, dass dieser Betrag "als Anerkennung für diese Leistung" gezahlt wird, mithin als Prämie für einen bestimmten Erfolg, den der Kläger als Profisportler errungen hat, zeigt nach Ansicht des Senats, dass dies als Entgelt im Rahmen der gewerblichen Sportlertätigkeit geleistet wurde.
Die Zahlungen der A sind vergleichbar jenen, die der Sportler von privaten Sponsoren im Rahmen von Werbe- bzw. Ausrüsterverträgen erhält. Sie fallen im Rahmen des einheitlichen Gewerbebetriebs des Klägers an; sie sind betrieblich veranlasst, da sie im wirtschaftlichen und sachlichen Zusammenhang mit dessen gewerblicher Tätigkeit stehen. Der Kläger erhielt seit seiner Aufnahme in die Sportförderung der A immerhin 57.428,97 Euro (Stand 11.06.2014).Soweit der Kläger diese Zahlungen als wiederkehrende Bezüge qualifiziert sehen möchte und davon ausgeht, dass diesen Einnahmen sportbedingte Aufwendungen in gleicher Höhe gegenüber stehen, berücksichtigt er nicht, dass er sportbedingte Aufwendungen konkret im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit bereits als Betriebsausgaben geltend gemacht hat.
Eine konkrete Zuordnung der sportbedingten Ausgaben als Betriebsausgaben im gewerblichen Bereich einerseits und andererseits zugleich eine pauschale Berücksichtigung der Ausgaben, die mit den sonstigen Einkünften gem. § 22 EStG abgegolten werden sollen, ist nicht möglich. Der Senat konnte auch nicht feststellen, dass mit diesen Zuwendungen sportbedingte sonstige, private Ausgaben der Lebensführung wie spezielle Ernährung abgegolten werden sollten. Die Höhe der Zahlungen richtete sich nicht nach einem bestimmten Aufwand, sondern nach dem sportlichen Erfolg.
Daher hat der Beklagte zu Recht darauf abgestellt, dass eine Berücksichtigung als sonstige Einkünfte wegen des Subsidiaritätsprinzips ausscheidet, da die Einkünfte zu den in § 2 Abs. 1 Nummer 1 bis 6, hier Nr. 2 (gewerbliche Einkünfte), bezeichneten Einkunftsarten gehören.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135, 137 Abs. 1 FGO. Der ausschließlich betriebliche Zusammenhang der Aufwendungen wurde erst im Verlauf des Klageverfahrens hinreichend glaubhaft gemacht, so dass auch hinsichtlich der zugesagten Teilabhilfe der Kläger die Kosten zu tragen hat. Der Senat hält, wie bereits das FG Kassel in der o.a. Entscheidung vom 16.10.2000, die Zulassung der Revision für geboten.