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  • 03.06.2024 · IWW-Abrufnummer 241796

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 29.02.2024 – 6 K 984/22

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Nürnberg 

    Urteil vom 29.02.2024


    In dem Rechtsstreit
    Kläger
    - Kläger -
    Prozessbev.:
    gegen
    Hauptzollamt
    - Beklagter -

    wegen Kraftfahrzeugsteuer

    hat der 6. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch
    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht,
    den Richter am Finanzgericht und
    die Richterin am Finanzgericht sowie
    den ehrenamtlichen Richter und
    den ehrenamtlichen Richter

    ohne mündliche Verhandlung am 29. Februar 2024 für Recht erkannt:

    Tenor:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der KraftSt für ein Hybrid-Fahrzeug ohne Plug-in Lademöglichkeit.

    Der Kläger ist seit 22.03.2022 Halter des neu zugelassenen Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 111. Dabei handelt es sich um einen Mildhybrid mit verbauter Brems-energie-Rückgewinnung (Rekuperation), bei dem ein Elektromotor über einen gesonderten Batteriekreislauf den Ottomotor unterstützt. Eine externe Lademöglichkeit wie bei einem Plugin-Hybriden (PHEV) ist jedoch nicht vorhanden. Laut dem Zulassungsschein gilt für das Fahrzeug die Emissionsklasse "Euro 6" und es wird ein Co2-Ausstoß von 209 g/km angegeben.

    Im Bescheid vom 31.03.2022 setzte der Beklagte nach § 9 Abs. 1 Nr. 2c Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) eine jährliche Kraftfahrzeugsteuer (KraftSt) von 376,00 € jährlich fest.

    Mit Einspruch vom 07.04.2022 machte der Kläger geltend, die Steuer sei zwar entsprechend der gesetzliche Regelung richtig berechnet, doch das KraftStG in seiner jetzigen Form an sich sei rechtswidrig und damit auch die Festsetzung der KraftSt. Auf Seiten des Gesetzgebers bzw. des Fiskus bestehe ein gravierendes Vollzugsdefizit. Denn bei den deutlich günstiger besteuerten PHEV erfolge keinerlei Kontrolle, ob die im Zulassungsverfahren angewandten "Fahrmodi", bei denen sehr günstige Co2-Werte ermittelt werden, auch in der Praxis erfüllt werden, obwohl der Gesetzgeber selbst ausreichend Kontrollmöglichkeiten vorschreibe - sie aber nicht anwende. Der Gesetzgeber habe bewusst den Zulassungsbehörden bei der Feststellung der maßgeblichen Co2-Werte die Beurteilung überlassen. Er verweise auch für die Steuervergünstigung von "besonders emissionsreduzierten PKW" des § 10b KraftStG in Abs. 2 darauf. Auch habe der Gesetzgeber eine Kontrolle der tatsächlichen Schadstoffemissionen weder vorgesehen noch gewollt, weil das Festsetzungsverfahren der KraftSt als Massensteuer praktikabel und verwaltungsökonomisch ausgestaltet sein müsse, was bei einer zusätzlichen Kontrolle der tatsächlichen Emissionswerte nicht gegeben wäre.

    Er, der Kläger, habe das streitgegenständliche Fahrzeug in Konkurrenz zu steuerlich privilegierten PHEV-Hybriden gewählt, weil es seinen sonstigen Anforderungen an die Nutzbarkeit eines Fahrzeuges besser entsprach. Insbesondere die Größe der PHEV und deren Gewicht sei ausschlaggebend gewesen. Dabei erreichten die größeren PHEV die niedrigen Co2-Werte nur bei geladener Batterie. Ohne Stromantrieb würden sie aber wesentlich mehr Co2 produzieren aufgrund des Gewichtes. Steuerlich würden diese Fahrzeuge ungefähr 60.-€ KraftSt kosten, was im Vergleich zur streitigen Steuer von 376.-€ eine deutliche Besserstellung sei, die nicht gerechtfertigt wäre.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 08.08.2022, zugestellt am 11.08.2022, wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet ab. Die Steuer sei nach § 8 Nr. 1 b KraftStG bei Pkw mit erstmaliger Zulassung ab dem 1. Juni 2009 nach dem Hubraum und den Co2-Emissionen zu bemessen. Dabei werde der Co2-Ausstoß durch die Zulassungsbehörde für die KraftSt-Festsetzung bindend festgestellt, § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG. Daran habe sich der Beklagte gehalten und die Steuer richtig berechnet. Eine Steuervergünstigung nach § 10b KraftStG könne im Streitfall nicht gewährt werden. Das Fahrzeug des Klägers überschreite offensichtlich die Grenzwerte für eine Steuerbefreiung. Ob ein Vollzugsdefizit vorliege, könne im Streitfall nicht festgestellt werden, da selbst bei einem solchen die Steuer für das Fahrzeug des Klägers nicht herabgesetzt werden müsse. Ein Vollzugsdefizit durch die fehlende Kontrolle der tatsächlichen Schadstoffemissionen, wie es der Kläger geltend mache, sei allein schon durch die Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG ausgeschlossen. Es sei vom FG Hamburg im Urteil zu 4 K 86/18 vom 14. November 2018 auch ausdrücklich so festgehalten worden, dass der Gesetzgeber keine Einzelfallbetrachtung wolle.

    Mit der Klage vom 08.08.2022 verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter und trägt unter Verweis auf die Einspruchsbegründung ergänzend vor, das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung sowie die Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (Iccr) seien bei ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass bei den privat zugelassenen PHEV nur rund 43 % der zurückgelegten Gesamtfahrleistung elektrisch erfolge, bei gewerblich genutzten Dienstwagen seien es lediglich 18%. Zudem seien diese Fahrzeuge im Hochpreissegment angesiedelt und hätten damit eine sehr hohe Steuerersparnis gegenüber herkömmlichen Antrieben. Dabei seien das in der Regel ineffiziente Luxusautos, die kaum elektrisch gefahren würden. Damit subventioniere der Steuerzahler eine Klima-Mogelpackung. Die eigentlichen Emissionen dieser Fahrzeuge seien fünfmal so hoch, wie die gesetzlich unterstellten Werte. Wenn die Fahrzeuge aber nicht elektrisch betrieben würden, seien sie identisch mit dem Fahrzeug des Klägers als sog. Mildhybride und dürften steuerlich nicht bessergestellt werden. Eine steuerliche Vergünstigung, obwohl de facto keiner der Nutzer - weder privat noch gewerblich - die dafür vorgesehenen Vorgaben einhalte, dürfe nicht weiter gewährt werden. Oder aber der Gesetzgeber müsse diese Vergünstigung allen Hybridfahrzeugen zugestehen, was der Kläger begehre. Dabei müsse an die tatsächliche Nutzung angeknüpft werden, was möglich wäre, weil in allen Fahrzeugen eine Überwachungseinrichtung für den Kraftstoff-/Stromverbrauch (OBFCM) vom Gesetzgeber vorgeschrieben sei. Damit könnte die Steuervergünstigung den individuellen Nutzungen angepasst werden. Das sei auch in der Praxis umsetzbar, weil bei LKW z.B. durch das Bundesamt für Güterverkehr bei Mautkontrollen auch die Nutzung des sog. "AdBlue" Additives kontrolliert würde.

    Aus dem Urteil des FG Hamburg 4 K 86/18 vom 14.11.2018 zur Besteuerung eines Dieselfahrzeuges entnimmt der Kläger eine Bestätigung seiner Rechtsansicht insoweit, als das Gericht die Intention des Gesetzgebers unterstütze, die emissionsärmeren Fahrzeuge steuerlich zu subventionieren. Daraus folge die Verpflichtung zur Rechtssetzungsgleichheit, die konkret für alle emissionsarmen Fahrzeuge eine gleichmäßige Belastung erfordere.

    Die EU habe durch eine Änderung der Ermittlungsstandards für Co2-Werte dem vorher weit verbreiteten Missbrauch der Ermittlungsverfahren einen Riegel vorgeschoben. Das wirke aber nicht bei den Hybrid-Fahrzeugen. Diese Falschermittlung durch die Hersteller dürfe der Gesetzgeber nicht steuerlich unterstützen. Zumal der Praxisbetrieb deutlich von der "Labormessung" abweiche und de facto kaum elektrisch gefahren werde. Dies habe der Bundesrechnungshof im Laufe des Klageverfahrens auch erkannt und eine Gesetzesänderung angeregt.

    Der Kläger beantragte zunächst die Aufhebung des KraftSteuerbescheides vom 31.03.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.08.2022, hilfsweise die Änderung und Besteuerung seines Fahrzeuges wie ein PHEV-Fahrzeug.

    Mit Schreiben vom 10.01.2024 schränkte der Kläger die Klage ein und beantragt nunmehr,

    die KraftSt für sein KfZ wie die eines PHEV-Hybrids zu berechnen und den Bescheid dementsprechend zu ändern.

    Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

    Da die Steuer richtig berechnet sei, käme eine Änderung des Bescheides nur aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung in Frage. Das KraftStG sei aber verfassungsgemäß. Insbesondere begegne es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass bei allen Fahrzeugen - und damit auch bei PHEV-Hybrid-Fahrzeugen - die im jeweils vorgeschriebenen Prüfverfahren vom Fahrzeughersteller ermittelten theoretischen Co2-Emissionspotentiale und nicht die realen Co2-Emissionen, die bei der tatsächlichen Nutzung der Fahrzeuge auftreten, der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Die Besteuerung stelle u.a. auf die Antriebsart ab. Hinsichtlich der Antriebsform nähmen die PHEV Fahrzeuge eine Sonderstellung ein. Es würden die im Rahmen des jeweiligen Prüfverfahrens vom Hersteller ermittelten sog. "gewichtet kombinierten Co2-Werte" herangezogen. Sie würden als eine "Brückentechnologie" zur rein elektrischen Mobilität angesehen. Da sie sowohl genutzt werden können, um eine Kurzstrecke emissionsfrei zurückzulegen, als auch darüber hinaus effizient eine Langstrecke bewältigen zu können. Sie stellten unter den derzeitigen Rahmenbedingungen in der Übergangsphase zur rein elektrischen Mobilität eine sinnvolle Alternative dar (Deutscher Aufbau- und Resilienzplan, Bundestagsdrucksache 19/29682). Der Gesetzgeber habe im KraftStG in zulässiger Weise von der Möglichkeit Gebrauch gemacht eine typisierende- und pauschalierende Regelung zu treffen. Dabei sei ihm zuzubilligen, dass er für Massenverfahren pauschale Wertungen treffen müsse und dabei Grenzziehungen vornehme. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt seien, könnten generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber dürfe sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und sei nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerG) vom 09.12.2008, 2 BvL 1/07, Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 05.07.2018, III R 42/17).

    Da die PHEV-Fahrzeuge im Rahmen ihrer Batteriereichweite rein elektrisch angetrieben werden könnten, entsprächen sie insoweit den klimapolitischen Zielen des Gesetzgebers. Anders verhalte sich dies bei den sog. Mildhybriden, bei denen ein rein elektrischer Antrieb nicht möglich sei. Da die PHEV-Fahrzeuge durch die zeitweise Nutzung des rein elektrischen Antriebs geringere Co2-Emissionen im Vergleich zu den übrigen Hybridfahrzeugen aufwiesen, sei es in Anbetracht seiner klimapolitischen Lenkungsziele im Sinne des Gesetzgebers, dass sich dieser Unterschied auch bei der Höhe der Kraftfahrzeugsteuer bemerkbar mache.

    Zudem sei selbst bei Zutreffen der Argumentation des Klägers zu den PHEV-Fahrzeugen die Besteuerung des Fahrzeuges des Klägers nicht abzuändern. Dieses überschreite in jedem Fall die Co2-Grenzwerte des § 10b KraftStG und sei daher in keinem Fall zu begünstigen.

    Mit Schreiben vom 04.12.2023 gab das Gericht den Beteiligten die Möglichkeit zur Äußerung zum Urteil des BVerfG vom 28.07.2023; 2 BvL 22/17, juris oder FR 23, 1097; Vorinstanz FG Köln EFG 18, 287.

    Der Kläger führte hierzu aus, dass der Gesetzgeber bei der Typisierung zwar ein Auswahlermessen habe, dabei aber den Regelfall abbilden müsse und nicht die Ausnahme zum Regelfall machen dürfe. Das sei aber aus den in der Klage vorgetragenen Gründen bei § 10b KraftStG der Fall. Die Co2-Werte der PHEV seien mit dem Ausnahmefall des elektrischen Betriebes gerechnet und nicht mit der Regel, der Energie aus fossilen Kraftstoffen. Das habe auch das Bundesumweltamt inzwischen festgestellt. Damit liege Willkür, weil ohne sachlichen Grund, im Ermessen des Gesetzgebers vor.

    Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 07.10.2022 und 30.09.2022 auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet, da die auf dem KraftStG basierende Festsetzung im streitgegenständlichen Bescheid nicht den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verletzt, wie sie sich aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie einfachgesetzlich aus § 85 Abgabenordnung (AO) ergibt.

    A) Die bestehenden Regelungen zur Kraftfahrzeugbesteuerung wurden richtig angewandt und die Steuer zutreffend berechnet. Dies ist auch von den Parteien so unstrittig gestellt.

    B) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches seinem Wesen entsprechend ungleich zu behandeln. Das Gleichheitsgebot gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen, vergleichbaren Personenkreis aber vorenthalten wird. Unterschiede in der betroffenen Personenauswahl sind sachgerecht zu treffen. Dazu ist jeder Regelungssachverhalt eigenständig zu gewichten und mit sachlichen Differenzierungsmerkmalen zu versehen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG v. 19.11.2019, 2 BvL 22/14).

    Dabei wirkt das Gleichheitsgebot zunächst auf der Ebene der Rechtsetzung also beim Gesetzgebungsakt direkt. Diese Rechtssetzungsgleichheit steht unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung der betroffenen Steuerpflichtigen und daher muss die Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes folgerichtig im Sinne von belastungsgleich erfolgen (s. dazu m.w.N. BVerfG 28.07.2023, 2 BvL 22/17 R 65). Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung der getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfG-Beschluss vom 28.06.2022, 2 BvL 9, 10, 13, 14/14, R 70ff).

    Der Gesetzgeber ist allerdings berechtigt, bei der Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstandes getroffenen Belastungsentscheidung generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Im Bereich der Masseverfahren, wie für die Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer, ist der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild zu erfassen. Eine hieraus resultierende unvermeidliche Härte verstößt allein noch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und muss nicht allen Besonderheiten durch Sonderregelungen Rechnung tragen (BVerfG Beschl. v. 28.7.2023, 2 BvL 22/17 R 65f unter Bezug auf Beschl. v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11; Beschl. v. 28.6.2022, 2 BvL 9/14).

    Die Besteuerungsgleichheit hat als Komponenten die Gleichheit der normativen Steuerpflicht ebenso wie die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet im Sinne einer Rechtsanwendungsgleichheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.06.1991, 2 BvR 1493/89). Dazu muss aber die Besteuerungspraxis insgesamt in einem Maße von der normativen gleichen Rechtssetzung abweichen, dass darin eine generelle Ungleichheit zu erkennen ist. Dies wurde für den Fall der früheren Behandlung der Erfassung von Zinseinkünften aufgrund des über einen längeren Beobachtungszeitraum überwiegend nicht erklärten Zinsertrages und unzureichender Kontrollmöglichkeiten der Executive so angenommen. (s. BVerG. aaO.)

    C) Im Streitfall ist weder unter dem Gesichtspunkt der Rechtssetzungsgleichheit noch unter dem Gebot des gleichen Gesetzesvollzuges ein Verstoß gegen Art 3 GG gegeben.

    1.) § 10b KraftStG ist mit dem Abstellen auf Co2-Werte nicht verfassungswidrig i.S.d. Rechtssetzungsgleichheit.

    Die Beklagte legt der Kraftfahrzeugsteuer Bemessungsgrundlagen zugrunde, die nach § 10b Abs. 2 KraftStG im technischen WLTP-Verfahren ermittelt und festgestellt wurden. (Details zum WLTP-Verfahren s. Homepage des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, https://bmdv.bund.de/Sharedocs/DE/Artikel/StV/Strassenverkehr/informationen-zu-wltp-tests.html, Abfrage 29.02.2024)

    Da für die Steuerberechnung generell auf technische Daten abgestellt wird, werden alle Fahrzeughalter gleichbehandelt. Bei allen PKW, nicht nur bei PHEV-Fahrzeugen, werden die bei der Nutzung erreichten tatsächlichen Kohlendioxidemissionen außer Acht gelassen. Diese Werte können in der Praxis bei entsprechender Nutzung eines jeden Fahrzeugs deutlich höher - oder auch niedriger - sein.

    Das Mild-Hybrid-Fahrzeug des Klägers hat, verglichen mit anderen Verbrennern, einen geringeren Kohlendioxidverbrauch, was sich in den im WLTP-Verfahren festgestellten Werten bemerkbar macht. Der Kläger trägt deswegen bereits eine geringere Steuerlast im Vergleich zu Fahrzeugen ohne Hybrid-Technik.

    Auch im Vergleich zu vollelektrischen Fahrzeugen ist eine Ungleichheit der Rechtssetzung nicht zu erkennen. Auch diese werden grundsätzlich in einem pauschalierten Berechnungsverfahren mit angenommenen Durchschnittsverbrauch an kWh und dafür angesetzten Co2-Äquivalenten für einen definierten Strom-Mix zur Aufladung berechnet.

    Auch die Rechtsetzung für die PHEV ist kein Verstoß gegen die Rechtssetzungsgleichheit. Sie folgt einer der technischen Eigenschaft der Fahrzeuge entspringenden Mischmethode aus Anteilen der Ottomotoren und der Stromaufladung. Das Prinzip wird im Grundsatz auch für den Wagen des Klägers benutzt. Für PHEV wird dabei ein Nutzungsprofil unterstellt, das bei dem Wagen des Klägers nicht einschlägig sein kann, da Mildhybride dauerhaft in der Mischtechnik fahren.

    Das Berechnungsprinzip in allen Varianten muss dabei mit vorgegebenen pauschalierten Annahmen für die Berechnung auskommen, um dem Massenverfahren der KraftSt eine administrierbare Lösung zu geben.

    Der Senat verkennt dabei nicht, dass die vom Kläger angeführten, ernst zu nehmenden wissenschaftlichen Quellen ein Auseinanderfallen der in der Realität erreichten Werte zu den abstrakten Annahmen des Gesetzgebers feststellen. Das reale Nutzungsverhalten unterscheidet sich im Durchschnitt nach diesen Untersuchungen vom angenommenen Verhalten. Dieses Ergebnis liegt jedoch im Rahmen des Typisierungsermessens. Bei allen PKW, nicht nur bei PHEV-Fahrzeugen, werden die bei der Nutzung erreichten tatsächlichen Kohlendioxidemissionen außer Acht gelassen. Diese Werte können in der Praxis bei entsprechendem Fahrverhalten eines jeden Fahrzeugs deutlich höher - oder auch niedriger - sein.

    2.) Ein Vollzugsdefizit liegt ebenfalls nicht vor, da PHEV eine deutliche Minderheit der Zulassungszahlen sind und ansonsten für Stromer und Benziner die Co2-Werte im Rahmen der Pauschalierung eine zutreffende Differenzierung ermöglichen. Auch für PHEV wird eine KraftSt fällig und die vom Kläger vorgetragene Begünstigung -als zutreffend unterstellt- wird nur befristet für Zulassungen in einem Zeitraum von 4,5 Jahren gewährt. Die Regelung stellt daher nach Ansicht des erkennenden Senates keine gravierende Abweichung des Gesetzesvollzuges von der Normierung dar.

    Die vom Kläger geforderte Abkehr von der abstrakten und pauschalierten Berechnungsformel auf eine tatsächliche Verbrauchserfassung nach individuellem Verhalten würde bei der derzeitigen Datenlage entweder eine umfangreiche Erklärungspflicht über Verbrauchsdaten bei den Steuerpflichtigen und eine nicht administrierbare Bescheiderstellungspflicht auf Seiten des Staates auslösen, oder eine zusätzliche Kontrolle der tatsächlichen Emissionswerte unter Einbeziehung von externen Stellen, wie Fachwerkstätten und Überwachungsverbänden. Auch dann wäre der Verwaltungsaufwand für die beteiligten Stellen nicht überschaubar. Erst wenn künftig die automatischen Verbrauchserfassungen über die sog. OBFCM-Einrichtungen an die EU-Kommission geleitet werden und dann entsprechende gesicherte Verbrauchsdaten vorliegen, wird sich zu dieser Frage eine andere Sachlage ergeben, die eine andere Abwägung bei der Typisierung erfordern kann. (zum gen. Verfahren s. BundesMin. Digitales und Verkehr, aaO.)

    Eine Sonderregelung für PHEV-Fahrzeuge, nach der für diese Fahrzeuge die tatsächlichen Emissionswerte ermittelt und der Besteuerung zugrunde gelegt werden sollen, musste der Gesetzgeber folglich nicht treffen. Auch hier darf er sich am Regelfall orientieren. Es kommt auch für die PHEV nicht auf das individuelle Fahrverhalten eines Einzelnen an, sondern vielmehr darauf, dass eine verwaltungsökonomische Massenbesteuerung möglich ist (FG Hamburg Urt. v. 14.11.2018, 4 K 86/18).

    3.) Das Argument des Klägers wird daher vom Senat als Rüge einer fehlenden Rechtsanpassung des Gesetzgebers für die angenommenen und eventuell in der Praxis unzutreffenden Co2-Werte der PHEV angesehen. Eine solche Anpassungspflicht kann eventuell als Ausfluss der Rechtssetzungsgleichheit gesehen werden. Den Gesetzgeber träfe dann eine Beobachtungs-, Prüfungs- und Nachbesserungspflicht (so wohl FG Köln, Vorlagebeschluss vom 12.10.2017, 10 K 977/17, R 81ff. unter Berufung auf BVerfG-Urteil vom 28.05.2003, 2 BvF 2/90, 4/92 und 5/92). In dieser Rechtskonstruktion sind viele Fragen offen, insbesondere die Frage der Dokumentation der gesetzgeberischen Entscheidung, keine Änderung der Typisierung nach einer Überprüfung vorzunehmen. Ob die Rechtsanpassungspflicht besteht, kann der Senat jedoch dahinstehen lassen.

    Selbst wenn nämlich eine Rechtsanpassungspflicht als solche abstrakt zu bejahen wäre, ist diese im Streitfall nicht gegeben. Die Regelungen des § 10b KraftStG sind vom Gesetzgeber generell für die Zulassungen ab 12.06.2020 bis 31.12.2024 und individuell auf 5 Jahre begrenzt. Im Zeitpunkt der Zulassung des klägerischen Kfz konnte der Gesetzgeber eine Rechtsanpassung schon aus zeitlichen Gründen nicht realistisch umgesetzt haben. Zudem ist die befristete Regelung für eine begrenzte Zahl von Fahrzeugen, die ausdrücklich eine "Brückentechnologie" sind (s. z.B. Wirtschaftswoche v. 12.07.2023, online-Ausgabe, Plug-in-Hybride: "Vom Hoffnungsträger zum Rohrkrepierer"), im Rahmen der angeführten Typisierung nach Ansicht des erkennenden Senates kein Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG und führt daher nicht zu einer Anpassungspflicht der gesetzlichen Typisierungen.

    4.) Insgesamt mag der Kläger zutreffend eine Fehlsubventionierung bemängeln. Diese ist aber nicht zwingend eine Ungleichbehandlung. Zudem wäre selbst bei einer Ungleichbehandlung sowie einer Verfassungswidrigkeit der KraftStG-Bestimmungen und Berechnungsvorgaben kein Anspruch auf eine Herabsetzung der klägerischen KraftSt gegeben, sondern allenfalls die Verpflichtung zur Neuregelung durch den Gesetzgeber, wie bei anderen verfassungswidrigen Gesetzen auch. Einen Anspruch auf eine weitere Fehlsubventionierung seines Mildhybriden, der unstrittig die erhöhten Co2-Werte verursacht, kann es nach Ansicht des erkennenden Senates aus Art 3 Abs.1 GG nicht geben. Dies würde der Absicht des Gesetzgebers für die gewährte Steuererleichterung des § 10b KraftStG, nämlich die Förderung der Nutzung Co2 reduzierter Antriebe, widersprechen.

    D.) Die Rechtsfrage ist bislang nicht entschieden und die Revision wird zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

    E.) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 FGO.

    RechtsgebietKraftStGVorschriften§ 9 Abs. 1 Nr. 2c KraftStG