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  • 27.11.2003 · IWW-Abrufnummer 032685

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 26.06.2003 – III R 36/01

    Kosten zur Wiederbeschaffung lebensnotwendiger Vermögensgegenstände, wie Hausrat und Kleidung, die aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses beschädigt oder zerstört worden sind, können mangels Zwangsläufigkeit nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, eine allgemein übliche und zumutbare Versicherung (hier eine Hausratversicherung) abzuschließen.


    Gründe:

    I.

    Am 9. September 1997 wurden in der Mietwohnung der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) infolge eines durch Blitzschlag verursachten Wasserrohrbruchs zahlreiche Hausratsgegenstände sowie einige Kleidungsstücke beschädigt. Die Klägerin musste die Kosten für die Wiederbeschaffung mangels Hausratversicherung selbst tragen.

    Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte den Abzug der mit der Einkommensteuererklärung für 1997 als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von ca. 30 000 DM wegen fehlender Nachweise ab. Im Einspruchsverfahren belegte die Klägerin Kosten in Höhe von 34 205,20 DM. Das FA wies den Einspruch jedoch als unbegründet zurück, weil die Klägerin es unterlassen habe, eine Hausratversicherung abzuschließen.

    Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte die Aufwendungen in Höhe von 11 001 DM, abzüglich der zumutbaren Eigenbelastung, als außergewöhnliche Belastung und wies die Klage im Übrigen ab. Es führte im Wesentlichen aus: Zwar seien nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Mai 1994 III R 27/92 (BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104) Kosten zur Beseitigung von Schäden an Vermögensgegenständen nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn der Steuerpflichtige eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen habe. Diese in der Literatur kritisierte Entscheidung, die Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an einem selbst genutzten Einfamilienhaus betroffen habe, sei aber auf Wiederbeschaffungskosten für Hausrat und Kleidung nicht anwendbar. Derartige Aufwendungen habe die höchstrichterliche Rechtsprechung seit jeher ohne Anwendung der sog. Gegenwertlehre als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn der Verlust der Gegenstände auf einem unabwendbaren Ereignis beruht habe und die Gegenstände zu einer angemessenen Lebensführung üblicherweise notwendig seien. Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 753 veröffentlicht.

    Mit der Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 33 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) geltend. Es ist der Auffassung, auch Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung seien mangels Zwangsläufigkeit nicht nach § 33 EStG abziehbar, wenn es der Steuerpflichtige unterlassen habe, das verwirklichte Schadensrisiko durch allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeiten abzusichern.

    Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

    II.

    Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage als unbegründet (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

    Entgegen der Auffassung des FG sind die Wiederbeschaffungskosten für Hausrat und Kleidung nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, weil die Klägerin es unterlassen hat, eine Hausratversicherung abzuschließen.

    1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG).

    Rechtsprechung und Verwaltung lassen Wiederbeschaffungskosten für Hausrat und Kleidung, die durch ein unabwendbares Ereignis beschädigt oder zerstört worden sind, unter dem Gesichtspunkt verlorenen Aufwands grundsätzlich zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zu, wenn keine Anhaltspunkte für ein eigenes (ursächliches) Verschulden des Steuerpflichtigen erkennbar sind, keine (realisierbaren) Ersatzansprüche gegen Dritte bestehen und die zerstörten oder beschädigten Vermögensgegenstände in Größe und Ausstattung nicht erheblich über das Notwendige und Übliche hinausgehen (Senatsurteile in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104, und vom 30. Juni 1999 III R 8/95, BFHE 189, 371, BStBl II 1999, 766, m.w.N.).

    Diese Voraussetzungen hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht.

    2. Auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind Wiederbeschaffungskosten für Hausrat und Kleidung aber nur dann als zwangsläufig zu beurteilen, wenn der Steuerpflichtige eine Hausratversicherung abgeschlossen hat und die notwendigen Wiederbeschaffungskosten die Leistungen aus der Versicherung übersteigen.

    a) Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104, das Aufwendungen zur Beseitigung von Wasserschäden an einem selbst genutzten Einfamilienhaus betraf, zur Vermeidung einer den Sinn und Zweck des § 33 EStG überschreitenden Ausdehnung eine Abwälzung derartiger Schäden auf die Allgemeinheit dann nicht als gerechtfertigt angesehen, wenn eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen worden ist. Ob diese Einschränkung auch für Kosten zur Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung gilt, die durch unabwendbare Ereignisse beschädigt oder zerstört worden sind, brauchte der BFH bisher nicht zu entscheiden (vgl. auch Beschluss vom 25. Februar 1999 III B 111/98, BFH/NV 1999, 1085). Geklärt ist lediglich, dass bei Bestehen einer Hausratversicherung die Zahlungen des Hausratversicherers nach der Lehre von der Vorteilsanrechnung auf die Aufwendungen für die Wiederbeschaffung der zerstörten Gegenstände in vollem Umfang anzurechnen sind (Urteil in BFHE 189, 371, BStBl II 1999, 766).

    b) Die Finanzgerichte haben in Fällen, in denen sich der Steuerpflichtige nicht durch den Abschluss einer Sachversicherung gegen die Folgen eines Vermögensverlustes abgesichert hatte, überwiegend --mit zum Teil allerdings unterschiedlichen Begründungen-- den Abzug der Wiederbeschaffungskosten als außergewöhnliche Belastung abgelehnt, weil die Aufwendungen nicht zwangsläufig seien (vgl. FG Baden-Württemberg vom 17. Dezember 1957 IV 1101/57, EFG 1958, 337, rechtskräftig; Hessisches FG vom 16. Februar 1961 I 16/61, EFG 1961, 402, rechtskräftig; FG Nürnberg vom 19. Februar 1974 II 28/72, EFG 1974, 469, rechtskräftig; FG Hamburg vom 20. November 1975 II 38/75, EFG 1976, 183 f.; FG Baden-Württemberg vom 7. Dezember 1978 VI 407/76, EFG 1979, 334, rechtskräftig; FG Köln vom 20. Dezember 2000 1 K 4490/00, EFG 2001, 438, 439, rechtskräftig, mit zustimmender Anmerkung von Müller; Niedersächsisches FG vom 28. August 2002 3 K 533/96, EFG 2003, 160, rechtskräftig; a.A. Hessisches FG vom 29. Januar 1971 I 283/70, EFG 1971, 383).

    c) Das Schrifttum hält mehrheitlich den Abschluss einer üblichen und zumutbaren Sachversicherung zur Schadensminderung nicht für erforderlich (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 33 EStG Anm. 186 und Anm. 300 "Versicherungsschutz"; Arndt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 33 Anm. C 30 und C 63 "Versicherung"; Drenseck in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., § 33 Rz. 21 und Rz. 35 "Versicherung"; Fuhrmann in Korn, Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 40; Heger in Blümich, Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 100; Heuer in Finanz-Rundschau --FR-- 1958, 570; Jakob/Jüptner, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1983, 206, 210; differenzierend Eisenberg in FR 1973, 369, 371; zweifelnd Ehlers, Aktuelles Steuerrecht 1995, 187, 193). Hauptsächlich wird geltend gemacht, der freiwillige Verzicht auf eine Versicherung sei nicht als wesentliche Ursache anzusehen; anderenfalls werde mittelbar eine gesetzlich gerade nicht vorgeschriebene Zwangsversicherung begründet. Im Übrigen müssten anderenfalls die Versicherungsprämien als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein. Auch sei es inkonsequent, eine Versicherung nicht in gleicher Weise bei Krankheitskosten zu verlangen. Aus dem Zweck des § 33 EStG lasse sich ebenso wenig eine Pflicht zum Versicherungsabschluss ableiten. Allenfalls könne bei sozial inadäquatem Verhalten --nach dem Rechtsgedanken der Schadensminderungspflicht entsprechend § 254 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)-- ein Rechtsmissbrauch zu prüfen sein.

    Im Ergebnis stimmen der Rechtsprechung zu: Brockmeyer (Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1998, 214, 216), Sunder-Plassmann (DStZ 1995, 193, 194), Görke in Frotscher (Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 35), Nacke in Littmann/Bitz/Pust (Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 104) und Mellinghoff in Kirchhof (Einkommensteuergesetz, 2. Aufl., § 33 Rz. 24).

    d) Nach Auffassung des Senats gelten die Grundsätze des Urteils in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104 zur Abziehbarkeit von Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an einem selbst genutzten Einfamilienhaus als außergewöhnliche Belastung ebenso für sog. verlorene Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung. Sie sind daher als nicht zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zu beurteilen, wenn es der Steuerpflichtige unterlassen hat, eine allgemein übliche und ihm zumutbare Versicherung zur Schadensminderung abzuschließen.

    aa) Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen dem Grunde nach zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 33 Abs. 2 EStG). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die aufgeführten Gründe von außen, d.h. vom Willen des Steuerpflichtigen unabhängig, auf seine Entschließung in einer Weise einwirken, dass er ihnen nicht auszuweichen vermag (BFH-Urteile vom 26. April 1991 III R 69/87, BFHE 164, 426, BStBl II 1991, 755, und vom 9. August 2001 III R 6/01, BFHE 196, 492, BStBl II 2002, 240, jew. m.w.N.).

    Der Tatbestand des § 33 EStG soll --im Wesentlichen in Ergänzung zu den §§ 10 und 32a Abs. 1 EStG-- entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben sicherstellen, dass die Besteuerung erst jenseits des Existenzminimums einsetzt. Die Vorschrift trägt jenen Fällen Rechnung, in denen das Existenzminimum höher liegt als im Normalfall (BFH-Urteil vom 19. Mai 1995 III R 12/92, BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774, unter 2. a der Gründe).

    Zur Vermeidung einer den Sinn und Zweck des § 33 EStG überschreitenden Ausdehnung ist der Steuerpflichtige nach dem Senatsurteil in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104 bei Schäden an Vermögensgegenständen vorrangig auf bestehende Versicherungsmöglichkeiten zu verweisen. Hat der Steuerpflichtige eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen, ist eine --auch nur teilweise-- Abwälzung solcher Schäden auf die Allgemeinheit nicht gerechtfertigt, weil sich der Steuerpflichtige durch den Abschluss einer Versicherung den Aufwendungen zur Beseitigung des Schadens im Ergebnis hätte entziehen können (vgl. auch Niedersächsisches FG in EFG 2003, 160, m.w.N.; Rasenack, Der Betrieb --DB-- 1983, 1272, 1276).

    Diese im Zusammenhang mit Schäden an selbst genutzten Einfamilienhäusern entwickelten Grundsätze gelten generell für Schäden an lebensnotwendigen Vermögensgegenständen. Der Senat hat im Urteil in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104 (vgl. Entscheidungsgründe unter 3. a) bezüglich der grundsätzlichen Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung keinen Unterschied zwischen einer Beeinträchtigung des privaten Wohnens und dem Verlust von Hausrat und Kleidung gesehen. Auch hinsichtlich der Abzugsbeschränkung unter dem Gesichtspunkt einer unterlassenen Versicherung sind keine Gründe für eine unterschiedliche Behandlung erkennbar. Denn gegen Schäden an Hausrat und Kleidung sind Versicherungen ebenso üblich wie gegen Schäden an Gebäuden (FG Köln in EFG 2001, 438, 440, m.w.N.). Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist gegen Hausratschäden versichert. Nach repräsentativen Befragungen (veröffentlicht in den Jahrbüchern des Gesamtverbandes der Versicherungen in der Bundesrepublik Deutschland) waren im alten Bundesgebiet im Jahr 1993 62,9 %, im Jahr 1994 76,7 % und in den Jahren 2001/2002 75 % der Haushalte mit ihrem Hausrat versichert. Der Abschluss derartiger Standardversicherungen ist auch im Hinblick auf die Höhe der Jahresprämien zumutbar.

    Die Prämien für diese Sachversicherung werden in der Regel aus dem versteuerten Einkommen bezahlt, weil sie steuerlich grundsätzlich nicht absetzbar sind. Im Schadensfalle wird der Betroffene auf die Inanspruchnahme dieser Versicherung verwiesen. Die Leistungen aus der Hausratversicherung werden unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsanrechnung in vollem Umfang auf die Wiederbeschaffungskosten für Hausrat und Kleidung angerechnet (Senatsurteil in BFHE 189, 371, BStBl II 1999, 766). Der Senat hält es deshalb nicht für gerechtfertigt, dass Nichtversicherte Kosten zur Beseitigung von Schäden an lebensnotwendigen Gegenständen auf die Allgemeinheit abwälzen dürfen, wenn sie sich durch den Abschluss einer üblichen und zumutbaren Versicherung die Belastung durch die Schäden hätten vermeiden oder eingrenzen können.

    Auch kann der unterlassene Abschluss einer üblichen und zumutbaren Hausratversicherung nicht anders gewertet werden als der Verzicht auf Ersatz- oder Erstattungsansprüche im Schadensfall, der dazu führt, dass die Aufwendungen zur Beseitigung des Schadens als nicht zwangsläufig beurteilt werden (BFH-Urteil vom 20. September 1991 III R 91/89, BFHE 165, 525, BStBl II 1992, 137).

    Lehnt der Steuerpflichtige den Versicherungsabschluss aufgrund freier Entscheidung ab und nimmt damit bewusst in Kauf, Aufwendungen zur Beseitigung eventuell später eintretender Schäden aus seinem Vermögen tragen zu müssen, so muss er sich sein eigenes Verhalten bei der steuerlichen Geltendmachung derartiger Aufwendungen entgegenhalten lassen.

    bb) Der Senat teilt nicht die im Schrifttum vertretene Auffassung, im Ergebnis führe diese Rechtsprechung zu einer dem Sinn und Zweck des § 33 EStG widersprechenden Einschränkung bei Schäden im Vermögensbereich und mittelbar zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Zwangsversicherung. Die einkommensteuerrechtliche Behandlung zwingt keineswegs zum Abschluss einer solchen Versicherung. Es unterliegt unverändert der freien Entscheidung des Steuerpflichtigen, einen entsprechenden Versicherungsschutz zu wählen oder stattdessen z.B. durch Rücklagen anderweitig Vorsorge zu treffen.

    cc) Der Senat sieht auch die unterschiedliche Berücksichtigung von Vermögensschäden einerseits und von unmittelbaren Krankheitskosten andererseits als sachlich gerechtfertigt an.

    Die Rechtsprechung hat seit jeher bei der Auslegung und Anwendung des § 33 EStG einzelne Fallgruppen gebildet und den Abzug von Aufwendungen im Rahmen dieser Fallgruppen jeweils nur entsprechend ihrer spezifischen Eigenart steuermindernd anerkannt.

    Bei den typischen unmittelbaren Krankheitskosten wird nicht nur die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet, sondern es wird auch die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde nach (stets aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig) noch der Höhe nach (Angemessenheit und Notwendigkeit im Einzelfall) hinterfragt. Die Aufwendungen werden vielmehr typisierend als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Durch diese typisierende Behandlung soll ein unzumutbares Eindringen in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen vermieden werden (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom 1. Februar 2001 III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543, m.w.N.).

    Obwohl die Mehrzahl der Steuerpflichtigen entweder pflichtversichert ist oder freiwillig eine Krankenversicherung abgeschlossen hat und die Prämien als Sonderausgaben abziehbar sind (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 a EStG), werden Krankheitskosten auch dann als zwangsläufig beurteilt, wenn der Betroffene nicht krankenversichert ist. Denn auch insoweit wäre ein unangemessenes Eindringen in die Privatsphäre des Einzelnen erforderlich, z.B. zur Prüfung, ob eine Versicherung im Hinblick auf besondere Risiken abgelehnt (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1991 III R 191/90, BFHE 166, 272, BStBl II 1992, 293) oder nur mit unzumutbar hohen Prämien erreicht werden könnte.

    dd) Zu Unrecht beruft sich das FG auf die Rechtsprechung, die Kosten für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung ohne Anwendung der Gegenwertlehre in angemessenen Grenzen zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zugelassen hatte, wenn die dem notwendigen Lebensbedarf dienenden Gegenstände durch Kriegseinwirkungen oder Flucht verloren gegangen waren (vgl. BFH-Urteile vom 16. Oktober 1952 IV 376/51 S, BFHE 56, 773, BStBl III 1952, 298; vom 8. August 1958 VI 194/57 U, BFHE 67, 273, BStBl III 1958, 378; in BFHE 164, 426, BStBl II 1991, 755, m.w.N.). Da der Verlust von Vermögensgegenständen durch Krieg oder Flucht nicht versicherbar ist, bestand bei diesen Fällen kein Anlass zur Prüfung, ob ein möglicher Versicherungsschutz der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen entgegensteht.

    ee) Innerhalb der Fallgruppe des Verlustes von Vermögensgegenständen durch Naturkatastrophen, Brand oder andere unabwendbare Ereignisse sind die steuerlichen Rechtsfolgen je nach den zum Schaden führenden Ursachen und ihrer Versicherbarkeit unterschiedlich zu bestimmen. Sind einzelne Risiken überhaupt nicht versicherbar, so trifft den Steuerpflichtigen eine über das übliche Existenzminimum hinausgehende Belastung in einem existentiellen Bereich. Besteht hingegen --wie im Streitfall bei einem durch Blitzeinschlag verursachten Wasserschaden-- ein üblicher und zumutbarer Versicherungsschutz, hätte der Steuerpflichtige der endgültigen Belastung ausweichen können und müssen, so dass die Kosten für die Wiederbeschaffung der beschädigten Vermögensgegenstände nicht zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 EStG sind.

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 33