30.11.2005 · IWW-Abrufnummer 053304
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 10.06.2005 – VII 93/04
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FINANZGERICHT HAMBURG
Aktz: VII 93/04
Entschdatum: 10.06.2005
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung und einer Gebühr für eine Löschungsbewilligung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 2000 und 2001.
Die Klägerin ist eine Grundstücksgesellschaft in Form einer BGB-Gesellschaft, an der die Gesellschafter A, B und C zu jeweils einem Drittel beteiligt sind. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus verschiedenen Immobilien. Bis zum 31.12.2000 war die Klägerin Eigentümerin der Wohnanlage X-Straße und machte aus der Vermietung dieses Objektes in 2000 einen Verlust in Höhe von 45.066 DM geltend. In 1999 hatte die Klägerin aus der Vermietung dieser Immobilie einen Überschuss von 129.738 DM erzielt. Mit Kaufvertrag vom 28.06.2000, geändert am 18.10.2000 veräußerte sie die Immobilie X-Straße für 11,1 Mio. DM. Mit dem Kaufpreis löste sie unter anderem ein Hypothekendarlehen ab, wodurch eine Vorfälligkeitsentschädigung von 214.185,94 DM von der Bank in Rechnung gestellt wurde. Der restliche Kaufpreis sollte vom Notar auf das Konto der Klägerin ausgekehrt werden. Der Kaufpreis ging am 18.12.2000 bei der Klägerin ein in Höhe von 4,2 Mio. DM. Die Vorfälligkeitsentschädigung machte die Klägerin als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2000 geltend. Zur Erläuterung führte sie aus, dass der Erlös aus dem Verkauf der Immobilie X-Straße mit Kaufvertrag vom 19.6.2001 in den Kauf des Objektes Y-Straße reinvestiert worden sei. Der Kaufpreis betrug 5.730.000 DM und wurde durch Eigenmittel aus dem Verkauf des Objektes X-Straße sowie durch ein Darlehen von 2,3 Mio. DM finanziert. Der überschießende Betrag des Verkaufserlöses von 4,2 Mio. DM von rund 770.000 DM wurde an die Gesellschafter ausgezahlt.
Ziel der Vermögensumschichtung sei die Erhöhung des Gewinns der BGB-Gesellschaft gewesen, die unter anderem durch eine geringere Zinsbelastung bei diesem Objekt habe erreicht werden sollen. Eine Übertragung der alten Hypothek auf das neue Grundstück habe mit der Bank nicht verhandelt werden können und sei darüber hinaus unwirtschaftlich gewesen.
In einem Protokoll der "Gesellschafterversammlung der BGB-Gesellschaft X-Straße am 15.7.2000 " heißt es:
"Die Gesellschafter beschließen einstimmig, die Immobilie ... (X-Straße) an Herrn ... (D) zu einem Kaufpreis in Höhe von DM 11.100.000 zu veräußern. Der Verkäufer übernimmt die öffentlichen Mittel der Wohnungsbaukreditanstalt, wodurch sich der Barkaufpreis um den Valutastand per Übernahme- und Verrechnungstag verringert.
Mit dem Barkaufpreis wird die bestehende Hypothek bei der ... (B-Bank) abgelöst. Der verbleibende Betrag wird auf einem noch einzurichtenden Konto für die BGB Gesellschaft verzinslich angelegt. Die Gesellschafter kommen überein, aus dem Verkaufserlös eine neue Immobilieninvestition zu tätigen. Nach Abwicklung des Verkaufs soll der Makler Herr ... (M) mit der Suche nach einem geeigneten Objekt beauftragt werden."
Nachdem der Beklagte die Vermietungseinkünfte der Klägerin zunächst erklärungsgemäß veranlagt hatte, stellte er mit Änderungsbescheid vom 22.12.2003 die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 2000 mit 308.411 DM fest. Hierbei erkannte er die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 214.185 DM nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück X-Straße als abzugsfähig an.
In 2001 machte die Klägerin einen Verlust bei den Vermietungseinkünften aus dem Grundstück X-Straße in Höhe von 5.532 DM geltend. Hierbei handelte es sich um die Gebühren für die Löschung von Grundschulden auf dem Grundstück X-Straße, die sie als nachträgliche Werbungskosten in Ansatz brachte.
Mit Bescheid vom 22.12. 2003 stellte der Beklagte die Einkünfte der Klägerin mit 1.071 DM fest. Hierbei lehnte sie die Berücksichtung der Löschungsgebühren in Höhe von 5.532 DM als Werbungskosten ab.
Am 19.1.2004 legte die Klägerin gegen die Feststellungsbescheide für 2000 und 2001 Einspruch ein, die mit Einspruchsentscheidung vom 9.3.2004 als unbegründet zurückgewiesen wurden.
Am 8.4.2004 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass sie sich zur Sicherung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zum Austausch der Immobilie X-Straße entschlossen habe. Es habe sich dabei um öffentlich geförderte Wohnungen gehandelt, die in einem sozialen Brennpunkt liegen würden, so dass es zu häufigen Mieterwechseln und Mietausfällen wegen Leerständen gekommen sei. Die Renditeaussichten seien bei dem Objekt in den letzten Jahren zunehmend schlechter geworden. Um künftig weiter einen Überschuss aus der Vermietung zu erzielen, seien die Veräußerung des Objektes und der Erwerb eines Ersatzobjektes zwangsläufig gewesen. Diese Maßnahme und die damit verbundenen Kosten hätten somit zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen gedient, so dass ein Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestünde. Dies gelte auch für die Kosten der Grundschuldlöschung, da diese Kosten auch bei planmäßiger Ablösung des Darlehens entstanden wären. Der abweichende Zeitpunkt des Anfalls dieser Werbungskosten könne keine Rolle spielen. Es handele sich insbesondere nicht um Kosten der Grundstücksveräußerung, die in der Vermögenssphäre entstanden seien. Für ihre Auffassung führt die Klägerin Rechtsprechung und Literatur an. Auf die Schriftsätze der Klägerin wird insoweit ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide für 2000 und für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 22.12.2003 und die Einspruchsentscheidung vom 9.3.2004 in der Weise zu ändern, dass in 2000 weitere Werbungskosten in Höhe von 214.185,24 DM und in 2001 in Höhe von 5.532 DM berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH der Auffassung, dass sowohl die Vorfälligkeitsentschädigung als auch die Löschungsgebühren nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen seien. Sie seien durch die Grundstücksveräußerung veranlasst und beträfen deshalb den nicht steuerbaren Vermögensbereich. Sie könnten nicht ausnahmsweise in die Finanzierungskosten für die Anschaffung eines neuen Vermietungsobjektes einbezogen werden, denn es lasse sich nicht bereits bei Veräußerung des Grundstücks der endgültig gefasste Entschluss feststellen, mit dem verbleibenden Veräußerungserlös wiederum ein konkret bestimmtes Vermietungsobjekt anzuschaffen. Dieses ergebe sich nicht aus dem Gesellschafterbeschluss vom 15.7.2000, in dem nicht festgelegt sei, in welchem Umfang der erzielte Kaufpreis wieder neu in Immobilien angelegt oder welches konkrete Vermietungsobjekt angeschafft werden solle. Die Entscheidung über die Verwendung des Geldes habe weiterhin bei den Gesellschaftern gelegen. Hiervon hätten sie auch Gebrauch gemacht, weil lediglich in Höhe eines Teilbetrages des Kaufpreises eine Nachfolgeinvestition getätigt worden sei.
Die Kosten für die Löschungsbewilligungen gehörten bereits deshalb zu den Veräußerungskosten, weil regelmäßig im Kaufvertrag vereinbart werde, das Grundstück lastenfrei zu übergeben. Hiervon sei auch im Falle der Klägerin auszugehen.
Dem Gericht hat die Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuerakte des Beklagten zu der Steuernummer ... vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akte sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berücksichtung der Vorfälligkeitsentschädigung und der Kosten für die L öschungsbewilligung von Grundschulden als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dies gilt auch für Schuldzinsen, so weit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Ein solcher Zusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist immer dann zu bejahen, wenn sie objektiv mit angestrebten oder zufließenden Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zusammenhängen und subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (BFH, Urteil vom 23.4.1996 - IX R 5/94, BStBl II 1996, 595, m.w.N.). Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung. Ist die vorzeitige Ablösung des Darlehens und damit die Vorfälligkeitsentschädigung durch die Grundstücksveräußerung veranlasst, betrifft diese - wie Veräußerungskosten allgemein - den nicht steuerbaren Vermögensbereich und ist dann nach ständiger Rechtsprechung nicht als Werbungskosten abziehbar. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, nur dann, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung nach der vom Steuerpflichtigen getroffenen Gestaltung ausnahmsweise als Finanzierungsaufwand für die Anschaffung eines neuen, dem Erzielen von Vermietungseinkünften dienenden Objekts zu beurteilen ist. Der hierfür notwendige wirtschaftliche Zusammenhang besteht, wenn sich bereits im Zeitpunkt der Veräußerung eines Grundstücks anhand objektiver Umstände der - endgültig gefasste - Entschluss feststellen lässt, mit dem nach der vorzeitigen Ablösung des Darlehens verbleibenden Veräußerungserlös wiederum konkret bestimmtes Grundvermögen anzuschaffen, dass dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient. Hierzu reicht es allerdings nicht aus, dass der Steuerpflichtige die bloße Absicht hat, den empfangenen Restkaufpreis zu einem solchen Zwecke zu verwenden. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus einem neuen Objekt ergibt sich allenfalls dann, wenn der Steuerpflichtige bereits bei der Veräußerung - z.B. im Kaufvertrag selbst oder zumindest beim Abschluss des Kaufvertrages - im vornherein so unwiderruflich über den verbleibenden Restkaufpreis verfügt, das er ihn unmittelbar in seiner Verwendung zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit einem bestimmten Objekt festgelegt hat (BFH, Urteil vom 21.6.1994 - IX R 57/89, BFH/NV 1995, 106; Urteil vom 23.4.1996 - IXR 5/94, BStBl II 1996, 595; Urteil vom 14.1.2004 - X R 28/01, BFH/NV 2004, 779).
An einer solchen unwiderruflichen Festlegung des Restkaufpreises zum Zeitpunkt der Veräußerung der Immobilie X-Straße fehlt es im vorliegenden Fall. Aus dem Beschluss der Gesellschafter ergibt sich lediglich die Absicht, den nach Ablösung der Hypothek verbleibenden Restbetrag wieder in einer Immobilie zu investieren. Ein konkretes Objekt war noch nicht einmal in Aussicht genommen, sondern nach der Abwicklung des Verkaufs sollte ein Makler erst mit der Suche beauftragt werden. In dieser Weise ist dann auch tatsächlich verfahren worden. Daraus folgt, dass es den Gesellschaftern frei stand, auch in anderer Weise über die Verwendung des Geldes zu entscheiden, insbesondere wenn nach ihrer Ansicht ein geeignetes Objekt nicht gefunden würde. Solange ein Steuerpflichtiger in der Verfügung über den Erlös aus dem Verkauf rechtlich noch frei ist, vermögen sein Entschluss und seine Absicht den nach Ablösung der Darlehens verbleibenden Überschuss für den Erwerb einer neuen Immobilie zu verwenden, einen wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht zu begründen, selbst wenn - wie im vorliegenden Fall - die Absicht grundsätzlich verwirklicht wird (vgl. BFH, Urteil vom 14.1.2004 - X R 28/01, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist von der beabsichtigten Reinvestition in eine Immobilie zudem insoweit abgewichen worden, als ein Teil des Verkaufserlöses an die Gesellschafter ausgezahlt wurde. Selbst wenn die Gesellschafter ihrerseits den erhaltenen Betrag möglicherweise in Grundvermögen investiert haben, verdeutlich dies doch, dass die Klägerin sich hinsichtlich der Verwendung des Veräußerungserlöses nicht abschließend und unwiderruflich gebunden hatte.
Ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Vorfälligkeitsentschädigung mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt Y-Straße ergibt sich auch nicht daraus, dass nach Ansicht der Klägerin diese Vermögensumschichtung notwendig gewesen sei, um weiterhin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Unabh ängig davon, dass nicht festgestellt werden kann, dass diese Maßnahme erforderlich war, um weiterhin Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, ist der Verkauf nicht erfolgt, um das Objekt Y-Straße zu erwerben. Denn die Klägerin hat den Verkauf der Wohnanlage X-Straße angestrebt, um ein nach ihrer Einschätzung nicht ausreichend rentables Objekt abzustoßen. Die Veräußerung ist gerade nicht erfolgt, um Kapital für ein bestimmtes Objekt zur Verfügung zu haben, dessen Kauf bereits erfolgt bzw. beschlossen war. Denn die Klägerin hat erst nachdem der Verkauf gelungen war, nach einem neuen Investitionsobjekt gesucht.
Darüber hinaus kann auch anhand objektiver Kriterien nicht festgestellt werden, dass der Verkauf des Objektes X-Straße zur Sicherung und Erhaltung von Vermietungseinkünften notwendig war. Sowohl 1999 als auch 2000 hat die Klägerin einen Überschuss aus der Wohnanlage X-Straße erzielt. Der Verlust in 2000 in Höhe von 45.066 DM beruhte darauf, dass sie die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 214.185 DM als Werbungskosten berücksichtigt hatte. Tatsächlich war in 2000 ein Überschuss von 169.119 DM erwirtschaftet worden. Sofern die Klägerin anführt, dass Instandhaltungsmaßnahmen in den folgenden Jahren hätten getätigt werden müssen, folgt auch daraus nicht, dass grundsätzlich eine Überschusserzielung aus dem Objekt nicht mehr möglich gewesen wäre, denn ein Investitionsstau kann nicht festgestellt werden, da durch die Klägerin in den Vorjahren fortlaufend Instandhaltungsmaßnahmen erfolgt waren.
Darüber hinaus ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin im Einspruchsverfahren, dass der alleinige Grund für die Erhöhung des Gewinns nicht in der Vermögensumschichtung bestanden habe, sondern auch darin, dass für die neue Immobilie eine zinsgünstigere Finanzierung erreicht werden konnte.
Ebenfalls sind die Gebühren für die Löschungsbewilligung von Grundschulden nicht als Werbungskosten abziehbar. Diese Aufwendungen sind nicht durch die Einkünfteerzielung, sondern durch die Grundstücksveräußerung veranlasst. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind sie nicht deshalb als Werbungskosten zu berücksichtigen, weil sie nach planmäßiger Tilgung ebenso entstanden wären. Durch die Veräußerung des Grundstücks wird der ursprünglich verfolgte Zweck überlagert bzw. verdrängt. Denn nunmehr ist Auslöser für die Löschung der Grundschulden und der damit zusammenhängenden Kosten der Verkauf des Vermietungsobjektes mit der vertraglichen Vereinbarung, das Grundstück insoweit lastenfrei zu übergeben und nicht allein der Umstand, dass das durch die Grundschuld abgesicherte Darlehen zurückgezahlt wurde.
Nach allem ist sowohl der Gewinnfeststellungsbescheid für 2000 als auch der Gewinnfeststellungsbescheid für 2001 rechtmäßig und die Klagen sind abzuweisen.
Die Klägerin hat gemäß § 135 Absatz 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.