05.08.2020 · IWW-Abrufnummer 217202
Finanzgericht Münster: Urteil vom 24.06.2020 – 1 K 3722/18 E
Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Der Einkommensteuerbescheid 2017 vom 20.06.2018 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2018 wird dahingehend geändert, dass außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 12.486 EUR berücksichtigt werden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
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Tatbestand
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Streitig ist, ob die Kosten für eine künstliche Befruchtung bei einer unverheirateten Frau, die zu ihrem Beziehungsstatus keine Angaben macht, als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind.
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Die Klägerin erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie ist nicht verheiratet und macht zu ihrem Beziehungsstatus keine Angaben. Bei der Klägerin wurde eine krankheitsbedingte Fertilitätsstörung ärztlich festgestellt. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 machte die Klägerin, die im Streitjahr das 40. Lebensjahr vollendete, die Kosten für eine Kinderwunschbehandlung in Höhe von 12.246 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend. In den Kosten enthalten war die Rechnung der Spermabank für die verwendete Samenspende. Eine Kostenübernahme durch die Krankenversicherung erfolgte nicht. Darüber hinaus machte sie noch sonstige Krankheitskosten in Höhe von 240 EUR geltend. Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2017 lehnte der Beklagte die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen ab. Für den Betrag von 240 EUR bejahte der Beklagte die Abzugsfähigkeit, setzte ihn jedoch mangels steuerlicher Auswirkung nicht an. Gegen diesen Einkommensteuerbescheid legte die Klägerin Einspruch ein.
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Im Einspruchsverfahren forderte der Beklagte die Klägerin auf, durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen, dass die Sterilität krankheitsbedingt ist und wies darauf hin, dass eine Berücksichtigung der Kosten für eine Kinderwunschbehandlung nur in Betracht komme, wenn die Klägerin in einer gefestigten Partnerschaft lebe.
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Als Nachweis für die Erkrankung legte die Klägerin ein ärztliches Attest des L in C vom 15.10.2018 vor, in der die behandelnde Ärztin, Frau Dr. med. T N, bescheinigt, dass bei der Klägerin „eine stark eingeschränkte Fertilität“ vorliegt, die die „Wahrscheinlichkeit, dass eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege entsteht, drastisch senkt“. Wegen der Einzelheiten wird auf die in den Finanzamtsakten befindliche ärztliche Bescheinigung vom 15.10.2018 Bezug genommen.
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Das Vorliegen einer krankheitsbedingten Infertilität ist unter den Beteiligten ebenso wie die geltend gemachten Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach unstreitig.
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Eine Auskunft zu ihrem Beziehungsstatus lehnte die Klägerin mit der Begründung ab, dies stelle einen weiteren Eingriff in ihre Privatsphäre dar.
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Nachdem der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2017 am 20.06.2018 aus nicht den Streit betreffenden Gründen geändert hatte, wies er den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 09.11.2018 als unbegründet zurück.
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Mit ihrer am 08.12.2018 erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiter, die Kosten für die Kinderwunschbehandlung als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Zur Begründung führt sie aus, bei ihr liege eine krankheitsbedingte Empfängnisunfähigkeit vor. Diese Erkrankung sei nur durch eine reproduktionsmedizinische Behandlung zu heilen bzw. zu überwinden. Die Behandlung sei nach intensiver und umfassender Beratung nach den geltenden ärztlichen Richtlinien vorgenommen worden.
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Die Klägerin macht geltend, der Familienstand, in dem sie zum Zeitpunkt der Behandlung gelebt habe, sei für die Frage, ob eine außergewöhnliche Belastung zu bejahen sei, unbeachtlich. Es komme allein darauf an, dass eine Erkrankung vorliege, die durch die vorgenommenen Behandlungen gelindert werden könne bzw. solle. Die Zwangslage ergebe sich allein aus dem Vorliegen der Erkrankung. Die Zwangslage werde nicht durch die Beziehung zu einem Partner definiert. Darüber hinaus könne auch der Argumentation des Beklagten, dass es nicht Aufgabe des Steuerrechts sein könne, durch die Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastung die Herbeiführung eines Alleinerziehungsverhältnisses zu fördern, nicht gefolgt werden. Denn das Kindeswohl sei nicht allein dadurch sichergestellt, dass das Kind in einer Partnerschaft groß gezogen werde. Schließlich sei die Lebenswirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland durch einen hohen Anteil von alleinerziehenden Elternteilen geprägt. Abgesehen davon könne sich eine Familiensituation auch nach der Geburt jederzeit ändern. Alleinerziehende seien ein fester Bestandteil der heutigen Gesellschaft. Auf die Zufälligkeiten menschlicher Beziehungen könne es für die Anwendbarkeit des § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht ankommen. Abschließend weist die Klägerin darauf hin, dass die aktuelle Richtlinie der Bundesärztekammer zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen im Rahmen der assistierten Reproduktion vom 06.10.2017 keine Einschränkung dahingehend erkennen lasse, dass eine In-Vitro-Fertilisation nur bei Verheirateten oder in einer Lebenspartnerschaft lebenden Paaren in Betracht komme.
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Die Klägerin beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid 2017 vom 20.06.2018 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2018 dahingehend zu ändern, dass außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 12.486 EUR berücksichtigt werden,
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hilfsweise ‑ im Fall des Unterliegens ‑, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise ‑ im Fall des Unterliegens ‑, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte vertritt die Auffassung, seine Entscheidung stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). In seinem Urteil vom 05.10.2017 Az. VI R 47/15 (BStBl. II 2018, 350), habe der BFH entschieden, dass Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung einer empfängnisunfähigen Frau nur dann als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen seien, wenn die Frau in einer festen Beziehung bzw. festgeführten Partnerschaft lebe, wobei es unerheblich sei, ob es sich hierbei um eine verschieden- oder gleichgeschlechtliche Partnerschaft handele. Eine Zwangslage sei nur im Falle einer festen Partnerschaft anzunehmen. Es sei nicht Aufgabe des Steuerrechts, die Herbeiführung eines Alleinerziehungsverhältnisses durch die Abzugsfähigkeit von Kosten einer In-Vitro-Fertilisation zu fördern.
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Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO)).
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
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I. Der Einkommensteuerbescheid vom 20.06.2018 und die Einspruchsentscheidung vom 09.11.2018 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).
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Bei den Kosten, die der Klägerin im Zusammenhang mit der Behandlung ihrer Fertilitätsstörung und der künstlichen Befruchtung entstanden sind, handelt es sich um außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG.
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1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
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In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten, ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen (BFH-Urteile vom 17.07.1981 VI R 77/78, BStBl II 1981, 711; vom 13.02.1987 III R 208/81, BStBl II 1987, 427; vom 20.03.1987 III R 150/86, BStBl II 1987, 596; vom 02.09.2010 VI R 11/09, BStBl II 2011, 119).
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Im Hinblick auf die für den Abzug nach § 33 EStG erforderliche Zwangsläufigkeit wird nicht danach unterschieden, ob ärztliche Behandlungsmaßnahmen oder medizinisch indizierte Hilfsmittel der Heilung dienen oder lediglich einen körperlichen Mangel ausgleichen sollen. Deshalb werden regelmäßig auch solche Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, die daraus resultieren, dass der körperliche Mangel durch die betreffende Maßnahme nicht behoben, sondern ‑ wie bei der künstlichen Befruchtung ‑ nur umgangen oder kompensiert wird (BFH-Urteil vom 16.12.2010 VI R 43/10, BStBl II 2011, 414, Rz 13). An die Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Krankheitskosten ist kein strenger Maßstab zu stellen. Sie ist nach der Rechtsprechung des BFH nur dann nicht mehr anzunehmen, wenn ein für jedermann offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erforderlichen und dem tatsächlichen Aufwand vorliegt (BFH-Urteil vom 14. November 2013 VI R 20/12, BStBl II 2014, 456.)
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Der Grundsatz, dass die Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten unterstellt wird, gilt auch für Kosten einer künstlichen Befruchtung. An der von diesem Grundsatz der tatsächlichen Zwangsläufigkeit abweichenden Rechtsprechung des BFH in seinem Urteil vom 28.07.2005 III R 30/03 (BStBl II 2006, 495), in dem er die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtungen einer unverheirateten empfängnisunfähigen Frau als außergewöhnliche Belastungen wegen fehlender Zwangsläufigkeit verneint hat, hat der BFH nicht festgehalten (BFH-Urteil vom 10.05.2007 III R 47/05, BStBl II 2007, 871). Die Empfängnisunfähigkeit einer Frau sei unabhängig von ihrem Familienstand eine Krankheit. Dementsprechend erkennt der BFH in ständiger Rechtsprechung, der der Senat folgt, Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität an, wenn diese in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird (BFH-Urteile vom 10.05.2007, BStBl II 2007, 871; vom 21.02.2008 III R 30/07, BFH/NV 2008, 1309; vom 16.12.2010 VI R 43/10 BStBl II 2011, 414; vom 17.05.2017 VI R 34/15, BStBl II 2018, 344; vom 05.10.2017 VI R 47/15, BStBl II 2018, 350).
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Weitere Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von Behandlungskosten ist, dass die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang steht. Denn eine nach nationalem Recht verbotene Behandlung könne keinen zwangsläufigen Aufwand i.S. des § 33 Abs. 1 EStG begründen. Vielmehr sei von den Steuerpflichtigen zu erwarten, dass sie gesetzliche Verbote beachten (BFH-Urteil vom 17.05.2017 VI R 34/15, BStBl II 2018, 344; zu der Frage, ob Kosten im Zusammenhang mit einer in Deutschland verbotenen Eizellenspende abzugsfähig sind, sind derzeit zwei Revisionsverfahren unter den Aktenzeichen VI R 34/19 und VI R 35/19 anhängig).
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2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze, denen der Senat folgt, stellen die Kosten, die im Zusammenhang mit der bei der Klägerin durchgeführten künstlichen Befruchtung stehen, berücksichtigungsfähige außergewöhnliche Belastungen dar.
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a) Bei der Klägerin liegt eine krankheitsbedingte Sterilität vor.
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Dies ergibt sich aus dem ärztlichen Attest der behandelnden Ärztin Dr. med. T N vom 15.10.2018, in dem diese bescheinigt, dass bei der Klägerin eine „stark eingeschränkte Fertilität“ vorliegt, die die „Wahrscheinlichkeit, dass eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege entsteht, drastisch senkt“. Eine stark eingeschränkte Fertilität stellt einen objektiv anomalen regelwidrigen Körperzustand dar (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2010 VI R 43/10 Rz. 17 m.w.N., BStBl. II 2011, 414).
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Zwar ergibt sich aus dem ärztlichen Attest, dass auch das „fortgeschrittene“ Alter der Klägerin für die eingeschränkte Sterilität (mit)ursächlich ist, jedoch ändert dies nichts daran dass die Fertilität (auch) krankheitsbedingt ist. Abweichend von der Rechtsprechung des FG Berlin-Brandenburg (FG Berlin Brandenburg Urteil vom 18.10.2018 9 K 11390/16, EFG 2019, 106) vertritt der Senat nicht der Auffassung ist, dass eine Sterilität nach Vollendung des 40. Lebensjahres per se nicht krankheitsbedingt, sondern vielmehr Folge des natürlichen biologischen Alterungsprozesses ist.
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Bei der Frage nach der Ursache einer Sterilität handelt es sich um eine biologisch medizinisch komplexe Frage, die in vielen Fällen selbst nach eingehenden Untersuchungen nicht geklärt werden kann. Die Beantwortung an das Erreichen einer bestimmen Altersgrenze zu knüpfen, wird dem medizinischen Phänomen nicht gerecht. Die Festlegung eines „normalen gebärfähigen Alters“ im Sinne einer starren Altersgrenze existiert nicht. Eine entsprechende Festlegung dürfte auch wegen der vielen zu berücksichtigenden Aspekte rechtlich, ethisch und medizinisch schwierig sein (vgl. FG München Urteil vom 20.05.2009 10 K 2156/08, EFG 2009, 1462 und vom 08.10.2019 6 K 1420/17, EFG 2020, 49, Rev. VI R 35/19; vgl. auch Anm. Lutter in EFG 2019, 108): Es würde sich z.B. die Frage stellen, ob ein bestimmtes Lebensalter oder das biologische Alter, das bei jedem Menschen unterschiedlich ist, zugrundezulegen wäre. Möglich wäre auch eine Bestimmung eines „normalen gebärfähigen Alters“ nach dem, was in der Gesellschaft überwiegend für normal gehalten wird oder was sich statistisch aus den tatsächlichen Gegebenheiten ergibt. Aus Sicht des Senates dürfte sich eine generelle Festlegung verbieten, weil die Faktoren, anhand derer eine Bestimmung vorgenommen werden könnte, zum einen individuell sehr unterschiedlich sind und zum anderen einem beständigen Wandel in gesellschaftlicher und medizinischer Hinsicht unterliegen.
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Nach Auffassung des Senats kann bei einer Behandlung, die nach den Richtlinien der Berufsordnung für Ärzte durchgeführt wird (hierzu unten 2. c)), davon ausgegangen werden, dass diese nur vorgenommen wird, wenn die medizinischen Voraussetzungen für eine Schwangerschaft vorliegen, mithin die Patientin in einem gebärfähigen Alter ist.
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Im Streitfall hatte die Klägerin bei Behandlungsbeginn gerade erst das 40. Lebensjahr vollendet. In diesem Alter steht auch die gesellschaftliche Akzeptanz einer Schwangerschaft in der heutigen Gesellschaft nicht in Frage. Dies zeigt sich insbesondere an den Erhebungen des Statischen Bundesamts zur Geburtenhäufigkeit. Zum einen ist die Geburtenhäufigkeit bei Frauen ab 40 in den letzten Jahren stark gestiegen (vgl. Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 03.09.2019) und zum anderen hat sich in den letzten 40 Jahren das Maximum der altersspezifischen Geburtenziffer (Alter der Frauen, in dem die Geburtenziffer am höchsten ist) kontinuierlich nach oben verschoben; danach war die Geburtenhäufigkeit im Jahr 2017 bei Frauen im Alter von 40 Jahren nahezu identisch mit der im Alter von 22 Jahren (vgl. Statistischen Bundesamt, Jahrbuch 2019, 2.2.3 Lebendgeborene nach dem Alter der Mutter sowie Geburtenziffern und Schaubild Altersspezifische Geburtenziffern).
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b) Die vorgenommene Behandlung zielte darauf ab, den körperlichen Mangel, nicht auf natürlichem Wege schwanger werden zu können, medizinisch auszugleichen. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten, die dem Grunde und der Höhe nach unter den Beteiligten unstreitig sind, sind daher aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (BFH-Urteil vom 10.05.2007 III R 47/05, BStBl II 2007, 871).
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(1) Auch eine Aufteilung der Krankheitskosten kommt nicht in Betracht. Die Kosten für die Behandlung sind ebenso zu berücksichtigen, wie die Kosten für den Spendersamen. Die Aufwendungen dienten dazu, die Fertilitätsstörung der Klägerin auszugleichen. Es handelte sich hierbei um eine insgesamt auf dieses Krankheitsbild abgestimmte Heilbehandlung, die darauf gerichtet ist, die Fertilitätsstörung zu überwinden. Die Behandlung ist insoweit als untrennbare Einheit zu sehen, die die Bereitstellung und Aufbereitung des Spendersamens und die darauf entfallenden Kosten umfasst (BFH-Urteil vom 05. Oktober 2017 VI R 2/17, Rn. 24, BFH/NV 2018, 194 zu dem Fall einer künstlichen Befruchtung einer in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft lebenden Frau; ebenso Bleschick, EFG 2017, 476; a.A. Hermenns/Modrzejewski/Rüsch, Finanz-Rundschau 2017, 270, 275).
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(2) Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt der Umstand, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass sie in einer (festgefügten) Partnerschaft lebt, die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht entfallen. Wie bereits dargelegt, sind nach nunmehr ständiger Rechtsprechung, der der Senat folgt, Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei einer krankheitsbedingten Sterilität als Krankheitskosten und insoweit unabhängig vom Familienstand der Frau als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen, wenn die Behandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird (BFH-Urteile vom 10.05.2007, BStBl II 2007, 871; vom 21.02.2008 III R 30/07, BFH/NV 2008, 1309; vom 16.12.2010 VI R 43/10 BStBl II 2011, 414; vom 17.05.2017 VI R 34/15, BStBl II 2018, 344; vom 05.10.2017 VI R 47/15, BStBl II 2018, 350).
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Auch wenn die oben zitierte BFH-Rechtsprechung zu Fallgestaltungen ergangen ist, in denen zum einen die künstliche Befruchtung bei einer Frau vorgenommen wurde, die in einer festgefügten Partnerschaft lebte, und zum anderen zu einer Zeit, in der die „(Muster-)Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion“, die von der Bundesärztekammer auf Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats im Jahr 2006 beschlossen wurde (vgl. Deutsches Ärzteblatt Jg. 103, Heft 20, 19.05.2006), noch vorsah, dass die Methoden der assistierten Reproduktion grundsätzlich nur bei (Ehe)Paaren angewandt werden sollten, gilt nach Auffassung des Senats auch in dem hier vorliegenden Fall, in dem nicht festgestellt werden kann, ob die Klägerin in einer (festgefügten) Partnerschaft lebt, der in ständiger Rechtsprechung aufgestellte Grundsatz, dass bei typischen unmittelbaren Aufwendungen zur Überwindung einer Krankheit die Außergewöhnlichkeit unwiderleglich vermutet und deren Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen unterstellt wird.
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Denn die Zwangslage der infolge einer Erkrankung empfängnisunfähigen Frau wird durch eben diese Erkrankung verursacht und nicht erst dadurch, dass sich die erkrankte Frau wegen des Bestehens einer festgefügten Partnerschaft oder Ehe im Sinne einer Zwangslage mit der Erwartung ihres Partners oder der eigenen Erwartung konfrontiert sieht, den körperlichen Mangel behandeln lassen zu müssen, um ein Kind in die Ehe oder Partnerschaft zu gebären. Auch wenn in einer Ehe oder einer festen Partnerschaft, die mitunter mit dem Ziel, eine Familie zu gründen, eingegangen wird, der Leidensdruck eines unerfüllten Kinderwunsches größer sein mag als bei einer alleinstehenden Frau, so liegt die Zwangsläufigkeit, dass zur Krankheitsbehebung bzw. Krankheitsumgehung die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden müssen, allein in der Fertilitätsstörung. Zudem bedeutet Kinder zu haben und aufzuziehen - unabhängig vom Familienstand ‑ für sehr viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens. Ungewollte Kinderlosigkeit wird deshalb häufig als schwere Belastung erlebt, die im Fall der Empfängnisunfähigkeit ebenso wie im Fall der Zeugungsunfähigkeit nur durch die künstliche Befruchtung kompensiert werden kann. Die Bereitwilligkeit, mit der die hiervon Betroffenen erhebliche Kosten, große Mühen und unangenehme Behandlungen über sich ergehen lassen, belegt zudem den intensiven Leidensdruck. Insoweit verbietet es sich, den Steuerpflichtigen vorzuhalten, nur in einer gefestigten Beziehung seien die Kosten steuerlich berücksichtigungsfähig.
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(3) Schließlich stehen nach Auffassung des Senats auch nicht die Interessen des zu zeugenden Kindes einer steuermindernden Berücksichtigung der Kosten für eine künstliche Befruchtung entgegen.
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Zwar dürfte es sich im Idealfall auf das Kindeswohl positiv auswirken, wenn das Kind von zwei Bezugspersonen in einer gefestigten intakten Beziehung (Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft) aufwächst, da die besonders intensiven rechtlichen Verpflichtungen zwischen Ehe bzw. Lebenspartnern dem Kind eine größere rechtliche Stabilität und mehr rechtliche Sicherheit geben (vgl. BVerfG-Urteil in FamRZ 2007, 529, NJW 2007, 1343 sowie zur eingetragenen Lebenspartnerschaft BVerfG-Urteil vom 19.02.2013 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09, FamRZ 2013, 521). Und auch eine sonstige festgefügte Partnerschaft der Eltern bedeutet im Idealfall mit zwei sich sorgenden und versorgenden Bezugspersonen eine tatsächliche Stabilität und Sicherheit für das Kind.
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Diese rechtlichen und tatsächlichen Vorteile, so sie sich auch als solche auswirken, wiegen nach Auffassung des Senats in der heutigen Gesellschaft jedoch nicht mehr so schwer, dass sie die Zwangslage einer empfängnisunfähigen unverheirateten Frau entfallen ließen. Zum einen ist dieser Vorteil, wenn er auch zum Zeitpunkt der Zeugung bestehen mag, nicht ohne weiteres für die Zukunft von Bestand, wie man an der Scheidungsrate und der Rate der von der Scheidung betroffenen Kinder sieht. Laut dem Statistischen Bundesamt wurde 2017 durchschnittlich jede dritte Ehe geschieden und jede fünfte Lebenspartnerschaft aufgelöst (vgl. Statistisches Jahrbuch 2019 S. 61-64). Der Umstand, dass ein Kind nichtehelich geboren wird, führt für sich genommen nicht zu einem Nachteil. In Deutschland werden ca. 35 % aller Kinder nichtehelich geborenen (Statistisches Jahrbuch 2019 für die Bundesrepublik Deutschland, S. 35).
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Zum anderen sind laut einer Auswertung des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aus dem Jahr 2012 Kinder Alleinerziehender in ihrer Entwicklung nicht benachteiligt und haben in der Regel gute Bedingungen des Aufwachsens und für das eigene Wohlbefinden (vgl. BMFSFJ, Alleinerziehende in Deutschland ‒ Lebenssituationen und Lebenswirklichkeiten von Müttern und Kindern, Monitor Familienforschung, Beiträge aus Forschung, Statistik und Familienpolitik, Ausgabe 28, Seite 21 ff). So hat eine Studie zum Einfluss des Alleinerziehens und der sozialen Lage auf die Lebenssituation aus Sicht der Kinder in Deutschland gezeigt, dass Kinder von Alleinerziehenden in der Regel nicht weniger Fürsorge oder Zuwendung erhalten als Kinder in Paarfamilien (Bepanthen-Kinderförderung 2011). So unterscheiden sich beim Familienklima Kinder Alleinerziehender, Kinder verheirateter Eltern und Kinder nichtehelicher Lebensgemeinschaften kaum: 90 Prozent der Kinder geben unabhängig von der Familienform an, „immer“ bzw. „oft“ gerne mit ihrer Familie zusammen zu sein. Auch in Bezug auf andere Lebensbereiche, etwa das körperliche oder soziale Wohlbefinden, zeigen sich kaum Unterschiede zwischen Kindern Alleinerziehender und Kindern in Paarfamilien (vgl. BMAS 2011: 35 ff.). Demnach gelingt es die alleinerziehenden Eltern, ihre ‒ im Vergleich zu Eltern in Paarbeziehungen ‑ höhere Belastung, nicht auf ihre Kinder zu übertragen. Der Alltag von Kindern unterscheidet sich nur unwesentlich nach der jeweiligen Familienform, in der sie aufwachsen. So gibt es keine nennenswerten Unterschiede in der Freizeit und Feriengestaltung: Die Kinder übernachten gleich häufig bei Freunden, nehmen an Kinder- oder Jugendfreizeiten teil oder machen bei Bekannten oder Verwandten Urlaub (vgl. BMFSFJ, Alleinerziehende in Deutschland ‒ Lebenssituationen und Lebenswirklichkeiten von Müttern und Kindern, Monitor Familienforschung, Beiträge aus Forschung, Statistik und Familienpolitik, Ausgabe 28, Seite 21 ff m.w.N.)
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Auch eine Stigmatisierung ist mit der nichtehelichen Geburt heute nicht mehr verbunden. In unserer Gesellschaft haben sich Familienmodelle ‑ die auch gesellschaftlich akzeptiert sind ‑ abseits der klassischen Familie zu einem nicht unerheblichen Anteil etabliert. Das Familienmodell der alleinerziehenden Elternteile entspricht längst der gesellschaftlichen Realität. 2017 betrug der Anteil der Alleinerziehenden 22,6 % (Statistisches Jahrbuch 2019 S. 65).
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Das Zusammenleben mit Kindern gehört zum Kernbereich des menschlichen Lebens (vgl. Loschelder in Schmidt, Einkommensteuergesetzt, Kommentar, 39. Auflage 2020, § 33 Rz. 90 „Adoption“) und kann nach Auffassung des Senats nicht von dem Familienstand zum Zeitpunkt der Zeugung eines Kindes abhängig gemacht werden.
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Das Argument des Beklagten, es sei nicht Aufgabe des Steuerrechts, durch die Abzugsfähigkeit der Kosten für eine künstliche Befruchtung die Herbeiführung eines Alleinerziehungsverhältnisses zu fördern, überzeugt daher nicht. Dieser Gedanke findet insbesondere keine Grundlage im Gesetz. Durch die künstliche Befruchtung wird die außergewöhnliche Belastung, die mit der Fertilitätsstörung einhergeht, ausgeglichen. Die Anerkennung entsprechender Kosten stellt keine Begünstigung im Sinne eines steuerlichen Anreizes dar, den der Gesetzgeber mit einem Lenkungszweck verbunden hat. Es ist nicht Aufgabe des Steuerrechts, durch die Versagung der Anerkennung als außergewöhnliche Belastung die Entstehung eines Alleinerziehungsverhältnisses zu verhindern, zumal Gesichtspunkte des Kindeswohls nicht entgegen stehen.
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c) Die Behandlung der Klägerin wurde auch in Einklang mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen.
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Die Praxis des L in C, in der die Klägerin behandelt wurde, ist bei der Kassenärztlichen Vereinigung C mit qualitätsgesicherten Leistungen (QS) in den verschiedenen Bereichen der Kinderwunschbehandlung registriert (vgl. unter www….. auf der Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung C unter dem Menü „…“). In C unterliegen bestimmte Leistungen, darunter auch Leistungen im Zusammenhang mit einer Kinderwunschbehandlung (Künstliche Befruchtung nach Hormonbehandlung, In-Vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)), einer besonderen Qualitätssicherung durch die Kassenärztliche Vereinigung C. Diese sogenannten QS-Leistungen darf der Vertragsarzt nur erbringen, wenn er eine spezielle fachliche Qualifikation nachweist. Nur Ärzte, die diese Qualitätsanforderungen erfüllen, dürfen diese Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen (vgl. § 121 a SGB V) und dieses Leistungsangebot auf der entsprechenden Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) C veröffentlichen. Da die behandelnden Ärzte der Praxis, darunter auch die Ausstellerin des vorgelegten ärztlichen Attests, Dr. med. T N, auf der Seite der KV mit den entsprechenden Leistungen der künstlichen Befruchtung als qualitätsgesichert registriert sind und sich weder aus den vorliegenden Unterlagen noch aus dem Vortrag des Beklagten anderweitige Anhaltspunkte ergeben, kommt der Senat zu dem Schluss, dass die bei der Klägerin durchgeführte Behandlung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte und dem deutschen Embryonenschutzgesetz (ESchG) im Einklang stand.
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Insbesondere steht die früher geltende „(Muster-) Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion“ vom 17.02.2006, die unter 3.1.1 als statusrechtliche Voraussetzung regelte, dass die Methoden der assistierten Reproduktion unter Beachtung des Kindeswohles nur bei Ehepaaren oder bei nichtverheirateten Paaren, die in einer festgefügten Partnerschaft leben, angewandt werden sollten, einer Anerkennung der Behandlungskosten als außergewöhnliche Belastungen nicht entgegen. Denn diese Musterrichtlinie wurde im Bundesland C, wo die Behandlung der Klägerin vorgenommen wurde, nicht in die von der Landesärztekammer erlassene Berufsordnung übernommen, so dass sie dort keine Bindungswirkung hatte. Für die Prüfung der Frage, ob die Behandlung im Einklang mit der Berufsordnung der Ärzte steht, ist jeweils die Richtlinie heranzuziehen, die von der Ärztekammer des die Behandlung durchführenden Arztes erlassen wurde (BFH-Urteil vom 05. Oktober 2017 VI R 2/17 Rz. 19, BFH/NV 2018, 194; vom 17. Mai 2017 VI R 34/15, BStBl II 2018, 344).
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Aus diesem Grund spielt der Umstand, dass diese Musterrichtlinie aufgehoben wurde, im Streitfall zwar keine Rolle, soll aber dennoch der Vollständigkeit halber erwähnt werden: Am 06.10.2017 (an diesem Tag wurde die erste künstlichen Befruchtung bei der Klägerin vorgenommen) wurde vom Vorstand der Bundesärztekammer auf Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats die „Richtlinie zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen im Rahmen der assistierten Reproduktion“ beschlossen. Im Vorwort zur Einführung der neuen Richtlinie wird von den beteiligten Gremien klargestellt, dass der Vorstand der Bundesärztekammer im Februar 2015 beschlossen hat, die medizinisch-wissenschaftlichen Fragstellungen von den gesellschaftspolitischen Aspekten ‒ wie beispielsweise dem Beziehungsstatus der Patienten ‑klar zu trennen. Demzufolge stellt die Bundesärztekammer in dieser Richtlinie auf der Grundlage des Transplantationsgesetzes (§ 16b TPG) den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu den Anforderungen an die ärztliche Beurteilung zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen im Rahmen der assistierten Reproduktion fest. Mit der Richtlinie sollen praktikable und einheitliche Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Qualität der Versorgung der Betroffenen geschaffen werden, die den Beteiligten die notwendige Rechtssicherheit und eine hohe Behandlungssicherheit garantieren.
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d) Die für die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG erforderliche Voraussetzung der fehlenden Möglichkeit, die Kosten von dritter Seite erstattet zu bekommen, ist ebenfalls erfüllt. Die Krankenversicherung der Klägerin hat keine Aufwendungen erstattet.
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Schließlich bestand für die Klägerin auch keine Möglichkeit, die Kosten von der Krankenversicherung ersetzt zu bekommen, denn in der gesetzlichen wie in der privaten Krankenversicherung kommt ein Kostenersatz bei anerkannter Fertilitätsstörung nur bei verheirateten Frauen in Betracht. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung ergibt sich dies aus § 27a Abs. 1 Nr. 3 SGB V. Bei der privaten Krankenversicherung aus der gefestigten Rechtsprechung des BGH, der einen Erstattungsanspruch ausschließlich verheirateten Versicherungsnehmern zuerkennt (vgl. BGH-Urteile vom 03.03.2004 IV ZR 25/03, BGHZ 158, 166; vom 12.07.2006 IV ZR 173/05, FamRZ 2006, 1521; vom 13.09.2006 IV ZR 133/05, NJW 2006, 3560).
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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III. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.