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  • 15.09.2021 · IWW-Abrufnummer 224706

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 19.08.2021 – 3 K 1551/20 Erb

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



    Tenor:

    Der Gebührenbescheid vom 20.05.2020 wird insoweit aufgehoben, als darin eine Gebühr von mehr als 125,00 Euro festgesetzt wurde.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
     
    1

    Tatbestand:
    2

    Die Beteiligten streiten über Verwaltungsgebühren für Amtshandlungen im Rahmen der Erteilung einer Baugenehmigung.
    3

    Die Klägerin beantragte als Bauherrin eine Baugenehmigung für eine bauliche Maßnahme auf dem Grundstück K.----damm 2, E.        . Mit der Genehmigung begehrte sie die nachträgliche Legalisierung einer Nutzungsänderung bestehender Produktionsflächen hin zu einem Palettenlager.
    4

    Die Beklagte erteilte die Genehmigung dieser Nutzungsänderung mit Bescheid vom 20.05.2020 und erhob dafür eine Verwaltungsgebühr von 14.500,00 Euro.
    5

    Diese Gebühr setzte sich zusammen aus folgenden Einzelgebühren:
    6

    Für die Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung von Nutzungsänderungen ohne genehmigungsbedürftige bauliche Maßnahmen setzte die Beklagte eine Gebühr von 5.000,00 Euro nach Tarifstelle 2.4.3 a) des Gebührentarifs zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AGT) fest.
    7

    Für die Prüfung von Bauvorlagen einschließlich der erforderlichen örtlichen Überprüfungen für ohne Baugenehmigung oder Vorlage an die Gemeinde ausgeführte Nutzungsänderungen, wenn diese nachträglich genehmigt oder (ohne Genehmigung) belassen werden, setzte die Beklagte nach Tarifstelle 2.8.1.1 b) AGT eine Gebühr von 7.500,00 Euro fest.
    8

    Für die Entscheidung über die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 oder § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuchs, Abweichungen sowie Ausnahmen und Befreiungen nach § 69 der Landesbauordnung 2018 setzte die Beklagte nach Tarifstelle 2.5.3.1 AGT für vier Befreiungstatbestände eine Gebühr von insgesamt 2.000,00 Euro (500,00 Euro je Befreiungstatbestand) fest. Diese Gebühr ist nicht streitgegenständlich.
    9

    Die Klägerin hat am 25.06.2020 Klage erhoben. Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Die Gebühren für die Genehmigung der Nutzungsänderungen (Tarifstelle 2.4.3 a) AGT) sowie die Gebühr hinsichtlich der Prüfung von Bauvorlagen (Tarifstelle 2.8.1.1 b) AGT) seien rechtswidrig. Beide schöpften den Gebührenrahmen voll aus, ließen jedoch nicht erkennen, von welchem Aufwand ausgegangen worden sei, der die Höchstgebühr rechtfertige, zumal es sich um eine baulich einfache Lagerhalle mit überschaubarem Prüfaufwand handele. Die Gebühr diene im Übrigen nicht der Vorteilsabschöpfung und dürfe den Verwaltungsaufwand nicht übersteigen.
    10

    Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
    11

    den angefochtenen Gebührenbescheid aufzuheben, soweit in diesem Gebühren nach der Tarifstelle 2.4.3 a) AGT in Höhe von 5.000,00 Euro und nach der Tarifstelle 2.8.1.1 b) AGT in Höhe von 7.500,00 Euro festgesetzt wurden.
    12

    Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
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    die Klage abzuweisen.
    14

    Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die Gebühr für die Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung von Nutzungsänderungen ohne genehmigungsbedürftige bauliche Maßnahmen sei ermessensfehlerfrei festgesetzt worden, denn der Faktor 8.966,77 m2 x 1,25 Euro/m2 ergebe sogar eine Summe, die höher als die festgesetzte Höchstgebühr von 5.000,00 Euro sei. Grundlage für die Berechnung sei eine mit dem Kreis Gütersloh vereinbarte Regelung zu den Rahmensätzen, aus der sich für Nutzungsänderungen bei gewerblichen Maßnahmen je angefangene 10 m2 ein Betrag von 25 Deutsche Mark ergebe. Vorliegend habe man in der Rechnung grundsätzlich zu Gunsten der Klägerin sogar eine konkrete Abrechnung nach der exakten Quadratmeterzahl vorgenommen.
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    Hinsichtlich der Gebühr für die Prüfung von Bauvorlagen einschließlich der erforderlichen örtlichen Überprüfungen für ohne Baugenehmigung oder Vorlage an die Gemeinde ausgeführte Nutzungsänderungen, wenn diese nachträglich genehmigt oder (ohne Genehmigung) belassen werden, habe die Beklagte ihr Ermessen ebenfalls ordnungsgemäß ausgeübt, da die Prüfung aufwändig und der finanzielle Vorteil der Klägerin durch die vorzeitige rechtswidrige Nutzung ohne vorhandene Genehmigung zu berücksichtigen gewesen sei. Der Vorteil aus der Vermietung der in Rede stehenden Flächen von fast 9.000 m2 für einen ungenehmigten Zweck über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr und der hieraus erzielte finanzielle Vorteil überstiegen die erhobene Gebühr von 7.500,00 Euro deutlich.
    16

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten.
    17

    Entscheidungsgründe:
    18

    Die Kammer kann nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der ‒ entscheidungserhebliche ‒ Sachverhalt geklärt ist (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO), denn sie wurden mit richterlicher Verfügung vom 04.05.2021 zum erwogenen Erlass eines Gerichtsbescheides angehört, worauf die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.05.2021 und die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.05.2021 einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid ausdrücklich zugestimmt haben.
    19

    Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist sie zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit die Beklagte jeweils eine höhere Gebühr als die Mindestgebühren von 50,00 Euro bzw. 75,00 Euro festgesetzt hat. Die Beklagte hat ihr Ermessen zur Festsetzung der angefochtenen Gebühren nämlich nicht rechtmäßig ausgeübt.
    20

    Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids sind §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 GebG NRW i. V. m. § 1 Abs. 1 AVwGebO NRW sowie die Tarifstellen 2.4.3 a) und 2.8.1.1 b) AGT.
    21

    Auf Grundlage der Tarifstelle 2.4.3 a) AGT kann die Beklagte eine Gebühr zwischen 50 und 5.000 Euro festsetzen, auf Grundlage der Tarifstelle 2.8.1.1 b) AGT ist eine Gebühr von 75 bis 7.500 Euro vorgesehen. Die Tarifstellen räumen der Behörde (Rahmen-)Ermessen ein.
    22

    Hinsichtlich beider Tarifstellen hat die Beklagte das ihr zustehende Ermessen jedoch nicht nach § 40 VwVfG NRW i. V. m. § 9 GebG NRW ordnungsgemäß entsprechend dem Zweck der Ermächtigung und innerhalb der gesetzlichen Grenzen ausgeübt.
    23

    Bei der auf den Einzelfall bezogenen Festsetzung einer Gebühr hat die Behörde ihr eingeräumtes Ermessen zur Ausfüllung eines vorgegebenen Gebührenrahmens notwendigerweise auszuüben, wenn ‒ wie vorliegend geschehen ‒ im Fall einer Rahmengebühr nicht lediglich die Mindestgebühr festgesetzt wird. Sie hat dabei in Ausübung ihres Ermessens die vom Gebührentatbestand erfassten Amtshandlungen innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens als einfache, mittlere oder aufwändige Fälle einzuordnen.
    24

    Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.04.2019 ‒ 16 E 322/18 ‒, juris, Rn. 4 ff., m. w. N.
    25

    In Anwendung von § 9 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW ist eine Einordnung in den Gebührenrahmen insbesondere mit Blick darauf vorzunehmen, welchen Wert, Nutzen oder Vorteil die beantragte Amtshandlung für den Antragsteller hat und wie aufwändig sich die Amtshandlung im konkreten Fall dargestellt hat.
    26

    Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 14.02.2017 ‒ 9 A 2655/13 ‒, juris, Rn. 91.
    27

    Dem wird die Ausübung des Ermessens hinsichtlich der angegriffenen Gebühren auf Grundlage der Tarifstellen 2.4.3 a) AGT (1.) und 2.8.1.1 b) AGT (2.) nicht gerecht.
    28

    1. Soweit die Beklagte nach Tarifstelle 2.4.3 a) AGT eine Gebühr in Höhe von 5.000,00 Euro festgesetzt hat und hierbei als Ermessensausübung schlicht auf die Berechnung mit dem Faktor 1,25 Euro / m2 verweist, die sich aus einer Vereinbarung mit dem Kreis Gütersloh ergebe, handelt es sich bei dieser bloßen Berechnung nicht um eine ausreichende Ermessensausübung.
    29

    Dabei steht der Rechtmäßigkeit nicht grundsätzlich entgegen, dass die Beklagte erkennbar eine Vereinbarung mit anderen Gebietskörperschaften als interne Ermessensrichtlinie verwendet.
    30

    Die Anwendung einer behördeninternen Ermessensrichtlinie bei der Ausübung des Rahmenermessens, durch die bestimmte typische Fallkonstellationen unter typisierender Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands und des wirtschaftlichen Nutzens regelhaft in den durch die Tarifstelle eröffneten Rahmen eingeordnet werden, begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken, sofern diese Empfehlung ihrerseits den Vorgaben des § 9 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW angemessen Rechnung trägt und die Behörde bei der Anwendung von Ermessensrichtlinien auf einen konkreten Fall nicht zu prüfen versäumt, ob es sich überhaupt um einen typischen Fall handelt.
    31

    Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 08.12.2017 ‒ 9 B 1216/17 ‒, juris, Rn. 24, zu den Empfehlungen des Arbeitskreises Bauaufsicht des Städtetags NRW für die Gebührenfestsetzung bei Tarifstellen mit Rahmensätzen.
    32

    Das Gericht kann hier offen lassen, ob die Ermessensrichtlinien vorliegend ihrerseits den Vorgaben des § 9 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW ausreichend Rechnung tragen, denn die Beklagte hat sie jedenfalls nicht ermessensfehlerfrei auf den vorliegenden Einzelfall angewendet. Eine Prüfung, ob vorliegend ein atypischer Fall vorliegt, hat die Beklagte nämlich nicht vorgenommen, sondern stattdessen vielmehr mitgeteilt, dass sie insofern der Auffassung sei, gar kein über die mathematische Umsetzung der Ermessensrichtlinie hinausgehendes Ermessen ‒ einschließlich einer Prüfung hinsichtlich des Vorliegens eines atypischen Falls ‒ ausüben zu können. So hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.03.2021 mitgeteilt:
    33

    „Bzgl. der Tarifstelle 2.4.3. a) ist die Berechnung der Gebühr auch hinreichend dokumentiert, da sie sich aus dem Produkt der betreffenden Fläche mit dem Faktor 1,25 €/m2 (entsprechend der Einordnung der Maßnahme als eine „Nutzungsänderung ohne genehmigungsbedürftige bauliche Maßnahmen") nach der verbindlichen AVerwGebO NRW ergibt (s. BI. 42 d.A.). Da der Wert dieses sich aus v.g. Faktoren ergebenden Produkts den Höchstwert für den festgesetzten Gebührenrahmen übersteigt, war die für die v.g. Tarifstelle maximal zulässige Gebühr i.H.v. 5.000,00 € festzusetzen. Aufgrund der Verbindlichkeit der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung einschl. aller Anlagen erübrigt sich nach hiesiger Meinung mangels Ermessens eine weitergehende Erläuterung über die dokumentierte Gebührenberechnung hinaus.“
    34

    Ermessensfehlerhaft ging die Beklagte damit davon aus, dass die behördeninterne Ermessensrichtlinie bindender Teil der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung sei und ihr damit eine Ermessensentscheidung verwehrt sei.
    35

    Dabei hätte sich vorliegend eine Prüfung auf das Vorliegen eines atypischen Falls geradezu aufgedrängt, soweit die Klägerin ‒ ohne dass die Beklagte dies substantiiert bestritten hätte ‒ vorgetragen hat, dass es sich um eine baulich einfache Lagerhalle mit überschaubarem Prüfungsaufwand handele.
    36

    2. Soweit die Beklagte nach Tarifstelle 2.8.1.1 b) AGT eine Gebühr in Höhe von 7.500,00 Euro festgesetzt hat, ist diese Entscheidung ebenfalls ermessensfehlerhaft.
    37

    Die Entscheidung berücksichtigt nicht die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW zu berücksichtigenden Faktoren, denn die Ermessensausübung orientiert sich weder am Verwaltungsaufwand der Beklagten noch an der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner.
    38

    Stattdessen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.03.2021 vorgetragen, dass sie auf eine ausführliche Begründung „der Festsetzung der Bußgeldhöhe“ verzichtet habe, aber mit der Gebühr dem „gewährten finanziellen Vorteil der vorzeitigen Nutzung“ Rechnung getragen habe. Bereits mit Schriftsatz vom 08.10.2020 hatte die Beklagte ausgeführt, dass sie hinsichtlich des wirtschaftlichen Vorteils die Nutzung „für einen ungenehmigten Zweck über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr und de[n] hieraus erzielte[n] finanzielle[n] Vorteil“ bei ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt habe.
    39

    Der von der Beklagten für die Festlegung der Gebühr berücksichtigte wirtschaftliche Vorteil der ungenehmigten Nutzung beruht jedoch gerade nicht auf der späteren Amtshandlung in Form der Genehmigung. Der hieraus erwachsende finanzielle Vorteil kann sich ausschließlich auf einer gerade auf Grundlage der Genehmigung vorgenommenen anschließenden Nutzung ergeben.
    40

    Insofern handelt es sich bei der Gebühr auch gerade nicht um ein „Bußgeld“, sondern um eine Gegenleistung für die spezifisch dem Gebührenschuldner zuzurechnende Verwaltungstätigkeit. Die Gebührenbemessung darf zwar ‒ entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ‒ durchaus neben dem mit der Amtshandlung verbundenen Aufwand auch den wirtschaftlichen Vorteil des Gebührenschuldners berücksichtigen. Dieser Vorteil muss jedoch mit der Amtshandlung verknüpft sein, was im Fall der vorherigen ungenehmigten Nutzung gerade nicht der Fall ist. Im Übrigen dient die Gebühr nicht der Sanktionierung des Gebührenschuldners. Die Tatsache, dass es sich um eine nachträgliche Genehmigung handelt, kann zwar ‒ insbesondere soweit dadurch erhöhter Verwaltungsaufwand ausgelöst wird ‒ mittelbar die Gebührenhöhe beeinflussen. Soweit die erst nachträgliche Genehmigung jedoch bereits tatbestandliche Voraussetzung der Tarifstelle ist, kann allein dieser Umstand ‒ jedenfalls in dieser Pauschalität ‒ nicht zusätzlich für die Ausübung des Ermessens hinsichtlich der Gebührenbemessung zur Festsetzung der Höchstgebühr herangezogen werden, weil anderenfalls jeder Sachverhalt, der unter die Tarifstelle fiele (und nicht die Alternative des genehmigungslosen Belassens erfüllte), die Höchstgebühr auslöste. Innerhalb der Tarifstelle 2.8.1.1 b) AGT geht es schließlich stets um Fälle der nachträglichen Genehmigung.
    41

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten angeführten Urteil des OVG NRW vom 19.04.2001 ‒ 9 A 411/99 ‒ (abrufbar unter juris). Das Urteil ist bereits deshalb nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar, weil es die Frage zum Gegenstand hatte, ob die Gebühr nach der damaligen Tarifstelle 2.5.3.1 AGT, die als „Dreifachgebühr“ ausgestaltet war, rechtmäßig war. Maßstab hierfür ist insbesondere § 3 GebG NRW, der die Bemessung der Gebührensätze regelt. Vorliegend geht aber um die Ausübung des Ermessens im Rahmen eines von einer Tarifstelle vorgegebenen Gebührenrahmens und damit um die Gebührenbemessung nach § 9 GebG NRW.
    42

    Das Urteil kann die die Beklagte im Übrigen auch deshalb nicht für sich nutzbar machen, weil es sich argumentativ auf einen Schwarzbau bezieht und die erhöhte Gebühr hier auch damit gerechtfertigt wird, dass der Schwarzbauer im Vergleich zum gesetzestreu Handelnden, der die mit einem Baugenehmigungsverfahren zwangsläufig verbundene Verzögerung des Beginns der Errichtung bzw. Änderung eines Bauwerks hinnimmt, den Vorteil des früheren Baubeginns (häufig einhergehend mit finanziellen Vorteilen) und damit u.a. der früheren Nutzbarkeit der baulichen Anlage genießt.
    43

    Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.04.2001 ‒ 9 A 411/99 ‒, juris, Rn. 10.
    44

    Diese Erwägungen können auf die Beantragung einer Nutzungsänderung gerade nicht übertragen werden, was sich auch darin zeigt, dass der Gesetzgeber hier differenziert hat und für den Fall des Schwarzbaus, auf den sich das von der Beklagten zitierte Urteil bezieht, die Gebühr in 2.8.1.1 a) AGT als Dreifachgebühr ausgestaltet hat, wohingegen der Gesetzgeber für den vorliegenden Fall einer nachträglichen Genehmigung einer Nutzungsänderung gerade davon abgesehen und in 2.8.1.1 b) AGT stattdessen eine Rahmengebühr vorgesehen hat.
    45

    In Folge der festgestellten Fehler bei der Ermessensausübung kann rechtmäßiger Weise gegen die Klägerin jeweils nur die Mindestgebühr der Gebührenziffern 2.4.3 a) AGT (50,00 Euro) und 2.8.1.1 b) AGT (75,00 Euro) festgesetzt werden.
    46

    Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12.04.2019 ‒ 16 E 322/18 ‒, juris, Rn. 4, vom 12.04.2017 ‒ 9 B 384/17 ‒, juris, Rn. 7, sowie Urteil vom 14.02.2017 ‒ 9 A 2655/13 ‒, juris, Rn. 108.
    47

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 84 Abs. 3, 167 VwGO i. V. m. § 709 Satz 1, 2 ZPO.