08.03.2022 · IWW-Abrufnummer 227918
Finanzgericht Köln: Urteil vom 22.11.2021 – 6 K 1902/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
Tenor:
Der Einkommensteuerbescheid vom 14.08.2020 sowie die zugehörige Einspruchsentscheidung vom 26.06.2019 werden geändert und die Einkommensteuer neu festgesetzt, wobei der vom Arbeitgeber des Klägers gezahlte Auf-stockungsbetrag i.H.v. 2.999,20 € aus dem Programm „Z“ der Y AG gemäß § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei ist und als Lohnersatzleistung nach § 32bAbs 1 S. 1 Nr. 1 EStG dem Progressionsvorbehalt unterliegt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand
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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einnahmen aus dem Altersteilzeit-Aufstockungsbetrag des Programms „Z“ der Y1 GmbH steuerfrei und nur im Rahmen eines Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind.
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Die Kläger werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war bei der Y1 GmbH angestellt und vom 2009 bis zum .2015 im Rahmen einer Altersteilzeit tätig. Er war in dieser Zeit zu 50 % beschäftigt und erhielt in dieser Höhe ein Arbeitsentgelt sowie einen Aufstockungsbetrag i.H.v. 40 % des Brutto-Arbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit, welcher im Zeitraum der Altersteilzeit gemäß § 3 Nr. 28 Einkommensteuergesetz (EStG) als steuerfrei behandelt wurde. Seit dem 2015 bezieht er Renten und Versorgungsbezüge.
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Auf Grundlage der Vereinbarung vom 2013 partizipierte der Kläger an dem Programm „Z“ des Y-Konzerns, welches auf den Zeitraum vom 2013 bis zum 2016 angelegt war. Dabei handelte es sich um eine Zusage, die das Unternehmen allen Mitarbeitern einer bestimmten Vertragsstufe machte und deren Auszahlungsbetrag sich nach der Entwicklung des Aktienkurses der Y AG in einer vierjährigen Periode der Unternehmensentwicklung richtete. Erst zum Ende des Zeitraums 2016 konnte die Unternehmensentwicklung in dieser Zeit ermittelt und sodann Anfang 2017 ausgezahlt werden. In der Zusage hieß es unter 4.7:
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„Ab dem Eintritt in die Altersteilzeit werden die Z-Zielbeträge für alle Performance-Perioden, in denen ein Teilnehmer zu Beginn der Altersteilzeit aktiv an Z teilnimmt, anteilig basierend auf 50% des bisherigen Vollzeit-Funktionseinkommens gemäß Ziffer 1.2 berechnet. Zusätzlich erfolgt eine Aufstockung in Höhe von 40% des anteiligen Z-Zielbetrages während der Altersteilzeit. […]“
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Aus dem Programm erhielt der Kläger im Januar 2017 insgesamt ... € ausgezahlt. In der Mitteilung der Y3 GmbH an den Kläger vom 17.01.2017 wurde sein Auszahlungsbetrag (Payout) anhand der erfolgten Kursgewinne der Aktie der Y AG berechnet. Dort heißt es „Your Gross Payout for the period 2013-2016 is: EUR“. Hinzu kam laut Bescheinigung für das Finanzamt vom 06.03.2017 ein Altersteilzeit-Aufstockungsbetrag in Höhe von 2.999,20 € (= 40 % von 7.498 €). Der Arbeitgeber verbuchte die Erträge in voller Höhe als ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn im Sinne des § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 4 EStG.
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Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung den Aufstockungsbetrag als Lohnersatzleistung nach § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG geltend, die nur dem Progressionsvorbehalt unterliege. Im Einkommensteuerbescheid 2017 vom 01.03.2019 wurden die Erträge i.H.v. ... € als ermäßigt zu besteuernder Arbeitslohn im Sinne des § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 4 EStG berücksichtigt.
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Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Kläger mit Schreiben vom 02.03.2019 fristgerecht Einspruch ein und machten u.a. geltend, dass der Aufstockungsbetrag gemäß § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei sei, da es sich hierbei um weitere Entgeltbestandteile im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Altersteilzeitgesetz (ATZG) handele, welche nicht unter den Tatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 1 ATZG fallen würden. Ein Ende der Steuerfreiheit im Sinne der R 3.28 Abs. 1 S. 5 LStR i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 ATZG wäre damit nicht gegeben. Mit Einspruchsentscheidung vom 26.06.2019 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
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In ihrer am 26.07.2019 dagegen erhobenen Klage machen die Kläger u.a. geltend, dass der Aufstockungsbetrag gemäß § 3 Nr. 28 EStG nur dem Progressionsvorbehalt unterfalle. Es handele sich auch bei dem Programm Z um einen „weiteren Entgeltbestandteil“, der gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ATZG berücksichtigungsfähig sei. Dem Grunde nach sei der Anspruch während der Altersteilzeit erworben worden, jedoch habe die tatsächliche Höhe erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses festgestellt und daher erst nachträglich ausgezahlt werden können. Der Anspruch sei nicht erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden und die Aufstockung der Zeit des aktiven Arbeitsverhältnisses zuzurechnen. Der Arbeitnehmer könne bei diesen Entgeltbestandteilen nicht selbst beeinflussen, wann er die Zahlungen erhalte, deren Anspruch er während der Zeit seines Arbeitsverhältnisses erworben habe. Es sei vielmehr Ziel der Regelung, dem von § 2 ATZG beschriebenen Personenkreis einen Anreiz zur Wahl der Altersteilzeit zu bieten. § 3 Nr. 28 EStG beziehe sich daher auf den Moment, in dem der Arbeitnehmer einen Altersteilzeitvertrag abschließe. Eine Beschränkung für weitere Zahlungen in späteren Zeiten könne aus dem Gesetz nicht herausgelesen werden.
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Während des Klageverfahrens half der Beklagte bezüglich freiwillig gezahlter Altersvorsorgeaufwendungen i.H.v. ... € ab und erließ am 14.08.2020 einen geänderten Einkommensteuerbescheid. Mit Schriftsatz vom 26.10.2021 schränkte der Kläger seine Klage bezüglich vorweggenommener Werbungskosten für eine angestrebte tätigkeit i.H.v. ... € nach einem gerichtlichen Hinweis ein.
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Die Kläger beantragen nunmehr,
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den Einkommensteuerbescheid vom 14.08.2020 sowie die zugehörige Einspruchsentscheidung vom 26.06.2019 dahingehend zu ändern, dass der enthaltene Aufstockungsbetrag i.H.v. 2.999,20 € aus dem Programm „Z“ der Y AG nicht als steuerpflichtige, sondern als steuerfreie, dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einnahme aus nichtselbstständiger Arbeit behandelt und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Eine Steuerbefreiung im Rentenalter sei nicht Ziel des § 3 Nr. 28 EStG und würde dem Sinn und Zweck der Norm widersprechen. Die Altersteilzeit solle älteren Arbeitnehmern einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente über den Weg der Arbeitszeitverkürzung bei ausreichender Versorgung ermöglichen (§ 1 Abs. 1 ATZG). Durch das Altersteilzeitgesetz sollten sich unumgängliche betriebliche Personalanpassungsmaßnahmen durchführen lassen, ohne dass auf die wertvollen Erfahrungen der älteren Mitarbeiter verzichtet werden müsse. Damit dem Arbeitnehmer die staatliche Förderung durch Aufstockungsbeträge ungeschmälert zufließe, stelle § 3 Nr. 28 EStG bestimmte Arbeitgeberleistungen steuerfrei, die während der Altersteilzeit gezahlt würden. Mit dieser Zielrichtung wäre eine Steuerbefreiung für Zahlungen an Steuerpflichtige, die sich bereits im Rentenalter befänden, nicht vereinbar.
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Zum Zuflusszeitpunkt im Jahr 2017 habe der Kläger bereits Versorgungsbezüge erhalten und somit nicht mehr zum begünstigten Personenkreis des § 2 ATZG gehört. Aus dem Einleitungssatz des § 3 Abs. 1 ATZG ergebe sich, dass es sich bei allen aufgeführten Entgeltbestandteilen um Leistungen im Sinne des § 4 ATZG handele. Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung sei stets, dass die Voraussetzungen des § 3 ATZG vorlägen und nicht nach § 5 ATZG erloschen seien. Bei dem Kläger seien die persönlichen Voraussetzungen allerdings aufgrund von § 5 Abs. 1 und 2 ATZG bereits vor dem Zeitpunkt des Zuflusses erloschen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet. Der angegriffene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger daher in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
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Zu Unrecht hat der Beklagte den gesamten, dem Kläger aus dem Programm „Z“ zugeflossenen Betrag i. H. v. ... € als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandelt. Nur bei einem Teil der Zahlung in Höhe von ... € handelt es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der verbleibende Betrag i. H. v. 2.999,20 € wurde an den Kläger aufgrund seiner Altersteilzeit als Aufstockungsbetrag gezahlt und ist gemäß § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei.
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1. Der Aufstockungsbetrag ist gemäß § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei, da der Kläger den Aufstockungsbetrag zusätzlich zu seinem reduzierten Altersteilzeitarbeitslohn für seine Arbeitsleistung während seiner Altersteilzeit erhalten hat.
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a) Bei dem Aufstockungsbetrag handelt es sich um steuerbare Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, da er durch das Dienstverhältnis veranlasst ist.
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Als durch das Dienstverhältnis veranlasst gilt eine Einnahme, die „für eine Beschäftigung“ gewährt wird, wenn sie „sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft erweist“, also als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer zu betrachten ist (Ständige Rechtsprechung, z.B. BFH v. 20.5.1983 ‒ VI R 39/81, BStBl. II 1983, 712; BFH v. 27.3.1991 ‒ VI R 126/87, BStBl. II 1991, 720; BFH v. 4.6.1993 ‒ VI R 95/92, BStBl. II 1983, 687; BFH v. 24.10.1997 ‒ VI R 23/94, FR 1998, 107; BFH v. 14.9.2004 ‒ VI R 25/99, BStBl. II 2006, 10; BFH v. 6.10.2004 ‒ X R 36/03, BFH/NV 2005, 682; BFH v. 11.4.2006 ‒ VI R 60/02, BStBl. II 2006, 691).
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Dabei hat der Zeitpunkt einer Zahlung auf die Natur einer Einnahme als Arbeitslohn keinen Einfluss, so dass auch verspätet oder erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses nachgezahlter Arbeitslohn zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit gehört, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Dieser Arbeitslohn ist gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 EStG im Zuflussjahr 2017 zu versteuern.
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b) Der Aufstockungsbetrag ist steuerfrei, da er die Voraussetzungen des § 3 Nr. 28 EStG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des ATZG erfüllt.
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Ein Aufstockungsbetrag nach dem ATZG ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATZG gegeben, wenn der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet und seine wöchentliche Arbeitszeit auf die Hälfte reduziert hat. Zudem muss der Arbeitgeber aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung das Arbeitsentgelt der Altersteilzeit um mindestens 20 % aufstocken. Diese Voraussetzungen sind unstreitig bis zum Eintritt in den Ruhestand erfüllt.
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Nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung, Literatur und Finanzverwaltung ‒ der sich der Senat anschließt ‒ ist ungeschriebene Voraussetzung der Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 28 EStG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATZG zudem, dass die persönlichenVoraussetzungen gemäß § 2 ATZG erfüllt sind (Niedersächsisches FG v. 14.06.2007 ‒ 11 K 541/06, EFG 2007, 1410, Rn. 15; Hessisches FG v. 03.12.2007 ‒ 11 K 2422/06, EFG 2008, 781, Rn. 15; Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 3 Nr. 28 EStG, Rn. 2; von Beckerath in: KSM, § 3 Rn. B 28/39; R 3.28 Abs. 1 LStR). Dies ergibt sich aus dem Zweck der Befreiungsvorschrift. Wie der Beklagte zutreffend aufgezeigt hat, dienen § 3 Nr. 28 EStG und das Altersteilzeitgesetz dazu, Arbeitnehmern Anreize für eine vorzeitige Reduktion der Arbeitszeit zu liefern, damit Arbeitgeber erforderliche Umstrukturierungen im Personalbestand durchführen können. Dieser Zweck soll und kann indessen nur bei Personen erreicht werden, die die persönlichen Voraussetzungen des § 2 ATZG erfüllen, d.h. noch nicht im Ruhestand sind. Hielte man dieses ungeschriebene Tatbestandsmerkmal für entbehrlich, wären Steuergestaltungen dahingehend möglich, dass bei jeder Reduzierung der Arbeitszeit eine „steuerfreie“ Aufstockung durch den Arbeitgeber möglich wäre, unabhängig von z.B. dem Alter des Arbeitnehmers und der Dauer der Altersteilzeit.
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aa) Anders als der Beklagte meint, müssen die Voraussetzungen des § 2 ATZG nicht im Zeitpunkt des Zuflusses vorliegen, sondern in dem Zeitraum, für den die fraglichen Einnahmen geleistet werden.
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Gerade der vom Beklagten bemühte Gesetzeszweck legt diese Auslegung nahe. So sollen die Aufstockungsbeträge i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATZG steuerfrei belassen werden, um Arbeitgebern Instrumente zur personellen Umstrukturierung an die Hand zu geben. Um diese Umstrukturierungen zu ermöglichen, zahlt der Arbeitgeber Aufstockungsbeträge i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATZG. Diese gesetzgeberisch geforderte und intendierte Finalität der Zahlung, die dem für die Steuerbarkeit auf Grundlage von § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG erforderlichen Veranlassungszusammenhang entspricht, kann nicht durch einen späteren Zuflusszeitpunkt durchbrochen werden.
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Ebenso wie der steuerpflichtige Arbeitslohn wird auch die Zahlung des steuerfreien Arbeitslohnes in Form des Aufstockungsbetrages während der Altersteilzeit durch die Tätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst. Nach Beendigung der Altersteilzeit, also dem Eintritt in den Ruhestand, kann kein Veranlassungszusammenhang mehr bestehen und damit auch kein Aufstockungsbetrag erdient werden.
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Es ist nicht ersichtlich, dass es aufgrund des ATZG bei der Qualifikation des Aufstockungsbetrages zu einer Änderung kommt. Der Aufstockungsbetrag ist nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber zusätzlich unter den Voraussetzungen des ATZG einen höheren Arbeitslohn gewährt, als dies der vertraglichen Arbeitsleistung entspricht. Sofern man annehmen würde, dass der Aufstockungsbetrag kein Arbeitslohn ist, stünde auch die Zahlung des der Berechnung des Aufstockungsbetrages zugrundegelegten Arbeitslohnes als ebensolcher in Frage.
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Entgegen der Literatur (z.B. Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 3 Nr. 28 EStG, Rn. 2; Stahl in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 3 Nr. 28, Rn. 24; Hillmoth in: Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, § 3 Nr. 28 EStG, Rn. 7, ebenso R 3.28 Abs. 1 LStR) kann die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 28 EStG auch nicht unter Verweis auf § 5 Abs. 1 ATZG versagt werden. § 3 Nr. 28 EStG knüpft die Steuerbefreiung allein an das Vorliegen von Aufstockungsbeträgen i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATZG an. § 5 Abs. 1 ATZG regelt demgegenüber, wann ein gemäß § 4 ATZG bestehender Anspruch des Arbeitsgebers auf Erstattung gezahlter Aufstockungsbeträge erlischt. § 5 Abs. 1 ATZG setzt damit auf Tatbestandsseite inzident das Vorliegen von Aufstockungsbeträgen i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATZG voraus. Das Vorliegen grundsätzlich begünstigter Aufstockungsbeträge i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr.1 ATZG bei Erfüllung der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 ATZG zu verneinen, würde zu einem Zirkelschluss führen. § 5 ATZG ändert mithin an den hier entscheidenden Vorschriften der §§ 3 und 2 ATZG nichts. Die Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 ATZG führt nur dazu, dass der Anspruch auf die Leistungen nach § 4 ATZG ‒ also die Erstattung des Aufstockungsbetrages durch die Bundesagentur für Arbeit ‒ mit Ablauf des Kalendermonats erlischt, in dem der Arbeitnehmer die Altersteilzeit beendet.
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bb) Unstrittig lagen die Voraussetzungen für eine Altersteilzeit gemäß § 2 Abs. 1 ATZG beim Kläger bis zum Bezug der Rente vor. Während seiner Altersteilzeit hat er neben seinem Altersteilzeitgehalt einen Aufstockungsbetrag erhalten. Unstrittig ist auch bei der Auszahlung eines Aufstockungsbetrages auf die weiteren Entgeltbestandteile, wie z.B. einem Bonus, während der aktiven Dienstzeit eine steuerfreie Leistung anzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bonus für eine kurze Periode oder ggf. mehrere Jahre gewährt wird. Während der aktiven Altersteilzeit werden die Auszahlungen für die weiteren Entgeltbestandteile i.S. von Boni etc. zutreffend als steuerfrei gemäß § 3 Nr. 28 EStG bewertet.
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Vorliegend wurde die Zahlung aus der Zusage aufgrund der Tätigkeit des Klägers während der Altersteilzeit getätigt. Es ist unbeachtlich, dass die Höhe der Zusage erst nach Eintritt in den Ruhestand der Höhe nach ermittelt und ausgezahlt werden konnte.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
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4. Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FGO die Revision zu, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert. Soweit ersichtlich, ist bislang noch keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Frage ergangen, ob die Auszahlung des Aufstockungsbetrages nach Eintritt des Steuerpflichtigen in den Ruhestand die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 28 EStG ausschließt.