03.01.2023 · IWW-Abrufnummer 233006
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 01.04.2022 – 5 K 1635/20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg
In dem Finanzrechtsstreit
1.Kläger
2.Klägerin
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
- zu 1, 2 -
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
Richterinnen am Finanzgericht
Ehrenamtliche Richter
Tenor:
Die Kläger sind verheiratet und wurden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.
In den Streitjahren war der Kläger leitender Angestellter der A KG und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. Arbeitsvertrag als Projektleiter vom xx.xx.xxxx Blatt 241 Gerichtsakte -GA-; Geschäftsführervertrag vom xx.xx.xxxx, Blatt 245 GA). Er ist am xx.xx.20xx in den Ruhestand eingetreten.
Die A KG ist ein international tätiges [ ___ ] Unternehmen. Sie ist die operative Zwischenholding der A-Gruppe und unterhält Tochtergesellschaften bzw. unselbständige Niederlassungen in Deutschland sowie in vielen anderen Ländern.
[ ___ ].
Der von der A KG mit Auslandsprojekten erwirtschaftete Anteil an der Gesamtleistung liegt im Zeitraum, der den hier streitigen Einkommensteuerbescheiden zugrunde liegt (Gewinnanteile für die Jahre 2013 bis 2015), zwischen 66 und 79 %. Neben dem europäischen Ausland wird eine Vielzahl an Auslandsprojekten in Drittländern ausgeführt, in denen ein zum Teil nicht unbeachtliches Sicherheits- oder politisches Risiko besteht. So hat die A-Gruppe im fraglichen Zeitraum Infrastrukturprojekte u.a. in den Regionen Afrikas, Asiens u.a. betreut. Mit diesen Geschäften ist aus unterschiedlichen Gründen ein erhebliches Ausfallrisiko verbunden. Eine Absicherung von Zahlungsleistungen und sonstigen Risiken des Auslandsgeschäfts ist aufgrund dieser Risiken bei der Leistungsabnahme von Beratungsleistungen praktisch ausgeschlossen. Es wurden daher auch zu keiner Zeit Hermessicherungen in Anspruch genommen. Aufgrund großvolumiger Infrastrukturprojekte - die Auftragsgrößen liegen bei mehreren Mio. Euro. - besteht bei der A KG ein erhebliches Klumpenrisiko. Im Zeitraum 2012 bis 2015 wurden durchschnittlich ca. 40% des Umsatzes mit Projekten mit einer Auftragsgröße von mindestens X Mio. EUR erbracht. Insbesondere mit Blick auf die Finanzierungsanforderungen und die Risikostruktur von Großprojekten kann die Unternehmensfinanzierung nur eingeschränkt im Wege der Fremdfinanzierung begegnet werden, da die Geschäftsbanken der A KG nur kurzfristige Finanzierungen gewähren. Aufgrund der Tätigkeit der A KG im Beratungsgeschäft bestehen auch keine substantiellen Vermögenswerte, welche die A KG als Sicherheit anbieten könnte. Die Banken können daher bei sich realisierenden finanziellen Risiken der A KG die kurzfristig laufenden Verbindlichkeiten jederzeit kündigen. Das risikobehaftete Geschäft schlägt sich auch in extrem schwankenden Unternehmenskennzahlen nieder.
Der Kläger schloss mit der A KG am xx.xx.19xx einen Gesellschaftsvertrag zur Begründung einer "typischen stillen Gesellschaft" [ ___ ]. Mit Wirkung zum xx.xx.20xx wurde der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag neu gefasst [ ___ ] Darüber hinaus wurde mit Datum vom xx.xx.20xx ein Nachtrag wegen einer Rangrücktrittserklärung vereinbart [ ___ ].
Der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag enthielt eine Einlageverpflichtung des Klägers in Höhe von DM xxx,00 (§ 1 Abs. 1 ursprünglicher Gesellschaftsvertrag). Nach der Währungsumstellung belief sich die Einlage des Klägers auf EUR xxx. Zur Anpassung der prozentualen Beteiligung des Klägers an das erhöhte Kapital der A KG wurde dem Kläger in 20xx die Gelegenheit zur Aufstockung seiner Einlage auf EUR xxx,00 gewährt. Der Kläger nahm die Aufstockungsmöglichkeit mit Erklärung vom xx.xx.20xx an, so dass die Einlage des Klägers seit 20xx insgesamt EUR xxx,00 betrug. Mit Neufassung des Gesellschaftsvertrags im Jahr 20xx wurde die Einlageverpflichtung des Klägers schließlich auf insgesamt EUR xxx erhöht (§ 1 Nr. 2 Gesellschaftsvertrag). Auf die Einlage hatte der Kläger bis zum xx.xx.20xx EUR xxx Euro einbezahlt [ ___ ].
Die Leistung der jeweils vereinbarten Einlage konnte durch Bareinzahlung oder Stehenlassen von Tantieme- und Vergütungsansprüchen bzw. durch Gutschrift von künftigen Gewinnanteilen aus der stillen Gesellschaft erfolgen (§ 1 Abs. 2 ursprünglicher Gesellschaftsvertrag, § 1 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag). Der Kläger leistete sämtliche Einlageverpflichtungen durch Stehenlassen von Gewinnanteilen.
Die Einlage ging jeweils in das Vermögen der A KG über und wurde auf dem festen Kapitalkonto verbucht (§ 2 Abs. 1 ursprünglicher Gesellschaftsvertrag sowie § 2 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag).
Der Kläger erhielt als stiller Gesellschafter im Innenverhältnis eine Ergebnisbeteiligung nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags, war aber zu keinem Zeitpunkt im Außenverhältnis für Gläubiger der A KG haftbar (§ 2 Abs. 2 und 3 Gesellschaftsvertrag). Hiervon unberührt blieb die Haftung im Innenverhältnis mit der geleisteten Einlage sowie der angesparten Rücklage aufgrund der Rangrücktrittsregelungen.
Mit Neufassung des Gesellschaftsvertrages war der Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag der Gewinn- und Verlustrechnung des geprüften Jahresabschlusses der A KG für die Ergebnisbeteiligung des Klägers maßgeblich (§ 5 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag). Vor der Neufassung war ebenfalls der Jahresüberschuss maßgeblich gewesen, allerdings nur nach Berücksichtigung bestimmter Abzüge (z.B. ausländische Steuern) und Hinzurechnungen (z. B. für Zinsen der Gesellschafter auf Soll-Salden der Darlehenskonten,§ 5 Abs. 1 ursprünglicher Gesellschaftsvertrag).
Die jeweilige Beteiligung des Klägers am Jahresergebnis der A KG richtete sich nach dem Verhältnis der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Einlage des Klägers zum Gesamtkapital der A KG (§ 5 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag). Das Gesamtkapital setzte sich aus dem Gesellschaftskapital der A KG, den weiteren Einlagen der Gesellschafter der A KG bzw. verbundener Unternehmen der A KG sowie den Einlagen weiterer stiller Gesellschafter zusammen (das "Gesamtkapital", §§ 5 Abs. 2, 2 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag).
Die Ergebnisbeteiligung sämtlicher stiller Gesellschafter war auf maximal 25% begrenzt, d.h. sofern die stillen Gesellschafter zu mehr als 25% am Gesamtkapital der A KG beteiligt gewesen wären, war die Ergebnisbeteiligung auf maximal 25% begrenzt und die individuelle Ergebnisbeteiligung pro rata zu kürzen (§ 5 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag).
Die jeweils auf den Kläger entfallende Beteiligung am Jahresergebnis (die "Gewinnanteile") war wie folgt zu verwenden:
- solange die Einlage noch nicht vollständig geleistet war, waren jeweils 50% der auf den Kläger entfallenden Gewinnanteile dem Kapitalkonto gutzuschreiben (§ 6 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag);
- sofern die Ergebnisbeteiligung negativ ausfiel, wurden die auf den Kläger entfallenden Verlustanteile auf dem Verlustkonto des Klägers verbucht. Gewinnanteile aus Folgejahren dienten, sofern die Einlage bereits vollständig geleistet war, dem Ausgleich des Verlustkontos (§ 6 Abs. 2 und 3 Gesellschaftsvertrag);
- sofern Gewinne nicht vorrangig dem Kapitalkonto oder dem Verlustkonto gutzuschreiben waren, wurden 25% des jeweiligen Gewinnanteils auf dem Rücklagenkonto verbucht. Das Rücklagenkonto war mit 2 % p.a. über dem Basiszins der Deutschen Bundesbank gem. § 247 BGB zu verzinsen (§§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag);
- sämtliche Gewinnanteile, die weder dem Kapitalkonto, Verlustkonto oder Rücklagenkonto zuzuführen waren, wurden dem Darlehenskonto gutgeschrieben. Das Darlehenskonto wurde mit 2% p.a. über dem Basiszins der Deutschen Bundesbank gem. § 247 BGB verzinst, wobei für die Zinsberechnung ein Durchschnittsbetrag des Darlehenskontos zugrunde gelegt wurde (§ 6 Abs. 5 Gesellschaftsvertrag).
Während der Kläger Guthaben auf dem Darlehenskonto jederzeit entnehmen konnte, waren die Einlage und das Guthaben auf dem Rücklagenkonto vor Beendigung der stillen Gesellschaft nicht entnahmefähig (§ 6 Abs. 6 Gesellschaftsvertrag).
Dem Kläger stand in begrenztem Umfang ein Stimmrecht in Angelegenheiten der A KG als Geschäftsinhaber der stillen Gesellschaft im Innenverhältnis zu. Das Stimmrecht bemaß sich nach dem Verhältnis der Einlage des Klägers zum Gesamtkapital (§ 2 Abs. 5 Gesellschaftsvertrag).
Der Kläger hatte außerdem das Recht auf Erhalt des jeweiligen Jahresabschlusses (§ 4 Gesellschaftsvertrag).
Der Gesellschaftsvertrag sah für den Fall der Beendigung des Anstellungsverhältnisses vor, dass die stille Gesellschaft unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum nächsten 31. Dezember durch beide Parteien gekündigt werden konnte (§ 7 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag). Im Übrigen konnten sowohl die A KG als auch der Kläger die stille Gesellschaft nach Ablauf einer bestimmten Mindestlaufzeit jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen (§ 7 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag), erstmals jedoch auf den 31.12.20xx. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund war jederzeit möglich (§ 7 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag).
Die stille Gesellschaft endete automatisch bei Auflösung der A KG, Tod des stillen Gesellschafters oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A KG bzw. Ablehnung eines solchen mangels Masse.
Bei Beendigung der stillen Gesellschaft hatte der Kläger Anspruch auf Erhalt eines Auseinandersetzungsguthabens. Dieses setzte sich aus dem Nominal- und Haftungskapital zusammen, d.h. dem Saldo aus Kapital-, Verlust-, Rücklagen- und Darlehenskonto. Einen Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven der A KG hatte der Kläger nicht (§ 8 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag).
Die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens sollte auf Basis des zu dem Zeitpunkt der Beendigung der stillen Gesellschaft vorangegangenen geprüften Jahresabschlusses erfolgen (§ 8 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag).
Das Auseinandersetzungsguthaben war grundsätzlich in fünf Jahresraten auszuzahlen, wobei der ausstehende Betrag des Auseinandersetzungsguthabens mit 2 % p.a. über dem Basiszins der Deutschen Bundesbank gem. § 247 BGB zu verzinsen war. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres konnte der Kläger eine Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens innerhalb eines Jahres verlangen. Eine vorzeitige (Teil-)Rückzahlung des Auseinandersetzungsguthabens durch die A KG war jederzeit möglich (§ 8 Abs. 4 und 5 Gesellschaftsvertrag).
Um den Ausweis der Einlage und der Rücklage als Eigenkapital in der Bilanz der A KG nach den Vorschriften des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) sicherzustellen, schlossen der Kläger und die A KG mit Datum vom xx.xx.xxxx eine gesonderte Rangrücktrittsvereinbarung als Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag [ ___ ].
Die Parteien vereinbarten, dass eine Rückzahlung der Einlage sowie des Rücklagenkontos bei Beendigung der Gesellschaft nur nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und nur zugleich mit der Befriedigung der Kommanditisten bzw. der übrigen stillen Gesellschafter erfolgen darf.
Darüber hinaus enthielt der Gesellschaftsvertrag einen Rangrücktritt hinsichtlich des Auseinandersetzungsguthabens. Der Kläger konnte das Auseinandersetzungsguthaben daher nur einfordern, wenn und soweit hierdurch keine Überschuldung der A KG begründet oder erhöht werden würde (§ 8 Abs. 6 Gesellschaftsvertrag).
Die stille Gesellschaft war unbefristet (§ 3 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag).
Der Kläger durfte seine Einlage weder auf Dritte übertragen noch über diese verfügen (§ 2 Abs. 7 Gesellschaftsvertrag).
Die Einlage sowie die zwischenzeitlich gebildete Rücklage entwickelten sich in den jeweiligen, den Einkommensteuerbescheiden zugrundeliegenden Jahren 2013 bis 2016 wie folgt:
Jahr Einlage in EUR Rücklage in EUR Gesamteinlage des Klägers in EUR
2012
2013
2014
2015
Jahr Jahresergebnis der A KG in EUR Gesamteinlage des Klägers in EUR Ergebnisanteil in EUR Verhältnis Ergebnisanteil zu Jahresergebnis in EUR Verhältnis Ergebnisanteil zu Gesamteinlage in EUR
2012 1,80 84,22
2013 1,80 58,60
2014 1,77 47,47
2015 1,80 30,79
Der Kläger erklärte die Einkünfte aus der stillen Beteiligung an der A-Gruppe im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung der Kalenderjahre 2013 bis 2016 als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Festsetzung erfolgte insoweit antragsgemäß für den Veranlagungszeitraum 2013 im Einkommensteuerbescheid vom 16. September 2014, für den Veranlagungszeitraum 2014 im Einkommensteuerbescheid vom 11. Juni 2015, für den Veranlagungszeitraum 2015 im Einkommensteuerbescheid vom 6. Mai 2016 und für den Veranlagungszeitraum 2016 im Einkommensteuerbescheid vom 5. Oktober 2017.
Der Kläger erklärte seine Gewinnanteile aus typisch stiller Beteiligung bis 2008, also vor Einführung der Abgeltungsteuer, stets als Einkünfte aus Kapitalvermögen und fügte jeweils die Steuerbescheinigung über den erfolgten Kapitalertragssteuerabzug bei, welche dann auch angerechnet wurde. Die damaligen Steuerbescheinigungen sahen noch eine Angabe zur Art der Kapitalerträge vor, welche korrekt mit "Gewinnanteile aus typisch stiller Beteiligung" eingetragen war (Blatt 336 - 338 GA). Auch unter der Geltung der Abgeltungsteuer ab dem Jahr 2009 hat der Kläger seine Steuerbescheinigungen zu den Gewinnanteilen dem Beklagten regelmäßig im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung vorgelegt (Blatt 339 GA). Für den streitigen Veranlagungszeitraum 2013 war ein Einspruch nötig, um die Anwendung des § 32d EStG durchzusetzen (Blatt 341 GA).
Im Rahmen einer bei der A KG durchgeführten Außenprüfung hat der Beklagte in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der OFD Karlsruhe vom 28. Mai 2018 (Blatt 277 GA), die Erträge aus der stillen Beteiligung des Klägers als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit klassifiziert.
Die Einkommensteuerbescheide des Klägers für die Jahre 2013 bis 2016 wurden daraufhin durch Erlass von Änderungsbescheiden jeweils vom 17. April 2019 geändert. Während der Steuerbescheid 2013 aufgrund neuer Tatsachen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert wurde, erfolgte die Änderung der Steuerbescheide 2014 bis 2016 aufgrund von § 164 Abs. 2 Satz 1 AO.
Der Kläger wandte sich mit Einspruch vom 25. April 2019 gegen die Änderungsbescheide, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2020, die dem Kläger am 2. Juni 2020 zugegangen ist, als unbegründet zurückgewiesen hat.
Der Kläger hat am 1. Juli 2022 Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, der Beklagte sei bereits formell nicht zur Änderung des Steuerbescheides 2013 befugt gewesen. Zudem seien die Erlöse aus der stillen Beteiligung des Klägers an der A KG als Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren.
Die Änderung des Steuerbescheids 2013 könne nicht auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt werden.
Es würden keine neuen Tatsachen vorliegen, welche die Änderung des Steuerbescheides 2013 rechtfertigen könnten. Dem Beklagten seien zum Zeitpunkt der Veranlagung der Einkommensteuer 2013 alle rechtserheblichen Tatsachen bekannt gewesen, die eine abschließende rechtliche Würdigung ermöglicht hätten.
Dies gelte insbesondere für die Stellung des Klägers als Arbeitnehmer und stiller Gesellschafter der A KG sowie die als stiller Gesellschafter realisierten Einkünfte. Die Stellung des Klägers als Arbeitnehmer sei dem Beklagten nicht zuletzt aus der Lohnsteuerkarte sowie der vorgelegten Lohnsteuerbescheinigung bekannt gewesen, die seinen Arbeitgeber, die A KG, eindeutig ausgewiesen habe. Aufgrund der Höhe der deklarierten Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit habe der Beklagte zudem von einer leitenden Position bei der A KG ausgehen müssen.
Es liege vielmehr eine geänderte Rechtsauffassung des Beklagten vor, die gerade keine nachträgliche Änderung eines Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO rechtfertige. Sowohl der Beklagte als auch die Außenprüfung, auf die sich der Beklagte beziehe, hätten jeweils eigenständige rechtliche Würdigungen der vorliegenden, bekannten Tatsachen vorgenommen und der ursprünglichen Rechtsauffassung jeweils eigenständige und abweichende Rechtsauffassungen gegenübergestellt.
Selbst wenn neue Tatsachen vorliegen würden, wie der Beklagte durch die Anwendung der Korrekturvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO behauptet habe, seien diese jedoch nicht rechtserheblich. Hierbei sei maßgeblich, ob das Finanzamt bei rechtzeitiger Kenntnis der später bekannt gewordenen Tatsachen schon bei der ursprünglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer anderen Rechtsauffassung gelangt wäre.
So stelle die vom Beklagen behauptete "unübliche" Höhe der Renditen keine rechtserhebliche Tatsache für die ursprüngliche Veranlagung dar. Die Höhe der Einkünfte sei nämlich für die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine neue Tatsache handle, gänzlich irrelevant und sei allenfalls geeignet, die Bedeutsamkeit des Besteuerungsvorgangs eindrücklich zu machen, nicht jedoch den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen zu lassen.
Dies werde auch durch die Einspruchsentscheidung selbst deutlich, die teilweise die Rechtsstandpunkte der Stellungnahme der OFD vom 28. Mai 2018 wortwörtlich übernommen habe (so z.B. die Ausführungen auf Seite 19 der Einspruchsentscheidung zur Nichtanwendbarkeit der Rechtsprechung zu Familienpersonengesellschaften, die den Ausführungen in der Stellungnahme der OFD Karlsruhe auf Seite 7 entsprechen). Sowohl die Stellungnahme der OFD vom 28. Mai 2018 (vgl. Seite 4 der Stellungnahme) als auch die Einspruchsentscheidung (vgl. Seite 15 der Einspruchsentscheidung) belegten eindrucksvoll mit dem Hinweis auf die ständige BFH-Rechtsprechung (u.a. BFH-Urteil vom 5. November 2013, VIII R 20/11, BStBI II 2014, 275), dass die Außenprüfung wie auch der Beklagte vorliegend eine jeweils "eigenständige Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls" vorgenommen hätten, mithin der bisherigen rechtlichen Beurteilung im ursprünglichen Steuerbescheid 2013 eine jeweils eigenständige, Rechtsauffassung gegenüberstellt hätten.
Selbst wenn man hilfsweise unterstelle, dem Beklagten seien im Rahmen der Außenprüfung und der nachfolgenden Kontrollmitteilung rechtserhebliche Tatsachen nachträglich bekannt geworden, so scheide eine Berufung darauf im Streitfall aus. Einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO stehe der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen.
Im Streitfall hätten die Kläger ihrer Mitwirkungspflicht in zumutbarem Umfang genügt. § 90 AO verpflichte den Kläger zur Mitteilung der steuerrelevanten "Tatsachen", nicht jedoch zu einer, insbesondere aus Sicht des Finanzamts, zutreffenden rechtlichen Subsumtion. Die Kläger hätten alle für eine wahrheitsgemäße Feststellung des Sachverhalts notwendigen Tatsachen im Rahmen der Steuererklärung 2013 offenbart. Sie hätten sich auch nicht bewusst missverständlich ausgedrückt, um bei der Finanzbehörde einen Irrtum hervorzurufen. Demgegenüber beruhe - wieder unterstellt, es seien rechtserhebliche Tatsachen nachträglich bekannt geworden - die Nichtkenntnis des Beklagten auf einer Verletzung seiner sich aufdrängenden Ermittlungspflicht. Treffe das Finanzamt eine rechtliche Einschätzung, hier die Qualifikation der Erlöse aus der stillen Beteiligung als Kapitaleinkünfte und belasse diese, ungeachtet der bereits beim Erlass des ursprünglichen Steuerbescheides in 2013 aufgrund diverser anhängiger und entschiedener Verfahren bestehenden Zweifelsfragen im Zusammenhang mit Mitarbeiter- und Managementbeteiligungen, ohne Vorläufigkeitsvermerk, könne dies dem Kläger nicht angelastet werden.
Materiell seien die Einkünfte des Klägers aus der stillen Beteiligung an der A KG in allen Streitjahren nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), sondern als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG steuerpflichtig, da eine vorrangige berufliche Veranlassung des Kapitalüberlassungsverhältnisses nicht gegeben gewesen sei. Eine Mitunternehmerstellung (§ 15 EStG) scheide unstreitig aus.
Die Einkünfte des Klägers seien nicht durch das Arbeitsverhältnis, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Für die Zuordnung sei maßgebend, welcher Veranlassungszusammenhang im Vordergrund stehe. Der BFH habe einzelne Gesichtspunkte für die Frage, ob der Vorteil durch das Dienstverhältnis oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung gewährt worden sei, herausgearbeitet. So sei die Feststellung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses und ein Sonderkündigungsrecht für den Verlust des Arbeitsplatzes nicht ausreichend, andererseits spräche u.a. ein effektives Verlustrisiko für die Annahme von Kapitalvermögen. Hinzu käme, dass laut BFH im Fall des Nebeneinanders von stillem Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis die Annahme eines partiarischen Arbeitsverhältnisses dann ausscheide, wenn der stille Gesellschafter - wie auch im hier streitgegenständlichen Fall - seine Einlage in Form einer Vermögenseinlage und nicht einer Dienstleistung erbracht habe.
Im vorliegenden Fall präge nicht das Arbeitsverhältnis des Klägers, sondern die Gesellschafterstellung die Leistungsbeziehung, die zur Erzielung der Gewinne aus der stillen Gesellschaft durch den Kläger führe.
Insbesondere sei für eine Überlagerung des vorliegenden Kapitalüberlassungsverhältnisses durch das Arbeitsverhältnis nicht ausreichend, dass die Beteiligung nur leitenden Angestellten zum Erwerb angeboten worden sei; und die Beteiligung der Stärkung des Interesses des Klägers an einer langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes und der Identifizierung des Klägers mit den Interessen des Unternehmens dienen habe sollen.
Demgegenüber würden die nachfolgenden Aspekte im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung für die Annahme eines Sonderrechtsverhältnisses, welches unabhängig neben dem Arbeitsverhältnis des Klägers bestanden habe, sprechen.
Der Kläger habe bereits ein fremdübliches Gehalt mit einem hohen variablen Anteil als leitender Angestellter der A KG erhalten. Mit den Gewinnanteilen aus der stillen Beteiligung werde daher die Einlage in das Vermögen der Geschäftsinhaberin vergütet und nicht die Verpflichtung zur Arbeitsleistung aus dem daneben bestehenden Anstellungsvertrag.
Dem Kläger hätten die üblichen Rechte eines stillen Gesellschafters (Gewinnbeteiligung und Kontrollrecht Jahresabschluss) ohne Einschränkung zugestanden.
Die Beteiligung hätte sich unabhängig vom Beschäftigungsverhältnis entwickeln können, denn das Ende des Arbeitsverhältnisses habe nicht automatisch, sondern erst durch Kündigung zur Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses geführt.
Der Kläger habe ein Verlustrisiko getragen, hierfür spreche insbesondere die Rangrücktrittsvereinbarung sowie das den Kläger treffende Risiko, seine Einlage zu verlieren. Die Verlustbeteiligung sei handelsrechtlich rein fakultativ und spreche mithin für die Vereinbarung eines Sonderrechtsverhältnisses.
Auch die Verfügungsbeschränkung (Verbot der Übertragung laut Gesellschaftsvertrag) stelle keine Einschränkung der Rechte des Klägers als stiller Gesellschafter dar. Im Personengesellschaftsrecht sei die freie Übertragbarkeit des personenrechtlichen Teils der Mitgliedschaft ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters grundsätzlich ausgeschlossen, da eine solche Übertragung der personenrechtlichen Verbundenheit widerspreche.
Weiter führt der Kläger an, dass die A KG die Gewinnanteile des Klägers hätte stehenlassen und nicht an diesen hätte auszahlen müssen, soweit Verluste zu decken gewesen wären, bzw. die Gewinne dem Rücklagenkonto zugeführt worden seien. Ein derartiges Vorgehen sei bei Arbeitslohn unüblich.
Zudem sei die Beteiligung fremdüblich ausgestaltet gewesen und sei streng nach den gesetzlichen Vorgaben erfolgt (§§ 230 ff HGB). Auch die Rendite sei nicht unangemessen gewesen. Die Ergebnisbeteiligung sei fremdüblich ausgestaltet, da sie an nachvollziehbare wirtschaftliche Größen angeknüpft habe, die unabhängig vom Arbeitsverhältnis Bestand gehabt hätten. Die Ergebnisbeteiligung des Klägers als stiller Gesellschafter sei von zwei Variablen abhängig gewesen: dem Jahresergebnis der A KG und dem prozentualen Anteil der Einlage des Klägers am Gesamtkapital der A KG. Die Ergebnisbeteiligung sei damit maßgeblich vom Erfolg der A KG im jeweiligen Wirtschaftsjahr sowie dem Bestand des Gesamtkapitals abhängig gewesen. Ein Bezug zum Arbeitsverhältnis sei bei einer solchen Ausgestaltung der Gewinnbeteiligung nicht erkennbar.
Auch die Höhe der vom Kläger erzielten Rendite sei fremdüblich, so dass sich hieraus keine Unüblichkeit der stillen Beteiligung ergebe. Die jeweilige Ergebnisbeteiligung des Klägers in den hier streitigen Jahren habe im Verhältnis zu seiner Gesamteinlage, d.h. unter Berücksichtigung der Rücklage, zwischen 30,79 % und 58,60 % betragen. Die Höhe dieser Rendite sei allein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, so dass auch ein fremder Dritter eine solche Rendite hätte erzielen können. Sie habe maximal 1,86 % des Gesamtergebnisses betragen und sei daher aus Sicht der anderen Gesellschafter untergeordnet gewesen. Die Üblichkeit der Höhe der Rendite ergebe sich zwangsläufig bereits aus der fremdüblichen Ausgestaltung der Ergebnisbeteiligung. Zudem sei die Rendite maßgeblich durch das Jahresergebnis der A KG bedingt, sie sei auf maximal 25% des jeweiligen Jahresüberschusses gedeckelt gewesen.
Sie stelle einen Ausgleich für eine fehlende Mindestverzinsung der Einlage dar (Verzinsungsfunktion) und spiegele die besondere wirtschaftliche Bedeutung der Gesamteinlage für die A KG wider (Finanzierungsfunktion). Letztere ergebe sich aus der Höhe der Gesamteinlage der stillen Beteiligten im Verhältnis zu den von den Gesellschaftern gewährten Darlehen und dem Haftkapital der A KG sowie der Notwendigkeit der Stärkung der Eigenkapitalbasis der A KG. Die Gesamteinlagen der stillen Gesellschafter (13,51% der Gesamtdarlehen) würden der Stärkung der Eigenkapitalbasis der A KG dienen. Aufgrund der dargestellten Risiken des Auslandsgeschäfts sowie deren fehlender Versicherbarkeit sei die A KG auf liquide Rücklagen angewiesen. Die Rückzahlung nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses hätte bei Bedarf über fünf Jahre gestreckt werden können.
Es sei auch irrelevant, dass der A KG die Liquidität im Wege des abgekürzten Zahlungsweges durch Verrechnung des Gewinnauszahlungsanspruchs des Klägers mit dessen Verpflichtung auf Leistung der Einlage zugeführt worden sei. Auch die Tatsache, dass die A KG keine weiteren stillen Gesellschafter aufgenommen habe, spreche nicht gegen die Finanzierungsfunktion.
Die Höhe der Rendite habe das durch die hohen Schwankungen der Jahresergebnisse gesteigerte Verlustrisiko ausgeglichen. Das Verlustrisiko sei dabei nicht nur theoretisch gewesen.
Die Regelungen zum Rangrückritt sowie die Bilanzierung der Einlage und Rücklage als handelsrechtliches Eigenkapital würden außerdem zeigen, dass die Einlage des Klägers sowie dessen aufgelaufene Rücklage wie Eigenkapital zu werten seien und demnach auch Renditechancen aufweisen dürften, die einem solchen Risiko angemessen wären.
Die stille Beteiligung könne auch nicht mit am Markt üblichen Produkten verglichen werden, da stille Beteiligungen grundsätzlich nicht am freien Markt gehandelt würden. Es könne auch nicht auf die Berechnungslogik zum Geschäftswert zurückgegriffen werden, da der Kläger am Geschäftswert nicht beteiligt gewesen sei.
Es hätte auch nicht aufgrund des bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages über die stille Gesellschaft nicht absehbaren Gewinnsprungs eine Korrektur des Gesellschaftsvertrages erfolgen müssen. Ein Rückgriff auf die Rechtsprechung zu verdeckten Gewinnausschüttungen bzw. den speziellen Fall von Familienpersonengesellschaften sei nicht zulässig, da ein Näheverhältnis zur Gesellschaft oder außerbetriebliche Erwägungen vorliegend keine Rolle gespielt hätten. Es bestehe ein natürlicher Interessengegensatz zwischen dem Kläger und der A KG.
Die stille Beteiligung des Klägers sei auch nicht mit einem Aktienoptionsprogramm vergleichbar, bei dem die Annahme von Anreizlohn im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis in Betracht komme. Es fehle bereits daran, dass der Kläger durch sein Arbeitsverhältnis einen irgendwie gearteten Einfluss auf die Höhe der Rendite hätte haben können.
Der Kläger beantragt,
1.
die Einkommensteuerbescheide 2013, 2014, 2015 und 2016 vom 17. April 2019, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2020 dahingehend zu ändern, dass die Gewinnanteile aus der Beteiligung als typischer stiller Gesellschafter der A KG als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG anstatt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG qualifiziert werden,
2.
dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;
3.
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
4.
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
5.
hilfsweise die Änderungsbescheide 2013, 2014, 2015 und 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.05.2020 insoweit aufzuheben, als dass die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes gemäß §§ 233a, 238 AO gemäß Beschluss des BVerfG vom 08.07.2021 (Az. 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) verfassungswidrig ist und Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 betroffen sind.
Der Beklagte beantragt,
1.
die Klage abzuweisen,
2.
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte ist der Auffassung, der Grundsatz von Treu und Glauben stehe einer Änderung des Einkommensteuerbescheids 2013 nach § 173 Abs. 1 AO nicht entgegen.
Dem Beklagten sei zwar bekannt gewesen, dass der Kläger bei der A KG angestellt gewesen sei, nicht jedoch, dass er seit dem xx.xx.19xx auch als stiller Gesellschafter an der A GmbH & Co. KG beteiligt gewesen sei. Erst durch die Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamtes D sei bekannt geworden, dass der Kläger stiller Gesellschafter gewesen sei. Bei rechtzeitiger Kenntnis des vollständigen Sachverhalts wäre das Finanzamt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu dem Ergebnis gelangt, diesen Sachverhalt zu überprüfen und ggf. eine Außenprüfung anordnen und durchführen zu lassen, die dann zu dem jetzt festgestellten Ergebnis geführt hätte.
Materiell seien die Zahlungen aus der stillen Beteiligung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Für das Vorliegen von Arbeitslohn spreche, dass die stillen Beteiligungen nur an Führungskräfte ausgegeben worden seien und die A GmbH und Co. KG damit erreichen habe wollen, dass durch die stille Beteiligung das Interesse der Führungskräfte an einer langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes gestärkt werde und auch die Identifikation der Führungskraft mit den Interessen des Unternehmens erhöht werden solle.
Zudem müsse der Arbeitnehmer kein mit seiner Gesellschaftsbeteiligung verbundenes Risiko tragen. Das Verlustrisiko sei auf die Höhe der Einlage begrenzt. Eine solche Klausel werde zwar grds. auch bei fremden Dritten verwendet, allerdings schließe ein Verlustrisiko im Rahmen der Gesamtwürdigung die Beurteilung eines eingeräumten Vorteils als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auch nicht aus. Werde wie vorliegend das an die Gesellschaftsbeteiligung geknüpfte Risiko auf die Einlage begrenzt, stelle dies daher einen Gesichtspunkt für die Annahme von Arbeitslohn dar.
Der Kläger habe vorliegend einen Vorteil erhalten, den ein fremder Dritter nicht erhalten hätte. Der Kläger erhalte eine nicht marktübliche Rendite. Diesem Umstand komme erhebliche indizielle Bedeutung zu. Die Ausgestaltung der Vertragsvereinbarungen der A GmbH und Co. KG mit den stillen Gesellschaftern, insbesondere die fehlende Vergleichbarkeit mit einer am Kapitalmarkt angebotenen Anlage, spreche für eine untrennbare Beziehung zwischen dem Arbeitsverhältnis und der stillen Beteiligung. Die erzielten jährlichen Renditen lägen im vorliegenden Fall extrem über den Renditemöglichkeiten am Kapitalmarkt. Weil das Rücklagenkonto fest verzinslich sei, ergäben sich bzgl. des übrigen Betrags ganz außergewöhnlich hohe Renditen.
Eine solche Vereinbarung sei unüblich, da als Grundlage für den Gewinnanteil i.d.R. der Unternehmenswert mit dem nominalen Wert der Einlage des Stillen verglichen werde. Der Unternehmenswert sei dabei nach der indirekten Methode zu ermitteln (BFH, Urteil vom 25.1.79, IV R 56/75, BStBI II 1979, 302), die sich an einem nachhaltig erzielbaren Jahresgewinn (Zukunftsgewinn), einem Kapitalisierungszinsfuß und einem Substanzwert orientiere. Der Zukunftsgewinn sei aus den erzielten Reingewinnen der letzten drei bis fünf Jahre abzuleiten, wobei alle außerordentlichen Faktoren zu eliminieren seien.
Diese Verteilung des Restgewinns werde auch beibehalten, wenn die tatsächliche Gewinnentwicklung in den Folgejahren von der prognostizierten abweiche. Allerdings sei bei einer deutlichen Abweichung der der Gewinnverteilung zugrunde gelegten Parameter zu prüfen, inwieweit diese Verteilung dann noch einem Fremdvergleich standhalte. Deshalb könne z.B. ein bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags nicht zu erwartender Gewinnsprung Anlass für eine Korrektur eines bis dahin angemessenen Gewinnanteilssatzes geben. Eine solche Korrektur entspreche einem fremdüblichen Verhalten. Auch im Rahmen einer solchen Gewinnbegrenzung sei dem Charakter der stillen Beteiligung als einer risikobehafteten Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Handelsgewerbes Rechnung zu tragen und die Einlagenrendite entsprechend den vorstehend dargelegten Grundsätzen in einen angemessenen und der veränderten Gewinnerwartung angepassten (geringeren) Gewinnanteilssatz umzuformen.
Diese Anpassungen seien im vorliegenden Fall nicht erfolgt, obwohl sie sich bei einem Gewinnsprung aufgedrängt hätten und durch die Möglichkeit der Kündigung auch hätten durchgesetzt werden können.
Die Einräumung der Beteiligung, u.a. wegen der damit verbundenen Chance auf Erzielung einer außergewöhnlich hohen Rendite, sei im Rahmen der Gesamtbetrachtung damit als eine zusätzliche erfolgsabhängige Vergütung anzusehen. Denn nur Arbeitnehmern in leitender Funktion würde eine stille Beteiligung an der Firma ermöglicht. Dadurch hätten sie ein erhebliches Interesse an der Steigerung des Unternehmensgewinns. Diese Steigerung hätten sie nur in ihrer Eigenschaft als leitende Angestellte des Unternehmens beeinflussen können und nicht in ihrer Eigenschaft als typisch stille Beteiligte. Deshalb hänge die stille Beteiligung auch vom aktiven Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ab.
Die Renditemöglichkeiten der stillen Beteiligung würden daher ähnlich einem Aktienoptionsprogramm als Anreiz zur Erhöhung des individuellen Gesamtlohns und als zusätzlicher Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis wirken. Die leitenden Führungskräfte könnten damit ihren Arbeitslohn aktiv gestalten und nicht nur, wie ein fremder typisch stiller Beteiligter, auf eine günstige Rendite hoffen.
Die A KG habe die Eingehung der stillen Beteiligung auch damit begründet, dass der Firma damit Liquidität zugeführt worden sei. Gegen ein bestehendes eigenes Interesse der A KG an einer Liquiditätsbeschaffung durch die stille Beteiligung spreche zum einen der nicht ersichtliche Liquiditätsbedarf des Unternehmens, zum anderen der tatsächlich fehlende Zufluss weiterer Liquidität durch die Aufnahme von stillen Gesellschaftern. Durch die stille Beteiligung sei der Firma kein zusätzliches Kapital zugeflossen; denn die Einlage des stillen Gesellschafters sei durch Stehenlassen von Gewinnanteilen geleistet worden
Einem mangels eines Abflusses entstehenden relativ geringen Liquiditätsvorteil sei im vorliegenden Fall keine Bedeutung beizumessen.
Damit habe sich die A KG durch die Eingehung der stillen Beteiligung keine Liquidität am freien Kapitalmarkt beschafft, sondern durch die speziell auf den Arbeitnehmer zugeschnittene und mit dem Arbeitsverhältnis verzahnte stille Beteiligung sei Liquidität abgeflossen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist begründet.
Die Bescheide über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Zinsen für 2013, 2014, 2015 und 2016 vom 17. April 2019, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2020, verletzen die Kläger in ihren Rechten.
1. Die Gewinnanteile aus der Beteiligung als typischer stiller Gesellschafter der A KG sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG anstatt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG zu qualifizieren.
a) § 20 Abs. 8 EStG enthält eine nur begrenzte Kollisionsregelung, wonach Einkünfte aus Kapitalvermögen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind, wenn sie zu diesen Einkünften gehören. Für die Abgrenzung von Kapitaleinkünften zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH diejenige Einkunftsart maßgebend, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt (BFH, Urteil vom 01. Dezember 2020 - VIII R 40/18, BFHE 271, 493, Rn. 21).
b) Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen (BFH, Urteil vom 05. November 2013 - VIII R 20/11, BFHE 243, 481, BStBl II 2014, 275, Rn. 12). Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile vom 20. Mai 2010 - VI R 12/08, BFHE 230, 136, BStBl II 2010, 1069; vom 19. Juni 2008 - VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826, und vom 21. Mai 2014 - I R 42/12, BFHE 246, 119, BStBl II 2015, 4, jeweils m.w.N.).
Dem Arbeitnehmer entstandene Vorteile sind durch eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige Sonderrechtsbeziehungen veranlasst, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zugrunde liegen. Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass diese auch selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könnten (BFH-Urteil vom 17. Juni 2009 - VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69, m.w.N.).
c) Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung, die daraus erzielten laufenden Erträge sind dann keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen (BFH-Urteil vom 05. April 2006 - IX R 111/00, BFHE 213, 341, BStBl II 2006, 654). Für den Charakter einer Beteiligung als eigenständige und vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbsgrundlage spricht es insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös als Gegenleistung für die nichtselbständige Tätigkeit vorsieht, die Beteiligung vom Arbeitnehmer zum Marktpreis (und nicht etwa verbilligt) erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt sowie keine besonderen Umstände aus dem Arbeitsverhältnis erkennbar sind, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen (vgl. zu letzterem Aspekt: BFH-Urteil vom 5. November 2013 - VIII R 20/11, BFHE 243, 481, BStBl II 2014, 275). Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung führt auch nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern im Allgemeinen oder sogar nur bestimmten Arbeitnehmern angeboten worden war (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juni 2009 - VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69, und vom 21. Mai 2014 - I R 42/12, BFHE 246, 119, BStBl II 2015, 4).
d) Nach den vorgenannten Maßstäben ist der Senat im Rahmen einer Gesamtschau davon überzeugt, dass die dem Kläger aus der stillen Beteiligung zugeflossenen Erträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zu qualifizieren und nicht durch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) veranlasst sind.
aa) Für ein unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehendes Sonderrechtsverhältnis spricht besonders, dass die Ausgestaltung der stillen Beteiligung formell nach den üblichen gesetzlichen Kriterien erfolgt ist, den Kläger in Höhe der Einlage und auch der Rücklage ein Verlustrisiko traf und mit der vereinbarten Nachrangigkeit die stille Beteiligung überwiegend gesellschaftsrechtlich bzw. bilanzrechtlich motiviert war. Der Kläger hätte zudem einen möglichen Verlust aus seinem privaten und bereits versteuertem Vermögen tragen müssen.
Handelsrechtlich gilt bereits, dass eine von dem stillen Gesellschafter als Beitrag geleistete Einlage in das Vermögen des Inhabers übergeht und somit uneingeschränkt der Zwangsvollstreckung durch dessen Geschäfts- und Privatgläubiger unterliegt (Kauffeld in: Blaurock, Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters, Rn. 7.80). Hingegen handelt es sich bei der Einlage eines stillen Beteiligten nach der gesetzlichen Konzeption grundsätzlich nicht um haftendes Eigenkapital. Hiervon sind die Beteiligten jedoch vorliegend bewusst abgewichen.
Die Vertragsbeteiligten haben zum einen nicht von der handelsrechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Verlustbeteiligung auszuschließen (§ 231 HGB). Die Verlustbeteiligung hätte im Fall der Insolvenz jedenfalls zur Folge gehabt, dass die Einlage zur Deckung des Anteils am Verlust des still Beteiligten zu verwenden gewesen wäre, rückständige Einlagen wären in dem Umfang zu erbringen, zu welchem sie für die Abdeckung eines Verlustanteils benötigt würden (§ 236 Abs. 2 HGB).
Zudem hatten die Beteiligten bereits im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die Abfindungsforderung im Rang hinter allen Verbindlichkeiten der A KG steht. Wenn und soweit sie eine Überschuldung des Geschäftsinhabers begründen oder erhöhen würde, könnte sie nicht geltend gemacht werden (§ 8 Nr. 6 Gesellschaftsvertrag). Die Vereinbarung der Nachrangigkeit diente zur Bildung von haftendem Eigenkapital.
Dieses Risiko hat der Kläger mit Vertrag vom xx.xx.20xx auf xxx Euro erhöht, obwohl er bis dahin erst EUR xxx auf die Einlage eingezahlt hatte. Er hätte also im Verlustfall noch Euro xxx auf seine Einlage leisten müssen.
Mit Rangrücktrittsvereinbarung vom xx.xx.20xx wurde dieses Risiko weiter verschärft bzw. mit Blick auf das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz weiter konkretisiert. Laut Vereinbarung trat der Kläger mit seinem gegenwärtigen und künftigen Anspruch auf Rückgewähr seiner Einlage gegen den Geschäftsinhaber infolge der Beendigung der stillen Gesellschaft gegenüber den Forderungen anderer gegenwärtiger und künftiger Gläubiger des Geschäftsinhabers in der Weise im Rang zurück, dass diese Forderung erst nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und auch nicht vor, sondern nur zugleich mit eventuellen Einlagerückgewähransprüchen des Kommanditisten oder anderer stiller Gesellschafter berücksichtigt wird.
Im Rahmen der vom Senat vorzunehmenden Gesamtbeurteilung war es aufgrund des auf Dauer angelegten Vertragsverhältnisses unerheblich, ob es sich zum Zeitpunkt der Vereinbarung nur um ein geringes Risiko handelte oder nicht. Jedenfalls ist eine derartige Vereinbarung für ein Arbeitsverhältnis untypisch und zur Überzeugung des Senats Ausfluss der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung und damit Grundlage einer Sondervereinbarung.
bb) Der Senat ist zudem davon überzeugt, dass die Begründung der stillen Gesellschaft aus Sicht der A KG in erster Linie darin begründet war, das bilanziell ausgewiesene Eigenkapital der A KG zu stärken und nicht etwa die Arbeitsleistung des Klägers zu vergüten. Als Familiengesellschaft kam es ihr nachvollziehbar darauf an, dieses Kapital nicht von fremden Dritten zu erlangen, sondern auf ihre Kapitalgeber dauerhaft vertrauen zu können. Zudem hat der Kläger glaubhaft vorgetragen, dass die Unternehmensfinanzierung durch Geschäftsbanken aufgrund der Risikostruktur der A KG nur eingeschränkt möglich war. Die A KG hat deswegen in den 90er Jahren ihre Kapitaldecke durch Begründung stiller Gesellschaften mit ihren führenden Mitarbeitern gestärkt. Dies kann auch als starkes Signal an die Kunden und fremde Kreditgeber der A KG gewertet werden, was ebenfalls für ein Sonderrechtsverhältnis spricht.
Aus Sicht des Senats war die Kündigungsmöglichkeit der A KG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses daher auch eher der Motivation geschuldet, dass die A KG ihr Kapital aus den eigenen Reihen stärken wollte und weniger dem Umstand, dass das Arbeitsverhältnis endete.
Weiteres erhebliches Indiz für die Begründung eines Sonderrechtsverhältnisses ist zudem die Zuführung von Kapital auf das Rücklagenkonto. Laut Gesellschaftsvertrag wurden Gewinne, die nicht vorrangig dem Kapitalkonto oder dem Verlustkonto gutzuschreiben waren, mit 25% des jeweiligen Gewinnanteils auf dem Rücklagenkonto verbucht. Die Zuführung zum Rücklagenkonto ist eine rein fakultative Regelung und hätte zur Begründung der stillen Gesellschaft nicht bedurft. Hierfür wäre die Verpflichtung zur Einlage ausreichend gewesen. Das Rücklagenkonto begründet Eigenkapital der Gesellschaft und war vom Verlustrisiko betroffen. Laut Gesellschaftsvertrag konnte der Gesellschafter nur durch Kündigung des Gesellschaftsvertrages über die gebildeten Rücklagen verfügen. Auch insofern ist ersichtlich, dass die Motivation der Vertragsparteien nicht im Arbeitsverhältnis, sondern im Gesellschaftsrecht begründet war. Das Verhältnis der Gesamteinlagen der stillen Gesellschafter zu den Gesamtdarlehen in Höhe von 13,51% kann in diesem Zusammenhang ebenfalls angeführt werden.
cc) Aufgrund der vorgenannten Motivation, die A KG bzw. ihr Eigenkapital durch stille Beteiligungen zu stärken, hält der Senat auch die Renditemöglichkeiten der Gesellschafter für nicht aus dem Arbeitsverhältnis begründet. Die gesamte Gestaltung entspricht handelsrechtlichen Vorgaben. Die Rendite war eindeutig festgelegt, maßgeblich waren objektive Parameter und die Rendite wurde auch in der verabredeten Form ausgezahlt bzw. auf den Kapitalkonten des Klägers verbucht (anders in BFH, Urteil vom 21. Oktober 2014 - VIII R 44/11, BFHE 247, 308, BStBl II 2015, 593, Rn. 13 in diesem Fall "völlig unbestimmte Verzinsung"). Aus Sicht des Senats ist auch die Höhe der Rendite nicht zu beanstanden. Es mag zwar sein, dass die Ergebnisbeteiligung nominal durchaus bemerkenswert war. Allerdings erklärt sich dies allein durch die hohen Gewinne der Gesellschaft und nicht anhand der besonders günstigen Beteiligung bzw. Verzinsung. Der Kläger war letztlich maximal zu 1,86 % am Jahresergebnis der Gesellschaft beteiligt. Zudem war die Ergebnisbeteiligung gedeckelt, da niemals mehr als 25% an die stillen Gesellschafter ausgezahlt werden durfte.
Das Gericht teilt die Auffassung des Beklagten, es sei unüblich eine solche Vereinbarung zu treffen, nicht. Der Beklagte meint, als Grundlage für den Gewinnanteil werde i.d.R. der Unternehmenswert mit dem nominalen Wert der Einlage des Stillen verglichen (BFH, Urteil vom 25. Januar 1979 - IV R 56/75, BFHE 127, 32, BStBI II 1979, 302), die sich an einem nachhaltig erzielbaren Jahresgewinn (Zukunftsgewinn), einem Kapitalisierungszinsfuß und einem Substanzwert orientiere. Bereits das vom Beklagten zitierte Urteil betrifft einen anderen Fall, nämlich die Ermittlung des Geschäftswertes bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft gegen eine über seinem Kapitalkonto liegende Abfindung. Dies war vorliegend gerade nicht der Fall, denn der Kläger erhält als Abfindung ausschließlich die auf seinen Kapitalkonten ausgewiesenen Beträge. Wie der Beklagte zu der Annahme gelangt, dass Grundlage für Gewinnanteile üblicherweise der Unternehmenswert sei, ist nicht nachvollziehbar, zumal auch handelsrechtlich für Gesellschafter eine prozentuale Gewinnbeteiligung bemessen am Kapital vorgesehen ist (vgl. z.B. § 168 HGB i.V.m. § 121 abs. 1 und Abs. 2 HGB).
dd) Zwar mag es sein, dass die A KG durch die Einlage des Klägers nicht unmittelbar an Liquidität gewonnen hat, da der Kläger seine Einlage nur durch Stehenlassen seiner Gewinne erbracht hat. Allerdings kann hieraus nicht geschlossen werden, dass hier kein Sonderrechtsverhältnis neben dem Arbeitsverhältnis begründet wurde. Der A KG kam es in erster Linie darauf an, dass durch stille Beteiligungen das Eigenkapital erhöht wurde. Liquidität hätte sie auch dadurch erlangt, dass sie die Gewinne nicht an die bestehenden Gesellschafter auszahlt. Durch Begründung der stillen Gesellschaften hingegen wurde zusätzlich ausweisbares Eigenkapital geschaffen.
ee) Das Gericht hat insbesondere die glaubwürdigen Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung in seine Gesamtwertung mit eingestellt. Der Kläger schilderte, wie es zu der stillen Beteiligung im Kalenderjahr 19xx kam. Er sei vom Vorstand auf die Möglichkeit angesprochen worden, eine derartige Beteiligung zu erwerben. Dies sei ihm freigestanden. Es sei keinerlei Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis und seiner Arbeitsleistung angesprochen worden. Auf seinen Arbeitsvertrag, sein Arbeitsentgelt oder die variablen Vergütungsanteile habe die stille Beteiligung keinen Einfluss gehabt. Er hätte aber ein "komisches" Gefühl gehabt, wenn er sich nicht beteiligt hätte. Die Schilderungen des Klägers sprachen aus Sicht des Senats in der Gesamtschau dafür, dass er mit der A KG ein Sonderrechtsverhältnis neben seinem Arbeitsverhältnis vereinbart hatte, auch wenn durch die stille Beteiligung die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen und damit an ihren Arbeitgeber gestärkt worden ist. Dieser Aspekt stand allerdings im Hintergrund.
ff) Auch im Übrigen waren die Argumente des Klägers überzeugend, denn tatsächlich erhielt der Kläger bereits ein fremdübliches Gehalt mit variablen Anteilen und es ist nicht ersichtlich geworden, dass die Ausgestaltung der stillen Beteiligung ähnlich einem Aktienaktionsprogramm als "Anreizlohn" ausgestaltet war. Dem sogenannten "Anreizlohn" ist es zu eigen, dass die Mitarbeiter verbilligt Aktien erwerben können. Der steuerliche Vorteil und damit die Einkünfte aus § 19 EStG errechnen sich aus der Differenz zwischen dem üblichen Endpreis der Aktien am Verschaffungstag und den Aufwendungen des Arbeitnehmers (BFH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - VI R 136/01, BFHE 216, 251, BStBl II 2007, 456, Rn. 7). Vorliegend verhält es sich allerdings anders, da der Kläger zunächst die stille Beteiligung aus versteuerten Einnahmen erwerben musste und kein zusätzliches Entgelt erhalten hat. Hieran ändert sich auch dadurch nichts, dass es möglich war die Einlage durch Stehenlassen von Gewinnen zu erbringen.
gg) Die Argumentation des Beklagten, dass aufgrund des bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages über die stille Gesellschaft nicht absehbaren Gewinnsprungs eine Korrektur des Gesellschaftsvertrages hätte erfolgen müssen, verfängt nicht. Dies würde aus Sicht des Senats das Ziel der Gesellschaft sogar konterkarieren. Die A KG wollte ihr Eigenkapital stärken und hat hierbei auf das ihr vertraute Umfeld gesetzt. Aufgrund dessen war es besonders wichtig das Vertrauen in die stille Beteiligung zu erhalten. Eine Kündigung oder Vertragsanpassung in positiven Zeiten hätte womöglich die Gesellschafter veranlasst nach einer Gewinnphase den Gesellschaftsvertrag zu kündigen. Hierbei spielt eine besondere Rolle, dass der Kläger verpflichtet war, 25 % seiner Ergebnisbeteiligung in die Rücklage zu zahlen. Dies ist auch in den Streitjahren geschehen. Aufgrund dessen kann sich der Beklagte auch nicht auf den Beschluss des BFH vom 05. Februar 1986 - I S 15/85, BFH/NV 1986, 563 berufen, da dort dem stillen Gesellschafter ohne weitere Verpflichtungen 2/3 des Gesamtergebnisses zustanden. Insgesamt kann sich der Beklagte nicht auf die Rechtsprechung zur Angemessenheit von Gewinnverteilungsabreden bei Familienpersonengesellschaften (BFH, Beschluss vom 29. Mai 1972 - GrS 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5; BFH, Urteil vom 29. März 1973 - IV R 158/68, BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489) berufen, da zwischen dem Kläger und der A KG ein natürlicher Interessengegensatz bestand und die genannte Rechtsprechung Fälle betrifft, in welchen die stillen Gesellschafter nahe Angehörige waren.
hh) Die Argumentation des Beklagten, es liege insbesondere deswegen Arbeitsentgelt vor, da nur Mitarbeiter der Führungsebene eine stille Beteiligung abschließen konnten, teilt der Senat nicht. Hierdurch kommt gerade nicht zum Ausdruck, dass die dem Kläger zufließenden Erträge durch sein Arbeitsverhältnis veranlasst sind, denn die Erwerbsgrundlage des Klägers war vorliegend nicht die Nutzung seiner Arbeitskraft, sondern die Hingabe von Kapital (BFH, Urteil vom 04. Oktober 2016 - IX R 43/15, BFHE 255, 442, BStBl II 2017, 790, Rn. 26; BFH, Urteil vom 17. Juni 2009 - VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69, Rn. 14). Dies ergibt sich auch aus der Beteiligung des Klägers am Verlust. Hieraus wird ersichtlich, dass der Kläger sein Kapital arbeiten lässt. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass die Verrechnung der Verlustanteile nur mit künftigen Gewinnen erfolgen durfte und damit für den Kläger nicht das Risiko bestand (mit Ausnahme der Insolvenz) eine bereits eingezahlte Einlage und das Rücklagenkonto zu verlieren.
ii) Auch das Kündigungsrecht der A KG bzw. des Klägers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Das Kündigungsrecht ist letztlich Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und rechtfertigt auch nach der BFH Rechtsprechung für sich allein noch nicht die Annahme, dass dem Arbeitnehmer durch die Gewährung einer Möglichkeit zur Beteiligung Lohn zugewendet werden soll (BFH, Urteil vom 04. Oktober 2016 - IX R 43/15, BFHE 255, 442, BStBl II 2017, 790, Rn. 26). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als beiden Beteiligten nur ein Kündigungsrecht zustand, von einem Automatismus kann man also nicht sprechen.
jj) Der Senat hat zudem die lange Laufzeit des Gesellschaftsverhältnisses in den Blick genommen. Der Kläger ist bereits seit 19xx an der A KG still beteiligt. Seine Beteiligung wurde zwischenzeitlich erhöht und aus bilanzrechtlichen Gründen angepasst. Die Einkünfte des Klägers wurden im gesamten Zeitraum als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt und versteuert. Bei der A KG wurde korrespondierend die stille Einlage als Eigenkapital ausgewiesen. Auch aus diesen Umständen schließt der Senat nach den vorgesagten Gesamtumständen, dass es der A KG um eine dauerhafte Aufstockung der Eigenkapitaldecke ging und der Kläger bereit war, hierfür sein Kapital zur Verfügung zu stellen.
2. Dem Senat ist bekannt, dass das Sächsische Finanzgericht in seinen Urteilen vom 25. November 2021 - 8 K 438/21 und 8 K 849/21 über ähnlich gelagerte Fälle zu entscheiden hatte und in beiden Verfahren zu dem Ergebnis gekommen ist, die Ergebnisbeteiligungen seien in Mitarbeiterlohn umzuqualifizieren. In den Verfahren sind Nichtzulassungsbeschwerden beim BFH anhängig.
Allerdings unterscheiden sich die festgestellten Sachverhalte nach den vorliegenden Erkenntnissen in wesentlichen Punkten. So endet in den Verfahren des Sächsischen Finanzgerichts die Gesellschaft automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, es wurde keine zusätzliche Rücklage aufgebaut, es bestand kein Verlustrisiko, es wurde keine nachträgliche Rangrücktrittsvereinbarung vereinbart und auch die besondere Situation der Beschaffung von Eigenkapital für den Arbeitgeber scheint dort keine Rolle gespielt zu haben.
II. Da die Klage bereits mit dem Hauptantrag Erfolg hat, bedarf es keiner Entscheidung über die Hilfsanträge.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 139 Abs. 3 FGO für notwendig zu erklären. Aufgrund der komplexen Sach- und Rechtslage konnten und mussten die Kläger sich nicht selbst vertreten (vgl. Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Auflage 2019, Rz. 128 zu § 139).
V. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
VI. Die Revision wurde mit Blick auf die Urteile des Sächsischen Finanzgerichts vom 25. November 2021 - 8 K 438/21 und 8 K 849/21, zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
Urteil vom 01.04.2022
In dem Finanzrechtsstreit
1.Kläger
2.Klägerin
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
- zu 1, 2 -
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegen Einkommensteuer 2013 bis 2016 und Zinsen
hat der 5. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01. April 2022 durch
Vorsitzenden Richter am FinanzgerichtRichterinnen am Finanzgericht
Ehrenamtliche Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
- Die Einkommensteuerbescheide 2013, 2014, 2015 und 2016 vom 17. April 2019, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2020 werden dahingehend abgeändert, dass die Gewinnanteile des Klägers aus der Beteiligung als typischer stiller Gesellschafter der A KG als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG anstatt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG qualifiziert werden.
- Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
- Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
- Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
In den Streitjahren war der Kläger leitender Angestellter der A KG und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. Arbeitsvertrag als Projektleiter vom xx.xx.xxxx Blatt 241 Gerichtsakte -GA-; Geschäftsführervertrag vom xx.xx.xxxx, Blatt 245 GA). Er ist am xx.xx.20xx in den Ruhestand eingetreten.
Die A KG ist ein international tätiges [ ___ ] Unternehmen. Sie ist die operative Zwischenholding der A-Gruppe und unterhält Tochtergesellschaften bzw. unselbständige Niederlassungen in Deutschland sowie in vielen anderen Ländern.
[ ___ ].
Der von der A KG mit Auslandsprojekten erwirtschaftete Anteil an der Gesamtleistung liegt im Zeitraum, der den hier streitigen Einkommensteuerbescheiden zugrunde liegt (Gewinnanteile für die Jahre 2013 bis 2015), zwischen 66 und 79 %. Neben dem europäischen Ausland wird eine Vielzahl an Auslandsprojekten in Drittländern ausgeführt, in denen ein zum Teil nicht unbeachtliches Sicherheits- oder politisches Risiko besteht. So hat die A-Gruppe im fraglichen Zeitraum Infrastrukturprojekte u.a. in den Regionen Afrikas, Asiens u.a. betreut. Mit diesen Geschäften ist aus unterschiedlichen Gründen ein erhebliches Ausfallrisiko verbunden. Eine Absicherung von Zahlungsleistungen und sonstigen Risiken des Auslandsgeschäfts ist aufgrund dieser Risiken bei der Leistungsabnahme von Beratungsleistungen praktisch ausgeschlossen. Es wurden daher auch zu keiner Zeit Hermessicherungen in Anspruch genommen. Aufgrund großvolumiger Infrastrukturprojekte - die Auftragsgrößen liegen bei mehreren Mio. Euro. - besteht bei der A KG ein erhebliches Klumpenrisiko. Im Zeitraum 2012 bis 2015 wurden durchschnittlich ca. 40% des Umsatzes mit Projekten mit einer Auftragsgröße von mindestens X Mio. EUR erbracht. Insbesondere mit Blick auf die Finanzierungsanforderungen und die Risikostruktur von Großprojekten kann die Unternehmensfinanzierung nur eingeschränkt im Wege der Fremdfinanzierung begegnet werden, da die Geschäftsbanken der A KG nur kurzfristige Finanzierungen gewähren. Aufgrund der Tätigkeit der A KG im Beratungsgeschäft bestehen auch keine substantiellen Vermögenswerte, welche die A KG als Sicherheit anbieten könnte. Die Banken können daher bei sich realisierenden finanziellen Risiken der A KG die kurzfristig laufenden Verbindlichkeiten jederzeit kündigen. Das risikobehaftete Geschäft schlägt sich auch in extrem schwankenden Unternehmenskennzahlen nieder.
Der Kläger schloss mit der A KG am xx.xx.19xx einen Gesellschaftsvertrag zur Begründung einer "typischen stillen Gesellschaft" [ ___ ]. Mit Wirkung zum xx.xx.20xx wurde der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag neu gefasst [ ___ ] Darüber hinaus wurde mit Datum vom xx.xx.20xx ein Nachtrag wegen einer Rangrücktrittserklärung vereinbart [ ___ ].
Der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag enthielt eine Einlageverpflichtung des Klägers in Höhe von DM xxx,00 (§ 1 Abs. 1 ursprünglicher Gesellschaftsvertrag). Nach der Währungsumstellung belief sich die Einlage des Klägers auf EUR xxx. Zur Anpassung der prozentualen Beteiligung des Klägers an das erhöhte Kapital der A KG wurde dem Kläger in 20xx die Gelegenheit zur Aufstockung seiner Einlage auf EUR xxx,00 gewährt. Der Kläger nahm die Aufstockungsmöglichkeit mit Erklärung vom xx.xx.20xx an, so dass die Einlage des Klägers seit 20xx insgesamt EUR xxx,00 betrug. Mit Neufassung des Gesellschaftsvertrags im Jahr 20xx wurde die Einlageverpflichtung des Klägers schließlich auf insgesamt EUR xxx erhöht (§ 1 Nr. 2 Gesellschaftsvertrag). Auf die Einlage hatte der Kläger bis zum xx.xx.20xx EUR xxx Euro einbezahlt [ ___ ].
Die Leistung der jeweils vereinbarten Einlage konnte durch Bareinzahlung oder Stehenlassen von Tantieme- und Vergütungsansprüchen bzw. durch Gutschrift von künftigen Gewinnanteilen aus der stillen Gesellschaft erfolgen (§ 1 Abs. 2 ursprünglicher Gesellschaftsvertrag, § 1 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag). Der Kläger leistete sämtliche Einlageverpflichtungen durch Stehenlassen von Gewinnanteilen.
Die Einlage ging jeweils in das Vermögen der A KG über und wurde auf dem festen Kapitalkonto verbucht (§ 2 Abs. 1 ursprünglicher Gesellschaftsvertrag sowie § 2 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag).
Der Kläger erhielt als stiller Gesellschafter im Innenverhältnis eine Ergebnisbeteiligung nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags, war aber zu keinem Zeitpunkt im Außenverhältnis für Gläubiger der A KG haftbar (§ 2 Abs. 2 und 3 Gesellschaftsvertrag). Hiervon unberührt blieb die Haftung im Innenverhältnis mit der geleisteten Einlage sowie der angesparten Rücklage aufgrund der Rangrücktrittsregelungen.
Mit Neufassung des Gesellschaftsvertrages war der Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag der Gewinn- und Verlustrechnung des geprüften Jahresabschlusses der A KG für die Ergebnisbeteiligung des Klägers maßgeblich (§ 5 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag). Vor der Neufassung war ebenfalls der Jahresüberschuss maßgeblich gewesen, allerdings nur nach Berücksichtigung bestimmter Abzüge (z.B. ausländische Steuern) und Hinzurechnungen (z. B. für Zinsen der Gesellschafter auf Soll-Salden der Darlehenskonten,§ 5 Abs. 1 ursprünglicher Gesellschaftsvertrag).
Die jeweilige Beteiligung des Klägers am Jahresergebnis der A KG richtete sich nach dem Verhältnis der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Einlage des Klägers zum Gesamtkapital der A KG (§ 5 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag). Das Gesamtkapital setzte sich aus dem Gesellschaftskapital der A KG, den weiteren Einlagen der Gesellschafter der A KG bzw. verbundener Unternehmen der A KG sowie den Einlagen weiterer stiller Gesellschafter zusammen (das "Gesamtkapital", §§ 5 Abs. 2, 2 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag).
Die Ergebnisbeteiligung sämtlicher stiller Gesellschafter war auf maximal 25% begrenzt, d.h. sofern die stillen Gesellschafter zu mehr als 25% am Gesamtkapital der A KG beteiligt gewesen wären, war die Ergebnisbeteiligung auf maximal 25% begrenzt und die individuelle Ergebnisbeteiligung pro rata zu kürzen (§ 5 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag).
Die jeweils auf den Kläger entfallende Beteiligung am Jahresergebnis (die "Gewinnanteile") war wie folgt zu verwenden:
- solange die Einlage noch nicht vollständig geleistet war, waren jeweils 50% der auf den Kläger entfallenden Gewinnanteile dem Kapitalkonto gutzuschreiben (§ 6 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag);
- sofern die Ergebnisbeteiligung negativ ausfiel, wurden die auf den Kläger entfallenden Verlustanteile auf dem Verlustkonto des Klägers verbucht. Gewinnanteile aus Folgejahren dienten, sofern die Einlage bereits vollständig geleistet war, dem Ausgleich des Verlustkontos (§ 6 Abs. 2 und 3 Gesellschaftsvertrag);
- sofern Gewinne nicht vorrangig dem Kapitalkonto oder dem Verlustkonto gutzuschreiben waren, wurden 25% des jeweiligen Gewinnanteils auf dem Rücklagenkonto verbucht. Das Rücklagenkonto war mit 2 % p.a. über dem Basiszins der Deutschen Bundesbank gem. § 247 BGB zu verzinsen (§§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag);
- sämtliche Gewinnanteile, die weder dem Kapitalkonto, Verlustkonto oder Rücklagenkonto zuzuführen waren, wurden dem Darlehenskonto gutgeschrieben. Das Darlehenskonto wurde mit 2% p.a. über dem Basiszins der Deutschen Bundesbank gem. § 247 BGB verzinst, wobei für die Zinsberechnung ein Durchschnittsbetrag des Darlehenskontos zugrunde gelegt wurde (§ 6 Abs. 5 Gesellschaftsvertrag).
Während der Kläger Guthaben auf dem Darlehenskonto jederzeit entnehmen konnte, waren die Einlage und das Guthaben auf dem Rücklagenkonto vor Beendigung der stillen Gesellschaft nicht entnahmefähig (§ 6 Abs. 6 Gesellschaftsvertrag).
Dem Kläger stand in begrenztem Umfang ein Stimmrecht in Angelegenheiten der A KG als Geschäftsinhaber der stillen Gesellschaft im Innenverhältnis zu. Das Stimmrecht bemaß sich nach dem Verhältnis der Einlage des Klägers zum Gesamtkapital (§ 2 Abs. 5 Gesellschaftsvertrag).
Der Kläger hatte außerdem das Recht auf Erhalt des jeweiligen Jahresabschlusses (§ 4 Gesellschaftsvertrag).
Der Gesellschaftsvertrag sah für den Fall der Beendigung des Anstellungsverhältnisses vor, dass die stille Gesellschaft unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum nächsten 31. Dezember durch beide Parteien gekündigt werden konnte (§ 7 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag). Im Übrigen konnten sowohl die A KG als auch der Kläger die stille Gesellschaft nach Ablauf einer bestimmten Mindestlaufzeit jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen (§ 7 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag), erstmals jedoch auf den 31.12.20xx. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund war jederzeit möglich (§ 7 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag).
Die stille Gesellschaft endete automatisch bei Auflösung der A KG, Tod des stillen Gesellschafters oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A KG bzw. Ablehnung eines solchen mangels Masse.
Bei Beendigung der stillen Gesellschaft hatte der Kläger Anspruch auf Erhalt eines Auseinandersetzungsguthabens. Dieses setzte sich aus dem Nominal- und Haftungskapital zusammen, d.h. dem Saldo aus Kapital-, Verlust-, Rücklagen- und Darlehenskonto. Einen Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven der A KG hatte der Kläger nicht (§ 8 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag).
Die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens sollte auf Basis des zu dem Zeitpunkt der Beendigung der stillen Gesellschaft vorangegangenen geprüften Jahresabschlusses erfolgen (§ 8 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag).
Das Auseinandersetzungsguthaben war grundsätzlich in fünf Jahresraten auszuzahlen, wobei der ausstehende Betrag des Auseinandersetzungsguthabens mit 2 % p.a. über dem Basiszins der Deutschen Bundesbank gem. § 247 BGB zu verzinsen war. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres konnte der Kläger eine Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens innerhalb eines Jahres verlangen. Eine vorzeitige (Teil-)Rückzahlung des Auseinandersetzungsguthabens durch die A KG war jederzeit möglich (§ 8 Abs. 4 und 5 Gesellschaftsvertrag).
Um den Ausweis der Einlage und der Rücklage als Eigenkapital in der Bilanz der A KG nach den Vorschriften des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) sicherzustellen, schlossen der Kläger und die A KG mit Datum vom xx.xx.xxxx eine gesonderte Rangrücktrittsvereinbarung als Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag [ ___ ].
Die Parteien vereinbarten, dass eine Rückzahlung der Einlage sowie des Rücklagenkontos bei Beendigung der Gesellschaft nur nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und nur zugleich mit der Befriedigung der Kommanditisten bzw. der übrigen stillen Gesellschafter erfolgen darf.
Darüber hinaus enthielt der Gesellschaftsvertrag einen Rangrücktritt hinsichtlich des Auseinandersetzungsguthabens. Der Kläger konnte das Auseinandersetzungsguthaben daher nur einfordern, wenn und soweit hierdurch keine Überschuldung der A KG begründet oder erhöht werden würde (§ 8 Abs. 6 Gesellschaftsvertrag).
Die stille Gesellschaft war unbefristet (§ 3 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag).
Der Kläger durfte seine Einlage weder auf Dritte übertragen noch über diese verfügen (§ 2 Abs. 7 Gesellschaftsvertrag).
Die Einlage sowie die zwischenzeitlich gebildete Rücklage entwickelten sich in den jeweiligen, den Einkommensteuerbescheiden zugrundeliegenden Jahren 2013 bis 2016 wie folgt:
Jahr Einlage in EUR Rücklage in EUR Gesamteinlage des Klägers in EUR
2012
2013
2014
2015
Die Ergebnisbeteiligung entwickelte sich in den jeweiligen, den Einkommensteuerbescheiden des Klägers zugrundeliegenden Jahren 2013 bis 2016 wie folgt:
Jahr Jahresergebnis der A KG in EUR Gesamteinlage des Klägers in EUR Ergebnisanteil in EUR Verhältnis Ergebnisanteil zu Jahresergebnis in EUR Verhältnis Ergebnisanteil zu Gesamteinlage in EUR
2012 1,80 84,22
2013 1,80 58,60
2014 1,77 47,47
2015 1,80 30,79
"Im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses" des Klägers zum xx.xx.20xx vereinbarten die A KG und der Kläger mit Schreiben vom xx.xx.20xx einvernehmlich die Aufhebung der stillen Gesellschaft zum xx.xx.20xx. Der Kläger hatte daraufhin einen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens laut Gesellschaftsvertrag [ ___ ].
Der Kläger erklärte die Einkünfte aus der stillen Beteiligung an der A-Gruppe im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung der Kalenderjahre 2013 bis 2016 als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Festsetzung erfolgte insoweit antragsgemäß für den Veranlagungszeitraum 2013 im Einkommensteuerbescheid vom 16. September 2014, für den Veranlagungszeitraum 2014 im Einkommensteuerbescheid vom 11. Juni 2015, für den Veranlagungszeitraum 2015 im Einkommensteuerbescheid vom 6. Mai 2016 und für den Veranlagungszeitraum 2016 im Einkommensteuerbescheid vom 5. Oktober 2017.
Der Kläger erklärte seine Gewinnanteile aus typisch stiller Beteiligung bis 2008, also vor Einführung der Abgeltungsteuer, stets als Einkünfte aus Kapitalvermögen und fügte jeweils die Steuerbescheinigung über den erfolgten Kapitalertragssteuerabzug bei, welche dann auch angerechnet wurde. Die damaligen Steuerbescheinigungen sahen noch eine Angabe zur Art der Kapitalerträge vor, welche korrekt mit "Gewinnanteile aus typisch stiller Beteiligung" eingetragen war (Blatt 336 - 338 GA). Auch unter der Geltung der Abgeltungsteuer ab dem Jahr 2009 hat der Kläger seine Steuerbescheinigungen zu den Gewinnanteilen dem Beklagten regelmäßig im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung vorgelegt (Blatt 339 GA). Für den streitigen Veranlagungszeitraum 2013 war ein Einspruch nötig, um die Anwendung des § 32d EStG durchzusetzen (Blatt 341 GA).
Im Rahmen einer bei der A KG durchgeführten Außenprüfung hat der Beklagte in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der OFD Karlsruhe vom 28. Mai 2018 (Blatt 277 GA), die Erträge aus der stillen Beteiligung des Klägers als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit klassifiziert.
Die Einkommensteuerbescheide des Klägers für die Jahre 2013 bis 2016 wurden daraufhin durch Erlass von Änderungsbescheiden jeweils vom 17. April 2019 geändert. Während der Steuerbescheid 2013 aufgrund neuer Tatsachen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert wurde, erfolgte die Änderung der Steuerbescheide 2014 bis 2016 aufgrund von § 164 Abs. 2 Satz 1 AO.
Der Kläger wandte sich mit Einspruch vom 25. April 2019 gegen die Änderungsbescheide, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2020, die dem Kläger am 2. Juni 2020 zugegangen ist, als unbegründet zurückgewiesen hat.
Der Kläger hat am 1. Juli 2022 Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, der Beklagte sei bereits formell nicht zur Änderung des Steuerbescheides 2013 befugt gewesen. Zudem seien die Erlöse aus der stillen Beteiligung des Klägers an der A KG als Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren.
Die Änderung des Steuerbescheids 2013 könne nicht auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt werden.
Es würden keine neuen Tatsachen vorliegen, welche die Änderung des Steuerbescheides 2013 rechtfertigen könnten. Dem Beklagten seien zum Zeitpunkt der Veranlagung der Einkommensteuer 2013 alle rechtserheblichen Tatsachen bekannt gewesen, die eine abschließende rechtliche Würdigung ermöglicht hätten.
Dies gelte insbesondere für die Stellung des Klägers als Arbeitnehmer und stiller Gesellschafter der A KG sowie die als stiller Gesellschafter realisierten Einkünfte. Die Stellung des Klägers als Arbeitnehmer sei dem Beklagten nicht zuletzt aus der Lohnsteuerkarte sowie der vorgelegten Lohnsteuerbescheinigung bekannt gewesen, die seinen Arbeitgeber, die A KG, eindeutig ausgewiesen habe. Aufgrund der Höhe der deklarierten Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit habe der Beklagte zudem von einer leitenden Position bei der A KG ausgehen müssen.
Es liege vielmehr eine geänderte Rechtsauffassung des Beklagten vor, die gerade keine nachträgliche Änderung eines Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO rechtfertige. Sowohl der Beklagte als auch die Außenprüfung, auf die sich der Beklagte beziehe, hätten jeweils eigenständige rechtliche Würdigungen der vorliegenden, bekannten Tatsachen vorgenommen und der ursprünglichen Rechtsauffassung jeweils eigenständige und abweichende Rechtsauffassungen gegenübergestellt.
Selbst wenn neue Tatsachen vorliegen würden, wie der Beklagte durch die Anwendung der Korrekturvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO behauptet habe, seien diese jedoch nicht rechtserheblich. Hierbei sei maßgeblich, ob das Finanzamt bei rechtzeitiger Kenntnis der später bekannt gewordenen Tatsachen schon bei der ursprünglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer anderen Rechtsauffassung gelangt wäre.
So stelle die vom Beklagen behauptete "unübliche" Höhe der Renditen keine rechtserhebliche Tatsache für die ursprüngliche Veranlagung dar. Die Höhe der Einkünfte sei nämlich für die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine neue Tatsache handle, gänzlich irrelevant und sei allenfalls geeignet, die Bedeutsamkeit des Besteuerungsvorgangs eindrücklich zu machen, nicht jedoch den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen zu lassen.
Dies werde auch durch die Einspruchsentscheidung selbst deutlich, die teilweise die Rechtsstandpunkte der Stellungnahme der OFD vom 28. Mai 2018 wortwörtlich übernommen habe (so z.B. die Ausführungen auf Seite 19 der Einspruchsentscheidung zur Nichtanwendbarkeit der Rechtsprechung zu Familienpersonengesellschaften, die den Ausführungen in der Stellungnahme der OFD Karlsruhe auf Seite 7 entsprechen). Sowohl die Stellungnahme der OFD vom 28. Mai 2018 (vgl. Seite 4 der Stellungnahme) als auch die Einspruchsentscheidung (vgl. Seite 15 der Einspruchsentscheidung) belegten eindrucksvoll mit dem Hinweis auf die ständige BFH-Rechtsprechung (u.a. BFH-Urteil vom 5. November 2013, VIII R 20/11, BStBI II 2014, 275), dass die Außenprüfung wie auch der Beklagte vorliegend eine jeweils "eigenständige Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls" vorgenommen hätten, mithin der bisherigen rechtlichen Beurteilung im ursprünglichen Steuerbescheid 2013 eine jeweils eigenständige, Rechtsauffassung gegenüberstellt hätten.
Selbst wenn man hilfsweise unterstelle, dem Beklagten seien im Rahmen der Außenprüfung und der nachfolgenden Kontrollmitteilung rechtserhebliche Tatsachen nachträglich bekannt geworden, so scheide eine Berufung darauf im Streitfall aus. Einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO stehe der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen.
Im Streitfall hätten die Kläger ihrer Mitwirkungspflicht in zumutbarem Umfang genügt. § 90 AO verpflichte den Kläger zur Mitteilung der steuerrelevanten "Tatsachen", nicht jedoch zu einer, insbesondere aus Sicht des Finanzamts, zutreffenden rechtlichen Subsumtion. Die Kläger hätten alle für eine wahrheitsgemäße Feststellung des Sachverhalts notwendigen Tatsachen im Rahmen der Steuererklärung 2013 offenbart. Sie hätten sich auch nicht bewusst missverständlich ausgedrückt, um bei der Finanzbehörde einen Irrtum hervorzurufen. Demgegenüber beruhe - wieder unterstellt, es seien rechtserhebliche Tatsachen nachträglich bekannt geworden - die Nichtkenntnis des Beklagten auf einer Verletzung seiner sich aufdrängenden Ermittlungspflicht. Treffe das Finanzamt eine rechtliche Einschätzung, hier die Qualifikation der Erlöse aus der stillen Beteiligung als Kapitaleinkünfte und belasse diese, ungeachtet der bereits beim Erlass des ursprünglichen Steuerbescheides in 2013 aufgrund diverser anhängiger und entschiedener Verfahren bestehenden Zweifelsfragen im Zusammenhang mit Mitarbeiter- und Managementbeteiligungen, ohne Vorläufigkeitsvermerk, könne dies dem Kläger nicht angelastet werden.
Materiell seien die Einkünfte des Klägers aus der stillen Beteiligung an der A KG in allen Streitjahren nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), sondern als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG steuerpflichtig, da eine vorrangige berufliche Veranlassung des Kapitalüberlassungsverhältnisses nicht gegeben gewesen sei. Eine Mitunternehmerstellung (§ 15 EStG) scheide unstreitig aus.
Die Einkünfte des Klägers seien nicht durch das Arbeitsverhältnis, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Für die Zuordnung sei maßgebend, welcher Veranlassungszusammenhang im Vordergrund stehe. Der BFH habe einzelne Gesichtspunkte für die Frage, ob der Vorteil durch das Dienstverhältnis oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung gewährt worden sei, herausgearbeitet. So sei die Feststellung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses und ein Sonderkündigungsrecht für den Verlust des Arbeitsplatzes nicht ausreichend, andererseits spräche u.a. ein effektives Verlustrisiko für die Annahme von Kapitalvermögen. Hinzu käme, dass laut BFH im Fall des Nebeneinanders von stillem Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis die Annahme eines partiarischen Arbeitsverhältnisses dann ausscheide, wenn der stille Gesellschafter - wie auch im hier streitgegenständlichen Fall - seine Einlage in Form einer Vermögenseinlage und nicht einer Dienstleistung erbracht habe.
Im vorliegenden Fall präge nicht das Arbeitsverhältnis des Klägers, sondern die Gesellschafterstellung die Leistungsbeziehung, die zur Erzielung der Gewinne aus der stillen Gesellschaft durch den Kläger führe.
Insbesondere sei für eine Überlagerung des vorliegenden Kapitalüberlassungsverhältnisses durch das Arbeitsverhältnis nicht ausreichend, dass die Beteiligung nur leitenden Angestellten zum Erwerb angeboten worden sei; und die Beteiligung der Stärkung des Interesses des Klägers an einer langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes und der Identifizierung des Klägers mit den Interessen des Unternehmens dienen habe sollen.
Demgegenüber würden die nachfolgenden Aspekte im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung für die Annahme eines Sonderrechtsverhältnisses, welches unabhängig neben dem Arbeitsverhältnis des Klägers bestanden habe, sprechen.
Der Kläger habe bereits ein fremdübliches Gehalt mit einem hohen variablen Anteil als leitender Angestellter der A KG erhalten. Mit den Gewinnanteilen aus der stillen Beteiligung werde daher die Einlage in das Vermögen der Geschäftsinhaberin vergütet und nicht die Verpflichtung zur Arbeitsleistung aus dem daneben bestehenden Anstellungsvertrag.
Dem Kläger hätten die üblichen Rechte eines stillen Gesellschafters (Gewinnbeteiligung und Kontrollrecht Jahresabschluss) ohne Einschränkung zugestanden.
Die Beteiligung hätte sich unabhängig vom Beschäftigungsverhältnis entwickeln können, denn das Ende des Arbeitsverhältnisses habe nicht automatisch, sondern erst durch Kündigung zur Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses geführt.
Der Kläger habe ein Verlustrisiko getragen, hierfür spreche insbesondere die Rangrücktrittsvereinbarung sowie das den Kläger treffende Risiko, seine Einlage zu verlieren. Die Verlustbeteiligung sei handelsrechtlich rein fakultativ und spreche mithin für die Vereinbarung eines Sonderrechtsverhältnisses.
Auch die Verfügungsbeschränkung (Verbot der Übertragung laut Gesellschaftsvertrag) stelle keine Einschränkung der Rechte des Klägers als stiller Gesellschafter dar. Im Personengesellschaftsrecht sei die freie Übertragbarkeit des personenrechtlichen Teils der Mitgliedschaft ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters grundsätzlich ausgeschlossen, da eine solche Übertragung der personenrechtlichen Verbundenheit widerspreche.
Weiter führt der Kläger an, dass die A KG die Gewinnanteile des Klägers hätte stehenlassen und nicht an diesen hätte auszahlen müssen, soweit Verluste zu decken gewesen wären, bzw. die Gewinne dem Rücklagenkonto zugeführt worden seien. Ein derartiges Vorgehen sei bei Arbeitslohn unüblich.
Zudem sei die Beteiligung fremdüblich ausgestaltet gewesen und sei streng nach den gesetzlichen Vorgaben erfolgt (§§ 230 ff HGB). Auch die Rendite sei nicht unangemessen gewesen. Die Ergebnisbeteiligung sei fremdüblich ausgestaltet, da sie an nachvollziehbare wirtschaftliche Größen angeknüpft habe, die unabhängig vom Arbeitsverhältnis Bestand gehabt hätten. Die Ergebnisbeteiligung des Klägers als stiller Gesellschafter sei von zwei Variablen abhängig gewesen: dem Jahresergebnis der A KG und dem prozentualen Anteil der Einlage des Klägers am Gesamtkapital der A KG. Die Ergebnisbeteiligung sei damit maßgeblich vom Erfolg der A KG im jeweiligen Wirtschaftsjahr sowie dem Bestand des Gesamtkapitals abhängig gewesen. Ein Bezug zum Arbeitsverhältnis sei bei einer solchen Ausgestaltung der Gewinnbeteiligung nicht erkennbar.
Auch die Höhe der vom Kläger erzielten Rendite sei fremdüblich, so dass sich hieraus keine Unüblichkeit der stillen Beteiligung ergebe. Die jeweilige Ergebnisbeteiligung des Klägers in den hier streitigen Jahren habe im Verhältnis zu seiner Gesamteinlage, d.h. unter Berücksichtigung der Rücklage, zwischen 30,79 % und 58,60 % betragen. Die Höhe dieser Rendite sei allein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, so dass auch ein fremder Dritter eine solche Rendite hätte erzielen können. Sie habe maximal 1,86 % des Gesamtergebnisses betragen und sei daher aus Sicht der anderen Gesellschafter untergeordnet gewesen. Die Üblichkeit der Höhe der Rendite ergebe sich zwangsläufig bereits aus der fremdüblichen Ausgestaltung der Ergebnisbeteiligung. Zudem sei die Rendite maßgeblich durch das Jahresergebnis der A KG bedingt, sie sei auf maximal 25% des jeweiligen Jahresüberschusses gedeckelt gewesen.
Sie stelle einen Ausgleich für eine fehlende Mindestverzinsung der Einlage dar (Verzinsungsfunktion) und spiegele die besondere wirtschaftliche Bedeutung der Gesamteinlage für die A KG wider (Finanzierungsfunktion). Letztere ergebe sich aus der Höhe der Gesamteinlage der stillen Beteiligten im Verhältnis zu den von den Gesellschaftern gewährten Darlehen und dem Haftkapital der A KG sowie der Notwendigkeit der Stärkung der Eigenkapitalbasis der A KG. Die Gesamteinlagen der stillen Gesellschafter (13,51% der Gesamtdarlehen) würden der Stärkung der Eigenkapitalbasis der A KG dienen. Aufgrund der dargestellten Risiken des Auslandsgeschäfts sowie deren fehlender Versicherbarkeit sei die A KG auf liquide Rücklagen angewiesen. Die Rückzahlung nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses hätte bei Bedarf über fünf Jahre gestreckt werden können.
Es sei auch irrelevant, dass der A KG die Liquidität im Wege des abgekürzten Zahlungsweges durch Verrechnung des Gewinnauszahlungsanspruchs des Klägers mit dessen Verpflichtung auf Leistung der Einlage zugeführt worden sei. Auch die Tatsache, dass die A KG keine weiteren stillen Gesellschafter aufgenommen habe, spreche nicht gegen die Finanzierungsfunktion.
Die Höhe der Rendite habe das durch die hohen Schwankungen der Jahresergebnisse gesteigerte Verlustrisiko ausgeglichen. Das Verlustrisiko sei dabei nicht nur theoretisch gewesen.
Die Regelungen zum Rangrückritt sowie die Bilanzierung der Einlage und Rücklage als handelsrechtliches Eigenkapital würden außerdem zeigen, dass die Einlage des Klägers sowie dessen aufgelaufene Rücklage wie Eigenkapital zu werten seien und demnach auch Renditechancen aufweisen dürften, die einem solchen Risiko angemessen wären.
Die stille Beteiligung könne auch nicht mit am Markt üblichen Produkten verglichen werden, da stille Beteiligungen grundsätzlich nicht am freien Markt gehandelt würden. Es könne auch nicht auf die Berechnungslogik zum Geschäftswert zurückgegriffen werden, da der Kläger am Geschäftswert nicht beteiligt gewesen sei.
Es hätte auch nicht aufgrund des bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages über die stille Gesellschaft nicht absehbaren Gewinnsprungs eine Korrektur des Gesellschaftsvertrages erfolgen müssen. Ein Rückgriff auf die Rechtsprechung zu verdeckten Gewinnausschüttungen bzw. den speziellen Fall von Familienpersonengesellschaften sei nicht zulässig, da ein Näheverhältnis zur Gesellschaft oder außerbetriebliche Erwägungen vorliegend keine Rolle gespielt hätten. Es bestehe ein natürlicher Interessengegensatz zwischen dem Kläger und der A KG.
Die stille Beteiligung des Klägers sei auch nicht mit einem Aktienoptionsprogramm vergleichbar, bei dem die Annahme von Anreizlohn im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis in Betracht komme. Es fehle bereits daran, dass der Kläger durch sein Arbeitsverhältnis einen irgendwie gearteten Einfluss auf die Höhe der Rendite hätte haben können.
Der Kläger beantragt,
1.
die Einkommensteuerbescheide 2013, 2014, 2015 und 2016 vom 17. April 2019, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2020 dahingehend zu ändern, dass die Gewinnanteile aus der Beteiligung als typischer stiller Gesellschafter der A KG als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG anstatt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG qualifiziert werden,
2.
dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;
3.
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
4.
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
5.
hilfsweise die Änderungsbescheide 2013, 2014, 2015 und 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.05.2020 insoweit aufzuheben, als dass die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes gemäß §§ 233a, 238 AO gemäß Beschluss des BVerfG vom 08.07.2021 (Az. 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) verfassungswidrig ist und Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 betroffen sind.
Der Beklagte beantragt,
1.
die Klage abzuweisen,
2.
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte ist der Auffassung, der Grundsatz von Treu und Glauben stehe einer Änderung des Einkommensteuerbescheids 2013 nach § 173 Abs. 1 AO nicht entgegen.
Dem Beklagten sei zwar bekannt gewesen, dass der Kläger bei der A KG angestellt gewesen sei, nicht jedoch, dass er seit dem xx.xx.19xx auch als stiller Gesellschafter an der A GmbH & Co. KG beteiligt gewesen sei. Erst durch die Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamtes D sei bekannt geworden, dass der Kläger stiller Gesellschafter gewesen sei. Bei rechtzeitiger Kenntnis des vollständigen Sachverhalts wäre das Finanzamt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu dem Ergebnis gelangt, diesen Sachverhalt zu überprüfen und ggf. eine Außenprüfung anordnen und durchführen zu lassen, die dann zu dem jetzt festgestellten Ergebnis geführt hätte.
Materiell seien die Zahlungen aus der stillen Beteiligung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Für das Vorliegen von Arbeitslohn spreche, dass die stillen Beteiligungen nur an Führungskräfte ausgegeben worden seien und die A GmbH und Co. KG damit erreichen habe wollen, dass durch die stille Beteiligung das Interesse der Führungskräfte an einer langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes gestärkt werde und auch die Identifikation der Führungskraft mit den Interessen des Unternehmens erhöht werden solle.
Zudem müsse der Arbeitnehmer kein mit seiner Gesellschaftsbeteiligung verbundenes Risiko tragen. Das Verlustrisiko sei auf die Höhe der Einlage begrenzt. Eine solche Klausel werde zwar grds. auch bei fremden Dritten verwendet, allerdings schließe ein Verlustrisiko im Rahmen der Gesamtwürdigung die Beurteilung eines eingeräumten Vorteils als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auch nicht aus. Werde wie vorliegend das an die Gesellschaftsbeteiligung geknüpfte Risiko auf die Einlage begrenzt, stelle dies daher einen Gesichtspunkt für die Annahme von Arbeitslohn dar.
Der Kläger habe vorliegend einen Vorteil erhalten, den ein fremder Dritter nicht erhalten hätte. Der Kläger erhalte eine nicht marktübliche Rendite. Diesem Umstand komme erhebliche indizielle Bedeutung zu. Die Ausgestaltung der Vertragsvereinbarungen der A GmbH und Co. KG mit den stillen Gesellschaftern, insbesondere die fehlende Vergleichbarkeit mit einer am Kapitalmarkt angebotenen Anlage, spreche für eine untrennbare Beziehung zwischen dem Arbeitsverhältnis und der stillen Beteiligung. Die erzielten jährlichen Renditen lägen im vorliegenden Fall extrem über den Renditemöglichkeiten am Kapitalmarkt. Weil das Rücklagenkonto fest verzinslich sei, ergäben sich bzgl. des übrigen Betrags ganz außergewöhnlich hohe Renditen.
Eine solche Vereinbarung sei unüblich, da als Grundlage für den Gewinnanteil i.d.R. der Unternehmenswert mit dem nominalen Wert der Einlage des Stillen verglichen werde. Der Unternehmenswert sei dabei nach der indirekten Methode zu ermitteln (BFH, Urteil vom 25.1.79, IV R 56/75, BStBI II 1979, 302), die sich an einem nachhaltig erzielbaren Jahresgewinn (Zukunftsgewinn), einem Kapitalisierungszinsfuß und einem Substanzwert orientiere. Der Zukunftsgewinn sei aus den erzielten Reingewinnen der letzten drei bis fünf Jahre abzuleiten, wobei alle außerordentlichen Faktoren zu eliminieren seien.
Diese Verteilung des Restgewinns werde auch beibehalten, wenn die tatsächliche Gewinnentwicklung in den Folgejahren von der prognostizierten abweiche. Allerdings sei bei einer deutlichen Abweichung der der Gewinnverteilung zugrunde gelegten Parameter zu prüfen, inwieweit diese Verteilung dann noch einem Fremdvergleich standhalte. Deshalb könne z.B. ein bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags nicht zu erwartender Gewinnsprung Anlass für eine Korrektur eines bis dahin angemessenen Gewinnanteilssatzes geben. Eine solche Korrektur entspreche einem fremdüblichen Verhalten. Auch im Rahmen einer solchen Gewinnbegrenzung sei dem Charakter der stillen Beteiligung als einer risikobehafteten Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Handelsgewerbes Rechnung zu tragen und die Einlagenrendite entsprechend den vorstehend dargelegten Grundsätzen in einen angemessenen und der veränderten Gewinnerwartung angepassten (geringeren) Gewinnanteilssatz umzuformen.
Diese Anpassungen seien im vorliegenden Fall nicht erfolgt, obwohl sie sich bei einem Gewinnsprung aufgedrängt hätten und durch die Möglichkeit der Kündigung auch hätten durchgesetzt werden können.
Die Einräumung der Beteiligung, u.a. wegen der damit verbundenen Chance auf Erzielung einer außergewöhnlich hohen Rendite, sei im Rahmen der Gesamtbetrachtung damit als eine zusätzliche erfolgsabhängige Vergütung anzusehen. Denn nur Arbeitnehmern in leitender Funktion würde eine stille Beteiligung an der Firma ermöglicht. Dadurch hätten sie ein erhebliches Interesse an der Steigerung des Unternehmensgewinns. Diese Steigerung hätten sie nur in ihrer Eigenschaft als leitende Angestellte des Unternehmens beeinflussen können und nicht in ihrer Eigenschaft als typisch stille Beteiligte. Deshalb hänge die stille Beteiligung auch vom aktiven Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ab.
Die Renditemöglichkeiten der stillen Beteiligung würden daher ähnlich einem Aktienoptionsprogramm als Anreiz zur Erhöhung des individuellen Gesamtlohns und als zusätzlicher Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis wirken. Die leitenden Führungskräfte könnten damit ihren Arbeitslohn aktiv gestalten und nicht nur, wie ein fremder typisch stiller Beteiligter, auf eine günstige Rendite hoffen.
Die A KG habe die Eingehung der stillen Beteiligung auch damit begründet, dass der Firma damit Liquidität zugeführt worden sei. Gegen ein bestehendes eigenes Interesse der A KG an einer Liquiditätsbeschaffung durch die stille Beteiligung spreche zum einen der nicht ersichtliche Liquiditätsbedarf des Unternehmens, zum anderen der tatsächlich fehlende Zufluss weiterer Liquidität durch die Aufnahme von stillen Gesellschaftern. Durch die stille Beteiligung sei der Firma kein zusätzliches Kapital zugeflossen; denn die Einlage des stillen Gesellschafters sei durch Stehenlassen von Gewinnanteilen geleistet worden
Einem mangels eines Abflusses entstehenden relativ geringen Liquiditätsvorteil sei im vorliegenden Fall keine Bedeutung beizumessen.
Damit habe sich die A KG durch die Eingehung der stillen Beteiligung keine Liquidität am freien Kapitalmarkt beschafft, sondern durch die speziell auf den Arbeitnehmer zugeschnittene und mit dem Arbeitsverhältnis verzahnte stille Beteiligung sei Liquidität abgeflossen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist begründet.
Die Bescheide über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Zinsen für 2013, 2014, 2015 und 2016 vom 17. April 2019, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2020, verletzen die Kläger in ihren Rechten.
1. Die Gewinnanteile aus der Beteiligung als typischer stiller Gesellschafter der A KG sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG anstatt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG zu qualifizieren.
a) § 20 Abs. 8 EStG enthält eine nur begrenzte Kollisionsregelung, wonach Einkünfte aus Kapitalvermögen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind, wenn sie zu diesen Einkünften gehören. Für die Abgrenzung von Kapitaleinkünften zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH diejenige Einkunftsart maßgebend, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt (BFH, Urteil vom 01. Dezember 2020 - VIII R 40/18, BFHE 271, 493, Rn. 21).
b) Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen (BFH, Urteil vom 05. November 2013 - VIII R 20/11, BFHE 243, 481, BStBl II 2014, 275, Rn. 12). Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile vom 20. Mai 2010 - VI R 12/08, BFHE 230, 136, BStBl II 2010, 1069; vom 19. Juni 2008 - VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826, und vom 21. Mai 2014 - I R 42/12, BFHE 246, 119, BStBl II 2015, 4, jeweils m.w.N.).
Dem Arbeitnehmer entstandene Vorteile sind durch eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige Sonderrechtsbeziehungen veranlasst, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zugrunde liegen. Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass diese auch selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könnten (BFH-Urteil vom 17. Juni 2009 - VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69, m.w.N.).
c) Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung, die daraus erzielten laufenden Erträge sind dann keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen (BFH-Urteil vom 05. April 2006 - IX R 111/00, BFHE 213, 341, BStBl II 2006, 654). Für den Charakter einer Beteiligung als eigenständige und vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbsgrundlage spricht es insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös als Gegenleistung für die nichtselbständige Tätigkeit vorsieht, die Beteiligung vom Arbeitnehmer zum Marktpreis (und nicht etwa verbilligt) erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt sowie keine besonderen Umstände aus dem Arbeitsverhältnis erkennbar sind, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen (vgl. zu letzterem Aspekt: BFH-Urteil vom 5. November 2013 - VIII R 20/11, BFHE 243, 481, BStBl II 2014, 275). Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung führt auch nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern im Allgemeinen oder sogar nur bestimmten Arbeitnehmern angeboten worden war (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juni 2009 - VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69, und vom 21. Mai 2014 - I R 42/12, BFHE 246, 119, BStBl II 2015, 4).
d) Nach den vorgenannten Maßstäben ist der Senat im Rahmen einer Gesamtschau davon überzeugt, dass die dem Kläger aus der stillen Beteiligung zugeflossenen Erträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zu qualifizieren und nicht durch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) veranlasst sind.
aa) Für ein unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehendes Sonderrechtsverhältnis spricht besonders, dass die Ausgestaltung der stillen Beteiligung formell nach den üblichen gesetzlichen Kriterien erfolgt ist, den Kläger in Höhe der Einlage und auch der Rücklage ein Verlustrisiko traf und mit der vereinbarten Nachrangigkeit die stille Beteiligung überwiegend gesellschaftsrechtlich bzw. bilanzrechtlich motiviert war. Der Kläger hätte zudem einen möglichen Verlust aus seinem privaten und bereits versteuertem Vermögen tragen müssen.
Handelsrechtlich gilt bereits, dass eine von dem stillen Gesellschafter als Beitrag geleistete Einlage in das Vermögen des Inhabers übergeht und somit uneingeschränkt der Zwangsvollstreckung durch dessen Geschäfts- und Privatgläubiger unterliegt (Kauffeld in: Blaurock, Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters, Rn. 7.80). Hingegen handelt es sich bei der Einlage eines stillen Beteiligten nach der gesetzlichen Konzeption grundsätzlich nicht um haftendes Eigenkapital. Hiervon sind die Beteiligten jedoch vorliegend bewusst abgewichen.
Die Vertragsbeteiligten haben zum einen nicht von der handelsrechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Verlustbeteiligung auszuschließen (§ 231 HGB). Die Verlustbeteiligung hätte im Fall der Insolvenz jedenfalls zur Folge gehabt, dass die Einlage zur Deckung des Anteils am Verlust des still Beteiligten zu verwenden gewesen wäre, rückständige Einlagen wären in dem Umfang zu erbringen, zu welchem sie für die Abdeckung eines Verlustanteils benötigt würden (§ 236 Abs. 2 HGB).
Zudem hatten die Beteiligten bereits im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die Abfindungsforderung im Rang hinter allen Verbindlichkeiten der A KG steht. Wenn und soweit sie eine Überschuldung des Geschäftsinhabers begründen oder erhöhen würde, könnte sie nicht geltend gemacht werden (§ 8 Nr. 6 Gesellschaftsvertrag). Die Vereinbarung der Nachrangigkeit diente zur Bildung von haftendem Eigenkapital.
Dieses Risiko hat der Kläger mit Vertrag vom xx.xx.20xx auf xxx Euro erhöht, obwohl er bis dahin erst EUR xxx auf die Einlage eingezahlt hatte. Er hätte also im Verlustfall noch Euro xxx auf seine Einlage leisten müssen.
Mit Rangrücktrittsvereinbarung vom xx.xx.20xx wurde dieses Risiko weiter verschärft bzw. mit Blick auf das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz weiter konkretisiert. Laut Vereinbarung trat der Kläger mit seinem gegenwärtigen und künftigen Anspruch auf Rückgewähr seiner Einlage gegen den Geschäftsinhaber infolge der Beendigung der stillen Gesellschaft gegenüber den Forderungen anderer gegenwärtiger und künftiger Gläubiger des Geschäftsinhabers in der Weise im Rang zurück, dass diese Forderung erst nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und auch nicht vor, sondern nur zugleich mit eventuellen Einlagerückgewähransprüchen des Kommanditisten oder anderer stiller Gesellschafter berücksichtigt wird.
Im Rahmen der vom Senat vorzunehmenden Gesamtbeurteilung war es aufgrund des auf Dauer angelegten Vertragsverhältnisses unerheblich, ob es sich zum Zeitpunkt der Vereinbarung nur um ein geringes Risiko handelte oder nicht. Jedenfalls ist eine derartige Vereinbarung für ein Arbeitsverhältnis untypisch und zur Überzeugung des Senats Ausfluss der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung und damit Grundlage einer Sondervereinbarung.
bb) Der Senat ist zudem davon überzeugt, dass die Begründung der stillen Gesellschaft aus Sicht der A KG in erster Linie darin begründet war, das bilanziell ausgewiesene Eigenkapital der A KG zu stärken und nicht etwa die Arbeitsleistung des Klägers zu vergüten. Als Familiengesellschaft kam es ihr nachvollziehbar darauf an, dieses Kapital nicht von fremden Dritten zu erlangen, sondern auf ihre Kapitalgeber dauerhaft vertrauen zu können. Zudem hat der Kläger glaubhaft vorgetragen, dass die Unternehmensfinanzierung durch Geschäftsbanken aufgrund der Risikostruktur der A KG nur eingeschränkt möglich war. Die A KG hat deswegen in den 90er Jahren ihre Kapitaldecke durch Begründung stiller Gesellschaften mit ihren führenden Mitarbeitern gestärkt. Dies kann auch als starkes Signal an die Kunden und fremde Kreditgeber der A KG gewertet werden, was ebenfalls für ein Sonderrechtsverhältnis spricht.
Aus Sicht des Senats war die Kündigungsmöglichkeit der A KG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses daher auch eher der Motivation geschuldet, dass die A KG ihr Kapital aus den eigenen Reihen stärken wollte und weniger dem Umstand, dass das Arbeitsverhältnis endete.
Weiteres erhebliches Indiz für die Begründung eines Sonderrechtsverhältnisses ist zudem die Zuführung von Kapital auf das Rücklagenkonto. Laut Gesellschaftsvertrag wurden Gewinne, die nicht vorrangig dem Kapitalkonto oder dem Verlustkonto gutzuschreiben waren, mit 25% des jeweiligen Gewinnanteils auf dem Rücklagenkonto verbucht. Die Zuführung zum Rücklagenkonto ist eine rein fakultative Regelung und hätte zur Begründung der stillen Gesellschaft nicht bedurft. Hierfür wäre die Verpflichtung zur Einlage ausreichend gewesen. Das Rücklagenkonto begründet Eigenkapital der Gesellschaft und war vom Verlustrisiko betroffen. Laut Gesellschaftsvertrag konnte der Gesellschafter nur durch Kündigung des Gesellschaftsvertrages über die gebildeten Rücklagen verfügen. Auch insofern ist ersichtlich, dass die Motivation der Vertragsparteien nicht im Arbeitsverhältnis, sondern im Gesellschaftsrecht begründet war. Das Verhältnis der Gesamteinlagen der stillen Gesellschafter zu den Gesamtdarlehen in Höhe von 13,51% kann in diesem Zusammenhang ebenfalls angeführt werden.
cc) Aufgrund der vorgenannten Motivation, die A KG bzw. ihr Eigenkapital durch stille Beteiligungen zu stärken, hält der Senat auch die Renditemöglichkeiten der Gesellschafter für nicht aus dem Arbeitsverhältnis begründet. Die gesamte Gestaltung entspricht handelsrechtlichen Vorgaben. Die Rendite war eindeutig festgelegt, maßgeblich waren objektive Parameter und die Rendite wurde auch in der verabredeten Form ausgezahlt bzw. auf den Kapitalkonten des Klägers verbucht (anders in BFH, Urteil vom 21. Oktober 2014 - VIII R 44/11, BFHE 247, 308, BStBl II 2015, 593, Rn. 13 in diesem Fall "völlig unbestimmte Verzinsung"). Aus Sicht des Senats ist auch die Höhe der Rendite nicht zu beanstanden. Es mag zwar sein, dass die Ergebnisbeteiligung nominal durchaus bemerkenswert war. Allerdings erklärt sich dies allein durch die hohen Gewinne der Gesellschaft und nicht anhand der besonders günstigen Beteiligung bzw. Verzinsung. Der Kläger war letztlich maximal zu 1,86 % am Jahresergebnis der Gesellschaft beteiligt. Zudem war die Ergebnisbeteiligung gedeckelt, da niemals mehr als 25% an die stillen Gesellschafter ausgezahlt werden durfte.
Das Gericht teilt die Auffassung des Beklagten, es sei unüblich eine solche Vereinbarung zu treffen, nicht. Der Beklagte meint, als Grundlage für den Gewinnanteil werde i.d.R. der Unternehmenswert mit dem nominalen Wert der Einlage des Stillen verglichen (BFH, Urteil vom 25. Januar 1979 - IV R 56/75, BFHE 127, 32, BStBI II 1979, 302), die sich an einem nachhaltig erzielbaren Jahresgewinn (Zukunftsgewinn), einem Kapitalisierungszinsfuß und einem Substanzwert orientiere. Bereits das vom Beklagten zitierte Urteil betrifft einen anderen Fall, nämlich die Ermittlung des Geschäftswertes bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft gegen eine über seinem Kapitalkonto liegende Abfindung. Dies war vorliegend gerade nicht der Fall, denn der Kläger erhält als Abfindung ausschließlich die auf seinen Kapitalkonten ausgewiesenen Beträge. Wie der Beklagte zu der Annahme gelangt, dass Grundlage für Gewinnanteile üblicherweise der Unternehmenswert sei, ist nicht nachvollziehbar, zumal auch handelsrechtlich für Gesellschafter eine prozentuale Gewinnbeteiligung bemessen am Kapital vorgesehen ist (vgl. z.B. § 168 HGB i.V.m. § 121 abs. 1 und Abs. 2 HGB).
dd) Zwar mag es sein, dass die A KG durch die Einlage des Klägers nicht unmittelbar an Liquidität gewonnen hat, da der Kläger seine Einlage nur durch Stehenlassen seiner Gewinne erbracht hat. Allerdings kann hieraus nicht geschlossen werden, dass hier kein Sonderrechtsverhältnis neben dem Arbeitsverhältnis begründet wurde. Der A KG kam es in erster Linie darauf an, dass durch stille Beteiligungen das Eigenkapital erhöht wurde. Liquidität hätte sie auch dadurch erlangt, dass sie die Gewinne nicht an die bestehenden Gesellschafter auszahlt. Durch Begründung der stillen Gesellschaften hingegen wurde zusätzlich ausweisbares Eigenkapital geschaffen.
ee) Das Gericht hat insbesondere die glaubwürdigen Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung in seine Gesamtwertung mit eingestellt. Der Kläger schilderte, wie es zu der stillen Beteiligung im Kalenderjahr 19xx kam. Er sei vom Vorstand auf die Möglichkeit angesprochen worden, eine derartige Beteiligung zu erwerben. Dies sei ihm freigestanden. Es sei keinerlei Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis und seiner Arbeitsleistung angesprochen worden. Auf seinen Arbeitsvertrag, sein Arbeitsentgelt oder die variablen Vergütungsanteile habe die stille Beteiligung keinen Einfluss gehabt. Er hätte aber ein "komisches" Gefühl gehabt, wenn er sich nicht beteiligt hätte. Die Schilderungen des Klägers sprachen aus Sicht des Senats in der Gesamtschau dafür, dass er mit der A KG ein Sonderrechtsverhältnis neben seinem Arbeitsverhältnis vereinbart hatte, auch wenn durch die stille Beteiligung die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen und damit an ihren Arbeitgeber gestärkt worden ist. Dieser Aspekt stand allerdings im Hintergrund.
ff) Auch im Übrigen waren die Argumente des Klägers überzeugend, denn tatsächlich erhielt der Kläger bereits ein fremdübliches Gehalt mit variablen Anteilen und es ist nicht ersichtlich geworden, dass die Ausgestaltung der stillen Beteiligung ähnlich einem Aktienaktionsprogramm als "Anreizlohn" ausgestaltet war. Dem sogenannten "Anreizlohn" ist es zu eigen, dass die Mitarbeiter verbilligt Aktien erwerben können. Der steuerliche Vorteil und damit die Einkünfte aus § 19 EStG errechnen sich aus der Differenz zwischen dem üblichen Endpreis der Aktien am Verschaffungstag und den Aufwendungen des Arbeitnehmers (BFH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - VI R 136/01, BFHE 216, 251, BStBl II 2007, 456, Rn. 7). Vorliegend verhält es sich allerdings anders, da der Kläger zunächst die stille Beteiligung aus versteuerten Einnahmen erwerben musste und kein zusätzliches Entgelt erhalten hat. Hieran ändert sich auch dadurch nichts, dass es möglich war die Einlage durch Stehenlassen von Gewinnen zu erbringen.
gg) Die Argumentation des Beklagten, dass aufgrund des bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages über die stille Gesellschaft nicht absehbaren Gewinnsprungs eine Korrektur des Gesellschaftsvertrages hätte erfolgen müssen, verfängt nicht. Dies würde aus Sicht des Senats das Ziel der Gesellschaft sogar konterkarieren. Die A KG wollte ihr Eigenkapital stärken und hat hierbei auf das ihr vertraute Umfeld gesetzt. Aufgrund dessen war es besonders wichtig das Vertrauen in die stille Beteiligung zu erhalten. Eine Kündigung oder Vertragsanpassung in positiven Zeiten hätte womöglich die Gesellschafter veranlasst nach einer Gewinnphase den Gesellschaftsvertrag zu kündigen. Hierbei spielt eine besondere Rolle, dass der Kläger verpflichtet war, 25 % seiner Ergebnisbeteiligung in die Rücklage zu zahlen. Dies ist auch in den Streitjahren geschehen. Aufgrund dessen kann sich der Beklagte auch nicht auf den Beschluss des BFH vom 05. Februar 1986 - I S 15/85, BFH/NV 1986, 563 berufen, da dort dem stillen Gesellschafter ohne weitere Verpflichtungen 2/3 des Gesamtergebnisses zustanden. Insgesamt kann sich der Beklagte nicht auf die Rechtsprechung zur Angemessenheit von Gewinnverteilungsabreden bei Familienpersonengesellschaften (BFH, Beschluss vom 29. Mai 1972 - GrS 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5; BFH, Urteil vom 29. März 1973 - IV R 158/68, BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489) berufen, da zwischen dem Kläger und der A KG ein natürlicher Interessengegensatz bestand und die genannte Rechtsprechung Fälle betrifft, in welchen die stillen Gesellschafter nahe Angehörige waren.
hh) Die Argumentation des Beklagten, es liege insbesondere deswegen Arbeitsentgelt vor, da nur Mitarbeiter der Führungsebene eine stille Beteiligung abschließen konnten, teilt der Senat nicht. Hierdurch kommt gerade nicht zum Ausdruck, dass die dem Kläger zufließenden Erträge durch sein Arbeitsverhältnis veranlasst sind, denn die Erwerbsgrundlage des Klägers war vorliegend nicht die Nutzung seiner Arbeitskraft, sondern die Hingabe von Kapital (BFH, Urteil vom 04. Oktober 2016 - IX R 43/15, BFHE 255, 442, BStBl II 2017, 790, Rn. 26; BFH, Urteil vom 17. Juni 2009 - VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69, Rn. 14). Dies ergibt sich auch aus der Beteiligung des Klägers am Verlust. Hieraus wird ersichtlich, dass der Kläger sein Kapital arbeiten lässt. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass die Verrechnung der Verlustanteile nur mit künftigen Gewinnen erfolgen durfte und damit für den Kläger nicht das Risiko bestand (mit Ausnahme der Insolvenz) eine bereits eingezahlte Einlage und das Rücklagenkonto zu verlieren.
ii) Auch das Kündigungsrecht der A KG bzw. des Klägers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Das Kündigungsrecht ist letztlich Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und rechtfertigt auch nach der BFH Rechtsprechung für sich allein noch nicht die Annahme, dass dem Arbeitnehmer durch die Gewährung einer Möglichkeit zur Beteiligung Lohn zugewendet werden soll (BFH, Urteil vom 04. Oktober 2016 - IX R 43/15, BFHE 255, 442, BStBl II 2017, 790, Rn. 26). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als beiden Beteiligten nur ein Kündigungsrecht zustand, von einem Automatismus kann man also nicht sprechen.
jj) Der Senat hat zudem die lange Laufzeit des Gesellschaftsverhältnisses in den Blick genommen. Der Kläger ist bereits seit 19xx an der A KG still beteiligt. Seine Beteiligung wurde zwischenzeitlich erhöht und aus bilanzrechtlichen Gründen angepasst. Die Einkünfte des Klägers wurden im gesamten Zeitraum als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt und versteuert. Bei der A KG wurde korrespondierend die stille Einlage als Eigenkapital ausgewiesen. Auch aus diesen Umständen schließt der Senat nach den vorgesagten Gesamtumständen, dass es der A KG um eine dauerhafte Aufstockung der Eigenkapitaldecke ging und der Kläger bereit war, hierfür sein Kapital zur Verfügung zu stellen.
2. Dem Senat ist bekannt, dass das Sächsische Finanzgericht in seinen Urteilen vom 25. November 2021 - 8 K 438/21 und 8 K 849/21 über ähnlich gelagerte Fälle zu entscheiden hatte und in beiden Verfahren zu dem Ergebnis gekommen ist, die Ergebnisbeteiligungen seien in Mitarbeiterlohn umzuqualifizieren. In den Verfahren sind Nichtzulassungsbeschwerden beim BFH anhängig.
Allerdings unterscheiden sich die festgestellten Sachverhalte nach den vorliegenden Erkenntnissen in wesentlichen Punkten. So endet in den Verfahren des Sächsischen Finanzgerichts die Gesellschaft automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, es wurde keine zusätzliche Rücklage aufgebaut, es bestand kein Verlustrisiko, es wurde keine nachträgliche Rangrücktrittsvereinbarung vereinbart und auch die besondere Situation der Beschaffung von Eigenkapital für den Arbeitgeber scheint dort keine Rolle gespielt zu haben.
II. Da die Klage bereits mit dem Hauptantrag Erfolg hat, bedarf es keiner Entscheidung über die Hilfsanträge.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 139 Abs. 3 FGO für notwendig zu erklären. Aufgrund der komplexen Sach- und Rechtslage konnten und mussten die Kläger sich nicht selbst vertreten (vgl. Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Auflage 2019, Rz. 128 zu § 139).
V. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
VI. Die Revision wurde mit Blick auf die Urteile des Sächsischen Finanzgerichts vom 25. November 2021 - 8 K 438/21 und 8 K 849/21, zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
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