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  • 05.01.2023 · IWW-Abrufnummer 233059

    Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 01.09.2022 – 2 K 104/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern

    Urteil vom 01.09.2022


    In dem Rechtsstreit
    - Kläger -
    Proz.-Bev.:
    gegen
    - Beklagter -

    wegen Einkommensteuer 2016 und 2017

    hat der 2. Senat des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01. September 2022
    durch die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht ,
    den Richter und
    den Richter am Finanzgericht
    sowie die ehrenamtliche Richterin
    und die ehrenamtliche Richterin
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Hinsichtlich der Klägerin wird die ihr gegenüber ergangene Einspruchsentschei dung vom 28.02.2019 aufgehoben.

    Hinsichtlich des Klägers werden

    abweichend von dem angefochtenen Bescheid für 2016 vom 23.10.2017 in XXX Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 weitere Werbungs kosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. 3.841,50 € und abweichend von dem angefochtenen Bescheid für 2017 vom 15.05.2018 in XXX Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 weitere Werbungs kosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. 3.892,20 € berücksichtigt.

    Die Berechnung der festzusetzenden Beträge wird dem Beklagten übertragen.

    Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von XXX 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht XXX die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden XXX Betrages leisten.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Werbungskosten des Klägers für Fahrten mit dem eigenen Pkw zu einem Treffpunkt zum Zwecke der Arbeitsaufnahme als Wegstreckenentschädigung oder lediglich in Höhe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.

    Die verheirateten Kläger wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger erzielten jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger erzielte darüber hinaus auch - hier nicht streitige - Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

    Der Kläger war in den Streitjahren bei der ... GmbH in A.... als Möbelmonteur angestellt. Nach dem im Klageverfahren vorgelegten Arbeitsvertrag war Haupteinsatzgebiet des Klägers die Region Norddeutschland.

    In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2016 machten die Kläger für Fahrten zwischen Wohnung (...) und erster Tätigkeitsstätte (A....) des Klägers eine Entfernungspauschale i. H. v. ... € geltend. Diese setzte sich aus Fahrten mit dem eigenen Pkw (106 Tage x ...km x 0,30 € = ... €) und Kosten für eine Fahrgemeinschaft (118 Tage x ... km x 0,30 € = ... €, begrenzt auf 4.500,- €) zusammen.

    Der Kläger legte dazu eine Bestätigung seines Arbeitgebers vom 27.07.2015 vor, nach der er den von ihm genutzten Lkw nicht zur Heimfahrt nutzen dürfe, sondern diesen in A.... abstellen müsse.

    Nach einer weiteren Bestätigung des Arbeitgebers des Klägers vom 28.03.2017 habe der Kläger im Jahr 2016 an insgesamt 197 Tagen Auslieferungsware im Zentrallager in A... geladen.

    Auf Anfrage des Beklagten erklärte der Arbeitgeber des Klägers mit dem Schreiben vom 14.06.2017, dass dem Kläger für die Fahrten von S... (Sammelstelle) nach A.... (Firmensitz) ein Firmenfahrzeug zur Verfügung stehe. Das Firmenfahrzeug werde täglich an der Sammelstelle in S... abgestellt. Mit der E-Mail vom 11.10.2017 teilte der Arbeitgeber ergänzend mit, dass sich die Sammelstelle in W... befinde und das Abstellen vom Arbeitgeber festgelegt worden sei. Mit weiteren E-Mails vom 25.10.2017 und 02.11.2017 präzisierte der Arbeitgeber seine Angaben dahingehend, dass das Unternehmen in W... keine betriebseigene Sammelstelle habe. Mit dem Kläger sei vielmehr vereinbart worden, dass dieser mit dem Firmenfahrzeug bis maximal W... fahren dürfe. Der Kläger stelle das Fahrzeug auf einem von ihm frei wählbaren öffentlichen Parkplatz ab.

    Mit dem Bescheid für 2016 vom 23.10.2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf ... € fest. Der Beklagte berücksichtigte bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte lediglich die Entfernungspauschale i. H. v. .... € (197 Tage x ... km x 0,30 €) als Werbungskosten.

    Zur Begründung führte der Beklagte in dem Bescheid aus, dass es sich um Fahrten zwischen der Wohnung und einer Sammelstelle handele, welche lediglich mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen seien.

    In der am 16.03.2018 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 machten die Kläger für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (A...) des Klägers wiederum eine Entfernungspauschale i. H. v. 0,30 € für eine Entfernung von 169 km geltend.

    Der Arbeitgeber des Klägers bestätigte mit dem Schreiben vom 08.01.2018, dass der Kläger im Jahr 2017 an mindesten 197 Arbeitstagen über 8 Stunden unterwegs gewesen sei.

    Mit dem Bescheid für 2017 vom 15.05.2018 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf ... € fest. Der Beklagte berücksichtigte bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte wiederum lediglich die Entfernungspauschale i. H. v. ... € (197 Tage x ... km x 0,30 €; ein Tag x ... km x 0,30 €) als Werbungskosten. Die Begründung ist identisch zu der im Bescheid für 2016.

    Ausweislich der Rechtsbehelfsakte legte lediglich der Kläger jeweils Einspruch gegen die Bescheide ein ("...lege ich hiermit Einspruch ein" [2016]; "....lege ich gegen den an mich ergangenen... Einkommensteuerbescheid Einspruch ein" [2017]). Die Schreiben enthielten auch nur den Namen und die Anschrift des Klägers. Gleiches gilt für ein Schreiben vom 24.06.2018.

    Zur Begründung führte der Kläger aus, dass der Sammelpunkt nach den geänderten Angaben des Arbeitgebers nicht vom Betrieb festgelegt worden sei. Der Lkw könne an jedem beliebigen Ort zwischen A... und W... abgestellt werden. Zum Teil sei der Lkw auch von einem Kollegen mit nach Hause genommen worden; es sei zwischen beiden sodann vereinbart worden, wo dieser den Kläger abholen solle. Mithin sei nicht lediglich die Entfernungspauschale, sondern die Kilometerpauschale zu berücksichtigen.

    Der Beklagte wies die Einsprüche beider Kläger mit der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 als unbegründet zurück.

    Es sei davon auszugehen, dass der Arbeitgeber des Klägers durch eine dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung bestimmt habe, dass sich der Kläger dauerhaft typischerweise arbeitstäglich an einem festgelegten Ort (Stellplatz) einfinden solle, um von dort seine Tätigkeit aufzunehmen. Dies sei ein festgelegter Ort i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Fahrten zu diesem Ort könnten nur wie Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandelt werden. Der Beklagte habe die Aufwendungen daher zutreffend nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt.

    Die - nunmehr anwaltlich vertretenen - Kläger haben am 01.04.2019 Klage erhoben.

    Zur Begründung tragen sie vor, dass kein vom Arbeitgeber festgelegter Ort vorliege, den der Kläger typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen habe. Der Arbeitgeber des Klägers habe mit der Anweisung, der Kläger dürfe bis maximal W... fahren, lediglich eine räumliche Abgrenzung vorgegeben. Der Kläger habe den tatsächlichen Abstellort des Lkw eigenverantwortlich wählen können. Dazu habe sich der Kläger lediglich mit seinem Arbeitskollegen N... abstimmen müssen.

    Der Kläger habe den Lkw nicht auf einem Parkplatz im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr je nach Gegebenheiten am Straßenrand abgestellt. In W... gebe es keinen öffentlichen Parkplatz für Lkw. Der Kläger habe sich je nach Gegebenheit täglich eine neue Parkgelegenheit an verschiedenen Orten suchen müssen.

    Der Kläger habe auch keine erste Tätigkeitsstätte. Es sei daher irrelevant, ob beim Kläger gleiche Verhältnisse wie bei Arbeitnehmern mit einer ersten Tätigkeitsstätte vorliegen würden. Der Gesetzgeber habe mit § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG eine klare gesetzliche Definition vorgenommen. Damit greife § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nicht. Mit der Einführung des neuen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG verfolge der Gesetzgeber das Ziel, den Abzug der Aufwendungen für betriebliche Fahrkosten grundsätzlich unbeschränkt zuzulassen, soweit nicht eine weitere Ausnahme (weiträumiges Tätigkeitsfeld oder vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegter Ort) vorliege.

    Eine solche Ausnahme liege nicht vor. Der Arbeitgeber des Klägers habe weder einen festen Ort noch einen kleinen Radius vorgegeben. Es sei unbeachtlich, ob sich in der praktischen Umsetzung ein solch kleiner Radius ergeben habe. Der Arbeitgeber habe es gerade dem Kläger überlassen, wo dieser den Lkw zwischen A.... und W.... abstelle.

    In den Streitjahren seien das Gewerbegebiet K... (Abfahrt KW....) und das Gewerbegebiet R... (Abfahrt WM...) die wesentlichen Abstellpunkte für den Lkw gewesen. Dort seien die Straßen überwiegend mit Parkstreifen ausgestattet und hätten genutzt werden können. Im Gewerbegebiet K... habe der Kläger überwiegend die Straßen R..., G... und M... genutzt und im Gewerbegebiet R.... die Straßen F... und S.... Von dort habe der Kläger zu Fuß den am Morgen abgestellten Pkw erreichen können. Wenn dies nicht möglich gewesen sei, so habe der Kläger kurz gehalten und den Beifahrer aussteigen lassen. Wenn aufgrund von Baustellen oder Verkehrsbeeinträchtigungen am Abend absehbar gewesen sei, dass eine andere Parkgelegenheit genutzt werden müsse, so sei die Ehefrau des Klägers mit ihrem Pkw nach W... gekommen und habe den Kläger zu dessen Pkw gefahren. Gelegentlich sei auch der Mitfahrer N... mit dem Lkw nach Hause gefahren und habe den Kläger zuvor an dessen Pkw abgesetzt. Die Abstimmung sei dergestalt erfolgt, dass Treffpunkt grundsätzlich dort sei, wo der Lkw am Vorabend abgestellt worden sei. Habe der Mitfahrer den Lkw mit nach Hause genommen, so sei ein Treffpunkt im Gewerbegebiet Abfahrt WM... vereinbart worden.

    Die einmalige Fahrt des Klägers im Jahr 2017 mit dem eigenen Pkw zum Abstellpunkt des Lkw in A... sei ebenfalls keine Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte; eine solche liege am Abstellort nicht vor.

    Der Werbungskostenabzug sei für das Jahr 2016 um ... € (197 Tage x ... km x 0,30 €) und für 2017 um ... € zu erhöhen (197 Tage x ...km x 0,30 €; ein Tag x ... km x 0,30 €).

    Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schreiben vom 01.04.2019, 25.06.2019, 24.07.2019, 02.10.2019, 12.02.2020 und 05.05.2020 Bezug genommen.

    Die Klägerin beantragt,

    die ihr gegenüber ergangene Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 aufzuheben.

    Der Kläger beantragt,

    abweichend von dem angefochtenen Bescheid für 2016 vom 23.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. ... € zu berücksichtigen bzw. die Einkommensteuer auf ... € herabzusetzen,

    abweichend von dem angefochtenen Bescheid für 2017 vom 15.05.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. ... € zu berücksichtigen bzw. die Einkommensteuer auf .... € herabzusetzen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Im Streitfall sei keine dauerhafte Zuordnung des Klägers zu einer betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers erfolgt. Daher sei es von Bedeutung, ob der Arbeitgeber durch arbeitsrechtliche Festlegung bestimmt habe, dass der Kläger sich dauerhaft typischerweise arbeitstäglich an demselben Ort einfinden solle, um von dort seine unterschiedlichen eigentlichen Einsatzorte aufzusuchen.

    Nach Auffassung des Beklagten sei in der Anweisung des Arbeitgebers, mit dem Firmenfahrzeug bis W... fahren zu dürfen, eine arbeitsrechtliche Festlegung i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG zu sehen, Wismar dauerhaft typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, um von dort eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Nachdem der Kläger einen öffentlichen Parkplatz in W... angefahren habe, habe er diesen auch dauerhaft arbeitstäglich zum Übernehmen bzw. Abstellen des Lkw aufgesucht. Ein tägliches freies Wählen des Parkplatzes sei praktisch nicht möglich.

    Durch das dauerhafte arbeitstägliche Aufsuchen dieses Ortes könne sich der Kläger in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf die Minderung der Wegekosten hinwirken. Er unterscheide sich damit nicht von anderen Arbeitnehmern, die ebenfalls eine ortsfeste betriebliche Einrichtung arbeitstäglich aufsuchen und deren Aufwendungen für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte ebenfalls nur nach den Grundsätzen der Entfernungspauschale berücksichtigungsfähig seien.

    Der Kläger habe arbeitstäglich einen standardisierten Fahrweg gehabt. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger an dem Ort, an dem er den Lkw abgestellt habe, mit seinem privaten Pkw nach Hause fahre, am kommenden Tag seinen Pkw parke, um den Lkw zu übernehmen und den Lkw nach Dienstende wieder dort abstelle, wo der Pkw stehe. So möge es nicht einen festgelegten Ort gegeben haben, jedoch dürfte der Radius der in Anspruch genommenen Parkmöglichkeiten entsprechend klein gewesen sein. Gleichen Verhältnissen seien auch Arbeitnehmer ausgesetzt, die eine erste Tätigkeitsstätte i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG hätten.

    Der Beklagte sei davon überzeugt, dass der Kläger grundsätzlich ein und denselben Parkplatz genutzt habe, um den Lkw nach Feierabend abzustellen, in seinen Pkw zu wechseln und am nächsten Tag von diesem Ort aus seinen Dienst wieder anzutreten. Davon sei aus rein praktischen, zeitsparenden und organisatorischen Gründen auszugehen.

    Die im Jahr 2017 durchgeführte einmalige Fahrt mit dem Pkw zum Abstellen des Lkw in A... stelle keine Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte dar. Werde der Lkw jedoch in A... abgestellt, habe der Kläger nur Aufwendungen für die Rückfahrt nach D.... Insofern sei die Berücksichtigung des pauschalen Kilometersatzes von 0,30 € für die einfache Entfernung zu Recht erfolgt.

    Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schreiben vom 05.06.2019, 09.07.2019, 16.08.2019 und 24.03.2020, Bezug genommen.

    Das Gericht hat am 28.01.2021 beschlossen, durch Vernehmung des Zeugen N... Beweis zu erheben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beweisbeschlusses vom 28.01.2021 Bezug genommen.

    Das Gericht hat am 01.09.2022 mündlich verhandelt und den Zeugen N... vernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls Bezug genommen.

    Dem Gericht lagen je ein Band Einkommensteuer- und Rechtsbehelfsakten vor.

    Entscheidungsgründe

    1.) Die zulässige Klage der Klägerin ist begründet.

    Die gegenüber der Klägerin ergangene Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt diese in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO).

    a) Ausweislich der Schreiben in der Rechtsbehelfsakte hat lediglich der Kläger Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre eingelegt.

    Bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten liegt eine Zusammenfassung zweier Bescheide zu einem gemeinsamen Bescheid vor, den jeder der Ehegatten mit verschiedenen Gründen angreifen oder gegen sich gelten lassen kann. Jeder Ehepartner kann den Zusammenveranlagungsbescheid anfechten und unabhängig vom anderen uneingeschränkt eigene Einwendungen geltend machen (vgl. Bundesfinanzhof - BFH, Urteil vom 07.02.2008 - VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136 m. w. N.). Denn ungeachtet der Tatsache, dass die Kläger gemäß § 26b EStG gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt werden, bleiben sie verfahrensrechtlich unterschiedliche Rechtssubjekte (vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2021 - VIII R 16/20 -, BFHE 274, 400, BStBl II 2022, 380).

    b) Mangels Einspruchs der Klägerin sind die Einkommensteuerbescheide ihr gegenüber bestandskräftig geworden. Die Einspruchsentscheidung hätte mithin nicht gegenüber der Klägerin ergehen dürfen, weil diese keine Einsprüche eingelegt hat. Die Klägerin ist daher allein deshalb durch die Einspruchsentscheidung beschwert. Auf ihren Antrag hin war diese daher ihr gegenüber aufzuheben.

    2.) Die zulässige Klage des Klägers ist ebenfalls begründet.

    Die angefochtenen Bescheide vom 23.10.2017 und 15.05.2018, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019, sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit der Beklagte die Fahrten zwischen der Wohnung und dem Abstellort des Lkw lediglich mit der Entfernungspauschale und nicht als Wegstreckenentschädigung berücksichtigt hat. Der Bescheid für 2017 ist darüber hinaus auch insoweit rechtswidrig, als der Beklagte eine Fahrt von D... nach A... unberücksichtigt gelassen hat.

    a) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Familienheimfahrten sind. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG sind Aufwendungen eines Arbeitnehmers ohne erste Tätigkeitsstätte für Fahrten zwischen seiner Wohnung und einem Ort oder dem nächstgelegenen Zugang zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet jedoch nur mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen u. Weisungen des Arbeitgebers zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat.

    b) Der Kläger hatte in den Streitjahren keine erste Tätigkeitsstätte i. S. d. § 9 Abs. 4 EStG.

    aa) Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1 EStG).

    Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden (z.B. BFH-Urteil vom 04.04.2019 - VI R 27/17, BFHE 264, 271, BStBl II 2019, 536, Rz 13, m. w. N.).

    Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Einer gesonderten Zuordnung für einkommensteuerliche Zwecke bedarf es nicht (BFH-Urteil vom 11.04.2019 - VI R 40/16, BFHE 264, 248, BStBl II 2019, 546, Rz 35).

    Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für die erste Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage nicht mehr an. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören (BFH-Urteile vom 04.04.2019 - VI R 27/17, BFHE 264, 271, BStBl II 2019, 536, Rz 18 f. und vom 11.04.2019 - VI R 40/16, BFHE 264, 248, BStBl II 2019, 546, Rz 25 f.).

    Von einer dauerhaften Zuordnung ist ausweislich der in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll (BFH-Urteil vom 04.04.2019 - VI R 27/17, BFHE 264, 271, BStBl II 2019, 536, Rz 21).

    bb) Nach diesen Maßstäben war der Kläger nicht einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet und hatte mithin keine erste Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG. Der Kläger hatte nach den Feststellungen im vorbereitenden Verfahren lediglich einen Lkw, den er im Zentrallager in A... zu beladen hatte und mit dem er sodann die Kunden im gesamten Gebiet Norddeutschland anzufahren hatte. Dies haben sowohl der Kläger als auch der Zeuge N... auch in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Beide haben angegeben, in der Regel lediglich alle vier Tage zum Beladen des Lkw nach A..... gefahren zu sein. Dort hätten sie den Tourenplan erhalten und die Materialien für die jeweilige Tour geladen. Der Kläger war daher nicht - zumindest in geringem Umfang - über einen längeren Zeitraum am Betriebssitz oder im Zentrallager seines Arbeitgebers tätig gewesen.

    c) Nach Auffassung des Gerichts greift auch die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG nicht ein.

    aa) Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen (sog. Sammelpunkt), gilt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort entsprechend (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG).

    Insoweit handelt es sich dem Grunde nach um eine Auswärtstätigkeit, so dass Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten unbeschadet der Anwendung der Entfernungspauschale zu gewähren sind. Solche Aufwendungen stehen vorliegend auch nicht im Streit.

    Die Frage, ob ein Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat, wird - wie im Fall der Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte (§ 9 Abs. 4 Satz 2 EStG) - durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG).

    Zu den arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen und Verfügungen zählen alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen oder Weisungen (BT-Drucks 17/10774, S. 15). Solche Absprachen und Weisungen können insbesondere im Arbeitsvertrag oder aber auch durch Ausübung des Direktionsrechts kraft der Organisationsgewalt des Arbeitgebers oder Dienstherrn erfolgen (BFH-Urteil vom 04.04.2019 - VI R 27/17, BFHE 264, 271, BStBl II 2019, 536, Rz 16).

    Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat (BFH-Urteile vom 19.04.2021 - VI R 6/19, BFHE 273, 108, Rz 17; vom 02.09.2021 - VI R 14/19, juris).

    Die arbeitsrechtliche Anordnung des Arbeitgebers als solche muss für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden (BFH-Urteil vom 04.04.2019 - VI R 27/17, BFHE 264, 271, BStBl II 2019, 536, Rz 17). Die Feststellung einer entsprechenden Anordnung ist durch alle nach der FGO zugelassenen Beweismittel möglich und durch das Finanzgericht (FG) im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen (BFH-Urteil vom 19.04.2021 - VI R 6/19, BFHE 273, 108, Rz 18).

    Die entsprechende Anwendung der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG setzt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG voraus, dass der Arbeitnehmer den Ort oder das weiträumige Gebiet zur Aufnahme der Arbeit aufgrund der Weisung des Arbeitgebers zum einen typischerweise arbeitstäglich und zum anderen auch dauerhaft aufzusuchen hat (BFH-Urteil vom 19.04.2021 - VI R 6/19, BFHE 273, 108, Rz 19).

    Nach dem Wortlaut "typischerweise" ist nicht maßgebend, dass der Arbeitnehmer den vom Arbeitgeber bestimmten Ort oder das Gebiet im Veranlagungszeitraum ausnahmslos aufzusuchen hat. Typischerweise meint "in der Regel üblich", "im Normalfall". Damit bringt der Wortsinn zum Ausdruck, dass das Gesetz gerade kein ausnahmsloses Aufsuchen an sämtlichen Arbeitstagen voraussetzt (BFH-Urteil vom 19.04.2021 - VI R 6/19, BFHE 273, 108, Rz 21). Ausnahmen sind mithin durchaus möglich, wie z.B. infolge einer Fortbildungsveranstaltung oder eines unvorhergesehenen Einsatzes (BFH-Urteil vom 19.04.2021 - VI R 6/19, BFHE 273, 108, Rz 22).

    Ein dauerhaftes Aufsuchen ist entsprechend der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG zu bejahen, wenn die Anordnung des Arbeitgebers zum Aufsuchen desselben Orts oder desselben weiträumigen Tätigkeitsgebiets unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus erfolgt (BFH-Urteil vom 19.04.2021 - VI R 6/19, BFHE 273, 108, Rz 24).

    bb) Bei Anlegung dieser Maßstäbe sieht das Gericht die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG nicht als erfüllt an, so dass die Fahrten des Klägers mit dem Pkw zum Abstellort des Lkw nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen sind.

    aaa) Die Alternative des "weiträumigen Tätigkeitsgebietes" ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil es an einer vom Arbeitgeber festgelegten Fläche, innerhalb der der Kläger seine vereinbarte Arbeitsleistung erbringen soll (vgl. Schmidt/Krüger, EStG, 41. Aufl. 2022, § 9 Rz 216 m. w. N.), fehlt. Der im Arbeitsvertrag bezeichnete Bereich "Norddeutschland" reicht dafür nicht aus. Dieser weiträumige geografische Bereich, der vom Zeugen N... als "Mecklenburg-Vorpommern bis W... und die gesamte Ostseeküste Schleswig-Holsteins bis nach Hamburg" beschrieben wurde, ist nicht mit dem vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Tätigkeiten von Arbeitern in einem Hafengebiet, Schornsteinfegern, Forstarbeitern oder Briefzustellern (vgl. BT-Dr. 17/107774, S. 13) vergleichbar.

    bbb) Im Streitfall scheidet auch die Alternative "dauerhaft denselben Ort....typischerweise arbeitstäglich" aus.

    (1) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für das Gericht zwar fest, dass der Kläger in der Regel - und damit "typischerweise" - seine Tätigkeit im Gewerbegebiet K... begonnen hat, um den dort am Vorabend abgestellten Lkw wieder zu übernehmen. Der Zeuge N... hat der mündlichen Verhandlung die tatsächlichen Gegebenheiten und Absprachen mit dem Kläger glaubhaft geschildert. Danach wurde der Lkw lediglich an wenigen Tagen an seinem - westlich von W... gelegenen - Wohnort, in dem acht Kilometer entfernten Gewerbegebiet R... oder vor langen Wochenenden oder Feiertagen und Urlaub in A.... abgestellt. Für das Gericht stellt es sich daher so dar, dass der Kläger überwiegend und damit "im Normalfall" seine Tätigkeit - die Übernahme des Lkw - im Gewerbegebiet K.... begonnen und auch wieder beendet hat.

    (2) Die Anweisung des Arbeitgebers, mit dem Lkw lediglich bis W... fahren zu dürfen, war zeitlich nicht befristet. Tatsächlich hat der Kläger das Gewerbegebiet K... jedenfalls in den Streitjahren und damit auch über einen längeren Zeitraum regelmäßig aufgesucht hat. Mithin wäre auch das Merkmal "dauerhaft" erfüllt.

    (3) Es fehlt jedoch an einer Anweisung des Arbeitgebers, arbeitstäglich einen festgelegten Ort aufzusuchen, um von dort aus die berufliche Tätigkeit zu beginnen.

    Im Streitfall fehlt es an einer Anweisung für einen bestimmten konkretisierten Ort. Der Zeuge N... hat die Angaben des Klägers bestätigt, dass der Arbeitgeber lediglich vorgegeben hat, den Lkw irgendwo im Gebiet zwischen A... und W... abzustellen. Auch der Arbeitgeber des Klägers hatte zuvor schon schriftlich bestätigt, dass es der Eigenverantwortung der Mitarbeiter überlassen bleibe, wo der Lkw abgestellt werde. Der Zeuge N... hat dazu ausgesagt, dass sich das Tätigkeitsgebiet bis zum Bereich W... erstreckt hat, so dass der betriebliche Lkw auch nur bis zu diesem Bereich und damit innerhalb des Tätigkeitsgebietes genutzt werden durfte. Damit hat der Arbeitgeber jedoch keinen konkreten Ort bestimmt, sondern lediglich ein räumliches Gebiet eingegrenzt.

    Die Entscheidung, wo genau der Lkw innerhalb dieses Gebietes abgestellt werden sollte und ob dies auf einem Parkplatz in einem der beiden Gewerbegebiete an der Autobahn bei W... oder bei dem Zeugen N... zu Hause geschehen solle, oblag dabei jedoch dem Kläger und seinem Beifahrer, dem Zeugen N... Beide haben arbeitstäglich unter Berücksichtigung des Endes der jeweiligen Tour neu darüber entschieden.

    Nach der Rechtsprechung des BFH kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat. Daher ist hier maßgeblich auf die Weisung des Arbeitgebers abzustellen. Diese war lediglich darauf gerichtet, dass der Kläger den Lkw maximal bis W... fahren darf, dort abzustellen und von dort am nächsten Tag wieder loszufahren hat. Der Kläger konnte sich aus der ex ante Sicht daher nicht darauf einstellen, an welchem konkreten Ort - vom Arbeitgeber angewiesenen Ort - er das Fahrzeug arbeitstäglich zu übernehmen hatte. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall z. B von demjenigen des FG Nürnberg (Urteil vom 13.05.2016 - 4 K 1536/15, juris), in dem der dortige Kläger den leeren Lkw arbeitstäglich am selben Betriebsstandort seines Arbeitsgebers abzuholen hatte. Der vom Kläger jeweils auszuwählende öffentliche Parkplatz - entweder in einem Gewerbegebiet oder vor dem Haus des Zeugen N... - gehört weder zum Bereich seines Arbeitgebers; er ist auch nicht mit einem Busdepot (vgl. BT-Drucks 17/10774, S. 13) oder einem konkreten Sammelpunkt vergleichbar.

    Aus Sicht des Gerichts kommt es im vorliegenden Verfahren - entgegen der Auffassung des Beklagten - daher nicht darauf an, dass der Kläger aus Praktikabilitätsgründen tatsächlich in der Regel immer denselben Parkplatz aufgesucht hat. Dies geschah jedenfalls nicht auf Anweisung seines Arbeitgebers und war für ihn aus ex ante Sicht auch nicht vorhersehbar.

    d) Der Beklagte hat zu Unrecht für eine vom Kläger im Jahr 2017 mit seinem Pkw durchgeführte Fahrt von D... nach A..... den Werbungskostenabzug versagt.

    Der Beklagte ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Fahrt nicht um eine Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte handelt, so dass dem Grunde nach die Kosten für die Hin- als auch für die Rückfahrt als Wegstreckenentschädigung anerkannt werden könne (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 und 2 EStG).

    Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das Gericht nach der Durchführung der Beweisaufnahme jedoch davon überzeugt, dass dem Kläger auch Aufwendungen für die Hinfahrt entstanden sind. Der Zeuge N... hat glaubhaft geschildert, dass in den Fällen, in denen der Lkw am Standort in A... abgestellt werden musste, entweder er oder der Kläger jeweils mit dem Privat-Pkw morgens dem Lkw (mit dem jeweils anderen) gefolgt sei, um am Abend mit dem Privat-Pkw gemeinsam dem Heimweg antreten zu können. Bei Abholung des in A.... abgestellten Lkw hätten sie dies umgekehrt ebenso gehandhabt. Für das Gericht stellt es sich daher so dar, dass der Kläger mindestens einmal mit seinem Pkw nach A.... und wieder zurückgefahren ist und ihm dafür Aufwendungen entstanden sind.

    3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    4.) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

    5.) Das Gericht hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

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