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  • 21.02.2024 · IWW-Abrufnummer 239874

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 13.11.2023 – 3 K 11195/21

    Aufwendungen einer Mode-Influencerin/Mode-Bloggerin für die Anschaffung von bürgerlicher Kleidung und Mode-Accessoires sind - unabhängig vom betrieblichen Nutzungsumfang - nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.


    Finanzgericht Niedersachsen

    Urteil vom 13.11.2023


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Aufwendungen für Kleidungsstücke und Accessoires als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb.

    Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren nach §§ 26, 26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer Beteiligung an der R GmbH & Co. KG, einem von der Familie des Klägers in mittlerweile vierter Generation geführten Einzelhandel für Taschen, Koffer und Accessoires.

    Die Klägerin ist seit 2007 als Influencerin und Bloggerin tätig. Hierzu nutzt sie verschiedene Social-Media-Plattformen sowie die Internetseiten "a.com" und "www.b.com". Die hieraus erzielten Einkünfte erklärte zunächst der Kläger als Einkünfte aus Gewerbebetrieb als "Webdesigner" für den Zeitraum 1. März 2014 bis 31. Dezember 2016. Ab dem 1. Januar 2017 erklärte die Klägerin die aus ihrer Tätigkeit als Influencerin und Bloggerin resultierenden Einkünfte als eigene Einkünfte aus Gewerbebetrieb als "Webdesignerin". Die Kläger ermittelten die jeweiligen Gewinne nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmenüberschussrechnung.

    Für die Veranlagungs- bzw. Erhebungszeiträume 2014 bis 2016 erklärte der Kläger im Hinblick auf die Tätigkeit der Klägerin als Influencerin und Bloggerin Gewinne aus Gewerbebetrieb i.H.v. 19.751 EUR (2014), 59.965 EUR (2015) sowie 67.000 EUR (2016). Für die Veranlagungszeiträume 2017 und 2018 erklärte sodann die Klägerin Gewinne aus Gewerbebetrieb i.H.v. 80.012 EUR (2017) sowie 81.662 EUR (2018).

    Der Beklagte veranlagte die Kläger hinsichtlich der erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Influencer-Tätigkeit der Klägerin in den Jahren 2014 und 2015 erklärungsgemäß mit Bescheiden vom 5. April 2016 (Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2014) sowie vom 24. Juli 2017 (Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2015). Einen Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) nahm der Beklagte in diese Bescheide nicht auf.

    Für das Jahr 2016 berücksichtigte der Beklagte einen Gewinn aus Gewerbebetrieb aus der Influencer-Tätigkeit der Klägerin i.H.v. 65.888 EUR, wobei die Abweichung von 1.112 EUR zum von den Klägern erklärten Gewinn vorliegend nicht streitig ist. Die Bescheide für 2016 über Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag ergingen am 10. September 2018 nach § 164 Abs. 1 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung. Für das Jahr 2017 veranlagte der Beklagte die Kläger im Hinblick auf die Einkünfte der Klägerin aus ihrer Influencer-Tätigkeit wiederum erklärungsgemäß mit Einkommensteuerbescheid vom 24. Mai 2019 (2017). Auch der Einkommensteuerbescheid für 2017 erging unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO.

    Vom 22. Juli 2019 bis zum 28. November 2019 führte der Beklagte bei den Klägern eine Außenprüfung hinsichtlich der Influencer-Tätigkeit der Klägerin für die Jahre 2014 bis 2017 durch.

    Die Außenprüferin stellte - unter anderem - fest, dass mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht nachvollziehbar gewesen sei, inwiefern den Klägern Produkte für Werbezwecke von Vertragspartnern zur Verfügung gestellt worden seien, die im Anschluss nicht zurückgegeben werden mussten. Es sei daher ein Unsicherheitszuschlag i.H.v. jährlich 2.000 EUR brutto als Einnahmen in Geldeswert zu berücksichtigen

    Im Rahmen der Außenprüfung beantragten die Kläger, jährlich 40 % der privat getragenen und bisher steuerlich nicht erfassten Kosten für Kleidung, Kosmetik sowie sonstige Produkte, die für die Beiträge auf dem Blog der Klägerin angeschafft wurden, als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Dem folgte die Außenprüferin unter Hinweis auf § 12 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG und die fehlende eindeutige und einwandfreie Trennungsmöglichkeit dieser Aufwendungen zwischen betrieblicher und privater Sphäre nicht.

    Der Beklagte schloss sich den Feststellungen der Außenprüferin an und änderte die Bescheide für 2014 bis 2017 über Einkommensteuer sowie für 2015 und 2016 über den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend mit Änderungsbescheiden vom 17. Dezember 2019. Für die Jahre 2014 und 2015 stützte der Beklagte die Änderungen dabei auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, während er die Anpassungen für die Jahre 2016 und 2017 nach § 164 Abs. 2 AO vornahm. Der Beklagte setzte mithin in den Änderungsbescheiden geänderte Gewinne aus Gewerbebetrieb hinsichtlich der Influencer-Tätigkeit der Klägerin i.H.v. 22.490 EUR (2014), 63.716 EUR (2015), 70.223 EUR (2016) sowie 84.346 EUR (2017) an, während im Übrigen keine Änderungen an den weiteren Einkünften der Kläger erfolgten.

    Gegen diese Änderungsbescheide wandten sich die Kläger mit Einspruch vom 16. Januar 2020. Während dieses bereits laufenden Einspruchsverfahrens für die Jahre 2014 bis 2017 veranlagte der Beklagte die Kläger für das Jahr 2018 mit Einkommensteuerbescheid vom 5. Mai 2020, wobei er im Hinblick auf die Einkünfte der Klägerin aus ihrer Influencer-Tätigkeit gleichfalls der Einkommensteuererklärung der Kläger folgte. Auch gegen diesen weiteren Einkommensteuerbescheid erhoben die Kläger unter dem 3. Juni 2020 Einspruch.

    Die Kläger trugen in beiden Einspruchsverfahren vor, die Klägerin zeige sich im Rahmen ihrer Influencer- und Blogger-Tätigkeit regelmäßig mit hochwertigen Mode-, Lifestyle-, Einrichtungs- und Kosmetikprodukten oder bei der Benutzung derselben. Hierzu hätten die Kläger unter anderem verschiedene hochwertige Handtaschen, Schmuck und Kleidung angeschafft. Hinsichtlich der Anschaffungen im Einzelnen wird auf Blatt 50 der Rechtsbehelfsakte verwiesen. Diese Gegenstände seien in erster Linie zur Ausübung der Tätigkeit der Klägerin erworben und ganz überwiegend hierfür verwendet worden. Sie würden daher Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG darstellen. Indes sei für die teilweise erfolgte private Nutzung ein Abschlag von 60 % vorzunehmen. Daraus ergebe sich, dass weitere Betriebsausgaben i.H.v. 171,60 EUR (2014), 1.183,18 EUR (2015), 6.690,52 EUR (2016), 3.626,82 EUR (2017) bzw. 230 EUR (2018) entsprechend 40 % der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen seien.

    Die Auffassung der Außenprüferin, wonach eine Trennung der Anschaffungen in einen betrieblichen und einen privaten Teil nicht möglich sei, sei überholt und auf das Berufsfeld der Bloggerin bzw. Influencerin nicht anwendbar. Insoweit sei eindeutig, dass (Mode-)Blogger und andere Influencer sich Kleidung oder Accessoires für ihre Tätigkeit extra anschaffen müssten, um diesen Beruf überhaupt ausüben zu können. Die berufliche Tätigkeit strahle in ganz erheblichem Maße in den privaten Lebensbereich hinein, da gerade die Darstellung der privaten Lebensgewohnheiten die Einnahmen generiere. Unter dem Berufszweig Blogger/Influencer würden Personen definiert, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in sozialen Netzwerken als Träger für Werbung und Vermarktung infrage kommen. Der werbende Effekt entstehe, indem Blogger/Influencer bestimmte Produkte in ihrem Alltag verwenden und sich mit diesen in der Öffentlichkeit oder in sozialen Netzwerken zeigen. Hierdurch entstehe eine Vorbild-Funktion, die in sämtliche Bereiche des Lebens hineindringe und es unumgänglich mache, bestimmte Produkte zu verwenden.

    Die Klägerin habe daher für ihre Tätigkeit im Rahmen des Modeblogs mehrere hochwertige Handtaschen, Schmuck und Kleidung anschaffen müssen, um zu bewerbende Produkte entsprechend zu präsentieren. Dies würden auch die Auftraggeber der Klägerin häufig einfordern. Auch handele es sich bei den streitgegenständlichen Anschaffungen nicht um Aufwendungen für die Lebensführung der Klägerin i.S.d. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringe. Vielmehr würden die Gegenstände Arbeitsmaterialien der Klägerin für ihre Tätigkeit darstellen, die sie zur Generierung von Einnahmen zwingend benötige. Eine anschließende private Weiternutzung der Gegenstände sei im Regelfall tatsächlich nicht erfolgt. Die Anschaffungen seien mithin in hohem Maße durch den Beruf der Klägerin veranlasst, sodass jedenfalls 40 % der Aufwendungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien. Die Reduzierung des beantragten Betriebsausgabenabzugs auf 40 % der Aufwendungen erfolge dabei, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass eine teilweise private Nutzung nicht ausgeschlossen werden könne und private und berufliche Tätigkeiten aufgrund des Berufsbildes der Klägerin nicht immer vollständig abgrenzbar seien.

    Auf Anforderung des Beklagten, Kooperationsverträge der Klägerin mit Kunden vorzulegen, aus denen sich die jeweiligen Anforderungen an das Erscheinungsbild der Klägerin ergeben würden, sowie darzulegen, in welchem Umfang die angeschafften Gegenstände beruflich genutzt und wie diese nach der beruflichen Nutzung weiterverwendet würden, teilten die Kläger mit, die hochpreisigen Taschen seien von der Klägerin nicht privat weiterverwendet worden und befänden sich nach wie vor im Betriebsvermögen. Ferner ergebe sich aus den Kooperationsverträgen nicht direkt, dass (oder gar welche) Gegenstände als Accessoires zu verwenden seien. Vielmehr würden die Kunden der Klägerin grundsätzlich ein bestimmtes Niveau der Ausstattung verlangen, um eine Kooperation bzw. die Präsentation ihrer eigenen Produkte durch die Klägerin in Betracht zu ziehen.

    Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen vom 9. Juli 2021 als unbegründet zurück. Eine klare berufliche Zuordnung und eine Abgrenzung vom privaten Bereich sei hinsichtlich der erworbenen Gegenstände anhand der vorhandenen Unterlagen nicht möglich, weshalb das Abzugsverbot gem. § 12 Nr. 1 EStG greife. Auch eine Aufteilung komme bei den hier vorliegenden gemischten Aufwendungen nicht in Betracht, da weder eine Schätzungsgrundlage noch abgrenzbare Veranlassungsbeiträge ersichtlich seien. Die Kläger hätten hierzu bereits keine Aufstellung über den Umfang der beruflichen und privaten Nutzung der erworbenen Accessoires vorgelegt und auch den von ihnen erstrebten Aufteilungsmaßstab nicht erläutert. Für den Beklagten sei nicht ersichtlich, wann welche Gegenstände für die Influencer-Tätigkeit der Klägerin genutzt und ob und wie häufig sie im Privatbereich verwendet worden seien.

    Daneben sei zu berücksichtigen, dass der Kläger ein Taschen- und Lederwarengeschäft in L führe und die Klägerin einen Bildband über Handtaschen veröffentlicht habe. Auch habe die Klägerin in verschiedenen Interviews geäußert, ihr Hobby zum Beruf gemacht zu haben, da Mode und Fotografie, insbesondere Taschen und Schuhe, ihre Leidenschaft seien. Hieraus lasse sich ableiten, dass auch ein erhebliches privates Interesse an dem Besitz der Luxusgüter bestehe.

    Ferner sei zu beachten, dass es sich bei einem Teil der erworbenen Gegenstände um bürgerliche Kleidung handele, für die auch dann ein Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug nach § 12 Nr. 1 EStG ausgeschlossen sei, wenn die Kleidungsstücke so gut wie ausschließlich im Beruf getragen würden, da die private Mitbenutzung stets im Rahmen des Möglichen und Üblichen liege. Schließlich spiegele die vorgetragene Begründung, dass die Stellung der Klägerin als Lifestyle-Vorbild ein gewisses Niveau bei der getragenen Kleidung und den genutzten Accessoires erfordere, zutreffend den Sinn des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG wider.

    Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer am 9. August 2021 erhobenen Klage. Sie verweisen im Wesentlichen auf ihren Vortrag im Einspruchsverfahren. Sie betonen jedoch, dass eine private Nutzung der angeschafften Gegenstände nicht erfolgt sei. Bei der bisher beantragten Aufteilung der Kosten in einen betrieblichen und einen privaten Teil habe es sich lediglich um einen Kompromissvorschlag im Rahmen der Betriebsprüfung gehandelt. Daher seien über den im Einspruchsverfahren gestellten Antrag hinaus die Aufwendungen der Kläger für die Accessoires auch vollumfänglich als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

    Das Berufsbild der Klägerin bringe es zwangsläufig mit sich, dass private und berufliche Termine in der öffentlichen Wahrnehmung auf den von der Klägerin betriebenen Internet-Präsenzen scheinbar verschwömmen. Ihr Beruf sei dadurch geprägt, dass sie Szenen des Privatlebens portraitiere, um Artikel und Dienstleistungen ihrer Geschäftspartner zu bewerben. Sämtliche in den sozialen Medien veröffentlichten "Stories" seien dabei bewusst so dargestellt, dass sie einen privaten Kontext hätten. Soweit die Klägerin aber unter Nennung der Dienstleister/Geschäftspartner auf ihren Kanälen Texte und Bilder veröffentliche, übe sie ihre berufliche Tätigkeit aus. Hierbei nutze sie sodann die von ihr angeschafften Accessoires.

    Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Bescheide der Kläger über Einkommensteuer 2014 und 2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 17. Dezember 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2021 dahingehend geändert, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer jeweils um 2.000 EUR verringert wurden und in 2014 nunmehr 20.490 EUR sowie in 2015 61.716 EUR betragen, und hat sodann die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt.

    Daneben hat der Beklagte den Bescheid des Klägers über den Gewerbesteuermessbetrag 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2021 dahingehend geändert, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 2.000 EUR auf 61.716 EUR verringert wurde, und hat sodann den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend herabgesetzt.

    Die Kläger beantragen nunmehr,

    1.
    die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 in der Fassung vom 13. November 2023 sowie den Einkommensteuerbescheid 2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2019 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2021 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb weitere Betriebsausgaben in Höhe von 300,00 EUR für 2014, 1.751,00 EUR für 2015 sowie 16.427,28 EUR für 2016 berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird;

    2.
    den Einkommensteuerbescheid 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2019 sowie den Einkommensteuerbescheid 2018 vom 5. Mai 2020, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 9. Juli 2021 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb weitere Betriebsausgaben in Höhe von 8.247,52 EUR für 2017 sowie 575,00 EUR für 2018 berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird.

    Der Kläger beantragt,

    die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2015 in der Fassung vom 13. November 2023 sowie über den Gewerbesteuermesstrag 2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2019 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2021 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb sich in 2015 um 1.751,00 EUR sowie in 2016 um 16.427,28 EUR verringert und der Gewerbesteuermessbetrag entsprechend herabgesetzt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er macht über seine Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen hinaus geltend, die Kläger hätten in ihrem Einspruchsschreiben vom 16. Januar 2020 selbst eingeräumt, es sei eine teilweise private Nutzung der Gegenstände erfolgt.

    Aus den öffentlichen Auftritten der Klägerin (insbesondere Homestory über die Klägerin vom 11. Juni 2017 auf der Internetseite www.c.com) sei zu entnehmen, dass sie eine "ausgeprägte Leidenschaft" für Taschen und Schuhe habe. Des Weiteren habe die Klägerin in einem Zeitungsinterview mit der Zeitung L auf die Frage: "Wenn ihr Haus in Flammen steht, was retten Sie als erstes?" geantwortet, dass sie ihre Familie und danach die Handtaschen retten würde, alles andere wäre ihr egal. Hieraus sei erkennbar, dass die Klägerin hochpreisigen Gegenständen und Luxusgütern im Rahmen ihrer privaten Lebensführung grundsätzlich nicht abgeneigt sei. Ferner führe die Familie der Kläger ein Handtaschengeschäft.

    Es sei nicht möglich, für die hier erworbenen Gegenstände eine tatsächliche Trennung zwischen beruflicher und privater Nutzung anhand eines konkreten Aufteilungsmaßstabes vorzunehmen. Auch eine Grundlage, anhand derer eine ordnungsgemäße Schätzung ermöglicht würde, sei nicht erkennbar. Sämtliche angeschafften Gegenstände seien ihrer Bestimmung nach im privaten Bereich nutzbar, sodass ein Betriebsausgabenabzug nach § 12 Nr. 1 EStG ausgeschlossen sei, da Aufwendungen der privaten Lebensführung vorlägen, die gerade nicht anhand objektiver Merkmale und Unterlagen einer zutreffenden und leicht nachprüfbaren Aufteilung zugänglich wären.

    Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 13. Juli 2022 gem. § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

    Entscheidungsgründe

    I. Das Gericht entscheidet gem. § 6 Abs. 1 FGO durch den Einzelrichter.

    II. Die Klage ist unbegründet. Die Einkommensteuerbescheide 2014 bis 2018 und die Gewerbesteuermessbescheide 2015 und 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Aufwendungen des Klägers (2014 bis 2016) bzw. der Klägerin (2017 und 2018) für bürgerliche Kleidung und Accessoires für die Tätigkeit der Klägerin als Influencerin sind als Aufwendungen der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) nicht als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG (für den Gewerbesteuermessbetrag i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG) abziehbar und nicht aufteilbar.

    1. Betriebsausgaben sind alle Aufwendungen, die durch den Betrieb des Steuerpflichtigen veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BStBl. II 2003, 407 und vom 19. Januar 2017 VI R 37/15, BStBl. II 2017, 526, Rn. 12, m.w.N.).

    a) Ergibt die Prüfung, dass Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sind sie grundsätzlich als Betriebsausgaben abzuziehen. Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf betrieblichen Umständen, so sind sie nicht abziehbar (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672).

    Ist der erwerbsbezogene Anteil nicht von untergeordneter Bedeutung, kann eine Aufteilung und ein Abzug des beruflich veranlassten Teils der Aufwendungen in Betracht kommen, sofern der den Betrieb oder Beruf fördernde Teil der Aufwendungen sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672; BFH, Beschluss vom 24. September 2013 VI R 35/11, BFH/NV 201, 500; BFH, Urteile vom 8. Juli 2015 VI R 46/14, BStBl. II 2015, 1013 und vom 16. Januar 2019 VI R 24/16, BStBl. II 2019, 376). Bestehen keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen betrieblich bzw. beruflich veranlasst ist, bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so ist dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen (§ 162 AO, § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672). Greifen berufliche und private Veranlassungsbeiträge dagegen so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, fehlt es an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so dass ein Abzug insgesamt nicht in Betracht kommt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672; FG Köln, Urteil vom 22. September 2021 12 K 1016/19, juris; Seiler in Kirchhof/Seer, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl. 2023, § 12 EStG, Rn. 5). Die Feststellungslast liegt beim Steuerpflichtigen (Seiler in Kirchhof/Seer, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl. 2023, § 12 EStG, Rn. 7).

    b) Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum grundsätzlich dem Anwendungsbereich des Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzugs entzogen. Ein - ggf. auch nur teilweiser - Abzug als Erwerbsaufwendungen scheidet daher aus (vgl. BFH, Urteil vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614; BFH, Beschluss vom 13. November 2013 VI B 40/13, BFH/NV 2014, 335, Rz 6, m.w.N. und auch explizit bereits Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672). Dies gilt auch bei einer gewissen Erwerbsnähe (FG Köln, Urteil vom 22. September 2021 12 K 1016/19, juris). Zwar ließen sich theoretisch auch Aufwendungen etwa für bürgerliche Kleidung, für eine Brille oder für eine Armbanduhr bei feststehender Arbeitszeit aufteilen. Derartige Aufwendungen sind aber grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 und § 9 EStG entzogen, um eine doppelte Berücksichtigung zu vermeiden. Insoweit scheidet eine Aufteilung der Aufwendungen in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben einerseits und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung andererseits aus (vgl. auch BFH, Urteile vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614 und vom 24. August 2022 XI R 3/22, BStBl. II 2023, 936). Dem entspricht im Ergebnis die bisherige Rechtsprechung, die Aufwendungen für bürgerliche Kleidung als nicht abziehbar beurteilt hat, da es sich um Kosten der Lebensführung handelt; diese sind nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG selbst dann nicht abzugsfähig, wenn sie zugleich der Förderung des Berufs dienen (BFH, Beschluss vom 13. November 2013 VI B 40/13, BFH/NV 2014, 335, Rz 6, m.w.N.; BFH, Urteil vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614).

    c) Als Ausnahme zu diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG erläuternd zur Arbeitsmittelregelung festgelegt, dass Aufwendungen für typische Berufskleidung Werbungskosten sind. Hier tritt der berufliche Bezug derart in den Vordergrund, dass der Bezug zur allgemeinen Lebensführung nach dem Willen des Gesetzgebers für die Einkommensbesteuerung vernachlässigt werden kann (BFH, Urteile vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614; vom 29. Juni 1993 VI R 77/91, BStBl. II 1993, 837; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 und BFH, Beschluss vom 13. November 2013 VI B 40/13, BFH/NV 2014, 335). Arbeitsmittel in diesem Sinne sind alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich oder doch nahezu ausschließlich und unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dienen (BFH, Urteile vom 23. Oktober 1992 VI R 31/92, BStBl. II 1993, 193, und vom 8. November 1996 VI R 22/96, BFH/NV 1997, 341; BFH, Beschluss vom 30. Juni 2010 VI R 45/09, BStBl. II 2011, 45; FG Köln, Urteil vom 22. September 2021 12 K 1016/19, juris). Die zu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG entwickelten Grundsätze sind entsprechend für die Frage des Betriebsausgabenabzuges nach § 4 Abs. 4 EStG heranzuziehen (vgl. so u.a. BFH, Urteile vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614; vom 18. April 1991 IV R 13/90, BStBl. II 1991, 751; vom 6. Dezember 1990 IV R 65/90, BStBl. II 1991, 348; FG Köln, Urteil vom 22. September 2021 12 K 1016/19, juris).

    Ein Abzug als Betriebsausgaben (§ 4 Abs.4 EStG) oder Werbungskosten (§ 9 Abs.1 Satz 3 Nr. 6 EStG) kommt auch hier jedoch nur in Betracht, wenn sich der berufsbezogene Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BStBl. II 1971, 17; vom 27. November 1978 GrS 8/77, BStBl. II 1979, 213; BFH, Urteile vom 6. Juli 1989 IV R 91-92/87, BStBl. II 1990, 49 sowie vom 18. April 1991 IV R 13/90, BStBl. II 1991, 751).

    Eine derartige Abgrenzung ist in aller Regel bei Bekleidungsaufwand nicht möglich und kann selbst bei der sog. typischen Berufskleidung nicht immer angenommen werden; denn wer Berufskleidung trägt, trägt sie in vielen Fällen vorrangig deshalb, um - wie andere Menschen auch - bekleidet zu sein (vgl. auch FG Köln, Urteil vom 22. September 2021 12 K 1016/19, juris). Welche Art von Kleidungsstücken danach unter den Tatbestand der "typischen Berufskleidung" i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG fallen, ist im Gesetz nicht näher definiert. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "typische Berufskleidung" ist jedoch zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, unter C.III.4.a) Aufwendungen für bürgerliche Kleidung grundsätzlich den nicht abziehbaren und nicht aufteilbaren unverzichtbaren Aufwendungen für die Lebensführung zuzurechnen sind, die nach Maßgabe des subjektiven Nettoprinzips durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung abziehbar sind (vgl. auch BFH, Urteil vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614).

    Typische Berufskleidung, die steuerlich berücksichtigt werden kann, umfasst daher nur Kleidungsstücke, die nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet und wegen der Eigenart des Berufs nötig sind bzw. bei denen die berufliche Verwendungsbestimmung bereits aus ihrer Beschaffenheit entweder durch ihre Unterscheidungsfunktion, wie z.B. bei Uniformen oder durch dauerhaft angebrachte Firmenembleme oder durch ihre Schutzfunktion - wie bei Schutzanzügen, Arbeitsschuhen o.Ä. - folgt (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 19. Januar 1996 VI R 73/94, BStBl. II 1996, 202; vom 27. Mai 1994 VI R 67/92, BStBl. II 1995, 17, vom 6. Dezember 1990 IV R 65/90, BStBl. II 1991, 348 und vom 18. April 1991 IV R 13/90, BStBl. II 1991, 751; BFH, Beschluss vom 6. Juni 2005 VI B 80/04, BFH/NV 2005, 1792).

    Liegt jedoch die Benutzung als normale bürgerliche Kleidung - objektiv - im Rahmen des Möglichen und Üblichen, so sind die Aufwendungen für diese Kleidung wegen des Abzugsverbots nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ebenso wenig als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar wie die Aufwendungen für jede andere bürgerliche Kleidung, die überwiegend oder so gut wie ausschließlich im Beruf getragen wird (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 20. März 1992 VI R 55/89, BStBl. II 1993, 192; vom 19. Januar 1996 VI R 73/94, BStBl. II 1996, 202; vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614; BFH, Beschluss vom 15. Oktober 1999 IX B 91/99, BFH/NV 2000, 428, unter 4.).

    Hierbei ist zu beachten, dass Aufwendungen für bürgerliche Kleidung selbst dann nicht zum Betriebsausgabenabzug führen, wenn diese Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt wird (z.B. BFH, Urteile vom 20. November 1979 VI R 25/78, BStBl. II 1980, 75; vom 18. April 1991 IV R 13/90, BStBl. II 1991, 751; vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614; BFH, Beschlüsse vom 15. Oktober 1999 IX B 91/99, BFH/NV 2000, 428 und vom 6. Juni 2005 VI B 80/04, BFH/NV 2005, 1792). Auch ein erhöhter, beruflich veranlasster Verschleiß von bürgerlicher Kleidung kann grundsätzlich nicht zu einem Betriebsausgabenabzug führen (BFH, Urteile vom 24. Juli 1981 VI R 171/78, BStBl. II 1981, 781; vom 6. Juli 1989 IV R 91-92/87, BStBl. II 1990, 49; vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614). Dies gilt ebenfalls, wenn die konkreten Kleidungsstücke ohne die beruflichen Gründe überhaupt nicht angeschafft worden wären (BFH, Urteil vom 20. März 1992 VI R 55/89, BStBl. II 1993, 192) bzw. die Aufwendungen infolge der beruflichen Gepflogenheiten besonders hoch sind (BFH, Urteil vom 18. April 1991 IV R 13/90, BStBl. II 1991, 751) oder Mehraufwendungen für Bekleidung entstehen, weil der Steuerpflichtige seine individuellen Bedürfnisse den Wünschen des Arbeitgebers oder den Gepflogenheiten bestimmter Wirtschaftskreise unterordnen muss (BFH, Urteil vom 27. Mai 1994 VI R 67/92, BStBl. II 1995, 17). Auch durch die Anordnung des Arbeitgebers, z.B. im Umgang mit Kunden gehobene bürgerliche Kleidung zu tragen, wird diese Kleidung, obwohl deren Anschaffung mit einem Mehraufwand verbunden ist, nicht zur typischen Berufskleidung (BFH, Urteil vom 19. Januar 1996 VI R 73/94, BStBl. II 1996, 202).

    d) Das Gleiche gilt nach Auffassung des Gerichts für Aufwendungen für Mode-Accessoires, die zwar nicht selbst als bürgerliche Kleidung im engeren Sinne, jedoch als der bürgerlichen Kleidung zugehörig zu beurteilen sind. Auch derartige Gegenstände sind durch das steuerliche Existenzminimum abgegolten, da sie aufgrund ihres vorwiegenden Bezuges zum der Lebensführung zuzurechnenden Äußeren des Steuerpflichtigen eine Aufteilung der hierauf entfallenden Aufwendungen nicht zulassen. Hier greift ebenfalls das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, und zwar selbst dann, wenn die Mode-Accessoires zugleich der Förderung des Berufs dienen, denn auch hier liegt die Benutzung als Ergänzung der normalen bürgerlichen Kleidung - objektiv - im Rahmen des Möglichen und Üblichen.

    2. Nach diesen Grundsätzen sind die streitgegenständlichen Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Die Aufwendungen des Klägers bzw. der Klägerin für die hier konkret in Rede stehende Kleidung und die Accessoires können nicht - auch nicht teilweise - gewinnmindernd abgezogen werden.

    a) Zunächst ist insoweit festzustellen, dass die Kleidung der Klägerin keine typische Berufskleidung darstellt.

    aa) Unabhängig davon, ob dem Beruf des Influencers überhaupt eine Art typischer Berufskleidung zugeordnet werden kann, zeigt sich bei Betrachtung der im Rahmen des Einspruchsverfahrens durch die Kläger vorgelegten Liste der Kleidungsstücke und damit zusammenhängender Gegenstände (vgl. Bl. 50 der Rechtsbehelfsakte), deren Erwerbsaufwand der Beklagte nicht zum Abzug zugelassen hat, dass hier über einen Zeitraum von knapp vier Jahren zwar ganz überwiegend Produkte von namhafteren Modemarken (z.B. Chanel, Louis Vuitton, Gucci) angeschafft wurden, die hierfür aufgewendeten Beträge aber noch dem Segment gehobener Modeausstattung zuzurechnen sein dürften. Lediglich für acht Handtaschen sind Zahlungen im niedrigen vierstelligen Bereich geflossen, im Übrigen bewegen sich sämtliche Aufwendungen im Rahmen von ca. 120 EUR bis 990 EUR, wobei ausweislich der Rechnungen (Bl. 51 bis 87 der Rechtsbehelfsakte) teilweise mehrere Artikel erworben wurden. Dies entspricht nach der Erfahrung des Gerichts indes demjenigen Kostenumfang, den auch ein nicht geringer Teil der übrigen Steuerpflichtigen - unabhängig von deren beruflicher Tätigkeit - für Kleidung und Accessoires aufzuwenden bereit ist. Dass insoweit den erworbenen Kleidungsstücken und Gegenständen eine Besonderheit oder Einzigartigkeit dergestalt innewohnen würde, dass sie als typische Berufsbekleidung im Sinne der Rechtsprechung des BFH eingeordnet werden könnten, ist nicht ersichtlich. Weder sind die betreffenden Modemarken auf den Vertrieb besonderer Berufskleidung spezialisiert, noch ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die hier zu beurteilenden Gegenstände und Kleidungsstücke Unikate wären, die vom übrigen Sortiment herausgehoben eine außerordentliche, der bürgerlichen Kleidung nicht mehr zugängliche Position im Luxusbereich einnehmen könnten. Die Kläger haben ebenso wenig etwas dazu vorgetragen, was den Schluss zuließe, es handelte sich im vorliegenden Fall doch um typische Berufsbekleidung.

    bb) Selbst den betragsmäßig größeren Einzelpositionen in der Liste lässt sich zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts nicht entnehmen, dass es sich insoweit um typische Berufskleidung handeln würde. Allein die betragsmäßige Höhe des Erwerbs lässt nicht etwa den Schluss zu, dass es sich jeweils um ein einzelnes Designerstück handeln würde, das sich vom Bereich bürgerlicher Kleidung abheben und es zu typischer Berufskleidung machen könnte. Damit lässt sich nicht feststellen, dass nur einzelne Designerstücke erworben worden wären, um sich im Segment der Luxusartikel zu positionieren. Daneben handelt es sich bei den preislich herausstechenden Artikeln sämtlich um Handtaschen gehobener Modemarken, die gerichtsbekannt als Neuware regelmäßig zu entsprechenden Ladenpreisen im vierstelligen Bereich verkauft werden, ohne Einzelstücke darzustellen.

    cc) Aber auch wenn man - insbesondere hinsichtlich der zuletzt genannten Erwerbe - zugunsten der Kläger unterstellen wollte, es würde sich um hochpreisige Einzelstücke handeln, wäre damit noch nicht dargelegt, dass es sich um typische Berufskleidung handeln würde. Allein durch einen höheren Preis wird ein Wirtschaftsgut noch nicht zu steuerlich zu berücksichtigender Berufsbekleidung (vgl. in diesem Sinne zu außergewöhnlich hohen Aufwendungen auch BFH, Urteil vom 6. Juli 1989 IV R 91-92/87, BStBl. II 1990, 49; ebenso FG Köln, Urteil vom 22. September 2021 12 K 1016/19, juris). Für die Einordnung als Berufsbekleidung kommt es vielmehr auf das konkret in Rede stehende Betätigungsfeld des Steuerpflichtigen an, für das die Kleidung zwingend benötigt würde. Die Klägerin hat sich im vorliegenden Fall als Influencerin betätigt, und zwar mit Fotografien und "Stories", die sie und ihre Familie in einem Ambiente zeigt, das mit Freizeit assoziiert wird. Es handelt sich also nicht etwa um die Influencer-Tätigkeit eines Arztes, der Bilder von sich mit einem weißen Kittel veröffentlicht, so dass der Kittel als typische Berufskleidung in Betracht käme (vgl. BFH, Urteil vom 6. Dezember 1990 IV R 65/90, BStBl. II 1991, 348). Indem die Klägerin gerade ein Ambiente wählt, das sich in das "normale Leben" einfügt, wenngleich orientiert an einem gehobenen, mitunter luxuriösen Lebensstil, entzieht sie die Kleidungsstücke der Typik irgendeines klassischen Berufsbildes und orientiert sie an der bürgerlichen Welt. Im vorliegenden Fall verschwimmen die Grenzen zwischen Berufs- und Alltagsleben - auch für die Klägerin selbst, wie sie mit ihrer Klagebegründung vorträgt. Dies macht eine Einordnung der auch während der Influencer-Tätigkeit selbst getragenen Kleidungsstücke und verwendeten Mode-Accessoires als typische Berufskleidung unmöglich. Es handelt sich hier folglich zwangsläufig und insgesamt um bürgerliche Kleidung.

    dd) Letztlich liegt die Benutzung sämtlicher von den Klägern in den Streitjahren angeschaffter Kleidungsstücke und Mode-Accessoires als normale bürgerliche Kleidung bzw. Ergänzung derselben - objektiv - im Rahmen des Möglichen und Üblichen, weshalb bereits hiernach - unabhängig von der tatsächlichen Nutzung der Gegenstände durch die Klägerin - eine Einordnung als typische Berufskleidung ausgeschlossen ist (ebenso BFH, Urteil vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614).

    b) Handelt es sich hier also nicht um typische Berufskleidung, sondern vielmehr um bürgerliche Kleidung und zugehörige Mode-Accessoires, die im Streit stehen, ist ein Abzug nach den zuvor dargestellten Grundsätzen zu bürgerlicher Kleidung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgeschlossen (§ 12 Nr. 1 EStG), und zwar unabhängig davon, ob eine Aufteilung vorliegend in Betracht käme oder nicht.

    aa) Soweit die Kläger nunmehr geltend machen, sämtliche Gegenstände und Kleidungsstücke, für deren Anschaffung ein Betriebsausgabenabzug begehrt wird, seien ausschließlich zur betrieblichen Nutzung angeschafft und nicht durch die Klägerin privat genutzt worden, vermag das Gericht nicht zu erkennen, wie dies objektiv festgestellt werden könnte. Da die Feststellungslast insoweit den Klägern obliegt, diese aber hierfür keinen Beweis angeboten haben, und da dem Gericht eine Sachverhaltsaufklärung zur Frage der potentiellen Privatnutzung von Kleidung und Accessoires durch die Klägerin auch nicht selbstständig im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes i.S.v. § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO möglich ist, kann der diesbezügliche Vortrag der Kläger nicht als erwiesen angesehen werden.

    bb) Einer Aufklärung des Umfangs der tatsächlichen privaten Nutzung der Kleidung und Accessoires durch die Klägerin bedurfte es auch nicht. Selbst wenn man zugunsten der Kläger annimmt, dass Erwerb und Nutzung der besagten Kleidungsstücke und Accessoires ausschließlich für die Influencer-Tätigkeit der Klägerin erfolgten, da das Posten einer Story in den Social-Media-Kanälen, die im privaten Umfeld hergestellt wird oder aber einen sehr privaten Anschein hat, dennoch stets die Ausübung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin darstellt, sind die hierfür verwendeten Gegenstände als der bürgerlichen Kleidung zuzurechnen bereits durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten und nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Damit ist die Aufklärung des Umfangs der tatsächlichen privaten Nutzung der Kleidung im vorliegenden Fall nicht entscheidend (ebenso BFH, Urteil vom 16. März 2022 VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614).

    cc) Auch haben die Kläger keine Kooperationsverträge mit Kunden der Klägerin vorlegen können, aus denen eine zwingende Nutzung der durch die Kläger angeschafften Gegenstände bei Ausübung der Influencer-Tätigkeit der Klägerin folgen würde. Nach den bereits geschilderten Grundsätzen der Rechtsprechung zur nicht gegebenen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für bürgerliche Kleidung auch bei Anordnung des Tragens bestimmter Kleidung durch Dritte bzw. in Fällen, in denen der Steuerpflichtige seine individuellen Bedürfnisse den Wünschen des Arbeitgebers oder den Gepflogenheiten bestimmter Wirtschaftskreise unterordnen muss (vgl. dazu oben II.1.c) mit Nachweisen zur Rechtsprechung), kommt es hierauf indes ebenfalls nicht an. Denn selbst wenn die Kooperationsverträge der Klägerin mit ihren Kunden entsprechende Vorgaben enthalten würden, so hätte die Klägerin nichtsdestotrotz - wenn auch zur Erfüllung der Wünsche und Vorgaben ihrer jeweiligen Kunden - bürgerliche Kleidung und zugehörige Accessoires angeschafft, welche der Sphäre des § 12 Nr. 1 EStG zuzurechnen sind.

    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Der Beklagte hat dem Begehren der Kläger hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 sowie hinsichtlich des Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag 2015 im Klageverfahren aus anderen Gründen teilweise abgeholfen, sodass sich die tenorierte Kostenquote ergab.

    IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

    RechtsgebietEStGVorschriftenEstG § 12 Nr. 1, EStG § 4 Abs. 4