Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 10.04.2008 · IWW-Abrufnummer 081121

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 29.11.2007 – IV R 81/05

    Erhält ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, für die Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter öffentliche Investitionszuschüsse, so mindern diese die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bereits im Jahr der Bewilligung und nicht im Jahr der Auszahlung. Sofern der Empfänger den Zuschuss sofort als Betriebseinnahme versteuern will, muss er das entsprechende Wahlrecht ebenfalls im Jahr der Zusage ausüben.


    Gründe:

    I.

    Frau S. und Herr B. sind Beteiligte der S/B GbR (GbR), der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Die GbR erzielt gewerbliche Einkünfte aus der Vermietung einer Ferienanlage und ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Einnahmenüberschussrechnung.

    Im Jahr 1995 erwarb die GbR eine alte Schule und baute sie in den Jahren 1995 bis 1997 zu einer Ferienanlage um. Im Zuge des Umbaus sind Herstellungskosten in Höhe von 1 541 184 DM und Anschaffungskosten für das Inventar von 527 510 DM entstanden.

    Mit Bewilligungsbescheid vom 10. Juni 1997 erhielt die GbR die Zusage auf Gewährung eines öffentlichen Zuschusses aus Landesmitteln in Höhe von 840 000 DM. Die Mittel wurden in zwei Raten ausgezahlt und zwar die erste Rate in Höhe von 601 600 DM im Jahr 1998 und die zweite in Höhe von 238 400 DM im Jahr 1999. Bezuschusst wurden die baulichen Investitionen sowie die Einrichtung des Objektes, nicht dagegen der Erwerb des Schulgebäudes.

    Der Investitionszuschuss wurde zweckgebunden gewährt. Unter dem Punkt "Bedingungen/Auflagen" wurde u.a. verlangt, dass zwei dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen und für mindestens fünf Jahre tatsächlich besetzt oder dauerhaft auf dem Arbeitsmarkt angeboten werden sollten.

    Die GbR verteilte den Zuschuss im Jahr der Zahlung auf die Anschaffungskosten des Grund und Bodens, des Gebäudes und des Inventars sowie auf die nachträglichen Herstellungskosten. Die Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b des Fördergebietsgesetzes (FöGbG) hatte sie auf der Basis der nicht um den Zuschuss gekürzten Bemessungsgrundlage vorgenommen.

    Im Rahmen einer im Jahr 2002 durchgeführten Betriebsprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, der Zuschuss dürfe entsprechend dem Bewilligungsbescheid nur auf die baulichen Investitionen und das Inventar aufgeteilt werden. Darüber hinaus sei die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AfA) des Gebäudes und des Inventars bereits im Jahr der Bewilligung (1997) um den Zuschuss zu mindern. Auf den späteren Zufluss der Geldbeträge sei auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht abzustellen.

    Diese Rechtsauffassung hatte zur Folge, dass die Fördergebiets-AfA nach Kürzung um den Zuschuss vorgenommen wurde.

    Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) änderte im Anschluss an die Betriebsprüfung die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und die Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Jahre 1997 bis 2000 (Streitjahre) sowie die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 1997 und zum 31. Dezember 1998.

    Zur Begründung der dagegen erhobenen Einsprüche trug die Klägerin vor, die AfA-Bemessungsgrundlage dürfe erst im Zeitpunkt der Auszahlung des Zuschusses gekürzt werden. Bei Bewilligung des Zuschusses habe nicht festgestanden, ob und ab wann die Mittel tatsächlich zur Verfügung gestellt werden könnten. Dies sei von der jeweiligen Haushaltslage des Landes abhängig gewesen. Veränderungen der Zuschusshöhe seien weiterhin möglich, falls die GbR die Bedingungen der Zuschussgewährung nicht erfülle. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass es aufgrund schlechter Belegung der Ferienanlage nicht möglich gewesen sei, zwei Mitarbeiter fest anzustellen.

    Das FA wies die Einsprüche mit einer zusammengefassten Einspruchsentscheidung zurück. Sie war adressiert an S. und B. als Beteiligte an der GbR. Mit der Klage verfolgten S. und B. unter der gleichen Bezeichnung ihr Begehren weiter. In Ergänzung ihres Vortrags aus dem Vorverfahren führten sie aus, die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG lasse ein Vorziehen von Erträgen oder Aufwendungen nicht zu, da das Zufluss-/Abflussprinzip gelte. Danach könne der Zuschuss erst in den Jahren 1998 und 1999 berücksichtigt werden. Im Rubrum des Protokolls über die mündliche Verhandlung erscheint erstmals die GbR als zusätzliche Klägerin, ohne dass erkennbar wäre, worauf dies zurückzuführen ist.

    Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) vom 27. April 2005 1 K 4221/03 G,F ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1206 abgedruckt.

    Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt ist.

    Die Klägerin beantragt sinngemäß,

    das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA vom 24. Juli 2003 aufzuheben und die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte und die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1997 bis 2000 sowie die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 1997 und 31. Dezember 1998 dahingehend zu ändern, dass der Zuschuss entsprechend seinem Zufluss in den Jahren 1998 und 1999 die Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten mindert.

    Das FA beantragt,

    die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

    II.

    Die Revision ist unbegründet.

    1. Allerdings scheitert der Erfolg der Revision nicht bereits daran, dass die Klage mangels Klagebefugnis von S. und B. einerseits und mangels Klageerhebung seitens der Klägerin andererseits unzulässig wäre. Vielmehr ist die von S. und B. erhobene Klage --wie bereits das Rubrum der Einspruchsentscheidung-- dahingehend auszulegen, dass mit S. und B. "als Gesellschafter der GbR" die GbR als Rechtsmittelführer bezeichnet werden soll.

    Feststellungsbescheide, in denen der Gewinn der Gesellschafter aus ihrer Beteiligung als Grundlage für die Veranlagung zur Einkommensteuer festgestellt wird, richten sich zwar ihrem Inhalt und ihren beabsichtigten Wirkungen nach gegen die Gesellschafter; deren Klagebefugnis wird jedoch durch § 48 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingeschränkt (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 1989 IV R 23/89, BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333, unter 1.a der Gründe zu § 48 Abs. 1 FGO a.F.). Diese Regelung ist dahin zu verstehen, dass die Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid erheben kann, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die einzelnen Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Dezember 2003 IV B 21/01, BFHE 204, 44, BStBl II 2004, 239, m.w.N.). Den Gesellschaftern steht daneben eine eigene Klagebefugnis nur zu, soweit in ihrer Person die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 FGO erfüllt sind.

    Nach dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung (s. u.a. Senatsurteil vom 27. Mai 2004 IV R 48/02, BFHE 206, 211, BStBl II 2004, 964, unter 2.b der Gründe, mit Hinweis auf Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 48 FGO Rz 44, m.w.N.; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Juli 2005 XI B 206/04, BFH/NV 2006, 68) ist im Zweifelsfall anzunehmen, dass das Rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig ist. Im Streitfall waren S. und B. persönlich nicht klagebefugt; nur als vertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin konnten sie eine zulässige Klage erheben (vgl. Senatsurteil vom 19. April 2007 IV R 28/05, BStBl II 2007, 704, unter II.1. der Gründe). Das gilt auch, soweit die Klage die Gewerbesteuer der GbR betrifft (vgl. aus neuerer Zeit BFH-Beschluss vom 30. April 2007 V B 194/06, BFH/NV 2007, 1523).

    2. Die Revision ist indessen in der Sache unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Verwaltungsakte rechtmäßig waren. Der staatliche Investitionszuschuss minderte bereits im Jahr der Bewilligung (1997) die Bemessungsgrundlage für die planmäßige Abschreibung der Wirtschaftsgüter "Gebäude" und "Inventar". Diese Bemessungsgrundlage galt auch für die Sonderabschreibungen nach § 4 FöGbG.

    a) Wenn auch die von der Klägerin angewandte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine reine Geldrechnung ist, der das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG zugrunde liegt, so ordnet das Gesetz doch in § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG eine Durchbrechung dieses Prinzips an, indem es die Vorschriften über die AfA oder Substanzverringerung für anwendbar erklärt. Diese Vorschriften setzen den Ansatz der Anschaffungs- und Herstellungskosten voraus. Für die AfA --einschließlich ihrer Bemessungsgrundlage-- sind daher bilanzsteuerrechtliche Grundsätze maßgeblich (BFH-Urteile vom 16. Januar 1996 IX R 60/94, BFH/NV 1996, 600, und vom 16. April 2002 IX R 53/98, BFH/NV 2002, 1152, unter II.4.a der Gründe).

    b) Nach der Rechtsprechung des III. und IV. Senats des BFH führen öffentliche Investitionszuschüsse bei bilanzierenden Steuerpflichtigen grundsätzlich zu einer Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der geförderten Wirtschaftsgüter (Urteile vom 14. Juli 1988 IV R 78/85, BFHE 154, 212, BStBl II 1989, 189; vom 28. April 1989 III R 4/87, BFHE 156, 497, BStBl II 1989, 618, und vom 23. März 1995 IV R 58/94, BFHE 177, 385, BStBl II 1995, 702). An dieser Rechtsprechung hält der Senat aus den in seinem Urteil in BFHE 177, 385, BStBl II 1995, 702 wiedergegebenen Gründen fest (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 5. Juni 2003 IV R 56/01, BFHE 202, 343, BStBl II 2003, 801; ebenso für den Bereich der Vermietung und Verpachtung der IX. Senat des BFH, Urteil vom 26. März 1991 IX R 104/86, BFHE 164, 263, BStBl II 1992, 999). Was für bilanzierende Steuerpflichtige gilt, gilt auch für solche, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln. Das folgt aus der Maßgeblichkeit bilanzsteuerrechtlicher Grundsätze für die AfA, die --wie bereits ausgeführt-- auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gilt.

    c) Die Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten ist bereits im Jahr der Zusage des Zuschusses und nicht erst bei seiner Zahlung vorzunehmen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Für den Bilanzansatz eines erworbenen Wirtschaftsguts mit den Anschaffungskosten ist es unerheblich, ob die Anschaffungskosten bezahlt sind. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, ob die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Zeitpunkt der Vornahme von AfA bereits beglichen sind (BFH-Urteile in BFH/NV 1996, 600, und in BFH/NV 2002, 1152). Anschaffungskosten trägt auch, wer den Kaufpreis noch nicht entrichtet hat, sondern ganz oder teilweise schuldet. Demgemäß kann es auch für die Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht darauf ankommen, ob die betreffenden Zuschüsse bereits zugeflossen sind (Schmidt/Kulosa, EStG, 26. Aufl., § 7 Rz 63; Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz 252; R 7.3 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR--). Auch insoweit ist es unerheblich, ob der Steuerpflichtige seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich oder im Wege der Einnahmenüberschussrechnung ermittelt (s.o. unter II.2.b a.E.; zu Überschusseinkünften R 21.5 Abs. 1 Satz 2 EStR).

    d) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf die abweichende Rechtsprechung des I. Senats des BFH berufen, derzufolge öffentliche Investitionszuschüsse grundsätzlich als Erhöhungen des Betriebsvermögens (Betriebseinnahme) im Zeitpunkt der Zuschussgewährung zu erfassen sind, die Sofortversteuerung aber durch Ausübung eines Wahlrechts auf Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermieden werden kann (Urteile vom 19. Juli 1995 I R 56/94, BFHE 179, 19, BStBl II 1996, 28, und vom 27. April 2000 I R 12/98, BFH/NV 2000, 1365; ebenso BFH-Urteil vom 22. Januar 1992 X R 23/89, BFHE 167, 69, BStBl II 1992, 488). Das folgt zum einen daraus, dass die Klägerin sich gegen die Sofortversteuerung und für die Absetzung von den Herstellungskosten entschieden hat. Zum anderen kann die Klägerin aber auch mit dem Einwand nicht durchdringen, das Wahlrecht könne im Bereich der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG frühestens bei Zufluss des Investitionszuschusses ausgeübt werden, weshalb sich die Wahl der gewinnneutralen Besteuerung in Form der Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ebenfalls erstmalig im Jahr des Zuflusses auswirken könne. Vorausgesetzt ein solches Wahlrecht besteht, so muss es so frühzeitig ausgeübt werden, dass auch bei Wahl der Absetzung von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eine zutreffende Besteuerung --nämlich die Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage im Jahr der Zusage-- möglich ist. Eine andere Frage ist, in welchem Jahr bei Wahl der Sofortversteuerung der Zuschuss den Gewinn erhöhen würde. Über diese Frage ist im Streitfall nicht zu befinden.

    e) Zutreffend hat das FG auch entschieden, dass Sonderabschreibungen im Anwendungsbereich des FöGbG ebenfalls von den im Zeitpunkt der Zusage um den Zuschuss geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorzunehmen sind. Das folgt daraus, dass nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FöGbG Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen die "Anschaffungs- oder Herstellungskosten" sind.

    RechtsgebieteEStG, FöGbGVorschriftenEStG § 4 Abs. 3, EStG § 7 Abs. 1, EStG § 11 Abs. 1, FöGbG § 4 Abs. 1, FöGbG § 4 Abs. 2