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  • 26.07.2010 · IWW-Abrufnummer 101688

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 14.07.2009 – 13 K 55/08

    1. Auch nach Erlass der Post-Universaldienstleistungsverordnung vom 15. Dezember 1999 ( BGBl 1999 I S. 2418) dürfen die Beteiligten darauf vertrauen, dass werktags im Bundesgebiet aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag im Bundesgebiet ausgeliefert werden. Dies gilt auch dann, wenn allgemein mit erhöhtem Postaufkommen zu rechnen ist.
    2. Eine nur unwesentliche Zeitersparnis – im Streitfall von jeweils etwa 5 Minuten auf der Hin- und Rückfahrt – führt nicht dazu, dass eine tatsächlich benutzte, gegenüber der kürzesten Straßenverbindung längere Strecke bei der Berechnung der Entfernungspauschale zu Grunde gelegt werden kann.
    3. Eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen ist nicht zu gewähren, soweit diese nicht im inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern in der Werkstatt des Handwerksbetriebs ausgeführt werden.


    Tatbestand
    Gründe:
    Streitig sind die Berechnung der Entfernungspauschale sowie die Steuerermäßigung für Aufwendungen für eine Handwerkerleistung.
    I.
    Der Kläger (Kl.) wurde im Streitjahr 2005 getrennt, im Streitjahr 2006 zusammen mit seiner Ehefrau beim Beklagten, dem Finanzamt, zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.
    Er erzielte in den Streitjahren 2005 und 2006 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus seiner Tätigkeit als Studienrat an einem Gymnasium in der F […]-Str. […] in N […]. Für seinen arbeitstäglichen Weg zu seiner Arbeitsstätte in N […] fuhr der Kl. regelmäßig von seinem Wohnsitz in der E […]-Str. […] in T […] über die Kreisstraße […] bis zur Autobahnanschlussstelle H […], von dort über die A […] bis zur Ausfahrt F […] und dann weiter über die B […] nach N […].
    Im September 2006 ließ der Kl. drei Wohnungstüren seiner Wohnung durch einen Handwerksbetrieb, die W […] KG, überarbeiten. Hierfür wurden die Türen nach ihrem Ausbau in der Werkstatt des Handwerksbetriebs gekürzt und anschließend wieder in die Wohnung des Kl. verbracht und dort eingebaut. Den für diese Arbeiten in Rechnung gestellten Betrag von 290 EUR (inkl. Mehrwertsteuer) überwies der Kl. am 18. September 2006 auf das Konto des Handwerksbetriebes.
    In der Anlage N zu den ESt-Erklärungen für 2005 und 2006 gab der Kl. bei den Werbungskosten zu seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit die einfache Entfernung zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte jeweils mit 42 km an. Für die Aufwendungen zur Überarbeitung der Türen machte er in der ESt-Erklärung für 2006 unter Vorlage der Rechnung eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen geltend.
    In den ESt-Bescheiden für 2005 für vom 30. Mai 2006 und für 2006 vom 20. August 2007 berücksichtigte das Finanzamt abweichend von den Erklärungen die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Kl. lediglich mit 33 km als der kürzesten Wegstrecke. Ferner berücksichtigte das Finanzamt die geltend gemachten Aufwendungen für die Handwerkerleistung im ESt-Bescheid für 2006 nur zur Hälfte, da die Arbeiten teilweise außerhalb des Haushalts des Kl. in der Werkstatt des Handwerksbetriebs ausgeführt worden seien. Mangels einer Aufteilung in der Rechnung wurde die Höhe der Aufwendungen, die auf die im Haushalt des Kl. erfolgten Arbeiten entfielen, geschätzt.
    Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben in den jeweils auf den 26. November 2007 datierten und vom Finanzamt am selben Tag zur Post gegebenen Teil-Einspruchsentscheidungen erfolglos. Zur Begründung führte das Finanzamt an, dass die Fahrtzeitersparnis bei der vom Kl. benutzten Strecke von 41 km gegenüber der kürzesten Strecke von 33 km nach den Berechnungen mehrerer Routenplaner zwischen 6 und 14 Minuten betrage. Dies sei nicht ausreichend, um von einer offensichtlich verkehrsgünstigeren Straßenverbindung ausgehen zu können. Hierfür sei nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 10. Oktober 1975 IV R 33/74 (BStBl II 1975, 885) sowie den Urteilen einiger Finanzgerichte mindestens eine Zeitersparnis von 20 bis 30 Minuten erforderlich. Soweit zur Einspruchsbegründung vorgebracht werde, dass die kürzeste Strecke durch Lkw-Verkehr belastet und, insbesondere im Herbst und Winter sowie durch die landwirtschaftlich bedingte Nutzung während der Hopfenernte, mehr als unfallgefährdend sei, reiche dies nicht aus, um die Umwegstrecke zu begründen. Für die Einordnung einer Umwegstrecke als offensichtlich verkehrsgünstiger sei nicht maßgeblich, dass diese gegenüber der Benutzung der kürzesten Straßenverbindung als angenehmer und stressfreier empfunden werde. Für die Berücksichtigung der Aufwendungen für die Handwerkerleistung sei gesetzliche Voraussetzung die Erbringung der Leistung im Haushalt des Steuerpflichtigen. Hiervon gehe auch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 3. November 2006 (IV C 4-S 2296b60/06, BStBl I 2006, 711) aus. Die anteilige Kürzung der geltend gemachten Aufwendungen im Hinblick auf die Handwerkerleistung, die anlässlich der Mitnahme der zu renovierenden Türen außerhalb des Haushalts des Kl. erbracht worden sei, sei daher rechtmäßig. Nachweise, die die Aufteilung der Aufwendungen im Wege der Schätzung als unzutreffend erscheinen ließen, seien nicht vorgelegt worden.
    Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2007 per Post erhobene Klage. Der dazugehörige Briefumschlag trägt den Poststempel vom 28. Dezember 2007, der Klageschriftsatz ist mit dem Eingangsstempel des Gerichts vom 2. Januar 2008 versehen.
    Zur Begründung seiner Klage trägt der Kl. vor, eine von der kürzesten Straßenverbindung abweichende Strecke sei nach dem BMF-Schreiben vom 1. Dezember 2006 (BStBl I 2006, 778) unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 10. Oktober 1975 verkehrsgünstiger, wenn der Arbeitnehmer die regelmäßige Arbeitsstätte in der Regel schneller und pünktlicher erreicht. Ob die Zeitersparnis 6 Minuten bzw. 30 Minuten betrage, spiele dabei keine Rolle. Die vom Kl. in Auftrag gegebene Überarbeitung der Türen sei in vollem Umfang als begünstigte Aufwendungen im Sinne des § 35 a Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen. Denn entsprechend der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (Bundestagsdrucksache – BT-Drs. – 16/753, S. 11) sei es nicht erforderlich, dass die Tätigkeit ausschließlich im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeführt werde. Für die Begünstigung sei es vielmehr ausreichend, wenn die handwerkliche Tätigkeit von Mietern oder Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben worden sei.
    Mit Schreiben der Geschäftsstelle des Gerichts vom 7. Januar 2008 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Kl. mitgeteilt, dass die Klageschrift am 2. Januar 2008 bei Gericht eingegangen ist. Mit am 15. Januar 2008 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist beantragt.
    Der Kl. beantragt sinngemäß,
    unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Klagefrist die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 2005 und 2006, jeweils in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung vom 26. November 2007 dahingehend zu ändern, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Form der Entfernungspauschale in Höhe von 446 EUR (2005) bzw. 444 EUR (2006) und in 2006 bei den im Rahmen der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen anzusetzenden Aufwendungen weitere 145 EUR berücksichtigt werden, und die Einkommensteuer jeweils entsprechend festzusetzen,
    sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren für notwendig zu erklären,
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Das Finanzamt beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze (nebst Anlagen) Bezug genommen.
    Gründe
    II.
    Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
    1. Dem Kl. ist wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Finanzgerichtsordnung – FGO –) zu gewähren.
    1.1. Nach § 47 Abs. 1 FGO beträgt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zugang zugegangen ist. Diese Frist verlängert sich, wenn das Fristende auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt, bis zum nächstfolgenden Werktag (BFH-Beschluss vom 26. Juni 2006 II B 99/05, BFH/NV 2006, 1860 m.w.N.; AEAO zu § 108, Nr. 2).
    Danach lief die Klagefrist im Streitfall am Montag, dem 31. Dezember 2007, ab, nachdem die Einspruchsentscheidungen ausweislich der Absendevermerke der Poststelle des Finanzamtes am 26. November 2007 zur Post gegeben wurden und es sich beim 29. Dezember 2007 um einen Sonnabend handelte. Die Frist für die Klageerhebung verlängerte sich daher bis zum darauf folgenden Werktag, hier also bis Montag, den 31. Dezember 2007. Beim 31. Dezember (Silvester) handelt es sich um einen Werktag, nicht um einen Feiertag (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 12. Februar 2008 14 ZB 07.3116, juris; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 108 AO Rz. 127).
    Vorliegend trägt der Klageschriftsatz den Eingangsstempel „2. Januar 2008”. Nach § 155 FGO in Verbindung mit § 418 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO– erbringt der Eingangsstempel des Gerichts grundsätzlich Beweis für Zeit und Ort des Eingangs eines Schreibens. Eine Abweichung vom Stempeldatum ist nur möglich, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass das Stempeldatum falsch ist ( BFH-Urteil vom 19. Juli 1995 I R 87, 169/94, BStBl II BStBl 1994 II S. 1996, BStBl 1994 II S. 19; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 47 FGO Rz. 7). Demgemäß wäre hier eine Fristversäumnis ausgeschlossen, wenn feststünde, dass der den Klageschriftsatz enthaltende Briefumschlag bereits am 29. oder 31. Dezember 2007 in das vom Gericht unterhaltene Postfach (Abholfach) einsortiert war – in diesem Fall kommt es auf den Zeitpunkt der Abholung oder Empfangnahme nicht mehr an (Brandis, a.a.O.; von Groll in Gräber, FGO, 6. Aufl., § 47 Rz. 15, jeweils m.w.N.) – und von einem Bediensteten der Poststelle des Gerichts nur aufgrund des Umstandes, dass sowohl der 29. als auch der 31. Dezember 2007 arbeitsfrei waren, erst am 2. Januar 2008 abgeholt wurde. Ein solcher Ablauf ist zwar einerseits möglich, steht andererseits jedoch nicht fest, da es – z.B. aufgrund erhöhten Postaufkommens zum Jahreswechsel – auch nicht ausgeschlossen ist, dass eine Einsortierung im Postfach des Gerichts erst am Morgen des 2. Januar 2008 erfolgte.
    1.2. Eine weitere Sachverhaltsermittlung durch das Gericht zu dieser Frage erübrigt sich jedoch, da dem Kl. bei Annahme einer Fristversäumnis jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.
    Nach § 56 Abs. 1 und 2 FGO ist in dem Fall, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist (hier: Klagefrist) einzuhalten, ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
    Der bei Gericht am 15. Januar 2008 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wurde rechtzeitig gestellt, da er innerhalb von zwei Wochen nach dem Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 7. Januar 2008, mit dem der Prozessbevollmächtigte des Kl. erstmals Kenntnis von einer (möglichen) Fristversäumnis erhielt, bei Gericht eingegangen ist. Ausweislich des Poststempels auf dem in der Akte des Gerichts befindlichen Briefumschlag, in dem der Klageschriftsatz beim Gericht einging, wurde dieser – entsprechend dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Kl. – am 28. Dezember 2007 zur Post gegeben. Ein dem Kl. zuzurechnendes (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO) Verschulden seines Prozessbevollmächtigten scheidet damit aus. Denn Verzögerungen der Briefbeförderung oder Briefzustellung sind einem Prozessbeteiligten nach der Rechtsprechung des BFH (Beschlüsse vom 8. Mai 2006 VII B 219/05, BFH/NV 2006, 1504; vom 4. September 2008 I R 41/08, BFH/NV 2008, 2042) regelmäßig nicht als Verschulden anzurechnen. Er darf vielmehr darauf vertrauen, dass die von der Post nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten auch eingehalten werden. Auch nach Erlass der Post-Universaldienstleistungsverordnung vom 15. Dezember 1999 (Bundesgesetzblatt – BGBl. d– I 1999, 2418) dürfen die Beteiligten darauf vertrauen, dass werktags im Bundesgebiet aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag – im Streitfall also am Sonnabend, dem 29. Dezember 2007 – im Bundesgebiet ausgeliefert werden. Dies gilt auch dann, wenn allgemein mit erhöhtem Postaufkommen zu rechnen ist. Anderes gilt nur bei konkreten Anhaltspunkten, die die ernsthafte Gefahr längerer Postlaufzeiten begründen (BFH in BFH/NV 2006, 1504 und in BFH/NV 2008, 2042; BGH-Beschluss vom 13. Mai 2004 V ZB 62/03, HFR 2005, 67, NJW-RR 2004, 1217). Solche sind im Streitfall nicht ersichtlich.
    2. Entgegen der Auffassung des Kl. sind bei der Berechnung der Entfernungspauschale für die Aufwendungen des Kl. anlässlich seiner Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung) lediglich – wie in den angefochtenen ESt-Bescheiden bereits erfolgt – 33 Entfernungskilometer arbeitstäglich in Ansatz zu bringen. Der vom Kl. begehrte Ansatz einer höheren Entfernungspauschale scheidet daher aus.
    2.1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG gehören zu den Werbungskosten eines Arbeitnehmers auch Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, je vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Entfernungspauschale (Streitjahre 2005 und 2006: 0,30 EUR pro Kilometer) anzusetzen. Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG zu Grunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird.
    2.2. Das Tatbestandsmerkmal „offensichtlich verkehrsgünstiger” ist einer Formulierung des BFH im Urteil vom 10. Oktober 1975 VI R 33/74 (BStBl II 1975, 852) entnommen (dort „offenkundig verkehrsgünstiger”) und ist durch das „Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften – Steueränderungsgesetz 2001 ” vom 20. Dezember 2001 ( StÄndG 2001 , BGBl 2001 I S. 3794) in den Gesetzestext aufgenommen worden. Bis zum Jahr 2000 sprach das Gesetz von der „kürzesten benutzbaren Straßenverbindung”. Mit Einführung der Entfernungspauschale (anstelle einer nach Fahrzeugarten gestaffelten Kilometerpauschale) ab dem Veranlagungszeitraum 2001 entfiel im Gesetzestext das Wort „benutzbar”, obwohl der Gesetzgeber in diesem Bereich keine Änderung gegenüber der bisherigen Regelung beabsichtigte (vgl. Gesetzentwurf der damaligen Koalitionsfraktionen vom 10. Oktober 2000 zum Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale, BT-Drs. 14/4242, 6). Mit der jetzigen Formulierung, die vom Finanzausschuss in den Regierungsentwurf zum StÄndG 2001 eingefügt worden ist, sollte klargestellt werden, dass die bis 2000 geltenden Rechtslage weiter fortbesteht (Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 14/7341, S 10). Für die Frage, wann eine Straßenverbindung „offensichtlich verkehrsgünstiger ist”, ist somit weiterhin das BFH-Urteil vom 10. Oktober 1975, auf dass der Finanzausschuss Bezug genommen hat, heranzuziehen (so auch BFH-Beschluss vom 10. April 2007 VI B 134/06, BFH/NV 2007, 1309).
    Nach der Auslegung des BFH im Urteil vom 10. Oktober 1975 kann eine längere Strecke als die kürzeste Straßenverbindung dem Werbungskostenabzug dann zu Grunde gelegt werden, wenn der Arbeitnehmer auf diese Weise die Arbeitsstätte trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher erreicht. Zum Umfang einer Zeitersparnis durch die Wahl einer anderen als der kürzesten Straßenverbindung hat sich der BFH weder in dieser Entscheidung noch im Beschluss vom 10. April 2007 ausdrücklich geäußert. Im Urteil vom 10. Oktober 1975 hat er jedoch darauf abgestellt, welche Straßenverbindung im Rahmen des Zumutbaren für den Steuerpflichtigen benutzbar sei. Nachdem der BFH im Beschluss vom 10. April 2007 die Auslegung des Merkmals „offensichtlich verkehrsgünstiger” ausdrücklich als durch das Urteil vom 10. Oktober 1975 geklärt bezeichnet hat, ist davon auszugehen, dass der BFH hiervon nicht abweichen wollte, sondern das Maß der Zumutbarkeit weiterhin den Maßstab dafür bildet, welche kilometermäßig kürzere, aber zeitlich längere Fahrtstrecke im Rahmen der Entfernungspauschale noch zu Grunde zu legen ist und welche nicht. Nach diesem Maßstab hat der BFH im Urteil vom 10. Oktober 1975 die Beurteilung der Vorinstanz ( Hessisches FG, Urteil vom 13. November 1973 VIII a 548/71, EFG 1974, 201), die 7 km längere Autobahnstrecke sei wegen der schnelleren und pünktlicheren Erreichbarkeit der Arbeitsstätte (nach dem Tatbestand im Urteil des Hessischen FG: 20 bis 30 Minuten kürzer) offenkundig verkehrsgünstiger als die Straßenverbindung durch die Innenstadt, gebilligt.
    Vor diesem Hintergrund ist der Senat der Auffassung, dass eine nur unwesentliche Zeitersparnis nicht dazu führt, dass eine gegenüber der kürzesten Straßenverbindung tatsächlich benutzte längere Strecke bei der Berechnung der Entfernungspauschale zu Grunde gelegt werden kann. Dies wird durch den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG, der von „offensichtlich verkehrsgünstiger” und nicht nur von (schlicht) „verkehrsgünstiger” spricht, bestätigt.
    2.3. Bei Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt sich folgendes: Ausweislich der vom Finanzamt herangezogenen Routenplaner (www.viamichelin.de; www.falk.de) hat die kürzeste, ab A-Dorf […] über die B […] führende Straßenverbindung zwischen der Wohnung des Kl. in T […] und seiner Arbeitsstätte in N […] eine Länge von ca. 33 km. Dasselbe Ergebnis ergibt sich nach den vom Gericht herangezogenen Routenplanern (maps.google.de; www.de.map24; www.falk.de; www.viamichelin.ch/viamichelin/deu) und wird auch vom Kl. nicht bestritten. Die vom Kl. benutzte, über die A […] und anschließend die B […] führende Strecke weist demgegenüber nach allen herangezogenen Routenplanern eine Länge von ca. 41 km auf. Die einzelnen Routenplaner weisen für diese Strecken die folgenden Fahrzeiten aus:
    www.michelin.de www.falk.de (FA) maps.goole.de www.de.map24 www.falk.de (FG) www.michelin.ch
    kürzeste Strecke 37 min 45 min 33 min 40 min 37 min 38 min
    benutzte Strecke 31 min 42 min 33 min 38 min 32 min 31 min
    Differenz 6 min 3 min 0 min 2 min 5 min 7 min
    Die durchschnittliche Zeitersparnis je Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und umgekehrt beträgt damit 3,83 min. Hiermit ungefähr übereinstimmend hat der Prozessbevollmächtigte des Kl. im Einspruchsverfahren eine Fahrtzeitverkürzung von 5 Minuten angegeben. Eine sich in diesem Rahmen bewegende längere Fahrtzeit bei Benutzung der kürzesten Strecke hält sich auch dann, wenn man eine Mindestzeitersparnis von täglich (also für Hinund Rückfahrt) 30 min (so aber FG Düsseldorf, Urteil vom 23. März 1 2007 K 3285/06 E, EFG 2007, 1014) nicht für erforderlich halten sollte, jedenfalls im Rahmen des Zumutbaren. Dass die vom Kl. benutzte Strecke von diesem möglicherweise als angenehmer und stressfreier empfunden wird, spielt nach den dargelegten Maßstäben für die Beurteilung einer Strecke als „offensichtlich verkehrsgünstiger” keine Rolle (FG Düsseldorf in EFG 2007, 1014; FG Nürnberg, Urteil vom 5. April 1977 III 100/75 , Deutsches Steuerrecht – DStR – 1977, 575). Dasselbe gilt für die möglicherweise gegenüber der Benutzung der Autobahn gesteigerte Unfallgefahr (FG Düsseldorf in EFG 2007, 1014; FG Nürnberg in DStR 1977, 575), und zwar auch, soweit sich der Kl. (im Einspruchsverfahren) insoweit auf die Gefahren eines Reifendefektes während der Hopfenernte beruft, zumal dies allenfalls während eines geringen Teil des Jahres der Fall ist.
    Die vom Kl. erzielte Zeitersparnis durch die von ihm benutzte Strecke rechtfertigt es daher nicht, die weitere Entfernung im Rahmen der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zu berücksichtigen.
    3. Das Finanzamt hat die Aufwendungen für die Überarbeitung der Türen zutreffend nur zur Hälfte steuermindernd nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr 2006 geltenden Fassung berücksichtigt.
    3.1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG in der erstmals für im Veranlagungszeitraum 2006 geleistete Aufwendungen geltenden Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 ( BGBl 2006 I S. 2878) (§§ 52 Abs. 50b Satz 2 EStG) ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, mit Ausnahme der nach dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW Förderbank geförderten Maßnahmen, auf Antrag um 20 %, höchstens 600 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen.
    3.2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt, soweit die Handwerkerleistungen nicht im inländischen Haushalt des Kl., sondern in der Werkstatt des Handwerksbetriebs ausgeführt wurden. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit klar und eindeutig und der vom Kl. gewünschten Auslegung nicht zugänglich.
    Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in ihr zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und aus dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Der Feststellung des zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willen des Gesetzgebers dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung) (vgl. BFH-Urteil vom 17. März 1992 IX R 55/90, BStBl II 1993, 17 m.w.N.).
    Nach dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut muss die Handwerkerleistung „in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden” und es ist nicht ausreichend, dass die Handwerkerleistungen „für einen inländischen Haushalt” erbracht wird. Im Haushalt bedeutet in der privaten Wohnung bzw. dem Privathaus nebst Zubehörräumen und Garten (Hessisches FG, Urteil vom 1. November 2007 4 K 1048/07, juris; Glanegger in Schmidt, EStG, 28. Aufl., § 35 a Rz. 12; Köhler in Bordewin/ Brandt, EStG, § 35a Rz. 21). Aus der Systematik der Vorschrift ergibt sich nichts Entgegenstehendes.
    Dieser Auslegung der Vorschrift nach ihrem Wortlaut und der Systematik entspricht auch die Gesetzesbegründung für die Einfügung des § 35a in das EStG. Im Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit des Deutschen Bundestages vom 14. November 2002 (BT-Drs. 15/91, 19) wird in der Begründung zur Einfügung des § 35a EStG ausgeführt, dass aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Steuerermäßigung nur gewährt wird, wenn das haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnis in einem inländischen Haushalt ausgeübt bzw. die haushaltsnahe Dienstleistung in einem inländischen Haushalt erbracht wird. Weiter wird ausgeführt, dass die Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsplatz” eine steuerliche Förderung von Dienstleistungen in privaten Haushalten vorgeschlagen hat, um einen Anreiz für Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt und die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen zu schaffen und die Schwarzarbeit in diesem Bereich zu bekämpfen (vgl. Bericht des Ausschusses a.a.O.; BFH-Urteil vom 20. November 2008 VI R 14/08, BStBl II 2009, 307). Daher fallen auch nach den Gesetzesmaterialien Tätigkeiten, die außerhalb des Privathaushalts des Auftraggebers ausgeübt bzw. erbracht werden, nicht in den Bereich der Steuerermäßigung des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG. Der Hinweis des Kl. auf die Gesetzesbegründung zu Art. 1 Nr. 13 b) des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung (BT-Drs. 16/643 vom 14. Februar 2006, 10 und BT-Drs. 16/753 vom 23. Februar 2006, 11), durch den die Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer auf alle handwerklichen Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt, ausgedehnt wurde, greift demgegenüber nicht. Die dortigen Ausführungen befassen sich nicht mit dem Ort der Leistungserbringung, sondern beschreiben den zur Inanspruchnahme der Steuerermäßigung berechtigten Personenkreis, indem sie klarstellen, dass dies sowohl Mieter als auch Eigentümer sein können, solange sich die Handwerkerleistung auf die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung bezieht.
    Zudem besteht für eine weitergehende Auslegung des § 35a Abs. 2 EStG auch deshalb kein Raum, weil die Vorschrift gesetzessystematisch eine Lenkungsnorm darstellt; sie bewirkt nicht nur eine Ausnahme von dem in § 12 EStG zum Ausdruck kommenden Grundsatz des EStG, dass Aufwendungen für die Lebensführung die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht vermindern dürfen, sondern sie gewährt eine direkte Subvention für bestimmte vom Steuerpflichtigen in Anspruch genommene Dienstleistungen, die nicht der Sphäre der Einkünfteerzielung zuzuordnen sind (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. September 2004 4 K 2030/04, EFG 2004, 1769). Deshalb hat sich ihre Anwendung eng an den in der Gesetzesbegründung umschriebenen Förderzweck zu orientieren, da Ausnahmevorschriften eng auszulegen sind (vgl. BFH-Urteil vom 4. November 1986 VIII R 1/84, BStBl II 1987, 259). Der in der Gesetzesbegründung umschriebene Förderzweck beschränkt sich jedoch – wie ausgeführt – auf die Bekämpfung der Schwarzarbeit im Bereich „Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt”.
    3.3. Inwieweit – hiervon teilweise abweichend und in Anlehnung an die Verwaltungsauffassung zur Erfüllung von Nebenpflichten außerhalb des Haushaltes im Zusammenhang mit haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen und Dienstleistungen (BMF-Schreiben vom 3. November 2006 IV C 4-S 2296b-60/06, BStBl 2006 I S. 711 Tz. 9) – eine Handwerkerleistung als begünstigt angesehen werden kann, wenn sie lediglich eine Nebenleistung zur geschuldeten, im Haushalt erbrachten Hauptleistung des Handwerkers darstellt, braucht nicht entschieden zu werden. Denn die im Streitfall geschuldete Hauptleistung war die – außerhalb des Haushalts in der Werkstatt – ausgeführte Kürzung der Türen, während der Ein- und Ausbau der Türen lediglich zur Durchführung dieser Hauptleistung notwendige Nebenleistungen darstellten.
    3.4. Anhaltspunkte dafür, dass die damit vom Finanzamt dem Grunde nach zu Recht vorgenommene und mangels näherer Angaben im Wege der Schätzung (§ 162 Abs. 1 AO) durchgeführte Aufteilung der Aufwendungen in unzutreffender Höhe erfolgte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der auf den Ein- und Ausbau der Türen entfallende Anteil der Aufwendungen tatsächlich höher ist als vom Finanzamt geschätzt.
    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    5. Die Revision war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (§ 115 Abs. 2 FGO) nicht vorlagen.
    6. Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (90 Abs. 2 FGO).

    RechtsgebietFGOVorschriftenFGO § 56 Abs. 1 EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG § 35a Abs. 2