08.01.2010
Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 20.07.2000 – II 412/99
Ein im Beitrittsgebiet gelegenes Grundstück, das mit einem in der DDR als Kindergarten genutzten und zum Bewertungsstichtag - aufgrund fehlender Räume, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung auf Dauer zugeführt werden könnten - unbewohnbaren Einfamilienhaus bebaut ist, kann als unbebautes Grundstück fortzuschreiben sein.
Im Namen des Volkes hat der II. Senat des Thüringer Finanzgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2000 für Recht erkannt:
1. Der Einheitswertbescheid über die Art- und Wertfortschreibung des im Grundbuch von A-Dorf, Blatt 000, Flur 2, Flurstück 000 und 000, verzeichneten Grundstücks, Auf dem Berg 7, vom 20. Mai 1999, geändert durch Bescheid vom 23. Juni 1999, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. April 2000 wird zum Bewertungsstichtag 1. Januar 1994 dahingehend geändert, dass dessen Art vom Einfamilienhaus zum unbebauten Grundstück und dessen Einheitswert auf 2.000 DM fortgeschrieben wird.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist die Bewertung eines Grundstücks, das mit einem gegenwärtig nicht als Einfamilienhaus genutztem Gebäude bebaut ist.
Die Kläger erwarben in 1993 das im Jahr zuvor auf die Mutter des Klägers nach dem Vermögensgesetz rückübertragene Grundstücke, Tal, Ortsteil A-Dorf, Auf dem Berg 7 (vormals Dorfstraße 85), Flur 2, Flurstücke 000 und 000 mit 2308 m². Nutzen und Lasten gingen mit Übergabe auf die Erwerber über. Bei dem Haus handelt es sich um ein in 1938/1939 als Einfamilienhaus errichtetes Gebäude, bestehend aus Keller/Souterrain, Erdgeschoss mit Anbau (1970), 1. Stock und teilweise ausgebautem Dachgeschoss. Das Gebäude wurde zu DDR-Zeiten als Kindergartengebäude genutzt. Ein Einheitswert war für das Grundstück nicht mehr festgesetzt, da es in das Eigentum des Volkes überführt worden war.
Das Finanzamt führte gegenüber der Mutter des Klägers eine bestandskräftige Neuveranlagung auf den 1. Januar 1993 mit der sich zum 1. Januar 1940 aus den Bewertungsakten ergebenden Grundstücksart „Einfamilienhaus” mit einem Einheitswert in Höhe von 18.400 DM durch (Bl. 3 R und 9 der Bewertungsakten).
In 1994 übertrug der Kläger den ihm gehörenden Anteil des Grundstücks auf die Klägerin. Unter Berufung auf einen gegenüber dem Vater des Klägers ergangenen Grundsteuermessbescheid aus dem Jahre 1940, woraus sich eine Einheitswertfestsetzung für den Bauplatz, „Straße der …” in Höhe von 2300,– Reichsmark ergibt, beantragte die Klägerin in 1996 die Festsetzung des Einheitswertes für das Hausgrundstück in dieser Höhe. Zum Nachweis des nach ihrer Auffassung nicht mehr bewohn- und nutzbaren Gebäudes lies sie ein Gutachten durch einen Architekten erstellen, das den Bautenzustand in 1993 und 1998 u.a. mit Fotos dokumentierte (Bl. 40 bis 54 der Bewertungsakten). Nach der Aussenansicht der in 1993 aufgenommenen Fotos erscheint das Haus weitgehend unversehrt. Zwischen den Parteien unstreitig lassen die vom Innenbereich aufgenommenen Fotos jedoch umfangreiche Wasserschäden an den Zimmerdecken im Ober- bzw. Dachgeschoss erkennen. Der Deckenputz ist dort stellenweise durch die Wassereinwirkung herabgefallen, die Dachbalken um den Kamin herum und im Bereich der Mittelpfette sowie Bretterverschalungen sind erkennbar angefault, der Kamin ist versottet. Die Schäden, insbesondere die Durchfeuchtungen an den Decken, sprechen für eine zerstörte Dacheindeckung. In dem später errichteten Anbau fehlt der Estrich. Dessen Boden und ca. 1/3 der Wandhöhe zeigen aufsteigende Feuchtigkeit. Heizung und Elektroinstallation waren nach der Beschreibung im Gutachten und auf den Fotos erkennbar unbrauchbar, so dass nach Auffassung des Gutachters das Haus nicht mehr bewohnbar sei.
In 1994/1995 wurde das Gebäudeäußere zum Schutz vor weiterem Verfall instandgesetzt. Das Dach wurde saniert und neue Fenster eingebaut. Danach begann die Wiederherstellung des Innenraums (Abriss von Fußböden, Installationsarbeiten, Trockenbau). Diese Arbeiten sind nach den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung überreichten Fotos aus dem Jahr 1999 noch nicht abgeschlossen.
Das Finanzamt (FA) folgte dem Gutachten nach Besichtigung des Gebäudes durch seinen Bausachverständigen im April 1999 nur insoweit, als es das Gebäude im Bescheid vom 20. Mai 1999 zum 01. Januar 1994 auf Grund der Schäden nicht mehr als Einfamilienhaus, sondern im Wege der Wert- und Artfortschreibung als sonstiges bebautes Grundstück (Lagergebäude) bewertete. Den Einheitswert setzte es auf 16.200 DM fest. Die Zurechnungsfortschreibung auf die Kläger führte es zu diesem Zeitpunkt noch nicht durch. Auf den Bericht zur Prüfung der Wertfortschreibung Bl. 57 bis 65 der Bewertungsakte wird Bezug genommen.
Mit beim Beklagten am 2. Juni 1999 eingegangenem Schreiben erhoben die Kläger Einspruch gegen den Bescheid. Zur Begründung beriefen Sie sich auf § 72 des Bewertungsgesetzes (BewG), wonach das Gebäude seit 1992 leer und unbewohnbar sei. Da es nicht mehr benutzt werden könne liege ein unbebautes Grundstück vor. Mit Änderungsbescheid vom 23. Juni 1999 führte das FA die bislang unterbliebene Zurechnungsfortschreibung durch. Die im Bescheid vom 20. Mai 1999 über den Wert und die Art des Grundstücks getroffenen Feststellungen wiederholte es in dem Änderungsbescheid (Bl. 78 der Bewertungsakte). Mit Bescheid vom 23. Juni 1999 führte das FA die Zurechnungsfortschreibung auf die Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 1995 durch.
Gegen diese Bescheide legten die Kläger ebenfalls Einspruch ein.
Das FA entschied in seiner Einspruchsentscheidung über die Art- und Wertfortschreibung. In der Sache blieb der Einspruch erfolglos. Das FA führte aus, die Bewertung des Grundvermögens erfolge in den neuen Bundesländern nicht nach den §§ 68-94, sondern nach den §§ 129 ff BewG. Damit fände § 72 BewG keine Anwendung. Aber auch nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften sei bei der Bewertung des Grundvermögens zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken zu unterscheiden. Ein Grundstück mit aufstehenden Gebäuden könne nur dann als unbebautes Grundstück bewertet werden, wenn das Gebäude dem Verfall preisgegeben sei. Die Verfallsmerkmale müssten das gesamte Gebäude betreffen und so weit fortgeschritten sein, dass keine Behebung der Schäden mehr möglich sei. Demgegenüber wirkten sich behebbare Baumängel/Bauschäden sowie aufgestauter Reparaturbedarf auf Grund von unterlassenen Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten nur vorübergehend auf Art und Umfang der Gebäudenutzung aus und stellten keine wesentlichen Verfallsmerkmale dar (vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder, Bundessteuerblatt 1995 Teil 1 S. 247). Im Streitfall hätten die Kläger die von der Voreigentümerin begonnene Behebung von Bauschäden nicht fortgeführt. Die Begutachtung im April 1999 habe keine wesentlichen Verfallsmerkmale des Gebäudes ergeben, sondern nur behebbare Baumängel/Bauschäden, die 26 v. H. des Gebäudenormalherstellungswertes ausmachten. Die Behandlung als unbebautes Grundstück sei somit nicht möglich.
Ihre am 9. Dezember 1999 bei Gericht als Untätigkeitsklage eingegangene Klage begründen die Kläger mit ihrer im Vorverfahren vorgebrachten Rechtsauffassung. Die Klage sei auch zulässig. Ihr Einspruch sei am 3. Juni 1999 beim Finanzamt eingegangen und bis zur Klageerhebung am 9. Dezember 1999 nicht beschieden worden. Damit sei die 6-Monatsfrist des § 46 FGO gewahrt.
Die Kläger haben ursprünglich beantragt,
die angefochtenen Bescheide vom 20. Mai 1999 dahingehend zu ändern, dass der Einheitswert auf 2077 DM herabgesetzt wird.
Nunmehr beantragen sie,
die bisherige Bewertung dahingehend zu ändern, dass das Grundstück auf den 1. Januar 1994 als unbebautes Grundstück bewertet wird. Eine mögliche Klage gegen den Zurechnungsfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1995 halten sie nicht mehr aufrecht.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er hauptsächlich seine bereits im Vorverfahren dargelegte Rechtsauffassung an. Zudem sei die Frist nach § 46 FGO zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen. Er sei nicht untätig gewesen, da er mit dem Bausachverständigen habe Rücksprache nehmen müssen. Den Klägern sei mit Schreiben vom 23. Juni 1999 die Sach- und Rechtslage nochmals erörtert worden.
Gründe
Die Klage ist zulässig. Die Wahrung der Sechsmonatsfrist kann für die Zulässigkeit der Klage dahinstehen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bestimmt sich der für die Fristwahrung maßgebliche Zeitpunkt nicht nach der Klageerhebung, sondern nach dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung (vgl. Gräber, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 46 FGO Tz. 13). Damit kann eine verfrühte Untätigkeitsklage in die Zulässigkeit hineinwachsen, wenn – wie hier – die mündliche Verhandlung nach Ablauf der Sechsmonatsfrist stattfindet.
Die Klage ist hinsichtlich der noch streitigen Feststellungen bezüglich der Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 1994 auch begründet. Die Einordnung des Grundstücks in die Grundstückshauptgruppe „sonstiges bebautes Grundstück” der gem. § 129 Abs. 2 Nr. 2 BewG weitergeltenden Vorschrift des § 32 Abs. 1 Nr. 5 der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz (RBewDV) und der festgestellte Einheitswert in Höhe von 16.200 DM auf den 1. Januar 1994 sind rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.
Entgegen der Auffassung des Beklagten war die Art des Grundstücks nicht als sonstiges bebautes Grundstück gem. § 129 Abs. 2 Nr. 2 BewG i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 5 RBewDV fortzuschreiben. Durch den Anbau und die spätere Nutzung als Kindergarten ist das Grundstück nicht aus der Grundstückshauptgruppe „Einfamilienhaus” i.S. des § 32 Abs. 2 Nr. 4 RBewDV zum Bewertungsstichtag ausgeschieden. Hiervon ist letztlich auch der Beklagte bei der Nachveranlagung ausgegangen. Denn eine andere als die beabsichtigte Nutzung zu Wohnzwecken fand zum Zeitpunkt der Neubewertung auf den 1. Januar 1993 nicht mehr statt, sodass sich die Fortschreibung der Grundstücksart zum sonstig bebauten Grundstück auch aus diesem Grund nicht als rechtmäßig erweist. Aus den gleichen Gründen scheidet eine bei entsprechender Nutzung denkbare Bewertung als gemischtgenutztes Grundstück (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 RBewDV) aus. Das Grundstück war vielmehr auf Grund des Zustandes des auf ihm errichteten Gebäudes gem. § 129 Abs. 2 Nr. 1 BewG i.V.m. § 53 und § 10 BewG-DDR als unbebautes Grundstück zum Bewertungsstichtag fortzuschreiben.
Die für die neuen Bundesländer geltende Vorschrift des § 33a RBewDV enthält keine mit § 72 Abs. 3 BewG vergleichbare Regelung, wonach ein Grundstück auch dann als unbebautes Grundstück gilt, wenn wegen Zerstörung oder Verfalls auf Dauer benutzbare Räume nicht mehr vorhanden sind. § 33a RBewDV stellt alleine auf die Bezugsfertigkeit i.S. des Beginns der Benutzbarkeit der Räume ab. Nach dem BFH-Urteil vom 20. Juni 1975 III R 87/74 (Bundessteuerblatt –BStBl– II 1975, 803), das zu der Frage ergangenen ist, wann ein bebautes Grundstück, dessen Gebäude dem Verfall preisgegeben ist, nach der RBewDV als unbebautes Grundstück bewertet werden kann, ist die Unbenutzbarkeit eines Gebäudes erst dann gegeben, wenn eine baupolizeiliche Auflage zur sofortigen Räumung sämtlicher Wohnungen wegen Baufälligkeit oder Verwahrlosung vorliegt. In späteren, zu § 72 Abs. 3 BewG ergangenen Entscheidungen zur Benutzbarkeit von Wohnräumen infolge allmählichen Verfalls bzw. wegen Entkernung eines Gebäudes, hat der BFH zum Nachweis der objektiven Unbenutzbarkeit der Räume zu Wohnzwecken nicht mehr allein auf das Vorhandensein einer Räumungsverfügung abgestellt. Ausgehend von seiner bestimmungsgemäßen Nutzung sei ein Gebäude bereits dann i.S. des Bewertungsrechts zerstört, wenn die Zerstörung so weit fortgeschritten sei, dass keine Räume mehr vorhanden seien, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung auf Dauer zugeführt werden könnten. Dann sei ebenso wenig von einem bebauten Grundstück auszugehen wie im Falle der Errichtung eines Gebäudes, dessen Benutzbarkeit i.S. des § 72 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BewG noch nicht hergestellt sei. In beiden Fällen sei es unbeachtlich, dass das äußere Erscheinungsbild des Bauwerks den Eindruck erwecke, es handle sich um ein bebautes Grundstück; entscheidend sei vielmehr, ob zur dauernden bestimmungsgemäßen Nutzung geeigneter Raum schon bzw. noch vorhanden sei. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken seien dabei jeweils die tatsächlichen Verhältnisse an dem Stichtag, auf den eine Feststellung vorzunehmen sei. Außer Betracht bleiben müsse auch im Falle einer Zerstörung der Räume, die, wie bei einer „Entkernung” dem Abriss des Gebäudes gleichstehe, ob dieser Zustand sich nur als Zwischenstadium zur Wiederherstellung eines benutzbaren Gebäudes darstelle (Urteil vom 24. Oktober 1990 II R 9/88, Bundessteuerblatt II 1991,60). Maßgeblich sei, ob objektiv geeigneter (benutzbarer) Wohnraum noch nicht oder nicht mehr vorhanden ist (vgl. Urteil vom 23. April 1992 II R 19/92, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –NFH/NV– 1993, 84).
Nach diesen allgemein geltenden Grundsätzen, die auch im Rahmen des § 33a RBewDV heranzuziehen sind, ist das Gebäude zur Überzeugung des Senats im Streitfall auf Grund der dokumentierten Schäden zum Bewertungsstichtag 1. Januar 1994 objektiv auf Dauer nicht mehr zu Wohnzwecken nutzbar und als unbebautes Grundstück zu bewerten.
Eine ersatzweise Einordnung in eine andere Grundstückshauptgruppe bebauter Grundstücke, wie sie der Beklagte vorgenommen hat, weil sich das Gebäude auch nach seiner Auffassung zum Bewertungsstichtag nicht mehr zu Wohnzwecken eignete, verbietet sich nach Auffassung des Senats. Zwar beinhalten die §§ 32 bis 33a RBewG keine Legaldefinition eines „bebauten Grundstücks”, wie sie in § 74 Abs. 1 BewG vorhanden ist. Gleichwohl entsprechen sich die Normen aber (vgl. Viskorf/Glier/Knobel, Kommentar zum Bewertungsrecht, 4. Aufl. 1998, § 129 BewG Rdnr. 62 f.) Entsprechendes gilt für den Begriff des bebauten Grundstücks, der nur einheitlich ausgelegt werden kann. Danach ist bei Bestimmung der Grundstücksart, wie bei § 74 Abs. 1 BewG, nicht isoliert auf ein Grundstück, auf dem sich ein Bauwerk befindet, das den Gebäudebegriff erfüllt, abzustellen, sondern auch auf dessen bestimmungsgemäße Nutzbarkeit. So hat der Bundesfinanzhof unter Heranziehung der Bestimmung des § 16 Abs. 3 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) zur Abgrenzung zwischen Nutzbar- bzw. Unbenutzbarkeit einer Wohnung ungeachtet deren tatsächlichen Nutzung entschieden, dass ein Raum oder Gebäudeteil u.a. auf Dauer nicht mehr benutzbar ist, wenn er sich in einem Zustand befindet, der aus Gründen der Bau- und Gesundheitsaufsicht eine dauernde, der Zweckbestimmung entsprechende Benutzung des Raumes nicht mehr gestattet (BFH-Urteil vom 23. April 1992 II R 19/89, BFH/NV 1993 84). Sollte der Erlass vom 7. März 1995 (BStBl I 1995, 247) dahingehend zu verstehen sein, dass ein unbebautes Grundstücks wegen Verfalls der Bausubstanz nur dann angenommen werden kann, wenn die gesamte Bausubstanz Schäden an den konstruktiven Teilen des Gebäudes aufweist, hält dies der erkennende Senat angesichts der vom Bundesfinanzhof entschiedenen Sachverhalte für zu einseitig. Denn nach der dargestellten Rechtsprechung kommt es auf das äussere Erscheinungsbild des Bauwerks allein nicht an, da darauf abzustellen ist, ob zur dauernden bestimmungsgemäßen Nutzung geeigneter Raum noch vorhanden ist (BFH-Urteil vom 24. Oktober 1990 II R 9/88, a.a.O.).
An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall. Der Senat lässt sich dabei weder von den Feststellungen des Privatgutachtens noch vom Bericht des Bausachverständigen des Beklagten vom 19. April 1999 noch von den späteren Fotos der Kläger leiten. Maßgeblich für seine Beurteilung ist allein der Bauzustand der Substanz, wie er sich aus den in 1993/1994 aufgenommenen Fotos vor dem Beginn der Sanierungsarbeiten ersehen lässt. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung geben nur diese den zum Bewertungsstichtag maßgeblichen Bauzustand wieder. Die durch das eindringende Wasser hervorgerufenen Schäden an Decken und Wänden im Zusammenwirken mit den übrigen Schäden an den Installationen gehen über das Maß von Schäden hinaus, die sich nur vorübergehend auf Art und Umfang der Gebäudenutzung auswirken. So ist selbst der Beklagte der Auffassung, dass das Gebäude nicht entsprechend seiner Bestimmung als Wohnhaus genutzt werden kann. Denn er hat es als sonstiges bebautes Grundstück bewertet. Um ein nicht winterfestes Wochenendhaus oder ein Garagengrundstück i.S. des Begriffs der sonstigen bebauten Grundstücke handelt es sich bei dem streitigen Gebäude jedoch nicht, sodass diese Einordnung nicht gerechtfertigt wäre (vgl. hierzu Viskorf/Glier/Knobel, a.a.O. § 76 BewG Rdnr. 37).
Der Einheitswert errechnet sich danach ausgehend vom Bodenwert des G rundstücks, der gem. § 53 i.V.m. § 10 BewG-DDR mit dem Preis anzusetzen ist, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, gem. § 30 BewG abgerundet mit 2000 DM – Bodenwert in Höhe von 0,90 DM m² für 2.308 m² Grundstücksfläche –. Insoweit folgt der Senat dem vom Beklagten seiner Bewertung zu Grunde gelegten Wertansatz, da er diesen unter Berücksichtigung der für A-Dorf zum 1. Januar 1935 geltenden Bodenrichtwerte unter Beachtung der Unterscheidung von Vorder- und Hinterland errechnet hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.