08.01.2010
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 30.01.2003 – 2 K 1997/01
1. Hat ein Steuerpflichtiger ein Wirtschaftsgut zulässigerweise seiner betrieblichen Betätigungen und damit seinem Betriebsvermögen i.S.v. § 4 Abs. 1 EStG zugeordnet, so verliert das Wirtschaftsgut seine Eigenschaft als (notwendiges oder gewillkürtes) Betriebsvermögen nur durch eine Auflösung des sachlichen oder persönlichen Zusammenhanges mit dem Betrieb.
2. Eine Nutzungsänderung, durch die das Wirtschaftsgut zwar seinen Charakter als notwendiges Betriebsvermögen verliert, jedoch nicht zum notwendigen Privatvermögen wird, ist ohne eindeutige Entnahmeerklärung des Steuerpflichtigen keine Entnahme des Wirtschaftsguts.
3. Bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken führt allein das brachliegen, die Einbringung der Grundstücke in eine Baulandumlegungsverfahren oder gar die Bebauung mit einem Mietshaus oder vermieteten Einfamilienhäusern nicht zu einer Entnahme aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen.
4. Wird ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück mangels zivilrechtlichen Eigentums zu Unrecht in der Bilanz aktiviert, ist die Ausbuchung des Grundstücks als gewinnneutrale Bilanzberichtigung aufzufassen.
5. Indizien für die Abgrenzung von Entnahme und Bilanzberichtigung.
Die Einkommensteuerbescheide für 1990 und 1991 vom 05.05.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.11.1998 werden dahin abgeändert, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft jeweils um die vom Beklagten angesetzten Entnahmegewinne verringert und die Einkommensteuern für 1990 und 1991 entsprechend herabgesetzt werden.
Die Neuberechnung der Einkommensteuern hat der Beklagte vorzunehmen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger ist von Beruf Landwirt, die Klägerin landwirtschaftliche Hilfskraft. Die Kläger streiten mit dem Beklagten (das Finanzamt, - FA -) im Rahmen der ESt-Veranlagungen für die Kalenderjahre 1990 und 1991 darüber, ob das FA zu Recht von einer Entnahme der Grundstücke A Straße 13 und 21 in der Gemeinde D. aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Kläger zum 1.7.1991 ausgegangen ist und ob das FA infolgedessen zu Recht einen Entnahmegewinn von rund x00.000,-- DM im Wirtschaftsjahr 1990/1991 angesetzt und der Besteuerung in den Streitjahren unterworfen hat. Im einzelnen liegt dem Rechtsstreit der folgende Sachverhalt zugrunde:
Die streitbefangenen Grundstücke, die im Grundbuch von D. in Band xx, Blatt xxxx als Flurstück xx, Flurstücke xxx und xxx, vormals F. Straße 13 und 21 bezeichnet sind, standen bis 1954 im Eigentum der Landwirtseheleute W. und L. G., das sind die Eltern der Klägerin, die darauf und auf weiteren Grundstücken einen landwirtschaftlichen Betrieb gemeinsam unterhielten. Nach dem Tode des W. G. in 1954, der von seiner Ehefrau und seiner Tochter, der Klägerin beerbt wurde, führten L. G. und ihre Tochter in ungeteilter Erbengemeinschaft den landwirtschaftlichen Betrieb zunächst fort. 1958 heiratete die Klägerin den Landwirt A. K., den Kläger. Seit 1.10.1959 wird das landwirtschaftliche Unternehmen vom Kläger geführt. Von ihm wurden seitdem nach Aktenlage die nach § 13a EStG ermittelten landwirtschaftlichen Einkünfte erklärt und versteuert. Nach Angaben des FA im Schriftsatz vom 20.9.2001 lag der Nutzungsüberlassung an den Kläger ein Pachtvertrag mit L. G. zugrunde. Bei dem Pachtvertrag handelte es sich offenbar um einen sog. Landpachtvertrag, der dem zuständigen Landwirtschaftsamt gemäß § 3 Abs. 1 des Landpachtgesetzes vom 25.6.1952 rechtzeitig angezeigt wurde (vgl. Anlage 31 zum Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 6.6.2001. Der Pachtvertrag liegt den Beteiligten nicht mehr vor.
Ab 1969/1970 fand in der Gemeinde D. ein Umlegungsverfahren statt, aus dem die beiden streitbefangenen Grundstücke als Bauplätze hervorgingen, nunmehr unter der Bezeichnung A. Straße 13 (mit 539 qm) und 21 (mit 546 qm). Auch nach der Umlegung standen diese beiden Grundstücke noch im Eigentum der ungeteilten Erbengemeinschaft L. G. und M. K (Klägerin). Seit der Umlegung wurden beide Grundstücke landwirtschaftlich nicht mehr genutzt und lagen brach.
Auf dem Grundstück A Straße 21 wurde 1974 ein 3-Familienhaus errichtet und seitdem fremdvermietet. Als Bauherren traten dabei die Eheleute K., die Kläger, auf. Wer den Bau finanziert hat, lässt sich den vorgelegten Akten nicht entnehmen. Seit 1974 erklären die Kläger die Einkünfte aus diesem fremdvermieteten Grundstück unbeanstandet als solche aus Vermietung und Verpachtung. In den Vermögensteuererklärungen des Klägers erscheint das Grundstück seitdem als solches des Grundvermögens (nicht: land- und forstwirtschaftliches Vermögen).
1978 schlossen L. G. und ihre Tochter M. K. einen Übergabe- und Auseinandersetzungsvertrag, mit welchem L. G. die ihr allein gehörenden sowie die im Eigentum der Erbengemeinschaft stehenden Grundstücke, u.a. auch die streitbefangenen, der Klägerin M. K. zu Alleineigentum unentgeltlich übertrug. Die Erbengemeinschaft war damit auseinandergesetzt. Eine Regelung über den landwirtschaftlichen Betrieb traf der Vertrag dagegen nicht.
Im Jahre 1979 bebauten die Kläger als Bauherren sodann das Grundstück A. Straße 13 mit einem Zweifamilienhaus. Die Wohnung im Obergeschoss wurde fremdvermietet, die Wohnung im Erdgeschoss der Mutter des Klägers unentgeltlich überlassen. Die Einkünfte aus der fremdvermieteten Wohnung wurden seitdem als solche aus Vermietung und Verpachtung erklärt, das Grundstück selbst als Grundvermögen.
Nach Darstellung der Kläger hatte der damalige und inzwischen verstorbene Steuerberater X den Auftrag erhalten, die beiden streitbefangenen Grundstücke noch im unbebauten Stadium aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zu entnehmen. Dem kam Steuerberater X nach Ansicht der Kläger pflichtwidrig nicht nach, weshalb sie auch eine Schadensersatzklage gegen seine Erben anhängig gemacht haben, die bis zum Abschluss des vorliegenden Klageverfahren vom Landgericht W. ausgesetzt wurde.
Nachdem der Kläger in 1981 buchführungspflichtig wurde, stellte Steuerberater X. die beiden streitbefangenen Grundstück in die sog. Eröffnungsbilanz zum 1.7.1981 als Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers ein und führte sie entsprechend fort, obwohl der Kläger zivilrechtlich nicht deren Eigentümer war. Zugleich wurden aber weiterhin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt und bei der Vermögensbesteuerung Grundvermögen. Bei der Einheitswertfeststellung des landwirtschaftlichen Betriebes wurden die streitbefangenen Grundstücke nicht mit umfasst.
Im Zusammenhang mit der ESt-Erklärung für 1990 enthielt die Anlage L zu den Einkünften des Klägers aus dem von ihm geführten landwirtschaftlichen Betrieb in den Zeilen 51 bis 58 („Veräußerung/Entnahme von Grundstücken”) hinsichtlich der beiden streitbefangenen Grundstücke neben der Angabe der Gesamtgröße die Eintragung: „Tag der Veräußerung/Entnahme 1980” sowie den Gesamtbuchwert der beiden Grundstücke. In der Bilanz zum 30.6.1991 wurden die beiden Grundstücke mit dem Buchwert (ohne Aufdeckung von stillen Reserven) lediglich mit dem Hinweis „Abgänge” ausgebucht.
Die ESt-Veranlagungen für 1990 und 1991 wurden daraufhin zunächst ohne Abweichung von den Erklärungen, insbesondere ohne Erfassung von Entnahmegewinnen, durchgeführt, wobei beide Bescheide für 1990 und für 1991 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) ergingen.
Nach einer von 1995 bis 1998 für die Kalenderjahre 1989 bis 1993 durchgeführten Außenprüfung vertrat die Betriebsprüfung (BP) die Auffassung, die oben geschilderten Angaben der Kläger in der Anlage L für 1990 sei als Entnahme der streitbefangenen Grundstück zum 1.7.1991 zu werten und die entsprechenden Entnahmegewinne im Wirtschaftsjahr 1990/1991, mithin bei den ESt-Veranlagungen für 1990 und 1991, anteilig bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen. Weil die Grundstücke jedoch im Alleineigentum der Klägerin standen, die nach außen hin niemals als Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes aufgetreten war, vertrat die BP zusätzlich die Meinung, beide Kläger seien als Mitunternehmer des vom Kläger geführten landwirtschaftlichen Betriebes zu behandeln, die Grundstücke seien folglich aus dem landwirtschaftlichen Sonderbetriebsvermögen der Klägerin entnommen worden. Bei der Berechnung der Entnahmegewinne ging die BP davon aus, dass das in 1979 auf dem Grundstück A Straße 13 errichtete 2-Familienhaus nur zu 74 % im Sonderbetriebsvermögen der Klägerin stand, weil die Erdgeschosswohnung der Mutter des Klägers unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden und damit Privatvermögen war. Bei der Ermittlung des Entnahmegewinns für das Grundstück A Straße 21 setzte die BP das in 1974 von den Klägern errichtete 3-Familienhaus nur zu 50 % als Sonderbetriebsvermögen der Klägerin an, weil das dem Kläger zuzurechnende Nutzungsrecht (anteiliges Gebäude auf fremdem Grund und Boden) in dessen Privatvermögen entstanden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den BP-Bericht vom 11.12.1998 Bezug genommen.
Das FA folgte dieser Auffassung, änderte die ESt-Bescheide für 1990 und 1991 unter Auswertung des BP-Berichts und setzte die ESt mit den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden für 1990 auf xxx,-- DM und für 1991 auf yyy,-- DM fest. Dabei legte das FA allerdings, insoweit abweichend vom den rechtlichen Ausführungen im BP-Bericht, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Klägers als Einzelunternehmer unter Einbezug der Entnahmegewinne für 1990 in Höhe von 369.438,-- DM und für 1991 in Höhe von 339.118,-- DM zugrunde.
Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch machten die Kläger, wie schon im BP-Verfahren, geltend, die beiden Grundstücke seien auf der Grundlage der Erlassregelung in den BMF-Schreiben vom 15.3.1979 (BStBl I 1979, 162) und vom 20.3.1998 (BStBl I 1998, 356) mit Eintritt der Nutzungsänderung in den Jahren 1974 und 1979 als entnommen zu behandeln. Das FA folgte dem nicht und wies den Einspruch insoweit als unbegründet zurück.
Mit der vorliegenden rechtzeitig erhobenen Klage machen die Kläger im wesentlichen geltend, die streitbefangenen Grundstücke seien bereits mit der Nutzungsänderung durch Umlegung, Bebauung und Fremdvermietung aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Die Ausbuchung in 1990 zu Buchwerten sei als erfolgsneutrale Bilanzberichtigung zu werten. Hilfsweise sei davon auszugehen, dass die streitbefangenen Grundstücke zum 30.6.1981 mit den Teilwerten einzubuchen seien. Außerdem sei nach wie vor die o.a. Erlassregelung einschlägig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1990 und 1991 vom 5.5.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.11.1998 dahin abzuändern, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um die mit den angefochtenen Verwaltungsakten erfassten Entnahmegewinne verringert und die Einkommensteuern für 1990 und 1991 entsprechend herabgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA erließ im Verlaufe dieses Klageverfahrens auf gerichtlichen Hinweis in Bezug auf die von der BP angenommene Mitunternehmerschaft zunächst Feststellungsbescheide, die beim erkennenden Senat unter dem Az. XYZ angegriffen wurden. Nach einem Erörterungstermin in jenem Verfahren hob das FA diese Feststellungsbescheide vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BFH zur Ehegattenmitunternehmerschaft bei Landwirten wieder auf, weil zwischen den Klägern weder mündlich noch schriftlich ein Gesellschaftsverhältnis vereinbart worden sei und der geringe Flächenbeitrag des Klägers, weit über 90% des landwirtschaftlichen Grundbesitzes standen im Alleineigentum der Klägerin, eine stillschweigende Mitunternehmerschaft nicht begründen könne.
Das FA vertritt nunmehr die Auffassung, die streitbefangenen Grundstücke seien Teil des Betriebsvermögens eines landwirtschaftlichen Einzelbetriebs (Verpachtungsbetrieb) der Klägerin gewesen. Die in 1990 für den Einzelbetrieb des Klägers erklärte Entnahme sei ihrem Einzelbetrieb zuzurechnen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Dem Gericht lagen folgende Akten des FA vor, auf deren Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird:4 Bände ESt-Akten, 2 Bilanzhefte, 1 Band Vermögensteuerakten, 1 Band Einheitswertakten, 2 Sonderbände BP-Akten, 1 Sonderband KM/EW-Mittelungen.
Gründe
Die Klage ist begründet. Zu Unrecht hat das FA mit den angefochtenen ESt-Bescheiden für 1990 und 1991 Entnahmegewinne in Bezug auf die beiden streitbefangenen Grundstücke besteuert. Es lag weder objektiv ein Entnahmevorgang noch subjektiv eine unmissverständliche Entnahmeerklärung für diese Kalenderjahre vor.
Hat ein Steuerpflichtiger ein Wirtschaftsgut zulässigerweise seiner betrieblichen Betätigung und damit seinem Betriebsvermögen i.S. von § 4 Abs. 1 EStG zugeordnet (z.B. dadurch, dass er das Wirtschaftsgut unmittelbar für betriebliche Zwecke nutzt - notwendiges Betriebsvermögen - oder dadurch, dass er das Wirtschaftsgut dazu bestimmt, den Betrieb mittelbar durch Einnahmen in Form von Vermögenserträgen zu fördern - gewillkürtes Betriebsvermögen -), so verliert das Wirtschaftsgut seine Eigenschaft als (notwendiges oder gewillkürtes) Betriebsvermögen nur durch eine Auflösung des sachlichen oder persönlichen Zusammenhangs mit dem Betrieb (BFH-Urteil vom 31.1.1985 IV R 130/82, BStBl II 1985, 395, 397).
Die Auflösung des Zusammenhangs mit dem Betrieb kann sich auch ohne Entnahme vollziehen, wenn der Steuerpflichtige die bisherige betriebliche Nutzung eines Wirtschaftsguts auf Dauer so ändert, dass es seine Beziehung zum Betrieb verliert und dadurch zu notwendigem Privatvermögen wird (BMF, Amtliches ESt-Handbuch 2001, R 14, S. 101).
Eine Nutzungsänderung, durch die das Wirtschaftsgut zwar seinen Charakter als notwendiges Betriebsvermögen verliert, jedoch nicht zu notwendigem Privatvermögen wird, ist ohne eindeutige Entnahmeerklärung des Steuerpflichtigen keine Entnahme des Wirtschaftsguts; das gilt auch bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 und nach § 13a EStG sowie bei Vollschätzung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH gilt dies im besonderen für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Bei diesen führt allein das Brachliegen (BFH-Urteil vom 17.1.2002 IV R 74/99, BStBl II 2002, 356 m.w.N), die Einbringung der Grundstücke in ein Baulandumlegungsverfahren (BFH-Urteil vom 7.1.1996,BStBl II 1997, 245) oder gar die Bebauung mit einem Miethaus (BFH-Urteil vom 7.2.2002 IV R 32/01, BFH/NV 2002, 1135) oder vermieteten Einfamilienhäusern (BFH-Urteil vom 22.8.2002 IV R 57/00, BFH/NV 2003, 105) nicht zu einer Entnahme aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen. Das gilt selbst dann, wenn mit der Nutzungsänderung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt werden (BFH-Urteil vom 7.2.2002 IV R 32/01 a.a.O.). Die Loslösung solcher Grundstücke kann in diesen Fällen vielmehr nur durch eine eindeutige Entnahmeerklärung gegenüber dem FA erfolgen. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH regelmäßig eine Entnahmehandlung voraus, die von einem Entnahmewillen getragen ist (BFH-Urteil vom 16.3.1983 IV R 36/79, BStBl II 1983, 459; vom 31.1.1985 IV R 130/82 a.a.O.). Dafür reicht allerdings auch ein schlüssiges Verhalten des Steuerpflichtigen aus. Entscheidend ist dabei, ob das Verhalten des Steuerpflichtigen nach außen den Willen erkennen lässt, das fragliche Wirtschaftsgut fortan nicht mehr für betriebliche Zwecke einzusetzen.
Unverzichtbare Voraussetzung für eine Entnahme ist allerdings, dass das betreffende Wirtschaftsgut vorher überhaupt Bestandteil des notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögens des „entnehmenden” Steuerpflichtigen war. Bei bilanzierenden Steuerpflichtigen setzt die Aktivierung eines Wirtschaftsguts in der Bilanz zwingend voraus, dass das Wirtschaftsgut dem Vermögen des Steuerpflichtigen zuzurechnen war. Dies setzt nach den Grundsätzen des Handelsrechts, die auch für das Steuerrecht maßgebend sind, zwingend voraus, dass der Steuerpflichtige zivilrechtlich Eigentümer des Wirtschaftsguts ist (§ 39 Abs. 1 AO) oder ihm das Wirtschaftsgut als wirtschaftliches Eigentum zugerechnet werden kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO).
Im Streitfall scheitert die Annahme einer Entnahme der streitbefangenen Grundstücke aus dem Betriebsvermögen des Klägers bereits daran, dass dieser zu keinem Zeitpunkt zivilrechtlich Eigentümer oder Miteigentümer der Grundstücke war.
Bis zum Abschluss des Auseinandersetzungsvertrages von 1978 standen sie im Eigentum der ungeteilten Erbengemeinschaft L. G. und M. K., danach im Alleineigentum der Klägerin M. K.. Da nach Aktenlage auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, der Kläger könne als wirtschaftlicher Eigentümer angesehen werden, durfte eine Aktivierung dieser Grundstücke in der sog. Eröffnungsbilanz des Klägers zum 1.7.1981 nicht erfolgen. Die Grundstücke blieben, ob nun als angepachtetes oder lediglich zur Nutzung überlassenes Grundvermögen, außerhalb seines Betriebsvermögens. Die Bilanz des Klägers war insoweit von Anfang an unrichtig. Vor diesem Hintergrund konnten die Erklärungen des Klägers im Zusammenhang mit der Abgabe der ESt-Erklärung für 1990 nicht als Entnahmeerklärung verstanden werden. Denn eine Entnahmeerklärung kann als Willenserklärung nur dann nach außen hin als Äußerung eines unternehmerischen Handlungswillens in diesem Sinne ausgelegt werden, wenn sie darauf ausgerichtet ist, tatsächlich vorhandenes Betriebsvermögen zu einem bestimmten Stichtag unter Auflösung und Versteuerung von stillen Reserven in das Privatvermögen zu überführen. Die Besonderheiten des Streitfalles führen nach der Überzeugung des Senats dagegen zu der Annahme, dass die Ausbuchung der beiden Grundstücke zum 30.6.1991 als gewinnneutrale Bilanzberichtigung aufzufassen ist (vgl. zur Abgrenzung von Entnahme und Bilanzberichtigung BFH-Urteil vom 16.3.1983 IV R 36/79, a.a.O. S. 462). Dies ergibt sich bereits daraus, dass in der Anlage L zur ESt-Erklärung für 1990 als „Entnahmezeitpunkt” das Kalenderjahr 1980 angeben wurde. Damit wurde auf einen Zeitpunkt vor der erstmaligen, unrichtigen Bilanzierung zum 1.7.1981 zurückgegriffen (Rückwärtsberichtigung bis zur Fehlerquelle). Zudem wurden die Grundstücke mit dem Buchwert ohne Aufdeckung der stillen Reserven lediglich ausgebucht. Diese Handhabung entspricht den gesetzlichen Vorgaben bei einer Berichtigung eines unzutreffenden Bilanzansatzes. Auch stand die Ausbuchung in keinem Zusammenhang mit einer Nutzungsänderung der Grundstücke, denn diese wurden bereits seit ihrer Bebauung in den Jahren 1974 und 1979 nicht mehr landwirtschaftlich genutzt und die hieraus erzielten Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Sie dienten spätestens seitdem objektiv nicht mehr unmittelbar dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Außerdem wurden die Grundstücke seit ihrer Bebauung in den Vermögensteuererklärungen als privates Grundvermögen erklärt und vom FA auch so behandelt. Aus der Sicht eines objektiven Dritten konnten die Angaben der Kläger in der ESt-Erklärung für 1990 danach nicht als eine unmissverständliche Entnahme eines Wirtschaftgutes aus einem Betriebsvermögen aufgefasst werden. Auch denkgesetzlich setzt die Erklärung einer Entnahme von Wirtschaftgütern voraus, dass diese überhaupt im Eigentum des Erklärenden standen und demzufolge überhaupt Gegenstand dessen Betriebsvermögens sein konnten. Damit scheidet im Streitfall eine Versteuerung von Entnahmegewinnen im Betriebsvermögen des Klägers aus.
Die wie dargestellt gerade nicht eindeutig auf eine Entnahme gerichtete Erklärung in der Anlage L zur ESt-Erklärung für 1990 kann auch nicht der Klägerin zugerechnet werden. Grundsätzlich kann ein Steuerpflichtiger nicht ohne Wissen und Wollen die Entnahme fremder Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen eines anderen Steuerpflichtigen erklären. Dies ist überhaupt nur denkbar, wenn ein Steuerpflichtiger einen anderen mit der Vornahme einer Entnahmehandlung oder -erklärung beauftragt. Im Streitfall scheitert dies bereits daran, dass weder der Kläger noch die Klägerin sich zum Zeitpunkt der angeblichen Entnahmeerklärung bewusst waren, dass die Klägerin Einzelunternehmerin eines landwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebes gewesen sein könnte, wie das FA es jetzt konstruiert. Dies würde nicht nur die Unterstellung eines solchen Betriebes der Klägerin voraussetzen, sondern zusätzlich die Fiktion eines Entnahmewillens der Klägerin sowie einer Bevollmächtigung des Klägers. Bei einer solchen auf mehrfachen Unterstellungen aufbauenden Konstruktion kann aber von einer unmissverständlichen, nunmehr der Klägerin zuzurechnenden Entnahmeerklärung keine Rede sein. Tatsächlich hat das FA das Vorliegen eines zweiten Einzelbetriebes der Klägerin weder dargetan noch ergibt sich dies zweifelsfrei aus den Akten. Hierzu wird das FA zur Beurteilung des künftigen steuerrechtlichen Schicksals der streitbefangenen Grundstücke erst entsprechende Feststellungen treffen müssen.
Aus den gleichen Gründen kann die angebliche Entnahmeerklärung des Klägers auch nicht einer fiktiven Mitunternehmerschaft und einem unterstellten Sonderbetriebsvermögen der Klägerin zugerechnet werden. Zum einen spricht im Streitfall vieles für die jetzige Rechtsauffassung des FA, dass zwischen den Klägern eine solche Mitunternehmerschaft nicht bestand. Hierfür mangelte es neben einem ausdrücklich schriftlich oder mündlich vereinbarten Gesellschaftsverhältnis an einem entsprechend erheblichen Flächenbeitrag des Klägers (zu den Voraussetzungen der stillschweigenden Begründung einer Mitunternehmerschaft zwischen Landwirtseheleuten vgl. BFH-Urteile vom 7.10.1982 IV R 186/79, BStBl II 1983, 73; vom 26.11.1992 IV R 53/92, BStBl II, 395).
Zum anderen wird eine nicht eindeutige Entnahmeerklärung eines Einzelunternehmers nicht dadurch unmissverständlich, dass sie dem Sonderbetriebsvermögen eines angeblichen Mitunternehmers zugerechnet wird, welcher sich seiner Mitunternehmerstellung und seines Sonderbetriebsvermögens gar nicht bewusst war, wie die Klägerin im Streitfall.
Nach allem kam eine Versteuerung der stillen Reserven der streitbefangenen Grundstücke in den Streitjahren mangels eindeutiger Entnahmeerklärung nicht in Betracht.
Mangels einer wirksamen Entnahme in den Streitjahren konnte es der Senat in diesem Zusammenhang offen lassen, ob die beiden Grundstücke womöglich bereits zu einem früheren Zeitpunkt Privatvermögen geworden waren oder sich immer noch in einem Betriebsvermögen der Klägerin (etwa im Rahmen eines noch fortbestehenden Verpachtungsbetriebes) befinden. Die sich aus den vorgelegten Akten ergebenden tatsächlichen Umstände würden im übrigen eine abschließende rechtliche Würdigung hierzu nicht zulassen.
Dem FA bleibt es in Erfüllung des Urteilsausspruchs gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO überlassen, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für 1990 und 1991 unter Abzug der angesetzten Entnahmegewinne neu zu berechnen und in geänderten ESt-Bescheiden für 1990 und 1991 die ESt neu festzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren folgt aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der dem Beklagten auferlegten Kosten ergibt sich aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.