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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 30.07.2003 – 5 K 1060/98

    Die zur Erstausstattung eines Pensionsbetriebs angeschafften Betten (Sockel bzw. Gestell, Nachtablage, Lattenrost, Matratzenschoner, Matratze, Kissen, Steppbett) und Bettwäsche bilden kein einheitliches Ganzes. Haben die Anschaffungskosten für einzelne zur Erstausstattung gehörende Wirtschaftsgüter die Grenze von 800 DM nicht überstiegen, kann eine Investitionszulage nicht gewährt werden.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Finanzrechtsstreit

    wegen Investitionszulage 1996

    hat der 5. Senat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht Z., der Richterin an Finanzgericht G., des Richters am Verwaltungsgericht T. und der ehrenamtlichen Richter … ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 30. Juli 2003

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand

    I.

    Die Beteiligten streiten bei der Investitionszulage 1996 darum, ob die angeschafften Hotelbetten geringwertige Wirtschaftsgüter und damit nicht zulagebegünstigt sind.

    Der Kläger betreibt eine Pension, für deren Erstausstattung er unter anderem Betten und Bettwäsche erwarb. Sein Antrag, mit dem er für die Anschaffung dieser Gegenstände eine fünfprozentige Investitionszulage begehrte, wurde vom Finanzamt – dem Beklagten – mit der Begründung abgelehnt, die Anschaffungskosten der einzelnen Wirtschaftsgüter würden jeweils die Grenze von 800 DM nicht übersteigen. Es wurden nur die Wirtschaftsgüter der lfd. Nr. 1-3 seines Investitionszulageantrages vom 26.9.1997 (Eckschrank, Sideboard und Telefonanlage) mit einer Bemessungsgrundlage von zusammen 4.691 DM anerkannt und eine Investitionszulage in Höhe von 235 DM festgesetzt. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

    Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger weiterhin die Investitionszulage für die Anschaffung von 15 Betten, deren Kosten (12 Stück à 890,40 DM, 2 Stück à 816,40 DM und 1 Stück à 909,40 DM) sich aus den Preisen für folgende Einzelteile zusammensetzten: Sockelbett (Gestell), Nachtablage, Lattenrost, Matratzenschoner, Matratze, Kissen, Steppbett, Bettwäsche (Bezug) und Bettlaken. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Rechnungen der verschiedenen Lieferanten auf Blatt 9 bis 23 der Investitionszulagenakte Bezug genommen.

    Zur Begründung seines Investitionszulageanspruches trägt der Kläger vor: Die Anschaffungskosten für die Hotelbetten würden die 800 DM – Grenze übersteigen. Die einzelnen Teile der Betten seien von verschiedenen Lieferanten bezogen worden und würden zusammen die Sachgesamtheit „Bett” bilden. Das Bett sei beim Fehlen eines Teiles (zum Beispiel Matratze, Zudecke, Kissen) nicht bestimmungsgemäß nutzbar und würde ein negatives Gepräge erhalten. Wirtschaftsgüter, die mit anderen Wirtschaftsgütern als einheitliches Ganzes in Erscheinung treten, seien nicht selbständig nutzungsfähig. Ein einheitliches Ganzes umfasse mehrere selbständig bewertungsfähige Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung eines bestimmten Zweckes zusammenwirken würden und keine eigenständige Funktion im Betrieb hätten. Auf eine dauerhafte körperliche Verbindung bzw. besondere technische Abstimmung komme es dabei nicht an. Die Einrichtungsgegenstände einer Pension seien nach der allgemeinen Verkehrsauffassung, gegebenenfalls für jedes Zimmer gesondert, als einheitliches Ganzes anzusehen. Der Wert des einzelnen Gegenstands bleibe auch nach dem Aufstellen und Nutzen am Bestimmungsort leicht feststellbar. Insbesondere verliere das Wirtschaftsgut bei einer Einzelveräußerung erheblich an Wert, da es aus dem Systemzusammenhang herausgerissen werde. Zweck einer Pension sei das Zurverfügungstellen von Räumen, die den Erwartungen eines Gastes entsprechend eingerichtet seien. Fehle ein Gegenstand, erhalte das Pensionszimmer als einheitliches Ganzes ein negatives Gepräge. Die Wirtschaftsgüter könnten im Betrieb des Klägers nur in entsprechendem Zusammenhang genutzt werden. So bestehe zum Beispiel für die Aufstellung eines Nachttisches außerhalb von Pensionszimmern kein betrieblicher Nutzen.

    Der Kläger beantragt sinngemäß,

    die Einspruchsentscheidung vom 11.5.1998 aufzuheben, den Investitionszulagebescheid vom 7.11.1997 abzuändern und die Investitionszulage auf 891 DM zu erhöhen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    und führt zur Begründung aus, es könne dahinstehen, ob die streitigen Wirtschaftsgüter nach außen als einheitliches Ganzes in Erscheinung treten, denn für eine unselbständige Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts fehle es jedenfalls an der weiteren Voraussetzung, dass es mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens technisch aufeinander abgestimmt sei. Dies sei in der Regel gegeben, wenn der eine Gegenstand ohne den anderen schon aus technischen Gründen allein nicht selbständig nutzbar sei, weil ihm zum Beispiel dadurch die Standfestigkeit fehle. Bei den streitigen Einrichtungsgegenständen liege diese Voraussetzung nicht vor, da sie problemlos an einem anderen Ort getrennt voneinander und uneingeschränkt genutzt werden könnten. Ihre eigenständige Funktion bzw. ihr eigentlicher Nutzungszweck gehe dadurch nicht verloren. Ob sich der Wert bei einer Einzelveräußerung mindere, sei für die Beurteilung, ob ein geringwertiges Wirtschaftsgut im Sinne des § 6 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliege, unerheblich. Gleiches gelte auch für die Feststellung, dass ein Einrichtungsgegenstand außerhalb des Pensionszimmers seinen betrieblichen Nutzen verliere. Technische Abgestimmtheit verschiedener Gegenstände liege nicht bereits dann vor, wenn diese genormt bzw. nach Art, Farbe und Form vereinheitlicht sind. Ein Hotelbett sei nicht als Sachgesamtheit anzusehen. Insbesondere Kissen, Decke und Bettwäsche stellten selbständig nutzungsfähige einzelne Wirtschaftsgüter dar, die auch ohne die entsprechenden Betten und außerhalb des betrieblichen Nutzungszusammenhanges genutzt werden könnten. Unter Berücksichtigung, dass mindestens diese Wirtschaftsgüter nicht in die Ermittlung der Anschaffungskosten der einzelnen Betten einbezogen werden könnten und damit die Anschaffungskosten aller Betten unter 800 DM liegen würden, könne dahingestellt bleiben, inwiefern ein technischer Zusammenhang zwischen Bettgestell, Lattenrost und Matratze bestehe.

    Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    Gründe

    II.

    Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht keine Investitionszulage für die streitigen Hotelbetten zu, weil diese geringwertige Wirtschaftsgüter sind.

    Nach § 2 Satz 2 Nr. 1 Investitionszulagengesetz 1996 (InvZulG) wird eine Investitionszulage nicht gewährt für die Anschaffung oder Herstellung geringwertiger Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 EStG. Der Begriff des geringwertigen Wirtschaftsguts im Investitionszulagenrecht ist gleichbedeutend mit dem einkommensteuerrechtlichen Begriff (Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. März 1991 III R 57/86, BStBl II 1991, 682). Geringwertige Wirtschaftsgüter sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, sofern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag) 800 DM nicht übersteigen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ein Wirtschaftsgut ist einer selbständigen Nutzung nicht fähig, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingeführten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind. Dies gilt auch, wenn das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Zusammenhang gelöst und in einen anderen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt werden kann (§ 6 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG). Eine Einfügung in einen betrieblichen Nutzungszusammenhang ist anzunehmen, wenn die in dem Nutzungszusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter nach außen als einheitliches Ganzes in Erscheinung treten, wobei die Festigkeit, technische Gestaltung und Dauer der Verbindung von Bedeutung sein können. Eine Verbindung, die die selbständige Nutzbarkeit ausschließt, ist im allgemeinen immer schon dann anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter über die einheitliche Zweckbestimmung durch den Steuerpflichtigen in seinem Betrieb hinaus durch eine technische Verbindung und „Verzahnung” in der Weise verflochten sind, dass durch die Trennung eines der Teile seine Nutzbarkeit im Betrieb verliert, d.h. ihm außerhalb des bisherigen Nutzungszusammenhangs keine betriebliche Funktion zukommt. In einen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügte Wirtschaftsgüter sind technisch aufeinander abgestimmt, wenn ihre naturwissenschaftlichen Eigenschaften auf ein Zusammenwirken miteinander angelegt sind. Eine bloße Abgestimmtheit aufgrund einer Typisierung oder bestimmter branchentypischer Fertigungsnormen reicht für eine technische Abgestimmtheit im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht aus (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 1998 III R 110/95, BStBl II 1998, 789 zur Schreibtischkombination mit vielen weiteren Nachweisen; und vom 7. September 2000 III R 71/97, BStBl II 2001, 41, zu den einzelnen Geräten eines ärztlichen Notfallkoffers).

    Nach diesen Grundsätzen sind Sockel (Gestell), Nachtablage, Lattenrost, Matratzenschoner, Matratze, Kissen, Steppbett und Bettwäsche als geringwertige Wirtschaftsgüter anzusehen, denn sie sind jeweils selbständig nutzungsfähig und ihre Anschaffungskosten betrugen weniger als 800 DM. Zwar werden die einzelnen Wirtschaftsgüter in dem Pensionsbetrieb des Klägers zusammen als Bett genutzt und dienen sicherlich dazu, die Erwartungen eines Pensionsgastes zu erfüllen, aber sie sind nicht derartig miteinander verbunden, dass sie aufgrund ihrer naturwissenschaftlichen oder technischen Eigenschaften nur in derselben Zusammenstellung eingesetzt werden können. Die streitigen Gegenstände haben genormte Fertigungsgrößen, sind jederzeit austauschbar und können beliebig neu als Bett zusammengestellt werden. Lattenrost, Matratze (einschließlich Matratzenschoner) werden üblicherweise ohne Befestigung in das Bettgestell hineingelegt. Aus dem Bettgestell herausgenommene Lattenroste oder Matratzen sind immer noch als solche nutzbar. Dies gilt auch für das Bettgestell nach Entnahme von Lattenrost oder Matratze, zumal es auch nur als bloßes Sockelbett bestellt und geliefert wurde. Decke und Kissen, deren Bezüge häufig gewechselt werden, liegen erfahrungsgemäß nur lose auf dem Bett. Die Bettwäsche wird auch nicht jeweils nur für dasselbe Hotelbett verwendet. Ihre gemeinsame Nutzung ist regelmäßig nur von kurzer Dauer. Ein größeres Kopfkissen oder eine kleinere Bettdecke würde die Nutzung des Hotelbettes nicht beeinträchtigen. Nach Entfernen von Bettdecke und Kopfkissen wird man dem verbleibenden Bett die weitere Nutzbarkeit nicht absprechen können (vgl. auch rechtskräftiges Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 19. Oktober 1995 IV 282/94, EFG 1996, 335). Bereits im Urteil vom 17. Mai 1968 VI R 113/67, BStBl II 1968, 566, hat es der BFH abgelehnt, die Erstausstattung eines Hotelbetriebs als einheitliches Ganzes zu betrachten, weil er die einzelnen – dort streitigen – zur Möbel-, Textil-, Wäsche- und Geschirrausstattung des Hotels gehörenden Wirtschaftsgüter ebenso für durchaus selbständig nutzbar hielt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenInvZulG 1996 § 2 S. 2 Nr. 1, EStG § 6 Abs. 2

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