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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 23.05.2000 – I 29/98

    -Keine Haftungsverjährung nach § 191 AO i.V.m. § 159 HGB, wenn Fünfjahresfrist nach Fälligkeit der Steuerbescheide noch nicht abgelaufen ist.


    -Haftung der Gesellschafter der liquidierten KG für Aussetzungszinsen und hälftige Säumniszuschläge der KG.


    -Kein Ermessensfehler bei Haftungsinanspruchnahme der Komplementärin-Rechtsnachfolgerin.


    Tatbestand

    Streitig ist, ob die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Komplementärin einer liquidierten KG für deren Gewerbesteuer haftet.

    I. Alleinige Komplementärin der mit Vertrag vom 15. Juli 1976 gegründeten A-Gesellschaft mbH & Co KG war die B-Gesellschaft mbH (Handelsregister Amtsgericht ... HR B ...); alleinige Kommanditistin war Frau M (Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Bl. 117 ff, 150 ff, 162).

    Die KG errichtete 1977 ein Parkhaus auf einem von dem Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH gepachteten Grundstück. Beim Bau des Parkhauses wurden öffentlich-rechtliche Stellplatz-Verpflichtungen anderer Bauherren gegen Entgelt übernommen. Jene Bauherren erwarben zugleich das Recht zur Anmietung der Parkhausplätze (Betriebsprüfungs-Akte --Bp-A-- Bl. 28).

    Das Parkhaus wurde 1980 verkauft (Bp-A Bl. 29). Die KG wurde nach Auflösung sowie Beendigung der Liquidation mit zusammenfassender Eintragung vom 29. Mai 1981 im Handelsregister gelöscht (Handelsregister Amtsgericht ... HR A ..., FG-A Bl. 117 f, 153, 162, FG-A I 84/89 Bl. 7).

    Das Vermögen der Komplementär-GmbH wurde gemäß Registereintragung vom 24. Juni 1988 im Wege der Verschmelzung übertragen auf die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 25 des Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und die Verschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung --KapErhG-- (Handelsregister Amtsgericht ... HR B ..., FG-A Bl. 119, 121, 151, 155).

    II. Die KG gab ihre Gewerbesteuererklärungen für 1976 in 1978, für 1977 in 1979 und für 1980 in 1981 ab (GewSt-A Bl. 42, 53, 129). Die angegebenen Verluste führten jeweils zu Gewerbesteuer-Festsetzungen von null DM (GewSt-A Bl. 47, 70, 137). Die Steuerbescheide 1976 vom 2. August 1978, 1977 vom 9. März 1979 und 1980 vom 16. Dezember 1981 standen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung --AO 1977--).

    Mit Schreiben vom 24. November 1983 ordnete der Beklagte (das Finanzamt --FA--) gegenüber der KG z. Hd. des Geschäftsführers eine Betriebsprüfung u. a. für die Gewerbesteuer 1976 bis 1981 gemäß § 193 Abs. 1 AO 1977 an. Der Prüfungsbeginn war für Montag, den 12. Dezember 1983, vorgesehen. Mit der Prüfung wurde der Zeuge Betriebsprüfer K beauftragt (Bp-A Bl. 6). Vereinbarungsgemäß sollte die Prüfung in den Räumen der seinerzeit für die KG tätig gewesenen Steuerberatungsgesellschaft S und T durchgeführt werden. Dort erschien der Betriebsprüfer am angekündigten Tag verabredungsgemäß um 9 Uhr bei dem Zeugen Steuerberater S (vgl. Bp-Arbeitsakte --Arb-A-- Bl. 1, FG-A Bl. 87).

    Die Arbeitsunterlagen des Betriebsprüfers betreffend die KG liegen noch vor. Mit dem Datum 14. Dezember 1983 existiert die Kopie einer handschriftlichen Liste von Verträgen der KG (Arb-A Bl. 128). Dementsprechende Verträge wurden dem Prüfer übergeben sowie von ihm durchgesehen und ausgewertet (Arb-A Bl. 17 ff). Der Prüfer hielt seine Prüfungstätigkeiten betreffend die KG in Notizform fest, so für 1983 in einem Vermerk vom 15. Dezember 1983 über die bis dahin behandelten Punkte (Arb-A Bl. 117) und in einer Notiz betreffend die bis zum 21. Dezember 1983 untersuchten Positionen (Arb-A Bl. 117R).

    Zeitgleich wurden drei weitere, nahestehende Kommanditgesellschaften von demselben Prüfer am selben Ort geprüft; diese befassten sich in ähnlicher Weise mit Parkhäusern. Die insgesamt vier KG-Prüfungen überschnitten sich mit der vom zuständigen Finanzamt für Körperschaften angeordneten und durch den Zeugen Betriebsprüfer C am selben Ort durchgeführten Prüfung der Komplementär-Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Bp-A Bl. 7); jeweils eine GmbH war einzige persönlich haftende Gesellschafterin in je zwei der Kommanditgesellschaften.

    Von zwei der anderen Kommanditgesellschaften waren seinerzeit Verfahren betreffend Vorjahre beim Finanzgericht (FG) Hamburg anhängig, und zwar insbesondere die Klagen I 1/80 wegen Sonderabschreibung gemäß Zonenrandförderungsgesetz (ZRFG) und I 117/82 wegen Gewerbesteuer. Bei der letzteren Klage war streitig, ob der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin selbst Mitunternehmer war (vgl. Bp-A Bl. 7, Arb-A Bl. 225, 233).

    Bereits am 7. März 1984 fand für die Betriebsprüfungen der vier Kommanditgesellschaften eine - damals so vorgesehene und bezeichnete - „Schlussbesprechung” statt. Nach Hinweis des FA, dass es an seinen in den Klageverfahren vertretenen Standpunkten festhalte, regte der Geschäftsführer der beiden Komplementär-GmbH an, mit der Erstellung und Zusendung der Betriebsprüfungsberichte abzuwarten, bis das FG entschieden habe (Bp-A Bl. 7 f, Arb-A Bl. 225 f). Die Betriebsprüfungsstelle stellte am 30. März 1984 wunschgemäß die weitere Bearbeitung zurück und übersandte Akten an das FG (Bp-A Bl. 10, Arb-A Bl. 228).

    Das FG gab der vorerwähnten Klage wegen Abschreibung und Zonenrandförderung durch Urteil vom 15. November 1984 statt.

    Da in jeder KG nur eine GmbH alleinige persönlich haftende Gesellschafterin war, konnte die betreffende GmbH für das gewerbliche Gepräge der jeweiligen KG von Bedeutung sein. Zwischenzeitlich wurde die sogenannte Geprägetheorie durch Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 aufgegeben (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Wegen der Übergangsfragen wartete die Betriebsprüfungsstelle laut Vermerk vom 21. Dezember 1984 und gemäß Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 10. Januar 1985 (BStBl I 1985, 48) auf nähere Regelungen (Bp-A Bl. 11, Arb-A Bl. 229).

    Davon unabhängig wies die Betriebsprüfungsstelle währenddessen mit Schreiben vom 14. März 1985 an die Steuerberatungsgesellschaft auf das BFH-Urteil vom 3. Mai 1983 VIII R 100/81 hin, das erst im zweiten Halbjahr 1983 veröffentlicht (BFHE 138, 443, BStBl II 1983, 572) und bei der Betriebsprüfung noch nicht berücksichtigt worden war. Nach diesem Urteil waren Entgelte für die Übernahme von öffentlich-rechtlichen Stellplatz-Verpflichtungen als Erlöse erfolgswirksam zu verbuchen und nicht durch passive Rechnungsabgrenzungsposten zu neutralisieren. Die Steuerberatungsgesellschaft wurde um eine Stellungnahme zu den Auswirkungen bei den Kommanditgesellschaften gebeten (Bp-A Bl. 12, Arb-A Bl. 230). Auf die Antwort wartete die Betriebsprüfungsstelle gemäß Vermerk vom 15. Juli 1985 vergeblich (Bp-A Bl. 14, Arb-A Bl. 232).

    Nach Abwarten eines vor dem FG zunächst für August 1985 vorgesehenen Termins wurde dort im September 1985 die Musterklage der anderen KG wegen Gewerbesteuer vor dem FG erledigt (einschließlich abgetrennter Verfahren I 360-362/85). Danach sollte der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin nicht selbst als Mitunternehmer behandelt werden (vgl. Bp-A Bl. 15, Arb-A Bl. 233).

    Das gewerbliche Gepräge der KG durch die Komplementär-GmbH wurde durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19. Dezember 1985 mittels Einfügung von § 15 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 18 Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Damit stellte der Gesetzgeber rückwirkend die frühere Rechtslage vor der Rechtsprechungsänderung des Großen Senats des BFH wieder her (BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735). Übergangsfragen wurden mit BMF-Schreiben vom 17. März 1986 behandelt (BStBl I 1986, 129).

    Die Rechtsbehelfsstelle des FA wandte sich an die Steuerberatungsgesellschaft wegen der Gebäude-Abschreibung in der zur Sonderabschreibung entschiedenen Parallelsache. Im vorliegenden Fall erstellte der Betriebsprüfer später entsprechende Rechenwerke zur Gebäude-Abschreibung (Arb-A Bl. 241 ff). Diese überreichte er auf einer Besprechung am 8. Dezember 1987 an den dort erschienenen Vertreter der Steuerberatungsgesellschaft. Mit diesem wurden zugleich die Konsequenzen und Übergangsfragen der neuen Rechtsprechung zur Behandlung der Erlöse für die übernommenen Stellplatz-Verpflichtungen sowie Fragen der verdeckten Gewinnausschüttung erörtert. Er bat um eine Frist zur Stellungnahme (Bp-A Bl. 233 ff, Arb-A Bl. 15 ff)

    Nachdem der Steuerberater sich mündlich geäußert hatte, fand am 10. März 1988 eine weitere Besprechung über die Punkte Stellplatz-Verpflichtungen und Gebäude-Abschreibung statt (Bp-A Bl. 236 f, Arb-A Bl. 18 f). Die zugleich an den Steuerberater gestellte Frage, ob noch eine förmliche Schlussbesprechung mit dem Geschäftsführer gewünscht werde, wurde vom Steuerberater telefonisch am 19. April 1988 verneint (Bp-A Bl. 238, Arb-A Bl. 20).

    Nach den Besprechungs-Ergebnissen wurde das Abschreibungs-Volumen des Parkhauses bis zum 24. Oktober 1988 mit nachträglichen Herstellungskosten neu berechnet (Arb-A Bl. 246 ff). Ein Vermerk vom selben Tag befasst sich mit der Nutzungsdauer und der im Pachtvertrag für den Verkauf festgelegten Restwert-Entschädigung (Arb-A Bl. 239, Bp-A Bl. 21).

    Der Prüfungsbericht wurde unter dem 31. Oktober 1988 erstellt (Arb-A Bl. 260 ff, Bp-A Bl. 23) und am 6. Dezember 1988 an den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bzw. der Klägerin abgesandt (Bp-A Bl. 22, Arb-A Bl. 295).

    Nach den Prüfungsergebnissen erließ das FA entsprechend geänderte Gewinnfeststellungs- sowie Gewerbesteuermess- und Gewerbesteuerbescheide unter Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts.

    Bei den geänderten Gewinnfeststellungen 1976 bis 1980 vom 8. Dezember 1988 (GewSt-A Bl. 150 ff) wurde die Auflösung der passiven Rechnungsabgrenzungsposten und die Gewinnerhöhung um die Stellplatz-Ablöseentgelte mit Einsprüchen vom 27. Dezember 1988 angefochten (GewSt-A Bl. 176 ff). Die Einsprüche wurden am 26. April 1989 zurückgewiesen (GewSt-A Bl. 186 ff). Die dagegen am 29. Mai 1989 beim FG erhobene Klage I 84/89 wurde am 24. September 1991 zurückgenommen (FG-A I 84/89 Bl. 29).

    Die im vorliegenden Haftungsprozess interessierende Gewerbesteuer setzte das FA zwischenzeitlich entsprechend herauf durch Bescheide für 1976 und 1977 vom 20. April 1989 auf 83.672 DM und 232.335 DM sowie durch Bescheid für 1980 vom 13. Januar 1989 auf 106.634 DM; die Bescheide wurden jeweils für die KG an die Komplementär-GmbH gerichtet (GewSt-A Bl. 164, 169, 173). Die diesbezügliche Aussetzung der Vollziehung während der Gewinnfeststellungs-Klage lief mit deren Rücknahme aus (GewSt-A Bl. 218). Anschließend wurde der KG eine Zahlungsfrist bis zum 5. November 1991 gesetzt und wurden Aussetzungszinsen in Höhe von 63.275 DM berechnet, und zwar mit Zahlungsaufforderung zum 21. Dezember 1991 (GewSt-A Bl. 234, 242).

    Der Geschäftsführer der Klägerin, auf die die Komplementär-GmbH bereits 1988 verschmolzen worden war, ließ durch die Steuerberatungsgesellschaft auf die Löschung der KG in 1981 hinweisen (GewSt-A Bl. 244, 249).

    III. Mit Bescheiden vom 6. März 1992 nahm das FA nach Anhörung die Klägerin - als Rechtsnachfolgerin der Komplementär-GmbH - und die Kommanditistin auf Haftung für die Gewerbesteuer 1976, 1977 und 1980 nebst Aussetzungszinsen und Säumniszuschlägen in Anspruch (zahlbar bis 9. April 1992). Die Haftung folge aus § 191 AO 1977 i.V.m. §§ 128, 161 bzw. § 171 Handelsgesetzbuch (HGB). Die Haftung sei nicht verjährt, da die fünfjährige Verjährungsfrist gemäß § 159 HGB erst mit Fälligkeit der Ansprüche begonnen habe (GewSt-A Bl. 273 ff, 275 ff, FG-A I Bl. 7, FG-A I 30/98 Bl. 8).

    Mit den Einsprüchen vom 7. April 1992 gegen die Haftungsbescheide wurde Verjährung geltend gemacht. Nach § 159 HGB komme es auf die ursprüngliche Verpflichtung und nicht auf die nachträglich vom Gläubiger neu festgesetzte und einseitig fälliggestellte Schuld an (GewSt-A Bl. 278 f, 280 f, Haftungs-Akte Bl. 14 f, 16 f). Das FA setzte die Vollziehung beider Haftungsbescheide am 10. Juni 1992 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der jeweiligen Einspruchsentscheidung aus (Haftungs-Akte --Haftungs-A-- Bl. 18-19).

    Der Einspruch der Klägerin wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 1993 zurückgewiesen (GewSt-A Bl. 278 f; Haftungs-Akte Bl. 22 = FG-A Bl. 13 ff = 29 ff). Auf den Einspruch der Kommanditistin wurde deren Haftung mit Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 1993 auf die Höhe der Hafteinlage von 20.000 DM herabgesetzt; im Übrigen wurde der Einspruch der Kommanditistin ebenfalls zurückgewiesen (Haftungs-A Bl. 32 ff = FG-A I 30/98 Bl. 15 ff = 29 ff). Festsetzungs- oder Zahlungsverjährung sei nicht eingetreten. Erstere sei durch die vor Ende 1993 begonnene Betriebsprüfung gehemmt worden. Die Zahlungsverjährung laufe für die Gewerbesteuer fünf Jahre ab Bekanntgabe der Änderungsbescheide aus 1989 bis 1994, für die Aussetzungszinsen fünf Jahre ab erstmaliger Fälligkeit in 1991 bis 1996 und für die Säumniszuschläge seit 1989 jeweils fünf Jahre. Die Haftung ehemaliger Gesellschafter nach § 191 Abs. 4 AO 1977 i.V.m. § 159 HGB erstrecke sich auf die gemäß § 38 AO 1977 vor der Auflösung und Löschung der Gesellschaft entstandenen Altverbindlichkeiten. Die Fünfjahresfrist für die Haftung der ehemaligen Gesellschafter beginne bei Steuernachforderungen gemäß § 159 Abs. 3 HGB mit deren Fälligkeit nach den geänderten Festsetzungen. Die Verjährungsgrundsätze für Dauer- und zu kündigende Schuldverhältnisse seien nicht einschlägig. Beim Haftungsermessen nach § 191 AO 1977 sei berücksichtigt worden, dass von der aufgelösten KG keine Zahlungen mehr zu erwarten seien.

    Nachdem in beiden Haftungsverfahren am 23. März 1993 Klage erhoben worden ist, hat das FA am 31. März 1993 Aussetzung der Vollziehung bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der jeweiligen Entscheidung gewährt .

    Mit Bescheid vom 17. Februar 2000 hat es die Haftung der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Komplementär-GmbH insoweit herabgesetzt, als es - mit Rücksicht auf die Liquidation der KG - die Säumniszuschläge auf die Gewerbesteuer nur noch zur Hälfte bzw. in der Höhe des für Stundungen geltenden Zinssatzes von 0,5 % p.M. einbezogen hat. Das Absendedatum des Bescheids beim FA ist nicht feststellbar; er ging bei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin undatiert am 21. Februar 2000 ein (FG-A Bl. 172 ff, 179, 184, 189 f). Sie haben ihn mit Antrag vom 20. (eingegangen 21.) März 2000 zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht (FG-A Bl. 177) und wegen der Antragsfrist hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt (FG-A Bl. 189).

    IV. Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage vor (FG-A Bl. 2 ff, 39, 76 f, 85 ff, 90 f, 132 f, 177 f): Die dem Haftungsbescheid zugrundeliegende Gewerbesteuer sei verjährt. Die Festsetzungsfrist sei nicht durch die mehr als fünfjährige Betriebsprüfung gehemmt worden. Diese sei am 12. Dezember 1983 nicht ernsthaft begonnen worden und sei nicht mit der Absicht ihres baldigen Abschlusses betrieben worden.

    Bei der Anwendung von § 159 HGB auf die Haftung für Steuern sei nicht auf deren nachträgliche Neufestsetzung und steuerrechtliche Fälligkeit, sondern auf den zivilrechtlichen Begriff der Fälligkeit nach § 271 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzustellen, zu der der Gläubiger die Leistung erstmals fordern dürfe. Die steuerrechtliche Fälligkeit, nach der sich die Säumniszuschläge berechneten, solle den Schuldner schützen und nicht die Klärung der Gesellschafterhaftung hinauszögern. Im Übrigen habe die steuerrechtliche Fälligkeit seit Einführung der Vollverzinsung im Verhältnis zur Steuerentstehung an Bedeutung verloren.

    Ansonsten sei für die Auslegung von § 159 HGB der Rechtsgedanke des § 199 BGB heranzuziehen und danach - wie im Fall einer Kündigung - nicht auf die vom Gläubiger einseitig bestimmbare Fälligkeit abzustellen. Im Übrigen laufe zivilrechtlich die Verjährung entsprechend § 211 Abs. 2 BGB bei einem Verfahrensstillstand wieder an. Schließlich werde für Säumniszuschläge und Zinsen der Gesellschaft nach deren Liquidation und Vermögenslosigkeit nicht gehaftet.

    Die Klägerin beantragt (FG-A Bl. 3, 177, 191), den Haftungsbescheid vom 6. März 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 1993 und des Änderungsbescheids ohne Datum, nachträglich mit Datum 17. Februar 2000 versehen, aufzuheben.

    Das FA beantragt (FG-A Bl. 26), die Klage abzuweisen.

    Das FA trägt in Ergänzung der Einspruchsentscheidung vor (FG-A Bl. 26 ff, 83 f, 88): Die Auslegung der Verjährungsvorschrift des § 159 HGB orientiere sich am Schutz der Gesellschaftsgläubiger bei der persönlichen Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB. Mangels eines gesetzlich abgesicherten Gesellschaftsvermögens müsse auf das Privatvermögen auch der ehemaligen Gesellschafter zurückgegriffen werden können, soweit das Schuldverhältnis während ihrer Gesellschafts-Zugehörigkeit begründet worden sei und die Durchsetzung nur noch vom Eintritt bestimmter Tatsachen abhänge.

    Bei der Haftung für Steuern bestehe kein weitergehendes Schutzbedürfnis für den ehemaligen Gesellschafter. Sie sei im Fall des § 159 Abs. 3 HGB aufgrund der abgabenrechtlichen Verjährung für den ehemaligen Gesellschafter zeitlich überschaubar. Anstelle von §§ 199, 200 BGB seien die speziellen Fristen- und Verjährungsregelungen des Steuerrechts anzuwenden. Dieses ziele im Interesse der Allgemeinheit auf eine gleichmäßige und vollständige Festsetzung und Erhebung der Steuern ab.

    Die Länge des Haftungszeitraums im vorliegenden Fall beruhe auf der Dauer der Betriebsprüfung. Diese sei seit dem 12. Dezember 1983 zügig und ernsthaft betrieben worden. Über den Fortgang habe stets Einvernehmen bestanden. Auf Wunsch der (durch den ehemaligen Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vertretenen) KG seien allerdings Fristen gewährt und sei die Auswertung der Prüfungsfeststellungen zurückgestellt worden.

    V. Das Klageverfahren hat gemäß Beschluss vom 7. Februar 1994 geruht im Hinblick auf die zur Anwendbarkeit des § 159 Abs. 3 HGB bei der steuerrechtlichen Haftung abgewartete Entscheidung in der beim FG Hamburg anhängig gewesenen Sache I 193/92 (FG-A Bl. 44). Nach Rechtskraft des dortigen Zwischenurteils vom 6. April 1994 I 193/92 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1994, 1080, FG-A Bl. 44 ff) infolge Rücknahme der Revision VII R 56/94 ist das vorliegende Verfahren am 15. Januar 1998 vom FA wieder aufgenommen worden (FG-A Bl. 70).

    Nach Erörterung hat der Berichterstatter Beweis erhoben über den Beginn der Betriebsprüfung durch Zeugenvernehmung der Betriebsprüfer K und C sowie des Steuerberaters S (FG-A Bl. 103, 123 ff).

    Ergänzend wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften sowie auf die oben erwähnten Vorgänge sowie die damit zusammenhängenden Unterlagen aus der vorliegenden Gerichtsakte (FG-A), aus der Gewinnfeststellungs-Klageakte I 84/89 sowie aus den folgenden Steuerakten der KG:

    Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuer-Akte (GewSt-A)

    Betriebsprüfungs-Akte (Bp-A),

    Betriebsprüfungs-Arbeitsakte (Arb-A)

    Gründe

    B. E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E

    I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Änderungsbescheid vom 17. Februar 2000 mit Antrag vom 20. (eingegangen am 21.) März 2000 gemäß § 68 FGO rechtzeitig zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht worden.

    Das Gericht geht aufgrund des unwidersprochen gebliebenen Vortrags der Klägerin davon aus, dass der Bescheid erst am Montag, den 21. Februar 2000, bei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin einging. Die Frist für den Antrag nach § 68 FGO endete daher erst am 21. März 2000. Bei dieser Sachlage bedurfte es keiner Entscheidung über den hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag mehr.

    II. Die Klage ist jedoch unbegründet.

    Der Haftungsbescheid vom 6. März 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 1993 und der Änderung vom 17. Februar 2000 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    Die Klägerin haftet für die Steuerschulden der KG als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Komplementär-GmbH (1-3). Die mit dem Haftungsbescheid geltend gemachten Steuerschulden sind abgabenrechtlich bis dahin weder festsetzungs- noch zahlungsverjährt (4-7). Der Haftungsanspruch gegen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Gesellschafterin ist auch nicht zivilrechtlich verjährt oder zahlungsverjährt (8-9). Die Haftung erstreckt sich auf von der KG geschuldete Aussetzungszinsen und Säumniszuschläge (10). Die Haftungs-Inanspruchnahme ist ermessensgerecht (11).

    1. Gemäß § 191 Abs. 1 AO 1977 kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet.

    Die Vorschrift des § 191 AO 1977 umfasst auch die Haftungsansprüche nach Zivilrecht; denn diese Norm verlangt lediglich, dass der Gesellschafter kraft Gesetzes für eine Steuer einzustehen hat, und setzt dadurch eine Haftung auch nach anderen als den Steuergesetzen als selbstverständlich voraus (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juni 1989 VII R 100/86, BFHE 158, 1, BStBl II 1989, 952; vom 23. Oktober 1985 VII R 187/82, BFHE 145, 13, BStBl II 1986, 156).

    2. Die zivilgesetzlichen Vorschriften, nach denen eine Komplementärin für die Schulden der ehemaligen KG persönlich haftet, sind §§ 128, 159, 161 Abs. 2 HGB.

    Gemäß §§ 128, 161 Abs. 2 HGB haftet ein Komplementär für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern persönlich. Die Haftung besteht für alle Arten von Verbindlichkeiten der KG - auch für deren Steuerschulden - gesamtschuldnerisch neben anderen Gesellschaftern und akzessorisch (in Abhängigkeit) zur Schuld der Gesellschaft (Koller in Koller/Roth/Morck, HGB, 2. Aufl., §§ 128, 129 Rd. 2).

    Im Rahmen von § 159 HGB besteht diese Haftung auch für ehemalige Gesellschafter nach Auflösung einer Gesellschaft. Diese Vorschrift gilt gemäß § 161 Abs. 2 HGB auch für die ehemaligen Komplementäre und Kommanditisten einer KG (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1994 VII R 54/94, BFH/NV 1995, 850 m.w.N.; Habersack in Staub, Großkomm. HGB, § 159 Rd. 5), speziell nach Auflösung der KG und ihrer Vollbeendigung nach durchgeführter Liquidation - wie hier - (vgl. K. Schmidt in Schlegelberger, HGB, § 159 Rd. 4 f, 14 f).

    3. Diese Haftung der Komplementärin ist mit ihrer Verschmelzung auf die Klägerin als aufnehmende Gesellschaft bzw. Gesamtrechtsnachfolgerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 25 KapErhG bzw. § 45 AO übergegangen.

    4. Einwendungen gegen die dem Haftungsbescheid zugrunde gelegten Steuerschulden kommen im Rahmen von § 191 AO 1977 auch dann noch in Betracht, wenn die Steuerfestsetzungen nicht angefochten worden sind (hier die Gewerbesteuer-Änderungsbescheide 1976, 1977 und 1980 vom 20. April und 13. Januar 1989).

    a) Der Senat kann offen lassen, ob die Klägerin als gemäß § 191 AO Haftende die Gewerbesteuer-Festsetzungen als bestandskräftig gegen sich gelten lassen muss.

    Der gemäß § 191 AO 1977 Haftende muss eine bestandskräftige Festsetzung nach § 166 AO 1977 gegen sich gelten lassen, wenn er in der Lage gewesen wäre, den gegen die Steuerpflichtige (hier die KG) erlassenen Bescheid als deren Vertreter oder kraft eigenen Rechts anzufechten (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, § 191 AO Rd. 26).

    Zwar ist eine Anfechtung der betrieblichen Gewerbesteuerbescheide durch die gemäß §§ 114, 125 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB geschäftsführende und vertretungsbefugte Komplementär-Gesellschaft oder durch ihre Rechtsnachfolgerin - als Liquidatorin - oder deren Geschäftsführer denkbar (vgl. BFH-Urteil vom 21. Januar 1986 VII R 196/83, BFH/NV 1986, 512).

    Es kommt jedoch nicht darauf an, ob das auch hier gilt, wo die Gewerbesteuerbescheide für die KG in 1989 an die bereits 1988 auf die Klägerin verschmolzene Komplementär-GmbH gerichtet wurden.

    Denn selbst wenn die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Komplementär-GmbH die Gewerbesteuerbescheide nicht gegen sich gelten lassen muss und wenn die Klägerin ihre Verjährungseinwendungen gegen die Steuerschulden noch im jetzigen Haftungsprozess geltend machen kann, hat sie damit keinen Erfolg:

    b) Je nachdem, ob der haftungsbegründende Tatbestand bis Ende 1976 oder nach 1976 verwirklicht wurde, sind gemäß Art. 97 § 11 Abs. 1 Einführungsgesetz zur Abgabenordnung 1977 (EGAO 1977) die Verjährungseinwendungen gegen die der Haftung zugrundegelegten Steuerschulden nach § 149 Reichabgabenordnung (RAO) oder nach § 191 Abs. 5 AO 1977 zu prüfen.

    Haftungsbegründender Tatbestand ist bei der Gesellschafterhaftung für Gesellschaftsschulden deren Entstehung. Die Gewerbesteuer entstand oder entsteht gemäß § 3 Abs. 1 Steueranpassungsgesetz (StAnpG) oder § 38 AO 1977 (jeweils) i.V.m. § 18 Gewerbesteuergesetz (GewStG) mit Ablauf des Erhebungszeitraums. Erhebungszeitraum ist gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 GewStG das Kalenderjahr.

    Dementsprechend beurteilen sich die Verjährungseinwendungen der Komplementärin-Rechtsnachfolgerin gegen die der Haftung zugrundegelegten Abgabenschulden bei der Gewerbesteuer 1976 nach § 149 RAO (nachstehend zu 5) und bei der Gewerbesteuer 1977 und 1980 nach § 191 Abs. 5 AO 1977 (unten zu 6).

    c) Ebenso unterscheidet sich die Prüfung der Festsetzungsverjährung der Steuern gemäß Art. 97 § 10 Abs.1 Satz 2 EGAO 1977 danach, ob die Steuern und Nebenleistungen bis oder nach Ende 1976 entstanden sind. Im ersteren Fall - bei der Gewerbesteuer 1976 - gelten die Verjährungsvorschriften der RAO (nachstehend zu 5), im letzteren Fall - bei der Gewerbesteuer 1977 und 1980 - die Regeln der AO 1977 über die Festsetzungsverjährung (unten zu 6).

    d) Die mit der AO 1977 neu eingeführte Zahlungsverjährung beurteilt sich gemäß Art. 97 § 14 Abs. 1 EGAO 1977 für alle infolge Festsetzung erstmals ab 1977 fällig gewordenen Ansprüche nach §§ 228 ff AO 1977 (unten zu 7).

    5. Bezüglich der Gewerbesteuer 1976 kommt der Klägerin keine Festsetzungsverjährung zu Gute.

    Nach § 149 RAO kann der Haftende nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn der Anspruch gegen den Abgabepflichtigen verjährt ist.

    Die Gewerbesteuer 1976 ist jedoch vor Ablauf der Festsetzungsverjährung festgesetzt worden.

    a) Nach § 144 Abs. 1 RAO beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre. Sie beginnt gemäß § 145 Abs. 2 Nr. 1 RAO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung für den jeweiligen Erhebungszeitraum abgegeben wird.

    Die Gewerbesteuererklärung 1976 der KG wurde im Jahr 1978 abgegeben. Danach lief die Festsetzungsfrist zunächst bis zum Ablauf des Jahres 1983.

    b) Der Verjährungsablauf wurde jedoch durch die Betriebsprüfung bis zu deren Auswertung durch den Änderungsbescheid vom 20. April 1989 gehemmt.

    Wird vor Ablauf der Verjährungsfrist mit einer Betriebsprüfung begonnen, so verjähren die Ansprüche, auf die sich die Betriebsprüfung erstreckt, gemäß § 146a Abs. 3 RAO nicht, bevor die auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind.

    aa) Die bei der KG durchgeführte Betriebsprüfung beruhte auf einer wirksamen Prüfungsanordnung und erstreckte sich u.a. auf die Gewerbesteuer 1976, 1977 und 1980.

    Die Zulässigkeit einer nach 1976 durchgeführten Außenprüfung beurteilt sich auch für Prüfungszeiträume vor 1977 nach den Regeln der §§ 193 ff AO 1977. Nach §§ 196-197 AO 1977 ist eine schriftliche und vor Beginn wirksam bekanntgegebene Prüfungsanordnung erforderlich. Es kommt hier nicht darauf an, ob es der Prüfungsanordnung auch für die Verjährungshemmung nach § 146a Abs. 3 RAO bedarf (verneinend BFH-Urteil vom 22. Oktober 1986 I R 107/82, BFHE 148, 507, BStBl II 1987, 293, 295). Denn die sich auf die Gewerbesteuer 1976 bis 1981 erstreckende Prüfungsanordnung vom 24. November 1983 war wirksam.

    Gegenüber einer Personengesellschaft genügt auch nach Liquidation oder Vollbeendigung die Adressierung an die Gesellschaft und die Bekanntgabe an einen ehemaligen geschäftsführenden Gesellschafter bzw. Liquidator oder an den Geschäftsführer der ehemaligen Komplementär-GmbH (wie hier). Dies gilt sowohl bei den betrieblichen Steuern als auch bei der Prüfung einheitlicher Feststellungen (vgl. BFH-Urteile des BFH vom 1. März 1994 VIII R 35/92, BFHE 175, 231, BStBl II 1995, 241; vom 1. Oktober 1992 IV R 60/91, BFHE 169, 294, BStBl II 1993, 82). Die Verwertung der Prüfungsergebnisse und die Verjährungshemmung gegenüber früheren Mitgesellschaftern erfordert keine zusätzliche Bekanntgabe an diese (vgl. Urteile des FG Nürnberg vom 7. Juli 1993 V 192/90, EFG 1993, 760; des FG Hamburg vom 9. März 1993 I 195/90, EFG 1993, 700).

    In Übereinstimmung mit der Prüfungsanordnung erstreckte sich die Betriebsprüfung auch tatsächlich auf die Gewerbesteuer 1976 bis 1981.

    bb) Mit der Betriebsprüfung wurde vor Mitte Dezember 1983 begonnen.

    Die Prüfung ist im verjährungsrechtlichen Sinne (hier § 146a Abs. 3 RAO, sonst § 171 Abs. 4 AO 1977) erst - ernsthaft - begonnen, wenn der Prüfer in die sachliche Prüfung in einem Umfang eingetreten ist, der im Verhältnis zur Gesamtheit der zu prüfenden Sachverhalte von Gewicht ist. Die Aufnahme der Prüfung muß zudem geeignet sein, verwertbare Ergebnisse zu erzielen, an die bei Fortsetzung der Prüfung angeknüpft werden kann. Dafür sind äußere Anzeichen z. B. das Verlangen nach Vorlage von Unterlagen oder das Aktenstudium mit konkretem Bezug zu den zu prüfenden Sachverhalten (vgl. Urteile vom 2. Februar 1994 I R 57/93, BFHE 173, 487, BStBl II 1994, 377; vom 7. August 1980 II R 119/77, BFHE 131, 437, BStBl II 1981, 409; des FG Düsseldorf vom 1. Oktober 1998 13 K 452/950, EFG 199, 276 mit Anm. Beil. 6/1999; Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Rd. 13).

    Diese Voraussetzungen sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erfüllt. Wie der Betriebsprüfer als Zeuge glaubwürdig ausgesagt hat, führten sein Sachgebietsleiter und er zum vorgesehenen Prüfungsbeginn am Montag, den 12. Dezember 1983, in den Räumen der Steuerberatungsgesellschaft ein längeres Einführungsgespräch mit dem Steuerberater und dem damaligen Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Anschließend wurde dem Prüfer ein Archivraum zur Verfügung gestellt, wo die Datev-Buchhaltung mit Hauptabschlussübersichten, Konten, Umbuchungslisten, Summen- und Saldenlisten, Debitorenlisten und weiteren Listen vorlag. In Kenntnis der drohenden Verjährung begann der Prüfer mit der Prüfung der Unterlagen der hier interessierenden KG. Dazu ließ er sich zusätzlich die umfangreichen Verträge geben, die für die Gesellschaft und den Betrieb des gepachteten Parkhauses grundlegend waren. Mit der Prüfung war er vor Ort die ganze Woche und auch in der Folgewoche befasst.

    Die Aussage des Betriebsprüfers wird bestätigt durch den Inhalt der Arbeitsakte mit den am 14. Dezember 1983 aufgelisteten und in der Folgezeit durchgearbeiteten Verträgen sowie mit den Vermerken über die bis zum 15. und bis zum 21. Dezember 1983 bearbeiteten Punkte.

    Die Aussage wird ferner gestützt durch die im Umfang der jeweiligen Erinnerung übereinstimmenden und im Übrigen nicht widersprechenden Zeugenaussagen des Steuerberaters und des mit den Komplementär-Gesellschaften befasst gewesenen Prüfers des Finanzamts für Körperschaften.

    Schließlich wird der in der Arbeitsakte ab Beginn dokumentierte ernsthafte Prüfungsverlauf bestätigt durch den kurzen Zeitraum bis zu der bereits für alle vier Kommanditgesellschaften am 7. März 1984 als Schlussbesprechung vorgesehenen Besprechung.

    cc) Die Verjährungshemmung entfällt nicht durch die späteren verschiedenen Verzögerungen und Unterbrechungen bis zum Abschluss der Betriebsprüfung.

    Eine Vorschrift wie in § 171 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 - über eine vom Finanzamt zu vertretende mehr als sechsmonatige Unterbrechung der Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn - existierte unter der Geltung der RAO nicht. Im Übrigen ist die Prüfung nicht unmittelbar nach Beginn für mehr als sechs Monate und auch nicht aus von der Verwaltung zu vertretenden Gründen unterbrochen worden; sondern auf Wunsch der KG sowie wegen abzuwartender präjudizieller Entscheidungen und neuer Regelungen (vgl. A II).

    dd) Die Verjährungshemmung entfällt weiter nicht durch den Zeitablauf nach der letzten Besprechung und dem Schlussbesprechungs-Verzicht vom 19. April 1988 bis zur Auswertung des Prüfungsberichts vom 31. Oktober 1988 in den Bescheiden vom 8. Dezember 1988, vom 13. Januar und - hier - vom 20. April 1989.

    Im Verjährungsrecht der RAO gab es keine § 171 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 entsprechende Vorschrift, nach der die Verjährungshemmung spätestens endet, wenn nach der Schlussbesprechung oder der letzten Ermittlung bis zu den Bescheiden die für die Festsetzungsverjährung geltende Frist neu verstrichen ist. Die Vorschrift gilt gemäß Art. 97 § 10 Abs. 3 EGAO 1977 im Rahmen der Festsetzungsverjährung der AO 1977 für solche Prüfungen, bei denen die Schlussbesprechung oder die letzten Ermittlungen nach 1986 stattgefunden haben; in den anderen nach der AO 1977 zu beurteilenden Prüfungen beginnt die Frist am 1. Januar 1987 neu zu laufen.

    Allerdings wurde unter der Geltung der RAO und vor Einführung dieser Vorschrift die Auswertungszeit unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung geprüft. Eine Verwirkung wurde von der Rechtsprechung jedoch regelmäßig auch bei noch längeren Verzögerungen verneint (vgl. BFH-Urteile vom 24. Juni 1988 III R 177/85, BFH/NV 1989, 351 - sieben Jahre; vom 3. Mai 1979 I R 49/78, BFHE 128, 364, BStBl II 1979, 738 - acht Jahre).

    Selbst wenn mit einem Teil der Literatur die Neuregelung entgegen der Übergangsvorschrift auf Altfälle sinngemäß angewandt werden würde (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 Rd. 17), wäre auch danach im Streitfall die Verjährung nicht abgelaufen. Weder die fünfjährige Verjährungsfrist der RAO noch die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 war zwischen dem Schlussbesprechungs-Verzicht oder der letzten Besprechung einerseits und den Änderungsbescheiden andererseits verstrichen.

    ee) Die Änderungsfestsetzungen sind auch nicht unter sonstigen Gesichtspunkten im Zusammenhang mit der Dauer der Betriebsprüfung verjährt oder verwirkt. Insbesondere kann die von der Klägerin angeführte Vorschrift des § 211 Abs. 2 BGB die spezielleren Verjährungs-Regelungen des Steuerrechts nicht verdrängen. Im Übrigen befasst sich diese Vorschrift nicht mit einer Verjährungshemmung, sondern mit der Verjährungsunterbrechung, die bei einem Verfahrensstillstand eines Prozesses endet, so dass die Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt. Selbst eine bei der einen oder anderen Verzögerung der Betriebsprüfung neu beginnende Verjährung wäre - wie oben (dd und A II) ersichtlich - bis zur nächsten Prüfungshandlung oder bis zur Auswertung durch die Steuerneufestsetzung nicht abgelaufen.

    6. Auch bezüglich der Gewerbesteuer 1977 und 1980 kommt der Klägerin keine Festsetzungsverjährung zu Gute.

    Gemäß § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 darf ein Haftungsbescheid nicht mehr ergehen, soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist oder wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann.

    Die Gewerbesteuer 1977 und die Gewerbesteuer 1980 sind jedoch ebenfalls vor Ablauf der Festsetzungsverjährung festgesetzt worden.

    a) In dem hier anzuwendenden Verjährungsrecht der AO 1977 beträgt die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 vier Jahre. Sie beginnt nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird.

    Nach Einreichung der Steuererklärungen für 1977 in 1979 und für 1980 in 1981 lief die Festsetzungsverjährung zunächst für 1977 von Ende 1979 bis Ende 1983 und für 1980 von Ende 1981 bis Ende 1985.

    b) Die Festsetzungsverjährung wurde jedoch jeweils durch die 1983 begonnene Betriebsprüfung bis zu deren Auswertung durch die Änderungsbescheide vom 20. April und 13. Januar 1989 gehemmt.

    Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen, so läuft gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die auf Grund der Außenprüfung zu erlassenden Bescheide unanfechtbar geworden sind.

    Wie oben ausgeführt, beruhte die bei der KG durchgeführte Außenprüfung auf einer wirksamen Prüfungsanordnung gemäß §§ 196-197 AO 1977. Die Prüfungsanordnung und die Prüfung erstreckten sich u.a. auch auf die Gewerbesteuer 1977 und 1980 (5 b aa).

    Mit der Betriebsprüfung wurde vor Mitte Dezember 1983 und damit vor Verjährungsablauf ernsthaft begonnen (5 b bb).

    Die Verjährungshemmung entfiel nicht durch eine Verzögerung bis zum Abschluss der Betriebsprüfung. Eine die Merkmale des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 erfüllende Unterbrechung der Prüfung lag nicht vor (5 b cc).

    Die Verjährungshemmung entfällt weiter nicht durch den Zeitablauf nach der letzten Besprechung und dem Schlussbesprechungs-Verzicht bis zur Auswertung in den Bescheiden - hier - vom 20. April und 13. Januar 1989. Die nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 dafür sinngemäß geltende Frist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 ist währenddessen nicht neu verstrichen (5 b dd).

    Die Änderungsfestsetzungen sind schließlich nicht unter sonstigen Gesichtspunkten - etwa analog § 211 Abs. 2 BGB - verjährt oder verwirkt (5 b ee).

    7. Der Klägerin kommt auch keine Zahlungsverjährung der Gewerbesteuer 1976, 1977 und 1980 zu Gute.

    Nach § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 darf ein Haftungsbescheid nicht mehr ergehen, soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist. Mit dieser Verjährung ist die Zahlungsverjährung gemeint (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, § 191 Rd. 21).

    Der Haftungsbescheid gegen die Klägerin ist jedoch vor Zahlungsverjährung der zugrundegelegten Gewerbesteuerschulden der KG ergangen.

    Gemäß § 228 AO 1977 unterliegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis einer besonderen fünfjährigen Zahlungsverjährung. Diese beginnt gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich gemäß § 220 AO 1977 nach den Vorschriften der Steuergesetze oder mangels solcher nach der Entstehung oder einem Leistungsgebot. Gewerbesteuer-Nachzahlungen werden gemäß § 20 Abs. 2 GewStG innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig.

    Die Ansprüche aus den Gewerbesteuer-Änderungsbescheiden 1976, 1977 und 1980 vom 20. April und 13. Januar 1989 konnten demgemäß erstmals ab 1989 fällig werden, so dass die fünfjährige Zahlungsverjährung frühestens Ende 1989 begann und nicht vor Ende 1994 ablief. - Der Haftungsbescheid erging vorher am 6. März 1992.

    8. Auch die zivilrechtliche Haftung der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Komplementär-GmbH für die Gewerbesteuerschulden der KG ist nicht verjährt.

    Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann gemäß § 191 Abs. 4 AO 1977 ein Haftungsbescheid nur ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie geltenden Recht noch nicht verjährt sind.

    Dass die Klägerin i.S.v. § 191 Abs. 1 AO 1977 kraft Gesetzes für die Schulden der KG haftet, ergibt sich nicht aus den Steuergesetzen, sondern aus §§ 128, 159, 161 HGB (oben 1-3).

    a) Die Vorschrift des § 159 HGB, die gemäß § 161 Abs. 2 HGB auch für die KG gilt, regelt die Verjährung der Haftung der ehemaligen Gesellschafter und verdrängt insoweit die nach § 191 Abs. 3 AO 1977 sonst geltenden Fristen für den Erlass eines Haftungsbescheids (BFH-Urteil vom 26. August 1997 VII R 6397, BFHE 183, 307, BStBl II 1997, 745, 746).

    Gemäß § 159 Abs. 1 HGB verjähren Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft in fünf Jahren nach der Auflösung der Gesellschaft. Die Verjährung beginnt grundsätzlich nach § 159 Abs. 2 HGB mit dem Ende des Tages, an welchem die Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird. Wird jedoch der Anspruch des Gläubigers gegen die Gesellschaft erst nach der Eintragung der Auflösung fällig, so beginnt gemäß der Sondervorschrift des § 159 Abs. 3 HGB die Verjährung mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit.

    An diesen Regelungen über die Gesellschafterhaftung nach Auflösung der Gesellschaft hat sich bei der Neufassung der §§ 159, 160 HGB durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz vom 18. März 1994 und durch dessen Übergangsregelungen in §§ 35 ff Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch (EGHGB) nichts geändert (vgl. Habersack in Staub, Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 159 Rd. 2). Neu ist lediglich die hier nicht interessierende Nachhaftung ausgeschiedener Gesellschafter in § 160 HGB n.F. geregelt. Im Übrigen wurde die Vorschrift des § 160 HGB a.F. über die Wirkung der Verjährungsunterbrechung gegenüber Gesellschaft und Gesellschaft in § 159 Abs. 4 HGB aufgenommen.

    b) Wenn Steuern gegen die Gesellschaft erst später als fünf Jahre nach Eintragung ihrer Auflösung oder Liquidation festgesetzt und fällig werden, sind sie nicht gemäß § 159 Abs. 1 HGB verjährt, sondern beginnt die fünfjährige Haftungsverjährung gegen die Gesellschafter nach § 159 Abs. 3 HGB erst mit der Fälligkeit der nachträglich festgesetzten Steuern.

    Dies hat der Senat bereits mit dem (hier während des Ruhens des Klageverfahrens abgewarteten und anschließend den Beteiligten übersandten) Zwischenurteil vom 6. April 1994 I R 193/92 ausgeführt; zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen (dort zu II 4 c aa, FG-A Bl. 48, 64 ff, EFG 1994, 1080, 1082 f, rechtskräftig).

    An dieser Haftung gemäß § 159 Abs. 3 HGB bei Auflösung hat sich nichts geändert, soweit die zivilrechtliche Rechtsprechung zum Schutz ausgeschiedener Gesellschafter bei Dauerschuldverhältnissen nach Inkrafttreten des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes bzw. des § 160 HGB n.F. aufgegeben wurde (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 27. September 1999 II ZR 356/98, Betriebs-Berater --BB-- 1999, 2526, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1999, 1287 m. Anm. Emde; Habersack in Staub, Großkomm. HGB, § 160 Rd. 34). Die Vorschrift des § 160 HGB n.F. ist auf die Gesellschafter, die bei Vollbeendigung der Gesellschaft noch angehören, nicht analog anwendbar (Koller/Roth/Morck, HGB, § 159 Rd. 5).

    Zwischenzeitlich hat auch der BFH den Verjährungsbeginn der Gesellschafterhaftung für Steuerschulden gemäß § 159 Abs. 3 HGB nach deren Fälligkeit bestimmt (BFH-Urteil in BFHE 183, 307, BStBl II 1997, 745, 746 zu II 2 b).

    c) Zwar macht die Klägerin zutreffend geltend, dass die Fälligkeit i.S.d. § 159 Abs. 3 HGB gemäß allgemeinen Grundsätzen zu verstehen ist (vgl. Habersack in Staub, Großkomm. HGB, § 159 Rd. 18), insbesondere als der Zeitpunkt, zu dem der Gläubiger die Leistung entsprechend § 271 BGB erstmals verlangen kann.

    Ebenso ist der Klägerin zuzugeben, dass im Rahmen von § 159 Abs. 3 HGB zum Schutz des Schuldners die Vorschrift des § 199 BGB anzuwenden ist (vgl. Koller/Roth/Morck, HGB, § 159 Rd. 4). Danach beginnt bei einer von der Kündigung des Gläubigers abhängigen Fälligkeit die Verjährungsfrist nicht erst bei Fälligkeit, sondern mit dem Zeitpunkt, von welchem an die Kündigung (frühestens) zulässig ist.

    Aus den Regelungen oder den Rechtsgedanken der §§ 271 oder 199 BGB ergibt sich jedoch keine andere Beurteilung für die dem Verjährungsbeginn nach § 159 Abs. 3 HGB zugrundezulegende Fälligkeit von Steuern.

    Vielmehr ist auch bei sinngemäßer Heranziehung von § 271 BGB auf die nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses bestimmte Leistungszeit abzustellen, also bei einer Steuerschuld auf die im Steuerrecht bestimmte Fälligkeit.

    Ebenso ändert sich durch § 199 BGB oder durch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift nichts an der als Verjährungsbeginn bestimmten Fälligkeit der Steuern.

    Die Fälligkeit der Steuer ist nicht von einer Kündigung durch das Finanzamt abhängig. Im Hinblick auf die speziellen Regelungen zur Fälligkeit und vorausgehenden Festsetzung der Steueransprüche (vgl. oben 7) besteht auch keine Gesetzeslücke im Steuerrecht, die eine analoge Anwendung von § 199 BGB zuließe. Die Gesetzeslage ist nicht mit der endlosen Haftung ausgeschiedener Gesellschafter aus Dauerschuldverhältnissen vor Inkrafttreten von § 160 HGB n.F. vergleichbar, bei denen die Zivilrechtsprechung den Haftungszeitraum u.a. bis zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Kündigung begrenzte (inzwischen aufgegebene „Kündigungstheorie”; vgl. oben b, BGH-Urteil in BB 1999, 2526, GmbHR 1999, 1287).

    Davon abgesehen entspricht die der Steuerfälligkeit vorausgehende Steuer-Neufestsetzung auch rechtsgedanklich oder wertungsmäßig nicht einer einseitigen Kündigung durch den Gläubiger i.S.v. § 199 BGB. Die beiderseitige Interessenlage ist schon deswegen verschieden, weil anders als nach § 199 BGB die Fälligkeit im Steuerrecht nicht im Belieben des Gläubigers steht. Vielmehr hängt die ihr vorausgehende Steuerfestsetzung entscheidend von der vorgesehenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen ab, sei es z.B. bei den Steuererklärungen im Veranlagungsverfahren oder sei es z.B. bei der Betriebsprüfung oder im Rechtsbehelfsverfahren. Inwieweit der Steuerpflichtige oder der haftende Gesellschafter bei finanziellen Dispositionen mit Änderungen der ursprünglichen Bescheide rechnen muss oder auf deren Bestand vertrauen darf, ergibt sich aus den gesetzlichen Berichtigungsmöglichkeiten (wie z.B. beim Nachprüfungsvorbehalt im Streitfall). Anders als bei der Gläubigerkündigung nach § 199 BGB ist für den Steuerpflichtigen oder den haftenden Gesellschafter jedoch auch erkennbar, dass die Fälligkeit nicht beliebig hinausgeschoben werden kann, sondern dass die Änderungsfestsetzungen nur im zeitlichen Rahmen der verschiedenen gesetzlichen Fristen möglich sind, worauf der Senat im Zwischenurteil vom 6. April 1994 I 193/92 bereits hingewiesen hat (dort zu II 4 c aa ddd-eee, FG-A Bl. 48, 65 f, EFG 1994, 1080, 1083).

    d) Im Streitfall wurden die Gewerbesteuer-Nachzahlungen 1976, 1977 und 1980 erst nach der Eintragung von Auflösung und Löschung vom 29. Mai 1981 und nach den Änderungsbescheiden vom 20. April und 13. Januar 1989 frühestens in 1989 fällig (oben 7). Vor Ablauf der anschließenden Fünfjahresfrist erging der Haftungsbescheid vom 6. März 1992.

    9. Der Haftungsanspruch gegen die Klägerin ist schließlich nicht zahlungsverjährt.

    Trotz Titulierung des Haftungsanspruchs durch den Haftungsbescheid rechtzeitig vor der (zivilrechtlichen) Haftungsverjährung ist ein zwischenzeitlicher Ablauf der fünfjährigen Zahlungsverjährung gemäß §§ 228 ff AO 1977 - auch während der gerichtlichen Anfechtung des Haftungsbescheids - denkbar und von Amts wegen zu prüfen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 6. August 1996 VII B 24/96, BFH/NV 1997, 95; vom 8. November 1994 VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657; vom 21. Januar 1993 V R 55/89, BFH/NV 1994, 42).

    Die gemäß § 229 AO 1977 bei erstmaliger Fälligkeit beginnende Zahlungsverjährung des Haftungsanspruchs wird gemäß § 231 Abs. 1 AO 1977 u.a. durch Aussetzung der Vollziehung unterbrochen. Die Unterbrechung endet gemäß § 231 Abs. 2 AO 1977 erst mit Ablauf der Aussetzung der Vollziehung. Gemäß § 231 Abs. 3 AO 1977 beginnt erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, eine neue Frist für die Zahlungsverjährung des Haftungsanspruchs (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1997 VII R 96/95, BFHE 182, 282, BStBl II 1997, 339).

    Nach Fälligkeit des Haftungsbescheids vom 6. März 1992 am 9. April 1992 hat das FA die Zahlungsverjährung durch Aussetzung der Vollziehung vom 10. Juni 1992 für das Einspruchsverfahren und vom 31. März 1993 für die Dauer des Klageverfahrens unterbrochen, so dass während des andauernden Prozesses bisher keine neue Fünfjahresfrist zu laufen begonnen hat.

    10. Die Haftung der Klägerin umfasst die auf die Gewerbesteuer der KG berechneten Aussetzungszinsen gemäß § 237 AO 1977 und Säumniszuschläge gemäß § 240 AO 1977.

    a) Bei ihnen handelt es sich um steuerliche Nebenleistungen i.S.v. § 3 Abs. 3 AO 1977 zu der Steuer, für die nach § 191 Abs. 1 AO gehaftet wird (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1988 VII R 83/87, BFHE 153, 512, BStBl II 1988, 859); so auch durch den Gesellschafter (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 1987 VII R 4/84, BFHE 149, 125, BStBl II 1987, 363; Tipke/Kruse, AO/FGO, § 191 Rd. 17).

    b) Im Fall der zwischenzeitlichen Liquidation oder Insolvenz einer Personengesellschaft reduziert sich die persönliche Haftung für die Säumniszuschläge grundsätzlich auf die Hälfte (entsprechend der für Zinsen nach § 238 AO 1977 geltenden Höhe von 0,5 v.H. p.M.). Dem entspricht der zwischenzeitliche Änderungsbescheid des FA. Selbst wenn eine Gesellschaft nicht nur - wie hier - liquidiert worden ist, sondern überschuldet und verlustbedingt zahlungsunfähig war, bleibt es gemäß geänderter Rechtsprechung grundsätzlich bei dieser Haftung für die Hälfte der Säumniszuschläge (vgl. BFH-Beschluss vom 21. April 1999 VII B 347/98, BFH/NV 1999, 1440). - Damit ist die frühere Rechtsprechung überholt, die zwischen Steuerpflichtigem und Haftendem differenzierte (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1998 V R 13/98, BFH/NV 1999, 10 a.E.) und nach Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit die Haftung für Säumniszuschläge bei einem Personengesellschafter verneinte (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Januar 1996 VII B 209/95, BFH/NV 1996, 526).

    c) Die vorbeschriebene Haftung für die Zinsen und Säumniszuschläge auf die Gewerbesteuer der Gesellschaft ist zu unterscheiden von der Frage der Nebenleistungen bzw. Säumniszuschläge auf den mit dem Haftungsbescheid geltend gemachten Betrag (vgl. Rechtssprechungsänderung des BFH vom 25. Februar 1997 VII R 15/96, BFHE 182, 480, BStBl II 1998, 2). Letztere werden hier vom FA nicht gefordert.

    d) Die Haftung für Nebenleistungen auf die Steuer der Gesellschaft setzt ebensowenig wie die Haftung für die Steuer eine vorherige Festsetzung gegen die Gesellschaft voraus (arg. § 191 Abs. 3 Satz 4 AO 1977).

    11. Die Haftungs-Inanspruchnahme der Klägerin ist auch ermessensgerecht.

    Aus § 191 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 folgt, dass die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners mittels Haftungsbescheids eine behördliche Ermessensentscheidung darstellt („kann”). Gemäß § 5 AO 1977 hat das FA sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

    Behördliche Ermessensentscheidungen unterliegen nach § 102 FGO nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung, die sich darauf erstreckt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind (Ermessensüberschreitung) oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (Ermessensfehlgebrauch). Außer in den Fällen der Ermessensüberschreitung und des Ermessensfehlgebrauchs kann eine Ermessensentscheidung der Verwaltung nur dann rechtswidrig sein, wenn die Behörde unbeachtet lässt, dass sich der Ermessensspielraum im konkreten Einzelfall derart verengt hat, dass nur eine bestimmte Entscheidung richtig sein kann (Ermessensreduzierung auf Null; vgl. BFH-Urteil vom 24. September 1991 VII R 34/90, BFHE 165, 477, 478, BStBl II 1992, 57).

    Derartige Ermessensfehler liegen bei der Haftungsauswahl von Gesellschaftern (bzw. ihrer Rechtsnachfolger) nach Liquidation einer Personengesellschaft grundsätzlich nicht vor, wenn alle Gesellschafter gleichzeitig in Anspruch genommen werden (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 24. Oktober 1995 6 K 5103/89, EFG 1996, 162) und wenn der einzelne Haftende im Verhältnis zu Mitgesellschaftern nicht nur geringfügig beteiligt ist (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 1998 3 K 233/97 H {U}, rechtskräftig). Im übrigen ist die Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners nur dann rechtswidrig, wenn besondere Umstände vorliegen (BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 II R 7/91, BFHE, 173, 306, BStBl II 1995, 300, 302).

    Die Ermessenserwägungen des FA tragen den vorstehenden Gesichtspunkten Rechnung; besondere Umstände, die zu einer abweichenden Ermessensausübung führen könnten, sind nicht ersichtlich.

    III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

    VorschriftenAO § 191, AO § 166, AO § 196, AO § 197, AO § 171 Abs.. 4, AO § 228, AO § 229, AO § 231, AO § 237, AO § 240, BGB § 211, BGB § 199, HGB § 128, HGB § 159, HGB § 161 Abs. 2, EGAO Art. 97 § 10, EGAO Art. 97 § 11, EGAO Art. 97 § 14, AO § 144, AO § 145, AO § 146a, AO § 149

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