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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Brandenburg: Urteil vom 09.08.2000 – 4 K 2416/99

    In sog. Kinderüberraschungseiern enthaltenen Figuren aus Kunststoff -- ca. 4 cm große Nachbildungen verschiedener Tiere in verschiedenen (starren) Positionen, teilweise mit ebenfalls aus Kunststoff bestehendem Zubehör, das mittels einfacher Steckverbindungen an der Figur befestigt werden kann --, die jeweils Teile einer unter einem bestimmten Motto stehenden Sammelserie sind, sind keine „Ziergegenstände” i.S. der Unterposition 3926 4000 der Kombinierten Normenklatur (KN), sondern als „Spielzeug” in die Unterposition 9503 4930 KN einzureihen.


    Im Namen des Volkes hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg – 4. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. August 2000 durch

    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

    die Richter am Finanzgericht ... und

    die Richterin am Finanzgericht ...

    sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ...

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

    Gründe

    Die Beteiligten streiten über die Eintarifierung diverser Figuren aus Kunststoff, die in den sogenannten Kinderüberraschungseiern enthalten sind, die die Klägerin vertreibt.

    Die Figuren werden in China gefertigt, sind in kleine Kunststoffkapseln verpackt und zum Teil mit Zubehör versehen. Auf die Anträge der Klägerin vom 08.06.1999 erteilte der Beklagte am 23.06.1999 die streitigen Zolltarifauskünfte (DE B/B ..6/99/01–01, DE B/B ..7/99/01–01, DE B/B ..8/99/01–01 und DE B/B ..9/99/01–01) über die sogenannten „Überraschungseier-Figuren”. Die Einreihung der Waren erfolgte dabei durch den Beklagten in die Unterposition (Codenummer) 9503 4930 90 0 des Zolltarifs.

    In den verbindlichen Zolltarifauskünften (vZTA'en) wurden die Waren wie folgt beschrieben:

    DE B/B ..6/99/01–01: Anderes, als in den Positionen 9501 und 9502 erfaßtes Spielzeug, Tiere darstellend, kein Füllmaterial enthaltend, aus Kunststoff.

    Es handelt sich um 14 starre, ca. 4 cm große Nachbildungen verschiedener Tiere (Nilpferde, Krokodile, Pinguine, Elefanten, ein Bär und ein Dinosaurier) in verschiedenen Positionen, mit aufgemalter Kleidung und Gesicht – charakterbestimmend in Hinblick auf die Verwendung –. Zu einigen Figuren gehört ein entsprechendes, ebenfalls aus Kunststoff bestehendes Zubehör (Photoapparat, Tischchen). Die Figuren sind einzelne Teile einer Sammelserie „Die Happy Hippo Hochzeit”. Die Ware dient der spielerischen Unterhaltung von Kindern und der Zerstreuung von Erwachsenen.

    DE B/B ..7/99/01–01: Anderes, als in den Positionen 9501 und 9502 erfasstes Spielzeug, Füchse darstellend, kein Füllmaterial enthaltend, aus Kunststoff. Es handelt sich um 10 starre, ca. 4 cm große Nachbildungen von Füchsen in verschieden Positionen, mit aufgemalter Kleidung und Gesicht – charakterbestimmend in Hinblick auf die Verwendung –. Zu einigen Fuchsfiguren gehört ein entsprechendes, ebenfalls aus Kunststoff bestehendes Zubehör (Schläger, Fußbodenunterlage). Die Figuren sind einzeln Teile einer Sammelserie „Fancy Fuxies”. Die Ware dient der spielerischen Unterhaltung von Kindern und der Zerstreuung von Erwachsenen.

    DE B/B ..8/99/01–01: Anderes, als in den Positionen 9501 und 9502 erfaßtes Spielzeug, Bären darstellend, kein Füllmaterial enthaltend, aus Kunststoff. Es handelt sich um 10 starre, ca. 4 cm große Nachbildungen von Bären in verschiedenen Positionen, mit aufgemalter Kleidung und Gesicht – charakterbestimmend in Hinblick auf die Verwendung –. Zu einigen Bären gehört ein entsprechendes, ebenfalls aus Kunststoff bestehendes Zubehör (Sonnenschirm, Dusche). Die Figuren sind einzelne Teile einer Sammelserie „Die Top Ten Teddies im Traumurlaub”. Die Ware dient der spielerischen Unterhaltung von Kindern und der Zerstreuung von Erwachsenen.

    DE B/B ..9/99/01–01: Anderes, als in den Positionen 9501 und 9502 erfaßtes Spielzeug, Tiere darstellend, kein Füllmaterial enthaltend, aus Kunststoff. Es handelt sich um 14 starre, ca. 4 cm große Nachbildungen verschiedener Tiere (Nilpferde, Krokodile, Pinguine, Elefanten, ein Bär und ein Dinosaurier) in verschiedenen Positionen, mit aufgemalter Kleidung und Gesicht – charakterbestimmend in Hinblick auf die Verwendung –. Zu einigen Figuren gehört ein entsprechendes, ebenfalls aus Kunststoff bestehendes Zubehör (Photoapparat, Tischchen). Die Figuren sind Teile der Sammelserie „Die Happy Hippo Hochzeit” und einzeln mit einem Beipackzettel und dem eventuell vorhandenem Zubehör in einer zweiteiligen Kunststoffkapsel verpackt. Die Ware dient der spielerischen Unterhaltung von Kindern und der Zerstreuung von Erwachsenen.

    Bei den strittigen Waren handelt es sich bei allen vier vZTA'en um ca. 4 cm große Nachbildungen verschiedener Tiere aus Kunststoff in verschiedenen Positionen (stehend, sitzend, liegend...). Gesicht und Kleidung sind nach Firmenangabe in Handarbeit aufgemalt. Zu einigen Figuren gehört ein entsprechendes, ebenfalls aus Kunststoff bestehendes Zubehör (Photoapparat, Tischchen, Schläger, Fußbodenunterlage, Sonnenschirm, Dusche), das mittels einfacher Steckverbindungen an der Figur befestigt werden kann. Die Figuren sind jeweils Teile einer unter einem bestimmten Motto stehenden Sammelserie („Die Happy Hippo Hochzeit”, „Fancy Fuxies”, „Die Top Ten Teddies im Traumurlaub”), welche durchschnittlich aus 10-14 Figuren besteht. Die Figuren sind gemeinsam mit einem Beipackzettel, der sämtliche Figuren dieser Serie zeigt, in einem zweiteiligen eiförmigen Kunststoffbehältnis verpackt.

    Gegen diese vZTA'en erhob die Klägerin fristgerecht Einspruch vom 26.07.1999, der mit Einspruchsentscheidung vom 12.10.1999 zurückgewiesen wurde.

    Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage vom 12.11.1999 eine Einreihung als „Ziergegenstand” in die Unterposition 3926 4000 der Kombinierten Nomenklatur. Im Wesentlichen ist die Klägerin der Ansicht, dass es im Zolltarif keine Definition für „Spielzeug” gebe und daher die allgemeine Verkehrsauffassung zu Grunde gelegt werden müsse, nach welcher es sich bei der streitgegenständlichen Ware nicht um Spielzeug handle. Die Anmerkungen zum Abschnitt XX und zum Kapitel 95 KN enthalte keine Hinweise zur Bestimmung des Begriffs Spielzeug. Nach den Erläuterungen zum Kapitel 95 Rz. 01.0 gehörten Spielzeug und Spiele jeder Art zur Unterhaltung für Kinder und zur Zerstreuung zu dieser Position. Es handele sich insoweit lediglich um den Ansatz einer Definition. Der Bülowtarif von 1902 habe noch eine wesentlich engere Definition von Spielzeug gegeben. Der Begriff Spielzeug sei daher anhand der Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise zu bestimmen Die Klägerin ist ferner der Auffassung, dass ihre Erzeugnisse, für die sie auch entsprechende Dioramen anbietet, nicht mit den von der EG – Kommission mit VO Nr. 2338/96 vom 05.12.1996 (Heft III Bt. 15) in die Unterposition 9503 49 30 der Kombinierten Nomenklatur eingereihte „Nachbildung eines Bären” vergleichbar seien; es handele sich insoweit um eine Einzelfallentscheidung. Die Erläuterung zu 950390 KN, die daraufhin in die Erläuterungen mit aufgenommen worden sei, sei eine unzulässige Verallgemeinerung einer bloßen Einzelfallentscheidung. Erst nach Inkrafttreten der VO (EWG) 2338/96 habe die WCO mit dem „Amending Supplement No. 3” im Februar 1997 in die HS-Erläuterung zur Position 9503 einen neuen Unterabsatz eingefügt, wonach zu der Position 9503 HS „Spielzeuge, die im wesentlichen zur Unterhaltung für Personen bestimmt sind” gehörten. Dies sei bei den fraglichen Kunststofffiguren jedenfalls nicht der Fall. Denn die Figuren seien als Sammelserie konzipiert. Spielzeug im weiteren Sinne sei nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein speziell für Kinder oder Jugendliche hergestellter Gegenstand, der den eigentlichen Zweck habe, Spiele auszulösen und Spielimpulse zu geben (Brockhaus-Enzyklopädie). Nach Meyers Großem Taschenlexikon sei ein Spielzeug jeder Gegenstand, der Menschen und Tiere zum Spielen veranlasse; im engeren Sinne ein Hilfsmittel, das als Impulsquelle erziehende und bildende Wirkung bei allen Altersgruppen ermögliche. Bereits nach diesen Definitionen sei klar, das die fraglichen Figuren keine Spielzeuge seien. Die Figuren würden üblicherweise gerade nicht von Kindern zum Spielen benutzt. Ihr Unterhaltungswert trete weit hinter ihre Bedeutung als Ziergegenstand zurück. Es werde kein Fülle von Zubehör mitgeliefert, die einen Spielimpuls auslösen könnte. Auch habe die ZPLA Hamburg für ein ebenfalls in den Überraschungseier verwandtes „Peppy Pingo Party” im Jahr 1994 eine im Jahr 1998 aufgehobene Einreihung in die Unterposition 3926 4000 vorgenommen. An dieser Einreihung habe sie jahrelang ihre Einkaufsaktivitäten in China ausgerichtet. Der EuGH habe bereits mehrfach entschieden, dass die Zweckbestimmung eines Erzeugnisses ein objektives Merkmal für seine Einreihung in die KN darstelle. Ferner trägt die Klägerin vor, dass jedenfalls die Eintarifierung, wie sie der Beklagte vorgenommen habe, nicht auf die VO (EWG) Nr. 2338/96 gestützt werden könne. Diese sei inhaltlich unbestimmt und damit rechtswidrig. Es werde angeregt, diese Verordnung, sofern das Gericht seine Entscheidung darauf stützten wolle, dem EUGH zur Prüfung vorzulegen. Diese Verordnung sei nicht begründet worden. In der Begründung der Verordnung sei lediglich auf die allgemeinen Vorschriften Bezug genommen worden und die Behauptung aufgestellt worden, dass der Unterhaltungswert im Vergleich zur Bedeutung als Ziergegenstand vorrangig sei. Dies wiederum habe die Kommission nicht begründet. Daher sei die Verordnung entgegen Art. 253 EG-Vertrag nicht mit Gründen versehen. Die Kommission sei ferner nicht befugt zum Erlass von derartigen Einreihungsverordnungen. Die Gründe für die getroffenen Maßnahmen könnten nicht gleichzeitig die Begründung für die Verordnung sein. Die Klägerin beruft sich hierzu auf die Rechtssache C 353/92. Der Kommission sei jedenfalls eine falsche Auslegung des Avis der Weltzollorganisation zu den „Kinder-Überraschungseiern” unterlaufen. Zwar habe die WCO in ihrem AVIS das Endprodukt Schokoladen-”Überraschungsei” unter Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 3 b zur Auslegung des HS als zusammengesetzte Ware und als Schokolade eingereiht. Bei getrennter Gestellung der Schokolade und des in diesem Fall „nicht zusammengesetzten Plastikhubschraubers” wäre letzter auch nach Auffassung der Klägerin als Spielzeug einzutarifieren gewesen.

    Gegenstand der Entscheidung des HS-Ausschusses bei der WCO sei aber gerade nicht die zolltarifliche Einreihung des Inhaltes der Plastikkapsel gewesen.

    Aus den Akten ergebe sich, dass es Dokumente der WCO gebe, die dem BMF vorlägen, die sich mit der Eintarifierung von Kunststofffiguren befassten. Die österreichische Zollverwaltung habe sich insoweit auf die WCO berufen. Das BMF sei nicht bereit gewesen, die entsprechenden Dokumente Nr. 38.943, 38.960, 39.400 G/3 und L/15 zur Verfügung zu stellen, es werde daher der Beweisantrag gestellt, den Beklagten zur Vorlage dieser Urkunden aufzufordern.

    Waren könnten im übrigen nur dann dem Kapitel 95 zugeordnet werden, wenn sie ihrer Zweckbestimmung nach Spielzeug darstellten. Auf eine theoretische Verwendung im Einzelfall könne nicht abgestellt werden. Vorliegend sei der Zweck der Figuren aber nicht, zum Spiel zu dienen. Vielmehr stehe der Zierzweck im Vordergrund. Der EuGH habe bereits mehrfach festgestellt, dass der Verwendungszweck ein objektives Eintarifierungskriterium sei. Gegenstände, die ihrer Bestimmung nach zunächst anderen Zwecken dienen sollen, dann aber von Kindern einfach als Spielzeug benutzt würden, unterfielen nicht dem Begriff Spielzeug. Da eine Definition des Begriffs Spielzeug im Zolltarif nicht enthalten sei, komme es auf die Verkehrsanschauung an. Es werde insoweit der Beweisantrag gestellt, Sachverständigengutachten über die Verkehrsauffassung des Begriffs Spielzeug einzuholen. Als Gutachter werden Herr Dr. Dolle-Weinkauff von der Universität Frankfurt vorgeschlagen. Ferner habe die Europäische Kommission mit der VO (EWG) 2087/92 vom 22.7.1992 die unter Nr. 1 des Anhangs zu dieser Verordnung beschriebenen Waren in Form von Tieren aus Kunststoff, überzogen mit einer durch Leimen aufgebrachten Scherstaubschicht der Unterposition 39264000 KN als Ziergegenstände aus Kunststoff zugeordnet. Die Einreihung der Figuren als Zierfiguren sei gerade wegen der fehlenden Zweckbestimmung erfolgt.

    Hinsichtlich der Frage der Gültigkeit der VO (EWG) Nr. 2338/96 werde eine Vorlage an den EUGH beantragt.

    Die Klägerin beantragt,

    unter Aufhebung der 4 verbindlichen Zolltarifauskünfte vom 23.6.1999 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 12.10.1999 festzustellen, dass die fraglichen Figuren in die Unterposition 3926 40 00 KN einzureihen sind.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er ist der Auffassung, dass die mit der Klage begehrte Einreihung der Figuren als „Ziergegenstände” in die Codenummer 3926 4000 des Zolltarifs nicht in Betracht komme, da hier Statuetten und Ziergegenstände erfasst seien, die kein Spielzeug im Sinne der Anmerkung 2) zu Kapitel 39 darstellten, bzw. ungeeignet zum Spielen seien.

    „Spielzeuge aus Kunststoff, ohne Füllmaterial, Tiere oder nichtmenschliche Wesen darstellend” würden von der Codenummer 9503 4930 900 erfasst. Gemäß Verordnung Nr. 2338/96 der Kommission vom 05.12.1996 – (vgl. Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur Pos. 9503 (EE) Randziffern 55.0–60.0) würden von dieser Codenummer unter anderem ca. 4 cm große Tiernachbildungen, ganz aus Kunststoff, teilweise mit menschlichen Körpermerkmalen (lächelndes Gesicht, menschliche Hand...) erfasst, die in kleinen Kunststoffbehältern verpackt seien. Die hier erfassten Tiernachbildungen könnten Teile einer Sammelserie sein, trotzdem bleibe ihr Unterhaltungswert im Vergleich zu ihrer Bedeutung als Ziergegenstand vorrangig. Da die strittigen Figuren die o.a. Beschaffenheitsmerkmale aufwiesen, seien sie der Codenummer 9503 4930 90 0 des Zolltarifs zuzuweisen. Fragen des Urheberrechts sowie der Herstellungsweise spielten dabei keine Rolle. Das Kapitel 95 des Zolltarifs beinhalte Spielzeug, Spiele, Unterhaltungsartikel und Sportgeräte, Teile davon und Zubehör. Die Überschriften der Kapitel seien allerdings nur Hinweise, maßgebend für die Einreihung sei der Wortlaut der Position und der Anmerkungen (Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur – AV 1), hier also der Wortlaut der Positionen 9503 bzw. 3926 und die dazugehörigen Anmerkungen. Demnach gehörten Waren des Kapitel 95 (z. B. Spielzeug, Spiele, Sportgeräte) nicht in das Kapitel 39 (Anmerkung 2 v) zu Kap. 39). In den Erläuterungen zu Kapitel 95 sowie auch in den Erläuterungen zur Position 9503, die nach ständiger Rechtsprechung des EuGH maßgebliche Erkenntnisquellen und Hilfsmittel für die Auslegung des Zolltarifs seien, werde ausgeführt, dass hierher Spielzeug gehöre, welches der Unterhaltung von Personen diene. Es werde außerdem festgestellt, dass diese Waren nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene bestimmt seien, die sich unterhalten bzw. zerstreuen lassen könnten (vgl. ErlKN 95 (HS) RZ 01.0 sowie ErlKN Pos 9503 (HS) RZ 01.5). Diese Erläuterungen stellten weder eine Legaldefinition noch eine allgemein geltende Begriffsbestimmung dar. Sie erwähnten lediglich zwei von vielen Funktionen, die Spielzeug haben könne. Nach Auffassung der EG-Kommission kommt es bei der „spielerischen Unterhaltung” nicht auf eine aktive bzw. kreative Beschäftigung an (vgl. Heft III Bl. 17 Rückseite). Selbst Waren, die der Anschauung und Erfreuung dienten, gehörten zu diesem Kapitel. So sei es unstreitig, dass z. B. wertvolle Dekorationspuppen, die – wie ihr Name schon sage – nicht für die aktive Beschäftigung geeignet seien, dem Kapitel 95 zugewiesen würden (vgl. ErlKN Pos. 9502 (HS) RZ 01.0). Gleichfalls gehörten Musikmobiles, mit denen lediglich eine passive Beschäftigung möglich sei (zuhören, ansehen, entspannen) zur Position 9503 (vgl. ErlKN Pos. 9503 (EE) RZ 40.0 ff). Ebenso unstreitig sei die Einreihung von Zinnsoldaten (s. ErlKN Pos. 9503 (HS) RZn 02.0 und 09.0) als Spielzeug in die Position 9503. Hierbei handele es sich wie bei den beklagten Waren um filigrane, oft auch handbemalte, kleine Figuren, die hauptsächlich der Dekoration dienen bzw. als Sammlerobjekte genutzt würden. Beide Warenarten könnten sowohl als Anschauungsobjekte in Setzkästen untergebracht werden als auch der Nachspielung von Szenen (Zinnsoldaten für Schlachten, Happy Hippos für Hochzeit...) dienen. Wie die von der Klägerin erwähnten Dioramen würden Zinnfiguren häufig mit ihrer „Umgebung” dargestellt, um so z. B. Jagd-, Mode-, bzw. Szenen militärischen Inhalts wiederzugeben (vgl. Der deutsche Museumsführer S. 429 Stichwort „Kulmbach – Deutsches Zinnfigurenmuseum”).

    Bei der in der EG-VO vom 05.12.1996 im Anhang unter 4. aufgeführten Ware handele es sich um „eine aufrechtstehende starre Nachbildung eines Bären, ganz aus Kunststoff, teilweise mit menschlichen Körpermerkmalen (z. B. lächelndes Gesicht, angewinkelter linker und ausgestreckter rechter Arm mit stilisierter rechter Hand) und aufgemaltem, roten Schleifenband um den Hals. Die Figur sei ungefähr 4 cm groß und in einem kleinen Kunststoffbehälter verpackt.” (vgl. ErlKN Pos. 9503 (EE) RZn 55.0–60.0). Sie sei Teil einer aus 12 „Goldbären” bestehenden Modellsammelserie mit verschiedenen Darstellungen (z. B. als Taucher, Skateboardfahrer, als Mann oder Frau, zum Teil sitzend oder liegend). Die Figuren würden aus Polysterol im Spritzgussverfahren hergestellt und hätten keine beweglichen Teile oder Glieder. Die Oberfläche sei handbemalt – in verschiedenen Farben – (vgl. Heft III Bl. 17). Auch diese Figuren würden – wie die hier streitige Ware – in kleinen Kunststoffbehältern angeboten und als Zugabe den (Haupt)Erzeugnissen beigefügt.

    Aufgrund dieser aufwendigen Herstellungsweise seien die „Goldbären” von der Qualität her mit den hier streitigen Sammelserien vergleichbar. Da auch der Verwendungszweck im Wesentlichen dem der streitigen Erzeugnisse entspreche, sei die VO (EG) 2338/96 vom 05.12.1996 (Heft III S. 15) sinngemäß auch auf diese Erzeugnisse anzuwenden, mit der Folge, dass sie von der Position 9503 erfasst würden.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen. Dem Gericht lagen die Figuren im Original vor.

    Die Klage ist unbegründet. Zutreffend hat der Beklagte die Waren in die Tarifnummer 9503 4930 KN eingeordnet.

    1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise bei der Eintarifierung. Massgebend für die Einreihung der Ware in das Harmonisierte System(HS) sind der Wortlaut der Position und der Anmerkungen zu den einzelnen Abschnitten oder Kapiteln (Allgemeine Vorschrift für die Auslegung der Nomenklatur des HS 1).

    Demnach ist zunächst vom Wortlaut „Spielzeug” auszugehen. Zutreffend führt die Klägerin an, dass es keine Definition im Zolltarif gibt, was unter Spielzeug zu verstehen ist. Demgemäss muss der Begriff anhand der „Allgemeinen Vorschriften” und ergänzend anhand der allgemeinen, juristischen Methodik interpretiert werden. Dazu gehört zunächst die Wortlautinterpretation, dann eine systematische und schließlich – sofern möglich – eine teleologische Interpretation.

    Es kommt aber nicht auf die Verkehrsauffassung an (vgl. BFH Urteil vom 30. August 1988, VII R 178/85, ZfZ 1989, 15). Vielmehr ist die Vorschrift wie jede Rechtsnorm anhand der allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Nomenklatur des HS und der allgemeinen juristischen Methodik, zu der eine Interpretation nach der Auffassung der „beteiligten Wirtschaftskreise” gerade nicht gehört, zu interpretieren.

    Spielzeug im weiteren Sinn ist jeder Gegenstand und alle Materialien, die Kinder Jugendliche oder auch Erwachsene zum Spielen veranlassen, im engeren Sinne ein speziell für Kinder oder Jugendliche auch von ihnen selbst) hergestellter Gegenstand, der den eigentlichen Zweck hat Spielen auszulösen und Spielimpulse zu geben (so Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Stichwort: Spielzeug). Der Senat kommt allerdings –entgegen der Auffassung der Klägerin zu dem Ergebnis, dass auch die streitigen Plastikfiguren Spielzeug im Sinne dieser Definition sind. Denn auch von den Plastikfiguren gehen Spielimpulse aus. Mit ihnen kann wie mit jeder anderen starren Spielfigur gespielt werden. Hinzu kommt, dass die Figuren jedenfalls teilweise auch über Zubehör verfügen, was ebenfalls zum Spielen anreizt und hierzu verwendet werden kann.

    Der Senat kann auch der Klägerin nicht darin folgen, dass die in Schokolade verpackten Figuren nur in einer ganz untergeordneten Zahl von Kindern erworben würden. Die Werbung für das entsprechende Produkt (in erster Linie die sogenannte Kinderschokolade in Form eines Eies mit einem Inhalt der nach der Werbung zum Spielen dienen soll „das sind ja gleich drei Dinge auf einmal”) ist gerichtsbekannt und zielt eindeutig auf Kinder als Kaufgruppe ab. Auch wird das Endprodukt eindeutig als Kinder-Überraschungssei bezeichnet. Die Werbung war auch in der mündlichen Verhandlung nicht streitig. In dem bekannten Fernsehspot wird eine Mutter von ihrem Kind unter anderem aufgefordert Schokolade und etwas zum Spielen mitzubringen.

    2. Systematisch kommt hinzu, dass der Begriff Spielzeug in Abgrenzung zu dem Begriff Ziergegenstand gesehen werden muss. Dies ergibt sich sowohl aus der allgemeinen systematischen Auslegung aber auch ausdrücklich aus dem Tarif. Denn nach dem Tarif gehören Waren des Kapitel 95 (z. B. Spielzeug, Spiele, Sportgeräte) nicht in das Kapitel 39 (Anmerkung 2 v) zu Kap. 39). In der englischen Sprachfassung heißt es: This chapter does not cover...v) articles of chapter 95 (for example, toys...). In der französischen Sprachfassung heißt es entsprechend ”...v) les articles du chapitre 95 (jouets. ...)”.

    3. Aus der englischen Sprachfassung und der französischen Sprachfassung folgert das Gericht ebenfalls, dass der Begriff Spielzeug wie in der deutschen Version nicht auf Spielzeug für Kinder beschränkt ist. Denn der englische Begriff „toy” meint: „1 a plaything esp. for a child, (ein Spielzeug besonders für Kinder...ein Model oder eine Miniaturreplik einer Sache.....) (zitiert nach: THE OXFORD ENCYCLOPEDIC ENGLISH DICTIONARY, 1991). Auch der französische Begriff „jouet” ist allgemein mit Spielzeug zu übersetzen.

    4. In den Erläuterungen zu Kapitel 95 sowie auch in den Erläuterungen zur Position 9503, die nach ständiger Rechtsprechung des EuGH maßgebliche Erkenntnisquellen und Hilfsmittel für die Auslegung des Zolltarifs sind, wird ausgeführt, dass hierher Spielzeug gehöre, im wesentlichen zur Unterhaltung für Kinder und zur Zerstreuung für Erwachsene (vgl. ErlKN 95 (HS) RZ 01.0 sowie ErlKN Pos 9503 (HS) RZ 01.5) (in der englischen Sprachfassung: essentially for the amsusement of persons). Wann die Erläuterung in die Erläuterungen zum Harmonisierten System aufgenommen wurde, ist jedenfalls unbeachtlich, da sie lediglich Erkenntnismittel der zutreffenden Auslegung ist. Da die Figuren vom Preis her (nach Abzug des Anteils der Schokolade) für einige Groschen verkauft werden und keinerlei künstlerischen Wert oder ähnliches erkennen lassen, sprechen die Systematik, der Wortlaut Ziergegenstand und auch der Zweck dagegen, die fraglichen Figuren nicht als Spielzeug einzutarifieren. Die Möglichkeit, die Plastikfiguren zum Spielen zu benutzen, stellt auch keine rein theoretische Verwendung dar (anders als in der Entscheidung des EuGH Rs. 0459/93, Zfz, 1995, 244, 245). Kennzeichnend für einen Ziergegenstand ist gerade seine gehobene ästhetische Gestaltung. Ein Ziergegenstand erfüllt im übrigen keine Funktion. Ein Gegenstand, der jedenfalls auch dem Spiel dient, ist demgemäß als Spielzeug anzusehen. Ein Gegenstand wird auch nicht dadurch zum Ziergegenstand, dass er gesammelt werden kann. Gesammelt werden können fast alle Dinge.

    5. Nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System Nr. 3 (05.0) gehören Statuetten und Ziergegenstände aus Kunststoff in die Positionen 3901 bis 3914. Aus der Wendung Statuetten und Ziergegenstände folgert das Gericht, dass die Ziergegenstände mit Statuetten vergleichbar sein müssen. Auch dies spricht dafür, nur solche Gegenstände in diese Positionen einzureihen, bei der der Ziergegenstand der alleinige mindestens aber der überwiegende Zweck ist. Eine alleinige aber auch nur überwiegende Zweckrichtung als Ziergegenstand vermag das Gericht bei den einzutarifierenden Figuren aber nicht festzustellen, da es sich letztlich um kleine Plastikpuppen handelt und sie durchaus und nach ihrer Aufmachung und ihrem Preis zum Spielen verwendbar sind.

    6. Nach der Erläuterung zur Kombinierten Nomenklatur zu der Unterposition 9503 90 gehört in diese Unterposition auch Nachbildungen von Menschen ohne bewegliche Teile. Weiter heißt es, dass Figuren dieser Art oft zu einer Sammelserie gehörten. Aufgrund ihrer geringen Größe, ihres geringen Gewichtes und ihrer robusten Bauweise würden sie aber üblicherweise von Kindern als Spielzeug benutzt. Ihr Unterhaltungswert bleibe daher im Vergleich zu ihrer Bedeutung als Ziergegenstand vorranging. Diese Erläuterung macht nach Auffassung des Gerichtes deutlich, dass weder eine Beweglichkeit des Gegenstandes für die Einreihung als Spielzeug erforderlich ist und dass der Umstand, dass die einzelnen Figuren Teile einer Sammelserie darstellen, für die Einreihung als Spielzeug bedeutungslos ist. Das Gericht vermag auch nicht der Auffassung der Klägerin zu folgen, dass die Kommission mit dieser Erläuterung unzulässig einer Einzelfallentscheidung allgemeinen Charakter verliehen hätte. Die Erläuterungen stellen einen – wenn auch rechtlich nicht verbindlichen – amtlichen Kommentar dar.

    Es ist daher der Kommission unbenommen, jederzeit eine Ergänzung in die Erläuterungen mit aufzunehmen.

    7. Zutreffend weist der Beklagte auch auf die VO (EWG) Nr. 2338/96 hin. Der Senat, der die Figuren in Augenschein genommen hat, vermag nicht zu ersehen, worin der wesentliche Unterschied zu dem in dieser VO eintarifierten Bären liegen soll. Auch diese Figur war nur wenige Zentimeter groß und wies keinerlei Zubehör auf. Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass diese Verordnung ohnehin nur dass wiedergibt, was bei korrekter Auslegung des Tarifs ohnehin unzweifelhaft ist. Die Verordnung hat insoweit nur verdeutlichenden Charakter. Der Senat stützt seine Entscheidung auf den Wortlaut der Position und den systematischen Zusammenhang nicht aber auf diese Verordnung. Nicht zu folgen vermag der Senat dem Einwand der Klägerseite, die Verordnung sei nicht ordnungsgemäß begründet worden. Sie lässt wenn auch in kürzerer Form die Überlegungen erkennen, die für ihren Erlass maßgeblich waren (vgl. EuGH, Urteil vom 14.7.1994, Rs. C-353/92, iuris).

    8. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf die Einreihungs-VO 2087/92 berufen, denn diese Verordnung gilt nur für die in ihr beschriebene Ware, die mit der vorliegend einzutarifierende Ware nicht identisch ist. Insbesondere ist die vorliegende Ware nicht mit einer Scherstaubschicht überzogen.

    9. Hinzu kommt, dass nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System auch Zinnsoldaten und dergleichen sowie Festungen und anderes Zubehör als Spielzeug einzutarifieren sind (Erläuterungen zum HS 09.0.) Zwar sind die Erläuterungen zum Harmonisierten System keine Rechtsnormen, sie können jedoch nicht mit einem gewöhnlichen Kommentar verglichen werden. An ihrer Erstellung haben sich die Zolltarifexperten der Mitgliedstaaten des RZZ und damit die Urheber des HS beteiligt, so dass schon deshalb eine Vermutung für ihre Richtigkeit spricht (vgl. Alexander in Witte, Kommentar zum Zollkodex, 2. Auflage Rz. 27 zu Art. 20 ZK). Die Erläuterungen sind daher als maßgebliches Erkenntnismittel für die Auslegung des KN anzusehen(vgl. EUGH, vom 8.12.1970, Slg. 1970, 1001, 1009 f). Wenn aber schon Zinnsoldaten, die aufgrund ihrer Aufmachung, ihres hohen Wertes und trotz des Umstandes, dass auch sie gesammelt werden, als Spielzeug eintarifiert werden, vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass die ungleich einfacheren und auch billigeren Plastikfiguren Ziergegenstände und kein Spielzeug sein sollen.

    10. Den Beweisanträgen der Klägerseite war nicht stattzugeben. Da es bei der Auslegung des Zolltarifs nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH nicht auf die Verkehrsauffassung ankommt (so ausdrücklich BFH, Urteil vom 30. August 1988, VII R 178/85, ZfZ 1989, 15) war der Beweisantrag ein Sachverständigengutachten über den Begriff Spielzeug einzuholen nicht stattzugeben. Die Tarif stelle bietet insbesondere keinerlei Hinweis darauf, dass abweichend von der normalen juristischen Methodik gerade die Verkehrsanschauung anzuwenden sei, wobei eine solche in Hinblick auf die örtliche Verbreitung des KN ohnehin nie mit letzter Sicherheit festzustellen ist.

    Der Beweisantrag Akten des BMF – genauer die WCO-Dokumente – beizuziehen war schon deshalb abzulehnen, weil diese Dokumente für die Entscheidung des Gerichtes nicht maßgeblich sind. Das Gericht wendet anhand der üblichen juristischen Auslegungsmethodik den Tarif an, die entsprechenden Schreiben, auf die sich die österreichische (!) Zollverwaltung berufen hat, sind dafür nicht maßgeblich. Dokumente der WCO, die lediglich interne Ansichten wiedergeben, sind nicht den Erläuterungen gleichzustellen.

    11. Auch war das Verfahren nicht auszusetzen und die VO (EWG) 2338/96 dem EUGH zur Prüfung vorzulegen. Der Senat hat – wie bereits dargestellt – keine Zweifel an der Wirksamkeit der Verordnung. Das die Begründung ihrerseits, wie es die Klägerseite für notwendig zu halten scheint, nicht wiederum begründet wird, hält der Senat für unerheblich. Im Übrigen stützt der Senat seine Entscheidung nicht auf diese Verordnung.

    12. Das gegenteilige Gutachten der OFD Hamburg aus dem Jahre 1984 ist für das Gericht nicht bindend.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz 1 FGO.

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