Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 06.04.2011

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 25.10.2010 – 1 K 2123/08

    - Der zur Schenkung erforderliche Wille zur Unentgeltlichkeit setzt das Bewusstsein des Zuwendenden voraus, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten.


    - Erfolgt die Zuwendung nachträglich, sind die bereits erbrachten Dienstleistungen nur dann als Gegenleistung zu werten, wenn sie sich als Vorausleistung des Zuwendungsempfängers darstellt, der durch die Zuwendung entlohnt wird. Dies setzt aber eine von vornherein getroffenen getroffene Entgeltsabrede voraus.


    - Wird für die Vorausleistung des Zuwendungsempfängers, für die zunächst kein Entgelt vorgesehen war, nachträglich ein Entgelt vereinbart oder geleistet, ist die , Vorausleistung als nachträglich ohne rechtliche Verpflichtung ausgleichende Zuwendung (Belohnung) i.S.d. § 7 Abs. 4 schenkungssteuerpflichtig.


    Tatbestand

    Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Schenkungsteuer durch den Beklagten. Er ist der Auffassung, eine Zahlung von … € sei nicht als Schenkung zu berücksichtigen, da dieser Betrag für langjährige Versorgungs- und Unterstützungsleistungen gezahlt worden sei.

    Durch notariellen Vertrag vom … 2006 übertrug B, die Stiefmutter der verstorbenen Mutter des Klägers, diesem das Eigentum an dem Grundstück … in … . In einer weiteren notariellen Urkunde desselben Datums verpflichtete sie sich u.a., „im Wege vorweggenommener Erbfolge in Anbetracht der von Herrn E ihr gegenüber erbrachten bereits jahrelang andauernden Versorgungs- und Unterstützungsleistungen zur Zahlung von … €”.

    Der Kläger gab auf Aufforderung des Finanzamts eine Schenkungsteuererklärung ab, in der er lediglich das Grundstück als Gegenstand der Schenkung anführte. Bei den Zahlungen der B im Übrigen handele es sich nicht um Schenkungen, sondern um Entschädigungen für getragene Aufwendungen.

    Durch Schenkungsteuerbescheid vom … 2008 setzte der Beklagte gegen den Kläger Schenkungsteuer von … € fest. Dabei setzte er den Steuer- bzw. Grundbesitzwert des Grundstücks mit … € und die Zahlung der B mit … € an und errechnete unter Abzug von Steuerberatungskosten in Höhe von … € sowie der Berücksichtigung eines Freibeträgen nach § 16 Abs. 1 ErbStG von … € einen Wert des steuerpflichtigen Erwerbs in Höhe von … €.

    Mit seinem Einspruch wandte sich der Kläger gegen diese rechtliche Würdigung und reichte zudem Belege über Steuerberatungskosten nach. Die Schenkungsteuer wurde im Hinblick auf die nachgewiesenen Steuerberatungskosten mit der Einspruchsentscheidung auf … € herabgesetzt, im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

    Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Schenkungsteuerfestsetzung. Er ist der Auffassung, mit der schuldrechtlichen Vereinbarung über die Zahlung der … € sei ihm Kostenersatz gem. § 683 BGB für die Vergangenheit gewährt worden. So habe er langjährig für B Geschäftsführungstätigkeiten vorgenommen. Die ihm entstandenen Kosten beliefen sich auf „vorsichtig geschätzte Beträge” in Höhe von … €, die der schuldrechtlichen Vereinbarung von … € zugrunde gelegt worden seien. Es liege keine Bereicherung vor.

    Der Kläger beantragt,

    die mit Bescheid vom … 2008 festgesetzte Schenkungsteuer unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom … 2008 auf 0 € festzusetzen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte ist unter Hinweis auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung der Auffassung, bereits der Wortlaut der notariellen Vereinbarung spreche für eine belohnende Schenkung. Es liege keine kausale Verknüpfung zwischen der Zahlung von … € und den Versorgungs- und Unterstützungsleistungen des Klägers vor.

    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klagebegründung, auf die Klageerwiderung sowie auf den im Verwaltungsverfahren gewechselten Schriftverkehr verwiesen.

    Dem Senat lag die Schenkungsteuerakte des Finanzamts vor.

    Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist bei der Steuerfestsetzung zu Recht davon ausgegangen, dass die von dem Kläger geltend gemachten Versorgungs- und Unterstützungsleistungen nicht zu berücksichtigen sind. Die Zuwendung des Geldbetrages in Höhe von … € stellt eine freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs.1 Nr.1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) an den Kläger dar.

    Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unterliegt der Schenkungsteuer als Schenkung jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG). Sie setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt; sie muss (objektiv) unentgeltlich sein (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 2. März 1994 II R 59/92, BStBl II 1994, 366). Zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung ist der (einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit erforderlich. Der Wille zur Unentgeltlichkeit ist dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 1. Juli 1992 II R 70/88, BStBl II 1992, 921, 923, und vom 1. Juli 1992 II R 12/90, BStBl II 1992, 925, 927).

    Unter Beachtung vorstehender Rechtsgrundsätze, die der Senat für zutreffend hält, ist im Streitfall davon auszugehen, dass B in dem Bewusstsein der (objektiven) Unentgeltlichkeit ihrer Zuwendung handelte. Der Kläger hatte auf diese Leistung weder einen Rechtsanspruch noch war die Zuwendung durch B im o.g. Sinne – d.h. synallagmatisch, konditional oder kausal – mit einer Gegenleistung des Klägers verknüpft. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der notariellen Vereinbarung, wonach sich B „im Wege vorweggenommener Erbfolge zur Zahlung von … €” verpflichtete. B hat somit dem Kläger nur das zugewendet, was er nach ihrem Tode ohnehin geerbt hätte.

    Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil nach dieser Vereinbarung die Zahlung im Hinblick auf die vom Kläger ihr gegenüber erbrachten „bereits jahrelang andauernden Versorgungs- und Unterstützungsleistungen” erfolgt ist.

    Dienstleistungen in Form von Pflege- und Betreuungsleistungen können zwar grundsätzlich eine Gegenleistung für eine Zuwendung sein. Erfolgt die Zuwendung nachträglich, könnten die bereits erbrachten Dienstleistungen dennoch als Gegenleistung zu werten sein, wenn sie sich als Vorausleistungen des Zuwendungsempfängers darstellen, die durch die Zuwendung entlohnt werden. Voraussetzung hierfür ist eine von vornherein getroffene Entgeltsabrede. Hingegen reicht es nicht aus, wenn für Vorausleistungen des Zuwendungsempfängers, für die zunächst kein Entgelt vorgesehen war, erst nachträglich ein Entgelt vereinbart oder tatsächlich geleistet wird. Eine die Vorausleistungen nachträglich ohne rechtliche Verpflichtung ausgleichende Zuwendung unterliegt als Belohnung i.S.d. § 7 Abs. 4 ErbStG der Schenkungsteuer (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. November 2002 4 K 2068/01, DStRE 2003, 551). Entgegen der von dem Kläger vertretenen Ansicht ist die Zuwendung auch nicht deshalb als Gegenleistung zu sehen, weil die von ihm mit der Klagebegründung (Anlage 4) in der Vergangenheit detailliert beschriebenen Leistungen mit der Zahlung der … € abgegolten werden sollten. Wenn, wie die Prozessbevollmächtigte in ihrem Schriftsatz vom ...2008 an das Finanzamt ausführt, B mit der schuldrechtlichen Vereinbarung „also anerkennt, dass ihrem Enkel Kosten und Aufwendungen für die langjährig andauernden Leistungen entstanden sind”, kommt der Geldzahlung angesichts dieser „Vorleistungen” des Klägers der Charakter einer nachträglichen Anerkennung (Belohnung) zu. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine im Voraus bestimmte Bezahlung von Leistungen handelte, liegen nicht vor. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass die inzwischen verstorbene B sich schon vor Jahren verpflichtet hätte, die vom Kläger getragenen Aufwendungen zu einem späteren Zeitpunkt „entlohnen” zu wollen, zumal angesichts der finanziellen Verhältnisse der B dazu schon früher Gelegenheit bestanden hätte.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, ErbStG § 7 Abs. 4