Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 15.06.2011 · IWW-Abrufnummer 112263

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 17.02.2011 – 14 K 425/09

    Zum Begriff der agB nach § 33 Abs. 1 EStG.


    Aufwendungen zur Sanierung eines Fertighauses die erforderlich werden, weil Zwischenwände formaldehydartig und tragende Holzbauteile mit einem schädlichen Holzschutzmittel imprägniert sind, sind nicht als agB abzugsfähig, wenn die Aufwendungen weder krankheitsbedingt oder durch eine konkrete Gesundheitsgefährdung erforderlich werden.


    Eine etwaige konkrete Gesundheitsgefährdung muss durch ein vor Durchführung der Sanierung von einer zuständigen amtlichen technischen Stelle erstelltes Gutachten nachgewiesen werden.


    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Aufwendungen für die Sanierung eines Fertighauses als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) steuermindernd berücksichtigt werden können.
    Die Kläger sind verheiratet und werden vom beklagten Finanzamt (FA) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Kaufvertrag vom 7. Dezember 2000 erwarben die Kläger das Wohngrundstück „X” in X, das 1973 mit einem Fertighaus der Marke Streif bebaut worden war. Die Außenfassade des Gebäudes war an der Nord-, Süd- und Ostseite mit asbesthaltigen Faserzementplatten verkleidet. Die Westseite des Hauses war mit einer Glasfront versehen. Hinter den Faserzementplatten waren als Zwischenwände Spanplatten angebracht, die formaldehydartig waren. Hinter diesen Zwischenwänden befand sich das Gefache mit den Holzständern. Diese tragenden Holzbauteile sind vom Hersteller des Fertighauses 1972 mit dem pentachlorphenolhaltigen Holzschutzmittel Xylamon/Holzbau des Herstellers Desowag-Bayer imprägniert worden.
    Am …. ist die gemeinsame Tochter der Kläger, T, geboren worden. Seit 2006 befindet sich T wegen einer Erkrankung ihrer Atemwege (Asthma) regelmäßig in fachärztlicher Behandlung beim Facharzt für Pneumologie Dr. X aus X.
    Im Streitjahr 2008 beauftragten die Kläger die Fa. X GmbH aus X mit der Fassadensanierung ihres Fertighauses. Die Fa. X GmbH baute unter anderem die Asbestzementplatten und die Spanplatten aus und entsorgte diese. Darüber hinaus säuberte sie die vorhandenen Gefache und versiegelte diese sodann mit Kalkmilch. Wegen der im Streitjahr durchgeführten Arbeiten im Einzelnen wird auf die Auftragsbestätigung der Fa. X GmbH vom ….. (vgl. Bl. 21 ff. der Gerichtsakte) sowie auf die von den Klägern vorgelegten Lichtbilder ihres Hauses verwiesen (vgl. Bl. 2 ff. des Halbhefters „EST 2008 …..”, die das FA für die Kläger unter der Steuernummer ….. führt). Für diese Arbeiten zahlten die Kläger im Streitjahr an die Fa. X GmbH insgesamt 32.653,60 €.
    In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger ihre Aufwendungen für die Sanierung der Fassade ihres Fertighauses in Höhe von 32.653,60 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Mit Bescheid vom …. setzte das FA daraufhin gegenüber den Klägern die Einkommensteuer 2008 fest, ohne jedoch, wie beantragt, die Aufwendungen für die Fassadensanierung ihres Fertighauses als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen. Das FA erkannte die Aufwendungen für die Fassadensanierung lediglich als Handwerkerleistungen im Privathaushalt an und gewährte dementsprechend eine Tarifermäßigung für Handwerkerleistungen gemäß § 35 a EStG in Höhe von 600 €. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens setzte das FA die Einkommensteuer 2008 gegenüber den Klägern auf …… € herab, ohne jedoch dem Einspruchsbegehren der Kläger hinsichtlich der Fassadensanierung zu entsprechen. Zur Begründung ihres Einspruchs machten die Kläger geltend, dass ausschließlich die Bewohner älterer Holz- und Fertighäuser durch sog. Chloranisole in besonderer Weise erheblichen Geruchsbelästigungen ausgesetzt seien, die an Kleidung, Haut und Haaren der Bewohner anhafteten und als intensiv schimmlig-modrig-muffig empfunden würden. Auch sie hätten bereits beim Einzug in ihr Fertighaus einen muffigen Geruch wahrgenommen, ohne jedoch die damit verbundene Problematik erkannt zu haben. Sie hätten ihr Fertighaus daher zwangsläufig sanieren müssen, wobei ein kleineres Teilstück im Bereich des Lichtbandes bisher allerdings noch nicht saniert worden sei. Es sei zudem heute allgemein bekannt, dass Asbest schädlich auf Menschen wirken könne. Ein Gutachten sei daher nicht erforderlich. Sollte dies tatsächlich noch erforderlich sein, könnten sie nachträglich ein Gutachten beibringen, wobei allerdings noch zu klären wäre, wer letztlich die Kosten der Begutachtung übernehme. Darüber hinaus legten die Kläger dem FA eine Bescheinigung des Facharztes für Pneumologie Dr. X aus X vor, nach der die Sanierung ihres Fertighauses wegen einer Belastung durch atemwegsschädliche Substanzen erforderlich gewesen sei und gerade auch im Hinblick auf die Erkrankung ihrer Tochter T notwendig gewesen wäre (vgl. Bl. 10 des oben genannten Halbhefters). Ferner legten die Kläger dem FA eine Liste vor, in der Besucher ihres Fertighauses bestätigten, dass es in dem Haus der Kläger muffig und modrig gerochen habe und dass sie nach dem Besuch des Hauses ihre Kleidung hätten waschen bzw. für mehrere Stunden lüften müssen (vgl. Bl. 48 f. des oben genannten Halbhefters).
    Mit Einspruchsbescheid vom …. wies das FA den Einspruch der Kläger gleichwohl als unbegründet zurück. Nach § 33 EStG könne die Einkommensteuer auf Antrag nur ermäßigt werden, soweit dem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen erwachsen seien als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen bei gleichen Einkommensverhältnissen, gleichen Vermögensverhältnissen und gleichem Familienstand. Aufwendungen seien dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig erwachsen, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht habe entziehen können. Dies könne zum Beispiel dann der Fall sein, wenn eine konkrete Gesundheitsgefährdung von einem existenznotwendigen Gegenstand ausgehe und dieser daher saniert werden müsse, um eine eventuelle Gesundheitsschädigung vom Steuerpflichtigen und seiner Familie abzuhalten. Die Gesundheitsgefährdung müsse jedoch vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen durch ein entsprechendes Gutachten von einer zuständigen amtlichen Stelle bestätigt werden. Ein derartiges Gutachten hätten die Kläger im Streitfall jedoch nicht vorgelegt. Die ärztliche Bescheinigung, die die Kläger im Einspruchsverfahren vorgelegt hätten, könne ein derartiges Gutachten nicht ersetzen, da in dieser Bescheinigung nicht die konkrete Gesundheitsgefährdung durch das Fertighaus der Kläger gutachterlich beurteilt worden sei. Entsprechendes gelte für die Unterschriftenliste, die die Kläger ebenfalls im Einspruchsverfahren vorgelegt hätten.
    Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Kläger in der Sache ihr bisheriges Begehren weiter verfolgen. Im Streitfall sei es nicht erforderlich gewesen, vor der Durchführung der Sanierungsarbeiten ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen. Das in dem Holzschutzmittel Xylamon/Holzbau verwendete Pentachlorphenol (PCP) sei generell und ohne bestimmte Gefahrengrenze als gesundheitsgefährlich anzusehen. PCP gelte als krebserregend und sei seit 1989 verboten. Für Asbest habe der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240 ausdrücklich festgestellt, dass die Gesundheitsgefährlichkeit von Asbest nicht durch ein vorheriges Gutachten nachgewiesen werden müsse. Gleiches müsse auch für PCP gelten. Im Streitfall habe sich das PCP nicht lediglich an der Außenfassade ihres Fertighauses befunden, sondern habe auch den gesamten Wandaufbau mit Ausnahme lediglich der dünnen Rigipsbetonplatten verseucht. Die PCP-Ausdünstungen hätten auch alle Polyethylenfolien und alle sonstigen Dampfsperren durchdrungen. Damit sei nachgewiesen, dass sich tatsächlich PCP in der Raumluft ihres Fertighauses befunden habe und dass damit auch eine konkrete Gesundheitsgefährdung bestanden habe. Darüber hinaus habe auch die Geruchsbildung durch Chloranisole die Sanierung ihres Fertighauses erforderlich gemacht. Chloranisole seien konkret gesundheitsgefährdend. Die unerträgliche Geruchsbelästigung könne zur sozialen Ausgrenzung der Hausbewohner, insbesondere von Kindern führen. Diese Folgen stünden gleichberechtigt neben der Gesundheitsgefährdung durch PCP.
    Die Kläger haben zudem am 8. April 2010 aus dem noch nicht sanierten Teil ihres Fertighauses unterhalb des Lichtbandes Materialproben (Pressspan und Vollholz) entnommen, diese anschließend im Labor für chemische und mikrobiologische Analytik GmbH in Delmenhorst (Lafu-GmbH) untersuchen lassen und dem Gericht das Gutachten der Lafu-GmbH vom 17. April 2010 vorgelegt. In diesem Gutachten stellt die Lafu-GmbH fest, dass bei den nachgewiesenen Kontaminationen der Materialproben auf PCP und Chloranisole ein gesundheitliches Risiko bestehe, insbesondere wenn größere Flächen bzw. Materialmengen in dem Haus vorhanden seien oder vorhanden gewesen seien. Eine Entfernung von derart belasteten Materialien durch eine professionelle Sanierung sei unumgänglich. Wenn eine weitergehende Erfassung und Bewertung der Schadstoffsituation im Fertighaus der Kläger gewünscht werde, könne eine innenraumhygienische Inspektion durchgeführt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf Blatt 52 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
    Ferner haben die Kläger dem Gericht ein weiteres Gutachten des Bremer Umweltinstituts, Bremen vom 26. August 2010 vorgelegt. In diesem Gutachten stellt das Bremer Umweltinstitut fest, dass in drei Luftproben, die es am 11. August 2010 im Wohnhaus der Kläger als Sanierungskontrolle genommen habe, Lindan und Chloranisole enthalten seien. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf Blatt 73 ff. der Gerichtsakte verwiesen. Dieses Gutachten haben die Kläger überdies durch Vorlage eines weiteren Gutachtens des Bremer Umweltinstituts vom 15. Februar 2011 ergänzt. In diesem Gutachten hat das Bremer Umweltinstitut eine weitere Holzprobe, die die Klägerin Anfang Februar 2011 aus dem Holzständer über dem Kellereingang entnommen hatte, auf PCP und Lindan untersucht. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf Blatt 132 ff. der Gerichtsakte verwiesen. Darüber hinaus haben die Kläger dem Gericht noch eine gutachtliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. Holzschutztechnik Walter Meyer vom 14. Februar 2011 vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Stellungnahme wird auf Blatt 141 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
    Die Kläger beantragen,
    unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom …. und des Einkommensteuerbescheides vom …. sowie unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom …. als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG 32.854,20 € steuermindernd zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 2008 unter Kürzung der gewährten Tarifermäßigung in Höhe von 600 € dementsprechend herabzusetzen sowie,
    hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
    Das FA beantragt,
    die Klage abzuweisen sowie,
    hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
    Es hält auch im vorliegenden Klageverfahren an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Die Kläger hätten sich vor Beginn der Sanierung ihres Fertighauses keine Gesundheitsgefährdung durch ein entsprechendes Gutachten von einer zuständigen amtlichen Stelle bestätigen lassen.
    Gründe
    Die Klage ist unbegründet.
    Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 EStG dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung i.S.d. § 33 Abs. 3 EStG übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
    I. Zu Recht hat das FA die Aufwendungen der Kläger für die Sanierung ihres Fertighauses nicht als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt. Zwar erwachsen einem Steuerpflichtigem nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Krankheitskosten regelmäßig zwangsläufig, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240). Aufwendungen zur Beseitigung von Umweltbelastungen, die Gegenstände des existenznotwendigen Bedarfs betreffen und von denen zumindest eine konkrete Gefahr für die Gesundheit von Menschen ausgeht, lassen sich allerdings weder dem in ständiger Rechtsprechung entwickelten Begriff der nach § 33 EStG zu berücksichtigenden Krankheitskosten noch den Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von existenznotwendigen Gegenständen oder zur Beseitigung von Schäden an diesen aufgrund unabwendbarer Ereignisse zuordnen. Krankheitskosten betreffen nur solche Aufwendungen, die durch Maßnahmen zur Heilung von Krankheiten oder zumindest zu deren Linderung veranlasst sind (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240).
    1. Im Streitfall sind die Aufwendungen der Kläger für die Sanierung ihres Fertighauses keine Krankheitskosten ihrer Tochter T. Die Kläger haben dem FA im Einspruchsverfahren in diesem Zusammenhang lediglich eine Bescheinigung des Facharztes für Pneumologie Dr. X aus X vorgelegt, nach der die Sanierung ihres Fertighauses wegen einer Belastung durch Atemweg schädliche Substanzen erforderlich gewesen sei und gerade auch im Hinblick auf die Erkrankung ihrer Tochter T notwendig gewesen sei. Aus dieser privatärztlichen Bescheinigung ergibt sich jedoch keine konkrete Erkrankung, die auf das Holzschutzmittel Xylamon/Holzbau des Herstellers Desowag-Bayer zurückgeführt werden kann. T befand sich vielmehr seit dem Jahr 2006 wegen einer Asthmaerkrankung in fachärztlicher Behandlung beim Facharzt für Pneumologie Dr. X aus X. Dementsprechend haben die Kläger diesen Gesichtspunkt im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens auch nicht mehr weiter verfolgt.
    2. Gleichfalls sind die Aufwendungen der Kläger zur Sanierung ihres Fertighauses auch nicht in die Fallgruppe der Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von existenznotwendigen Gegenständen oder zur Beseitigung von Schäden an diesen einzuordnen, die im Rahmen des Notwendigen und Angemessenen unter der Voraussetzung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, dass der Verlust oder die Beschädigung durch ein unabwendbares Ereignis wie Brand, Hochwasser, Kriegseinwirkung, Vertreibung oder politische Verfolgung verursacht ist. Die Anschaffung von schadstoffbelasteten Gegenständen ist kein von außen kommendes, willentlich nicht beeinflussbares Ereignis, wie beispielsweise Naturkatastrophen und die genannten politischen Einflüsse (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240).
    3. Nach der Rechtsprechung des BFH sind jedoch auch dann Aufwendungen nach § 33 EStG steuermindernd zu berücksichtigen, wenn sie einem Steuerpflichtigem erwachsen, weil er gezwungen ist, eine konkrete von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehende Gesundheitsgefährdung zu beseitigen. Derartigen Aufwendungen kann der Steuerpflichtige aus tatsächlichen Gründen nicht ausweichen, wenn anderenfalls mit einem Schaden für seine Gesundheit oder die Gesundheit seiner Familie zu rechnen ist (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240). Danach können die notwendigen Aufwendungen zur Beseitigung einer von der Außenfassade eines Wohnhauses ausgehenden konkreten Gesundheitsgefährdung grundsätzlich als aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig angesehen werden. Der BFH hat jedoch bei der Sanierung einer Außenfassade, in der Asbestplatten verarbeitet waren, nicht schon allein wegen der allgemein bekannten Schädlichkeit von Asbestfasern eine abstrakte Gesundheitsgefährdung ausreichen lassen. Vielmehr müssen mindestens konkret zu befürchtende Gesundheitsschäden anzunehmen sein (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240). Danach kann es nicht für die in § 33 EStG geforderte Zwangsläufigkeit ausreichen, dass der Steuerpflichtige möglicherweise in der Zukunft einer Sanierung nicht mehr ausweichen kann. Vielmehr muss die Sanierung im Zeitpunkt ihrer Durchführung unerlässlich sein. Fehlt es an einer konkreten Gesundheitsgefährdung, so ist eine dennoch durchgeführte Sanierung als eine steuerlich nicht zu berücksichtigende Gesundheitsvorsorge zu beurteilen. Dann geht es nämlich allenfalls darum, möglicherweise später drohende Gesundheitsgefahren zu vermeiden (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240).
    Der Steuerpflichtige muss eine derartige konkrete Gesundheitsgefährdung durch ein vor Durchführung der Sanierung von einer zuständigen amtlichen technischen Stelle erstelltes Gutachten nachweisen. In diesem Gutachten sind die Quelle der Freisetzung von gesundheitsgefährdenden Stoffen, wie zum Beispiel Asbestfasern, genau zu beschreiben und es ist zu den notwendigen Sanierungsmaßnahmen Stellung zu nehmen (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240). Da es den Steuergerichten und Finanzbehörden nicht möglich ist, ohne sachkundige und Unvoreingenommenheit verbürgende Unterstützung anhand objektiver Kriterien über die Notwendigkeit und damit die Zwangsläufigkeit aller Sanierungsmaßnahmen zu entscheiden, sieht der BFH in seiner Rechtsprechung ein vor der Durchführung der Maßnahme erstelltes technisches Gutachten der zuständigen amtlichen Stellen, aus dem sich ergibt, dass eine Sanierung zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung infolge der drohenden Freisetzung von Schadstoffen unverzüglich erforderlich ist, als unentbehrlich an. Den Nachweis in einer qualifizierten Weise zu führen, ist unverzichtbar, um die Inanspruchnahme ungerechtfertigter Steuervorteile zu Lasten der Allgemeinheit zu verhindern, mit der in besonderem Maße bei Aufwendungen zu rechnen ist, die ihrer Art nach auch deshalb getätigt werden, um Krankheiten lediglich vorzubeugen (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240).
    Verschiedentlich hat der BFH jedoch auch ausnahmsweise die Beibringung erst nachträglich erstellter Nachweise in der Erwägung zugelassen, dass von dem Steuerpflichtigen nicht erwartet werden konnte, dass er die Notwendigkeit erkennt, im Vorhinein eine Begutachtung vornehmen zu lassen, weil ein solches Erfordernis für bestimmte Aufwendungen erstmals später aufgestellt wird. Der BFH hält es daher in diesen Fällen für vertretbar, ein nachträglich erstelltes Gutachten genügen zu lassen, das gegebenenfalls unter Auswertung der über die bereits vorgenommene Sanierung vorhandenen Unterlagen angefertigt werden kann. Die durch den Zeitablauf erschwerte Beweismittelbeschaffung mindert allerdings die Anforderung an den dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweis der Notwendigkeit der durchgeführten Maßnahme im Übrigen nicht. In dem Gutachten muss daher, wie bereits ausgeführt, die Schadstoffquelle genannt und dargelegt werden, dass bereits gesundheitsgefährdende Stoffe, wie z.B. Asbestfasern, freigesetzt werden, die ins Innere des Hauses gelangt sind, oder dass ein solcher Vorgang jedenfalls konkret und unmittelbar bevorstand (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240).
    Ferner hat der BFH mit zwei neueren Urteilen jeweils vom 11. November 2010 VI R 17/09, BFH/NV 2011, 503 und VI R 16/09, BFH/NV 2011, 501 unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung den Nachweis von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG erleichtert, indem zur Geltendmachung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen der Nachweis einer Krankheit und der medizinischen Indikation der Behandlung nicht mehr zwingend durch ein vor Beginn der Behandlung eingeholtes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten bzw. Attest eines öffentlich-rechtlichen Trägers geführt werden muss. Gleichwohl bleibt der Steuerpflichtige weiterhin verpflichtet, die medizinische Indikation der streitigen Aufwendungen nachzuweisen (BFH-Urteil vom 11. November 2010 VI R 16/09, BFH/NV 2011, 501). Als Nachweisverpflichteter trägt er das Risiko, dass ein bestellter Sachverständiger im Nachhinein die medizinische Indikation der streitigen Aufwendungen möglicherweise nicht mehr verlässlich feststellen kann. Dieser Gefahr kann der Steuerpflichtige jedoch entgehen, wenn er vor Beginn der Behandlung auf eigene Initiative ein amts- oder vertrauensärztliches Zeugnis einholt oder im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens gemäß § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. §§ 485 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) die medizinische Indikation der Heilbehandlung feststellen lässt (BFH-Urteil vom 11. November 2010 VI R 17/09, BFH/NV 2011, 503).
    Im Streitfall haben die Kläger jedoch, selbst wenn man die von ihnen während des vorliegenden Klageverfahrens vorgelegen Gutachten als nachträglich erstellte Gutachten berücksichtigt, nicht nachgewiesen, dass im Streitjahr die Sanierung ihres Fertighauses zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung infolge der Freisetzung von PCB, Lindan und/oder eines anderen Schadstoffs in das Innere des Hauses unverzüglich erforderlich war. Aus dem Untersuchungsprotokoll der Lafu-GmbH vom 17. April 2010 ergibt sich lediglich, dass in den Materialproben (Pressspan und Vollholz), die die Kläger am 8. April 2010 unterhalb des noch nicht sanierten Lichtbandes entnommen haben, Chloranisole und PCB nachweisbar waren, wobei nach der Einschätzung der Lafu-GmbH bei den nachgewiesenen Kontaminationen der Materialproben auf PCB und Chloranisol ein gesundheitliches Risiko besteht, insbesondere wenn größere Flächen bzw. Materialmengen in dem Haus vorhanden sind oder waren. Aus der Untersuchung dieser Materialproben ergibt sich jedoch nicht, wie vom BFH im Rahmen des § 33 EStG zum Nachweis einer konkreten Gesundheitsgefährdung gefordert, dass zum Zeitpunkt der Sanierung des Fertighauses der Kläger die Raumluft in dem Gebäude mit PCB und/oder Chloranisolen derart hoch belastet war, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Bewohner des Fertighauses bereits eingetreten war und/oder zumindest unmittelbar bevorstand. In dem Untersuchungsprotokoll der Lafu-GmbH vom 17. April 2010 heißt es lediglich, dass aufgrund der nachgewiesenen Werte davon auszugehen sei, dass ein Holzschutzmittel zum Einsatz gekommen sei. Weiter heißt es, dass PCB allgemein als ein Verursacher des sog. Holzschutzmittelsyndroms gelte. Chloranisole seien, so das Untersuchungsprotokoll der Lafu-GmbH vom 17. April 2010, geruchlich besonders auffällige Verbindungen, deren Eigengeruch als schimmlig-muffig beschrieben werden könnte. Weiter heißt es zur Belastung durch Chloranisole nur, dass seit einiger Zeit bekannt sei, dass diese Verbindungen im Zusammenhang mit dem intensiven Geruch von Fertighäusern zu gesundheitlichen Auswirkungen führten, da es sich bei Chloranisolen um ein Abbauprodukt von PCB oder allgemein von Chlorphenolen handele. Aus diesen Ausführungen der Lafu-GmbH ergibt sich jedoch nicht, dass die Kläger ihr Fertighaus im Streitjahr zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung infolge der Freisetzung von PCB und/oder Lindan unverzüglich sanieren mussten.
    Entsprechendes gilt für das Gutachten des Bremer Umweltinstituts vom 26. August 2010. Mit diesem Gutachten hat das Bremer Umweltinstitut lediglich drei Luftproben, die es zuvor am 11. August 2010 dem Fertighaus der Kläger entnommen hat, auf PCB, Lindan bzw. Chloranisole untersucht. Ziel des Gutachtens war es, zu überprüfen, ob noch Restbelastungen mit PCB in der Raumluft nachzuweisen seien. Darüber hinaus sollten die entnommenen Luftproben als Sanierungskontrolle im Hinblick auf Belastungen mit PCB und Chloranisolen dienen. Nach dem Gutachten des Bremer Umweltinstituts vom 26. August 2010 befanden sich in der Raumluft des Kinderzimmers 0,09 µg/m³ Lindan, während PCB in der Raumluft nicht nachgewiesen werden konnte, wobei die Sanierung des Kinderzimmers nach Angaben der Klägerin bereits abgeschlossen sei. In der Raumluft des Bades wurden 0,12 µg/m³ Lindan nachgewiesen, während auch hier eine PCB-Belastung nicht nachgewiesen werden konnte. Im Eingangsbereich betrug die Belastung mit Chloranisolen zum Zeitpunkt der Messung 116 µg/m³. Im Eingangsbereich und im Badezimmer sei, im Gegensatz zum Kinderzimmer, im Bereich des Lichtbandes die Sanierung noch nicht erfolgt. Weiter heißt es in diesem Gutachten nur, dass Informationen zu gesundheitlichen Wirkungen von Chloranisolbelastungen in Innenräumen bislang nur unzureichend vorlägen. Chloranisole ähnelten einem Schimmelgeruch, der bei den Bewohnern eines Hauses zu Unwohlsein führen könne. Zudem hafte der Geruch an Kleidungsstücken und Haut an, was zur Stigmatisierung und zu ernsten sozialen Problemen für die Betroffenen führen könne. Eine chronische Belastung mit PCB äußere sich häufig in dem sog. Holzschutzmittelsyndrom, das sich im Wesentlichen als chronisches Erschöpfungs- und Ermüdungssyndrom darstelle. PCB gelte als potentiell krebserregend. Lindan sei ein zur Insektenbekämpfung eingesetzter Wirkungsstoff. PCB und Lindan emitierten zudem aus verbauten Hölzern und könnten in der Raumluft dann häufig nachgewiesen werden. Im Streitfall habe die Möglichkeit bestanden, dass vor der Sanierung des Fertighauses eine PCB-Belastung der Raumluft nachgewiesen worden wäre. Erfahrungsgemäß würden in Fertighäusern auch hohe PCB-Belastungen festgestellt, die Anlass für die Befürchtung gesundheitlicher Schäden gäben. Zudem sei Lindan im teilsanierten Badezimmer noch immer oberhalb des vorsorgeorientierten Richtwerts nachgewiesen worden. Hier sei tatsächlich eine weitere Minderung wünschenswert. Ferner sei auch im Kinderzimmer noch Lindan nachgewiesen worden, auf eine gute Lüftung sollte daher geachtet werden. Auch aus diesen Ausführungen des Bremer Umweltinstituts in seinem Gutachten vom 26. August 2010 ergibt sich jedoch nicht, wie vom BFH im Rahmen des § 33 EStG zum Nachweis einer konkreten Gesundheitsgefährdung gefordert, dass zum Zeitpunkt der Sanierung aufgrund der hohen Belastungen der Raumluft in dem Fertighaus der Kläger mit Chloransiolen, PCB und/oder Lindan die Sanierung zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung unverzüglich erforderlich war. Abschließend heißt es in dem Gutachten des Bremer Umweltinstituts vom 28. August 2010 lediglich, dass die Belastungen des Fertighauses der Kläger mit PCB, Lindan und Chloranisolen vor der Sanierung sicherlich höher gewesen seien und eine gesundheitliche Gefährdung anzunehmen sei, so dass eine Sanierung des Hauses daher unumgänglich gewesen sei. Dies genügt jedoch nicht, um nachzuweisen, dass bei den Klägern im Streitjahr die Sanierung ihres Fertighauses tatsächlich zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung infolge der Freisetzung von PCB, Lindan und/oder eines anderen Schadstoffs in das Innere des Hauses unverzüglich erforderlich war. Diesen Nachweis in einer qualifizierten Weise zu führen ist jedoch nach der Rechtsprechung des BFH, wie oben bereits dargelegt, unverzichtbar, um die Inanspruchnahme ungerechtfertigter Steuervorteile zu Lasten der Allgemeinheit zu verhindern, mit der in besonderem Maße bei Aufwendungen zu rechnen ist, die, wie im Streitfall, ihrer Art nach auch deshalb getätigt werden können, um Krankheiten lediglich vorzubeugen (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240).
    Schließlich ergibt sich für den Streitfall auch nichts anderes aus dem Untersuchungsbericht des Bremer Umweltinstituts vom 15. Februar 2011. Mit diesem Untersuchungsbericht hat das Bremer Umweltinstitut lediglich eine weitere Materialprobe auf Belastungen mit PCB und Lindan untersucht und festgestellt, dass im Massivholz des Dachständers über dem Kellereingang der Holzschutzmittelwirkstoff PCB in einer Konzentration von 990 mg/kg und Lindan mit einer Konzentration von 19 mg/kg vorhanden sei. Weiter heißt es in diesem Untersuchungsbericht lediglich, dass die im Rahmen der Sanierung durchgeführten kapselnden Maßnahmen geeignet seien, die Lindanbelastungen zu mindern. Daher müsse von einer höheren Konzentration an Lindan vor der Sanierung ausgegangen werden. Eine Gesundheitsgefährdung müsse daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor der Sanierung in den Räumen des Fertighauses der Kläger angenommen werden. Die Untersuchung der vorliegenden Materialprobe schließe nicht sicher aus, dass vor der Sanierung die PCB-Konzentration auf einem höheren Belastungsniveau nachgewiesen worden wäre. Vielmehr sei eine PCB-Raumbelastung vor der Sanierung als sehr wahrscheinlich anzunehmen. Eine Belastung im Bereich einer gesundheitlichen Gefährdung sei hierbei nicht auszuschließen. Allerdings räumt das Bremer Umweltinstitut in seinem Untersuchungsbericht vom 15. Februar 2011 in diesem Zusammenhang aber auch selbst ein, dass eine konkrete Gesundheitsgefährdung ausgehend von einer Belastung mit PCB oder Lindan, wie sie vor einer Sanierung des Hauses bestanden haben mag, nach einer Sanierung nicht vollständig belegt werden könne. Dies sei darin begründet, dass eine Schadstoffsanierung zur Minderung der Raumbelastung eines Hauses führe. Eine Rückrechnung auf vormals möglicherweise bestandene Belastungen sei nicht seriös möglich. Auch dieser Untersuchungsbericht des Bremer Umweltinstituts ermöglicht es dem Gericht im Ergebnis daher nicht, zweifelsfrei festzustellen, ob die Sanierung des Fertighauses der Kläger im Streitjahr zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung zwingend erforderlich war, oder ob die Sanierung im Streitjahr nur durchgeführt worden ist, um möglichen Krankheiten der Hausbewohner lediglich vorzubeugen.
    Zudem ergibt sich auch aus der gutachterlichen Stellungnahme des Dipl.-Ing. Holzschutztechnik Walter Meyer vom 14. Februar 2011 nicht, dass im Streitjahr die Sanierung des Fertighauses der Kläger zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung unverzüglich erforderlich war. In seiner gutachterlichen Stellungnahme beschäftigt sich Dipl.-Ing. Walter Meyer mit dem ihm auszugsweise zugesandten Entwurf des Analyseberichts des Bremer Umweltinstituts vom 14. Februar 2011 und stellt hierzu ergänzend fest, dass die im Fertighaus der Kläger gemessenen Lindanwerte statistisch im unteren Viertel lägen, den man gemeinhin bei Fertighäusern der 70er Jahre gemessen habe. Weiter heißt es in dieser gutachterlichen Stellungnahme lediglich, dass die bereits in Angriff genommenen Sanierungsmaßnahmen sicher zu einer erheblichen Reduzierung der Schadstoffkonzentrationen geführt hätten. Es sei allgemein bekannt, dass die Emissionen aus der Außenwand aufgrund der besonderen Temperatur- und Luftfeuchtebedingungen besonders hoch seien. Insofern könne man davon ausgehen, dass die Messwerte vor der Sanierung um den Faktor 3 und höher gelegen haben dürften. Auch diese gutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. Walter Meyer enthält jedoch keine eindeutige Aussage zu der hier entscheidungserheblichen Frage, ob die Sanierung des Fertighauses der Kläger im Streitjahr zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung unverzüglich erforderlich gewesen ist oder ob die Kläger lediglich einer möglichen Erkrankung der Bewohner ihres Fertighauses vorbeugen wollten.
    II. Die Aufwendungen der Kläger für die Sanierung ihres Fertighauses sind zudem auch nicht außergewöhnlich i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG, selbst wenn man zugunsten der Kläger davon ausgeht, dass sie im Streitjahr ihr Fertighaus zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung saniert haben. Wird eine Gesundheitsgefährdung durch einen Gegenstand des existenziellen Bedarfs nachgewiesen, ist nach der Rechtsprechung des BFH, wie oben bereits dargelegt, zwar regelmäßig auch die Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen gegeben, da es sich insoweit um eine atypische Folge der Anschaffung des betreffenden Gegenstandes handelt. Indes kann es an der Außergewöhnlichkeit fehlen, wenn die Beseitigung der Gesundheitsgefährdung infolge von Baumängeln notwendig wird, denn Schadensbeseitigungskosten, die durch Baumängel verursacht worden sind, sind keineswegs unüblich, da es sich hierbei erfahrungsgemäß nicht um ein ungewöhnliches Ereignis handelt, das etwa mit einem Hochwasser vergleichbar wäre (BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240). An dieser Rechtsprechung hat der BFH auch in der Folgezeit ausdrücklich festgehalten. Baumängel seien keineswegs unüblich und nicht mit ungewöhnlichen Ereignissen, wie etwa Hochwasserschäden vergleichbar. Auch Aufwendungen zur Behebung gesundheitsgefährdender Baumängel erlaubten daher ebenfalls keine Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 33 Abs. 1 EStG (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2009 VI B 140/08, BFH/NV 2009, 762; BFH-Beschluss vom 19. Juni 2006 III B 37/05, BFH/NV 2006, 2057).
    Im Streitfall war das Fertighaus, das die Kläger mit Kaufvertrag vom 7. Dezember 2000 erworben haben, bereits zu diesem Zeitpunkt mangelhaft, so dass die Aufwendungen für die Sanierung des Fertighauses auch aus diesem Grund nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abgezogen werden können. Zwar hat der Bundesfinanzhof den Begriff des Baumangels in den oben genannten Entscheidungen nicht näher bestimmt. Ein Baumangel liegt jedoch nach Überzeugung des Senats schon dann vor, wenn Steuerpflichtige ein Gebäude erwerben, in dem Baustoffe verarbeitet sind, die zwar zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes bautechnisch zulässig waren, zum Zeitpunkt des Erwerbs jedoch bereits verboten oder zumindest technisch überholt sind und aufgrund der von ihnen ausgehenden konkreten Gesundheitsgefährdung den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes beeinträchtigen.
    Nach diesen Grundsätzen haben die Kläger mit Kaufvertrag vom 7. Februar 2000 ein zu diesem Zeitpunkt bereits mangelhaftes Fertighaus erworben. Die tragenden Holzbauteile im Gefache des Fertighauses waren vom Hersteller des Fertighauses 1972 mit dem pentachlorphenolhaltigen Holzschutzmittel Xylamon/Holzbau des Herstellers Desowag-Bayer imprägniert worden. Pentachlorphenolhaltige Holzschutzmittel durften jedoch nur bis Ende der 80er Jahre verwendet werden. Mit der Pentachlorphenol-Verbotsverordnung vom 12. Dezember 1989, Bundesgesetzblatt I 1989, 2235 hat die Bundesregierung die Verwendung von Pentachlorphenol für die Behandlung von Holzbestandteilen von Gebäuden mit Wirkung ab dem 23. Dezember 1989 verboten. Die Pentachlorphenol-Verbotsverordnung ist ab dem 1. November 1993 durch die Chemikalien-Verbotsverordnung vom 14. Oktober 1993, Bundesgesetzblatt I 1993, 1720 (ChemVerbotsV) abgelöst worden. Auch die Chemikalien-Verbotsverordnung verbietet die Verwendung von Pentachlorphenol, vgl. Abschnitt 15 „Pentachlorphenol” des Anhangs zu § 1 ChemVerbotsV. Ähnliches gilt für Lindan, das sich ebenfalls in dem Holzschutzmittel Xylamon/Holzbau des Herstellers Desowag-Bayer befand. In Deutschland darf Lindan seit 1980 nur mehr in Form von isomerenreinem Gamma-Hexachlorecyclohexan als Fraß- und Kontaktgift eingesetzt werden. Hierauf hat der Vorsitzende des Senats die Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen, indem er auf den entsprechenden Wikipedia-Beitrag zum Stichwort „Lindan” hingewiesen hat.
    Darüber hinaus ergibt sich zum Begriff des Baumangels, entgegen der vom Klägervertreter im Rahmen der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung, auch nichts anderes aus dem BFH-Urteil vom 9. August 2001 III R 6/01, BStBl II 2002, 240. Zwar hat der BFH in diesem Urteil, worauf der Klägervertreter im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu Recht hingewiesen hat, einen Baumangel wegen der Verbauung asbesthaltiger Materialien verneint, da im Jahr der Errichtung des Gebäudes die Verbauung von Asbest zulässig gewesen sei und somit keinen Baumangel darstellen könne. In dem vom BFH entschiedenen Fall hatten jedoch die Kläger, anders als im vorliegenden Fall, selbst ein Wohnhaus errichtet und dabei zulässiger Weise selbst asbesthaltige Materialien verbaut. Im Streitfall haben die Kläger dagegen mit Kaufvertrag vom 7. Dezember 2000 zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits Baustoffe, die Pentachlorphenol und Lindan enthalten, nicht mehr verbaut werden durften, ein Fertighaus erworben, in dem sämtliche Holzbauteile im Gefache mit diesen bereits verbotenen Schadstoffen bearbeitet worden waren.
    Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen worden.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.
    Anmerkung
    Das FG hat die Revision zum Zwecke der Fortbildung des Rechts zugelassen. Vergleichbare Fälle sollten ggf. bis zu einer endgültigen Entscheidung dieser Problematik durch den BFH offen gehalten werden.

    VorschriftenEStG § 33