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  • 31.05.2011 · IWW-Abrufnummer 111551

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 24.11.2010 – 7 K 1574/10 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Datum:24.11.2010
    Finanzgericht Düsseldorf
    7. Senat
    Urteil
    Aktenzeichen:7 K 1574/10 E
    Tenor:
    Die Klage wird abgewiesen.
    Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
    T a t b e s t a n d:
    Der Kläger ist städtischer Beamter und als Feuerwehrmann nichtselbständig tätig. Zu seinen Aufgaben gehören u.a. 24stündige Bereitschaftsdienste als Fahrer eines Noteinsatzfahrzeuges des Krankenhauses. Dort steht ihm ein separates Dienstzimmer zur Verfügung, von dem aus er zu den Rettungseinsätzen herangezogen wird.

    In der Einkommensteuererklärung 2007 erklärte er an 77 Tagen Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von je 24 EUR, insgesamt 1.848 EUR, die der Beklagte im Bescheid vom 18.02.2009 nicht anerkannte. Für 2008 erklärte er Verpflegungsmehraufwand von 2.040 EUR für 85 Tage, die im Bescheid vom 11.03.2010 nicht berücksichtigt wurden.

    Hiergegen legten die Kläger Einsprüche ein mit der Begründung, es handle sich nicht um die normale Einsatzwechseltätigkeit in der Feuerwache, sondern um die Bereitschaftsdienste im Krankenhaus als Fahrer des Noteinsatzfahrzeugs. Das Dienstzimmer im Krankenhaus sei nicht die regelmäßige Arbeitsstelle des Klägers. Die regelmäßige Arbeitsstelle befinde sich in der Feuerwache. Bei den Einsätzen mit dem Noteinsatzfahrzeug handle es sich um vorübergehende Einsatztätigkeiten in Form von Abordnungen.

    5Der Beklagte wies die Einsprüche am 13.04.2010 als unbegründet zurück und führte aus, der Bereitschaftsdienst stelle keine Auswärtstätigkeit dar. Die regelmäßige Arbeitsstätte der Feuerwehr umfasse das gesamte städtische oder gemeindliche Einsatzgebiet, für das sie zuständig sei. Die Verlagerung der Dienstbereitschaft in ein Dienstzimmer des Krankenhauses führe nicht zu einer Auswärtstätigkeit. Dies gelte auch vor dem Hintergrund entsprechend aufgestellter Dienstpläne. Zudem würden bei dem Bereitschaftsdienst in dem nur ca. 3 km von der Feuerwache entfernt liegenden Krankenhaus keine Mehrkosten für Verpflegung entstehen.

    Hiergegen richtet sich die Klage.

    Die Kläger tragen vor:

    Regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers sei die Feuerwache. Das Krankenhaus sei keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der Feuerwehr. Insoweit verweisen die Kläger auf die Urteile des BFH vom 10.07.2008 VI R 21/07 und vom 9. 7. 2009 VI R 21/08. Auf die Entstehung von Mehrkosten komme es bei einer Pauschalierung gerade nicht an. Die Kantine des Krankenhauses könne der Kläger nicht benutzen, da er das Bereitschaftszimmer nicht verlassen dürfe, um ständig per Funk erreichbar zu sein.
    Die Kläger beantragen,
    die Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 unter Anerkennung von11Verpflegungsmehraufwendungen von 1.848 EUR in 2007 und 2.040 EUR
    in 2008 als Werbungskosten zu ändern,
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

    Er trägt vor:

    Durch die Neuregelung der LStR 2008, die BFH-Urteile vom 10.07.2008, vom 9.07.2009 und das BMF-Schreiben vom 21.12.2009 BStBl I 2010,21 sei die Berücksichtigung von Reisekosten allein von einer beruflichen Auswärtstätigkeit abhängig. Diese liege vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb der Wohnung und an keiner seiner regelmäßigen Arbeitsstätten tätig werde oder nur an wechselnden Einsatzstellen tätig werde oder auf einem Fahrzeug eingesetzt werde. Keine der drei Alternativen liege hier vor. Ein Berufsfeuerwehrmann habe seine regelmäßige Arbeitsstätte in der Feuerwache und übe weder eine Einsatzwechsel- noch eine Fahrtätigkeit aus (BFH vom 07.07.2004 VI R 11/04). Das der Feuerwehr zugewiesene Schutzgebiet stelle zusammen mit der Feuerwache die regelmäßige Arbeitsstätte dar. Es sei daher unerheblich, ob der Kläger sich im Krankenhaus für eventuelle Einsätze bereithalte. Die Pauschalen kämen im Übrigen nicht in Betracht, wenn diese zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führten. Nach Auskunft des Krankenhauses verfüge das der Feuerwehr zur Verfügung gestellte Aufenthalts-Appartement über eine Mikrowelle sowie Küche mit 2-Platten-Herd; von der kostenfreien Verpflegung im Personalkasino könne Gebrauch gemacht werden.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

    Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO. Zu Recht hat der Beklagte die beantragten Verpflegungspauschalen nicht als Werbungskosten des Klägers berücksichtigt. Die Voraussetzungen der §§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG liegen nicht vor. Danach wird ein erwerbsbedingter Mehraufwand an Verpflegung typisierend in Form gestaffelter Pauschbeträge und lediglich unter der Voraussetzung steuerlich berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer sich aus beruflichen Gründen auf einer Auswärtstätigkeit befunden hat. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 11.05.2005 VI R 16/04 BFHE 209, BStBl II 2005,789; vom 18.06.2009 VI R 61/06 BStBl II 2010,564) ist eine Auswärtstätigkeit dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt beruflich tätig wird (Satz 2 der genannten Vorschrift), oder dass der Arbeitnehmer typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird und damit über einen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit nicht verfügt (Satz 3 der genannten Vorschrift). Ist der Arbeitnehmer hingegen an seinem ortsgebundenen Tätigkeitsmittelpunkt tätig, liegt eine zum Ansatz der Verpflegungspauschalen berechtigende Auswärtstätigkeit nicht vor. Unter dem Begriff des Tätigkeitsmittelpunkts i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG ist - ebenso wie unter dem Begriff der (regelmäßigen) Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG - jede dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers zu verstehen, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht; dies ist regelmäßig der Betrieb des Arbeitgebers oder ein Zweigbetrieb (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 2008 VI R 39/07, BFHE 224, 111, BStBl II 2009, 475, m.w.N.; vom 18.06.2009 VI R 61/06 BStBl II 2010,564).

    Werden Dienste an unterschiedlichen Tätigkeitsstellen erbracht, ist eine Auswärtstätigkeit anzunehmen, wenn der vorübergehend aufgesuchten eine regelmäßige Arbeitsstätte gegenübersteht, die der erstgenannten gegenüber als dauerhafter Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit erscheint. Anhaltspunkte für einen solchen Mittelpunkt sind neben der Dauer der dort geleisteten Dienste und dem Umstand, dass der Arbeitnehmer an diesen Ort immer wieder zurückkehrt, die mit den Vorstellungen der Beteiligten übereinstimmende Verkehrsanschauung, wobei die Beurteilung als dienstlicher Mittelpunkt unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles erfolgt (BFH-Urteil vom 4. Mai 1990 VI R 144/85, BFHE 160, 532, BStBl II 1990, 856; vom 7. Juli 2004 VI R 11/04 BStBl II 2004,1004). Ein Berufsfeuerwehrmann, der während der Dienstzeit grundsätzlich in der Feuerwache anwesend sein muss, dort stets Arbeiten zu verrichten hat und nach jedem Einsatz dorthin zurückkehrt, hat nach der Entscheidung des BFH vom 7. Juli 2004 (aaO.) dort seine regelmäßige Arbeitsstätte.

    Im Streitfall hat der Kläger auf Weisung seines Arbeitgebers im Jahr 2007 77 Tage, im Jahr 2008 85 Tage seinen Dienst als Feuerwehrmann durch Wahrnehmung des 24stündigen Bereitschaftsdienstes im Krankenhaus ausgeübt. An diesen Tagen hatte er im Krankenhaus anwesend zu sein, von dort seinen Einsätzen auf dem Rettungswagen nachzugehen und nach jedem Einsatz dorthin zurückzukehren. An 96 Tagen in 2007 bzw. 104 Tagen in 2008 war er demgegenüber in der Feuerwache eingesetzt. Schon aus dem Vergleich der Anzahl der Arbeitstage ergibt sich, dass es sich bei dem Krankenhaus um eine zweite regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers handelte, der er zugeordnet war und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufgesucht hat. Er hatte dort ebenso wie in der Feuerwache anwesend zu sein, Einsätze abzuwarten, von dort Fahrten zu Einsatzstellen durchzuführen und dorthin zurückzukehren. Eine Auswärtstätigkeit ist von daher nicht gegeben.

    Von daher kann dahinstehen, ob es jedenfalls deshalb an einer Auswärtstätigkeit fehlt, weil das gesamte Stadtgebiet, für welches die Feuerwache zuständig ist, als Tätigkeitsmittelpunkt in Betracht kommt. Auch ein größeres, räumlich geschlossenes Gebiet kann nämlich einen Tätigkeitsmittelpunktdarstellen, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers handelt, auf dem der Arbeitnehmer auf Dauer und mit einer gewissen Nachhaltigkeit tätig wird (vgl. BFH-Urteile vom 5. August 2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225, BStBl II 2004, 1074; vom 10. April 2002 VI R 154/00, BFHE 198, 559, BStBl II 2002, 779). So kann nach der Rechtsprechung des BFH z.B. ein Waldgebiet eine großräumige (regelmäßige) Arbeitsstätte bzw. einen Tätigkeitsmittelpunkt darstellen (BFH vom 18.06.2009 VI R 61/06 BStBl II 2010,564), letzteres jedenfalls dann, wenn sich dort eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers befindet (BFH vom 17.06.2010 VI R 20/09), was hier der Fall ist.22Auf das Vorbringen der Beteiligten zu der konkreten Verpflegungssituation kommt es vorliegend nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17.02.2009 VIII R 21/08 BFH/NV 2009,1172) nicht an.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision war mangels der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.